VwGH 89/16/0161

VwGH89/16/016118.4.1990

Land X gegen Präsidenten des Handelsgerichtes Wien je vom 19. Juni 1989, 1. Zl. Jv 799 - 33/89 (Beschwerdefall Zl. 89/16/0161), und 2. Zl. Jv 811 - 33/89 (Beschwerdefall Zl. 89/16/0162), je betreffend Gerichtsgebühren

Normen

GGG 1984 §10 Z2;
GJGebG 1962 §10 Z2;
GGG 1984 §10 Z2;
GJGebG 1962 §10 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund in jeder der beiden Beschwerdesachen Aufwendungen in der Höhe von je S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich - in Übereinstimmung mit dem Vorbringen beider Parteien der nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren - im wesentlichen folgendes:

Das - in der Folge als Beschwerdeführer bezeichnete - Land X ... habe in den 70er-Jahren auf den zu zweien seiner Liegenschaften gehörenden Grundstücken die Errichtung eines Amtsgebäudes beabsichtigt. Zu diesem Zweck habe der Beschwerdeführer einen Architektenwettbewerb ausgeschrieben und in der Folge der aus diesem Wettbewerb als Sieger hervorgegangenen Architektengruppe einen Planungsauftrag erteilt.

Im Laufe des Jahres 1978 habe der Beschwerdeführer die erwähnte Absicht aufgegeben und die beiden angeführten Liegenschaften mit Kaufvertrag vom 13. November/12. Dezember 1978 einer Gesellschaft m.b.H. (in der Folge: Käuferin) verkauft. Mit Punkt VIII. dieses Kaufvertrages habe sich die Käuferin verpflichtet, den Beschwerdeführer für den Fall, daß die Architektengruppe aus dem genannten Planungsauftrag Ansprüche erheben sollte, voll klag- und schadlos zu halten.

Noch im Jahre 1978 habe diese Architektengruppe den Beschwerdeführer auf Zahlung eines restlichen Planungshonorars geklagt (AZ. 39f Cg 182/78 des - in der Folge als LG bezeichneten - Landesgerichtes ...). In diesem Zivilprozeß, der mit der Verurteilung des Beschwerdeführers (der der diesbezüglichen Zahlungsverpflichtung auch nachgekommen sei) geendet habe, sei der Beschwerdeführer auf Grund seines Berichtigungsantrages mit Bescheid des Präsidenten des LG (Zahl Jv 7673 - 33a/87) gemäß § 10 Z. 2 GJGebGes 1962 von der Zahlung der Gebühren befreit worden.

Da sich die Käuferin geweigert habe, den Beschwerdeführer in bezug auf die erwähnte Zahlungsverpflichtung klag- und schadlos zu halten, habe er sie auf Zahlung des betreffenden Betrages geklagt (AZ. 10 Cg 110/83 - in der Folge 10 Cg 40/87 - des in der Folge als Gericht bezeichneten ... -gerichtes ...). Darauf habe die Käuferin mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe ihr im Zusammenhang mit dem Verkauf der Liegenschaften Schäden zugefügt, bei diesem Gericht eine Widerklage angebracht (AZ. 10 Cg 121/85 des Gerichtes). Die beiden letztgenannten Rechtsstreite seien nicht zur gemeinsamen Verhandlung verbunden worden. Gegen das auf Grund der Widerklage gefällte Urteil des Gerichtes habe der Beschwerdeführer Berufung erhoben.

In den vorliegenden - wegen ihres engen persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges vom Verwaltungsgerichtshof zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob (wie der Beschwerdeführer vermeint) er in dem Zivilprozeß, zuletzt AZ. 10 Cg 40/87 des Gerichtes (Beschwerdefall Zl. 89/16/0161), und für das mit der Überreichung der erwähnten Berufung(sschrift) eingeleitete Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz (Beschwerdefall Zl. 89/16/0162) je im Rahmen seines öffentlich rechtlichen Wirkungskreises von der Zahlung der Gerichtsgebühren befreit ist oder (im Sinne der Begründungen der im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheide der belangten Behörde) nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. VI Z. 1 GGG tritt dieses Bundesgesetz mit dem 1. Jänner 1985 in Kraft. Nach Art. VI Z. 8 GGG ist dieses Bundesgesetz auf Verfahren anzuwenden, die nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig gemacht werden. Auf Verfahren, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bei Gericht oder einer Justizverwaltungsbehörde anhängig sind, sind die bisherigen Vorschriften anzuwenden.

Daher sind auf das Verfahren mit der ursprünglichen AZ. 10 Cg 110/83 (in der Folge 40/87) noch die Bestimmungen des GJGebGes 1962 und für das die Widerklage betreffende Verfahren AZ. 10 Cg 121/85 bereits das GGG anzuwenden. Dem kommt für die vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren jedoch besondere Bedeutung nicht zu, weil (schon § 10 Z. 2 GJGebGes, BGBl. Nr. 75/1950, bestimmte und) § 10 Z. 2 GJGebGes 1962 bzw. § 10 Z. 2 GGG gleich bestimmen, daß die übrigen Gebietskörperschaften - Länder und Gemeinden - bzw. (einschließlich der Sozialhilfeverbände) im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises von der Zahlung der Gebühren bzw. Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren befreit sind.

Nun hat der Verwaltungsgerichtshof zu den beiden zuletzt zitierten Bestimmungen - aber auch zu anderen gleichlautenden (siehe z.B. die in gleicher Weise wie die in der Folge zitierten Erkenntnisse gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführten Erkenntnisse vom 17. Juni 1971, Zl. 133/71, und Zl. 139/71, beide ÖStZB 1/2/1972, S. 13, und vom 10. März 1988, Zlen. 87/16/0059, 0060, 0093, ÖStZB 19/1988, S. 420) in ständiger Rechtsprechung (siehe z.B. das - für denselben Beschwerdeführer erfolgreiche - Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 89/16/0154, und das bereits angeführte Erkenntnis vom 10. März 1988, je mit weiteren Hinweisen) dargetan, daß der hier in Rede stehende Wirkungskreis nicht mit den Aufgaben einer Gebietskörperschaft ident ist, die der Hoheitsverwaltung zuzurechnen sind, sondern daß er, darüber hinausgehend, einen Teil der sogenannten Privatwirtschaftsverwaltung mitumfaßt. Die Abgrenzung ist darin zu erblicken, daß nur jener Teil der Privatwirtschaftsverwaltung dem öffentlich-rechtlichen Wirkungskreis zuzurechnen ist, der in der Ausführung einer gesetzlichen Verpflichtung erfolgt, mit anderen Worten: diese persönliche Gebührenbefreiung setzt voraus, daß die Gebietskörperschaft im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung Tätigkeiten entwickelt, die innerhalb des Kreises der gesetzlich geregelten Pflichtaufgaben der betreffenden Gebietskörperschaft liegen, d.h. sie muß eine Tätigkeit entfalten, zu der sie in Besorgung öffentlich-rechtlicher Aufgaben unmittelbar durch Gesetz verpflichtet ist.

Dem Beschwerdeführer ist insofern beizupflichten, die Errichtung eines Amtsgebäudes stelle eine Tätigkeit dar, zu welcher er im Sinne vorstehend gemachter Ausführungen in Besorgung seiner öffentlich-rechtlichen Aufgaben verpflichtet ist (siehe z.B. die Erkenntnisse vom 30. November 1962, Zl. 1028/62, vom 25. Februar 1963, Zl. 513/61, Slg. Nr. 2809/F, und die bereits angeführten je vom 17. Juni 1971), er scheint aber zu übersehen, daß der Verkauf der betreffenden Liegenschaft und die erst dadurch ausgelösten beiden Verfahren AZ. 10 Cg 110/83 (in der Folge 40/87) und AZ. 10 Cg 121/85 des Gerichtes keine Aufgaben mehr sind, zu deren Besorgung er unmittelbar durch Gesetz verpflichtet ist, zumal eine allgemein behauptete Verpflichtung eines Landes, sein Vermögen gegenüber jedermann zu verteidigen, jedenfalls eine Verpflichtung unmittelbar durch Gesetz nicht zu ersetzen vermag (siehe z.B. das bereits angeführte Erkenntnis vom 10. März 1988).

Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung ist in den nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht zu prüfen, ob der eingangs erwähnte Bescheid des Präsidenten des LG (Jv 7673-33a/87) rechtmäßig oder rechtswidrig ist, weil er jedenfalls für die hier zu beurteilenden Fälle keine Bindungswirkung hat.

Die vorliegenden Beschwerden sind daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte