Normen
GrEStG 1955 §1 Abs1 Z1;
GrEStG 1955 §1;
GrEStG 1955 §16 Abs1;
GrEStG 1955 §16 Abs2;
GrEStG 1987 §1;
GVG NÖ 1973 §8;
VwRallg;
GrEStG 1955 §1 Abs1 Z1;
GrEStG 1955 §1;
GrEStG 1955 §16 Abs1;
GrEStG 1955 §16 Abs2;
GrEStG 1987 §1;
GVG NÖ 1973 §8;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 3.035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Kaufvertrag vom 21. Juli 1986 erwarb die Beschwerdeführerin, die zu diesem Zeitpunkt jugoslawische Staatsbürgerin war, ein inländisches Grundstück um den Preis von 750.000 S. Im Punkt VIII dieses Kaufvertrages wurde folgendes bestimmt: "Die Rechtswirksamkeit dieses Vertrages ist aufschiebend bedingt durch die grundverkehrsbehördliche Genehmigung sowie die allfällige Genehmigung nach dem Ausländergrundverkehrsgesetz."
Am 18. März 1987 beantragte die Beschwerdeführerin beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, Ausländergrundverkehrskommission, dem Erwerb des Grundstückes nach dem Niederösterreichischen Grundverkehrsgesetz 1973, LGBl Nr 165/1973 (NÖGVG 73), zuzustimmen. Sowohl die Ausländergrundverkehrskommission als auch die im Instanzenzug angerufene Niederösterreichische Landesregierung stimmten dem Erwerb des Grundstückes unter Hinweis auf § 8 Abs 3 lit b NÖGVG 73 nicht zu. Mit Erkenntnis vom 16. Dezember 1987, 87/02/0123, wies der Verwaltungsgerichtshof die gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung gerichtete Beschwerde als unbegründet ab.
Am 15. Februar 1988 wurde der Beschwerdeführerin die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen.
Strittig ist, ob bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages, somit am 21. Juli 1986, ein Erwerbsvorgang im Sinn des § 1 GrEStG verwirklicht worden und dieser Vorgang nach § 14 Abs 1 Z 2 lit b GrEStG 1955 zu besteuern ist (Ansicht der belangten Behörde), oder ob erst frühestens mit Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft, somit am 15. Februar 1988, weil der Erwerb des Grundstückes mangels Zustimmung der Ausländergrundverkehrskommission vor Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht möglich gewesen ist und dieser Vorgang daher nach § 7 Z 3 GrEStG 1987 zu besteuern ist (Ansicht der Beschwerdeführerin).
Gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses genannten Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Sinn des § 1 Abs 1 GrEStG 1955 und 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer bestimmte Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen. Darunter fällt laut Z 1 der zitierten Gesetzesstellen ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.
Gemäß § 12 Abs 1 erster Satz GrEStG 1987 sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf alle ERWERBSVORGÄNGE anzuwenden, die nach dem 30. Juni 1987 VERWIRKLICHT werden.
Nach § 12 Abs 2 GrEStG 1987 sind auf vor dem ersten Juli 1987 VERWIRKLICHTE ERWERBSVORGÄNGE die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes in Geltung stehenden gesetzlichen Vorschriften anzuwenden.
Die Verwirklichung des Erwerbsvorganges ist von der Entstehung der Steuerschuld nach § 16 GrEStG 1955 bzw nach § 8 GrEStG 1987 zu unterscheiden. So entsteht in den Fällen des Abs 2 der genannten Gesetzesstellen die Steuerschuld erst mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung, obgleich der Erwerbsvorgang bereits mit dem Abschluß des Rechtsgeschäftes verwirklicht worden ist. Der Gesetzgeber unterscheidet also mit Vorbedacht den Erwerbsvorgang als Rechtsakt vom Entstehen der Steuerschuld bei Eintritt der Bedingung; auch der von einer aufschiebenden Bedingung abhängige Erwerb ist bereits ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG (vgl Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II,
3. Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987, § 12, I Rz 4, Ergänzung X, September 1993, mwA).
Ob ein Erwerbsvorgang verwirklicht worden ist, ist ausschließlich nach den steuerrechtlichen Vorschriften, insbesondere nach § 1 GrEStG, zu beurteilen. Daß zur VERWIRKLICHUNG des ERWERBSVORGANGES auch ein zivil- oder verwaltungsrechtlich wirksames Rechtsgeschäft vorliegen muß, läßt sich aus dem Grunderwerbsteuergesetz nicht entnehmen. Ein Erwerbsvorgang ist steuerrechtlich auch dann als verwirklicht anzusehen, wenn das betreffende Rechtsgeschäft nichtig sein sollte (vgl Fellner, aaO, Rz 3, mwA).
Es erübrigte sich daher, sowohl auf die Auswirkungen der Bestimmungen des Niederösterreichischen Grundverkehrsgesetzes 1973 in bezug auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorganges als auch auf die Ausführungen der belangten Behörde, ob in eventu der subsidiäre Tatbestand des § 1 Abs 2 GrEStG 1955 erfüllt worden sei, einzugehen.
Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie zufolge des von der Beschwerdeführerin unbestrittenermaßen am 21. Juli 1986 abgeschlossenen Kaufvertrages die objektiven Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1955 als erfüllt angesehen und hiefür den im § 14 Abs 1 Z 2 lit b GrEStG 1955 normierten Steuersatz zur Anwendung gebracht hat.
Die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt nicht vor, weil die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens und die wesentlichen Entscheidungsgründe mit Schreiben vom 23. Juni 1989 mitgeteilt und die Beschwerdeführerin dazu auch Stellung genommen hat. Nach der Aktenlage hat die Beschwerdeführerin keine Akteneinsicht beantragt. In der Nichtgewährung einer nicht beantragten Akteneinsicht kann aber keine Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt werden. Schließlich zeigt die Beschwerdeführerin auch nicht auf, in welchem Punkt der festgestellte Sachverhalt von der belangten Behörde aktenwidrig angenommen wurde, noch welche Ermittlungen vermißt werden, wodurch die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die von der Beschwerdeführerin beantragte Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG unterbleiben, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl Nr 104/1991.
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