Normen
BAO §24 Abs1 lite;
BewG 1955 §3;
EStG 1972 §23 Z2;
HGB §109;
HGB §121;
HGB §161;
HGB §163;
HGB §167 Abs3;
BAO §24 Abs1 lite;
BewG 1955 §3;
EStG 1972 §23 Z2;
HGB §109;
HGB §121;
HGB §161;
HGB §163;
HGB §167 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die wesentlichen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages über die Errichtung der beschwerdeführenden GmbH & Co KG lauten:
"II. In dieser Gesellschaft ist die K. GmbH vollhaftende Gesellschafterin und zwar sowohl mit der Funktion eines Arbeitsgesellschafters als auch mit einer Vermögenseinlage von
S 100.000,--. J.P. tritt als Kommanditist ein mit einer Kommanditeinlage von S 50.000,--. Darüberhinaus übernimmt er noch die Haftung bis zu 80 % seiner Kommanditeinlage für Gesellschaftsverbindlichkeiten, demnach bis zur Höhe von insgesamt S 90.000,--.
V. Die Kommanditeinlage und zukünftige Kommanditeinlagen sind auf fixe Kapitalkonten zu buchen. Neben den Kapitalkonten sind für jeden Gesellschafter nach gegebenem Bedarf Verrechnungskonten zu führen.
VII. Unanbhängig von den Bestimmungen über die Gewinn- und Verlustrechnung erhält der Komplementär jährlich fix 50.000 S der Erträge, die auf Grund des in Punkt IV. festgelegten Geschäftsgegenstandes erzielt wurden, für die Übernahme des Komplementärrisikos und für die Geschäftsführung. ...
VIII. Der jährliche Gewinn bzw. der Verlust der Gesellschaft ist unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Punktes VII. nach dem Verhältnis der fixen Kapitalkonten aufzuteilen. Allfällige Verluste sind dem Komplementär und den Kommanditisten, letzteren auch über den Betrag der Kommanditeinlage hinaus, bis zur Höhe der übernommenen Haftung (80 % der übernommenen Kommanditeinlage) anzulasten. Die Entnahme von Gewinnen durch einen Kommanditisten darf erst nach Genehmigung durch den Komplementär erfolgen, solange auf den Verrechnungskonto eines Kommanditisten ein Negativsaldo aufscheint. Die Gesellschafter sind am Vermögen der Gesellschaft im Verhältnis der fixen Kapitalkonten beteiligt."
In der zum 31. Dezember 1983 errichteten Bilanz der Beschwerdeführerin werden die Kommanditisten betreffend jeweils ein "Kapitalkonto fix", ein "Verrechnungskonto Verlust (steuerlich) Vorjahre" und ein Konto "Verlustvortrag/Wartetaste" geführt.
Das Finanzamt setzte den Einheitswert des Betriebsvermögens der Beschwerdeführerin zum 1. Jänner 1984 mit -S 16.864.000,-- fest, wobei es den gesamten negativen Einheitswert der Komplementär-GmbH zurechnete.
Mit ihrer dagegen erhobenen Berufung wendete sich die Beschwerdeführerin gegen die "Aufteilung des Einheitswertes auf Komplementär und Kommanditisten".
Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage vertrat sie die Auffassung, es führe nicht zur Zurechnung eines negativen Betriebsvermögensanteiles an die Kommanditisten, daß diese im Falle einer Insolvenz zur Haftungsübernahme verpflichtet seien, da diese Verpflichtung am Bewertungsstichtag noch nicht vorgelegen sei. Dies treffe auch auf die Verpflichtung zur Verwendung von Gewinnen zur Auffüllung des Einlagenkontos zu.
Die vorliegende Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 3 BewG ist der Wert eines Wirtschaftsgutes auch dann im ganzen zu ermitteln, wenn er mehreren Personen zusteht; der Wert ist auf die Beteiligten im Verhältnis ihrer Anteile aufzuteilen. Hiezu bestimmt § 24 Abs. 1 lit. e BAO, daß Wirtschaftsgüter, die mehreren Personen ungeteilt gehören, diesen zuzurechnen sind, als wären sie nach Bruchteilen berechtigt. Die Höhe der Bruchteile ist nach den Anteilen zu bestimmen, zu denen die beteiligten Personen an dem Vermögen ungeteilt berechtigt sind, oder, wenn die Anteile nicht feststellbar sind, nach dem Verhältnis dessen, was den beteiligten Personen bei Auflösung der Gemeinschaft zufallen würde.
Zur letztzitierten Vorschrift hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß sich bei den Personengesellschaften des Handelsrechts die Höhe der (wegen des Gesamthandeigentums zu fingierenden) Bruchteile in erster Linie nach den Anteilen bestimmt, zu denen die Personen an dem Vermögen ungeteilt berechtigt sind (Vermögensanteile). Hiefür sind die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages, treffen diese jedoch keine Anordnung, die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches über die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft entscheidend.
Die Zurechnung von Anteilen am negativen Einheitswert des Betriebsvermögens einer KG an Kommanditisten mit negativem Kapitalanteil kommt nach dieser Rechtsprechung nur so weit in Betracht, als sich der Kommanditist verpflichtet hat, über seine Einlage hinaus am Verlust der KG teilzunehmen. Wurde eine solche am Bewertungsstichtag bestehende Verpflichtung nicht begründet, kommt die Vorschrift des § 167 Abs. 3 HGB zum Tragen, wonach der Kommanditist an dem Verlust nur bis zum Betrage seines Kapitalanteiles und seiner noch rückständigen Einlage teilnimmt. Daraus folgt, daß Kommanditisten über den genannten Betrag hinaus an den Verbindlichkeiten der Gesellschaft, soweit diese die Aktiven übersteigen, kein Anteil zusteht, jene also dem Komplementär zuzurechnen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1983, Slg. 5790/F).
Im Bereich der Ertragssteuern vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 15. April 1980, Slg. 5471/F, und vom 15. März 1988, Zl. 87/14/0062) die Auffassung, daß die dem Kommanditisten vertraglich angelasteten und von seinem Kapitalkonto bzw. einem besonderen Verrechnungskonto abgebuchten Verlustanteile an der KG insoweit dem Komplementär zuzurechnen sind, als sie die Kommanditeinlage übersteigen, wenn der Kommanditist nach dem Gesellschaftsvertrag nach Leistung der bedungenen Einlage in keinem Fall zu irgendeiner Nachschußpflicht verhalten ist. Danach können Verluste über die Einlage des Kommanditisten hinaus im Jahre der Entstehung nicht den Kommanditisten, sondern nur den Komplementär treffen, der solange dafür einsteht, bis diese Verluste durch spätere Gewinne abgedeckt sind. Die dazu verwendeten Gewinnanteile sind dementsprechend steuerrechtlich Gewinne des Komplementärs. Diese Ansicht beruht auf der Überlegung, daß der Kommanditist, den keine Nachschußpflicht trifft, nachdem seine Einlage durch den Verlust aufgezehrt ist, den auf ihn vertraglich entfallenden Verlustanteil wirtschaftlich nicht trägt, weil für ihn finanziell keine Verpflichtung besteht, einen über die geleistete Einlage hinausgehenden Verlust abzudecken, weder den Gläubigern der KG noch seinen Mitgesellschaftern gegenüber.
Anders stellt sich die Situation allerdings dar, wenn im Gesellschaftsvertrag eine Nachschußpflicht des Kommanditisten statuiert ist; denn dann trifft ihn im Rahmen derselben die Verpflichtung, auch über die geleistete Einlage hinausgehende Verluste zu tragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1986, Zlen. 85/13/0153, 0155, 0156).
Auch bewertungsrechtlich sind den Kommanditisten Anteile an den Verbindlichkeiten (dem "negativen Kapital") der Kommanditgesellschaft so weit zuzurechnen, als sie von diesen am Bewertungsstichtag wirtschaftlich betroffen sind. Dies ist jedenfalls im Ausmaß der noch nicht geleisteten Pflichteinlage bzw. einer allenfalls darüber hinausgehenden Haftsumme, die der Gesellschaft bisher nicht zur Verfügung gestellt wurde, der Fall.
In der aus dem Gesellschaftsvertrag ersichtlichen Regelung, wonach die Kommanditisten die Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten bis zu 80 % der jeweiligen Kommanditeinlage übernehmen, liegt eine im Sinne der obigen Darlegungen auch bewertungsrechtlich relevante Verpflichtung, im Ausmaß der jeweils vereinbarten Haftungssumme am Verlust der Kommanditgesellschaft teilzunehmen. Zwar hat der Kommanditist seiner Haftpflicht genügt, wenn er der Gesellschaft einen der Haftsumme entsprechenden Betrag zur Verfügung gestellt hat (vgl. Schilling in Großkommentar HGB4, § 161 Rz 16); daß dies hier der Fall gewesen wäre, kann den Sachverhaltsannahmen des angefochtenen Bescheides jedoch nicht entnommen werden. Das negative Vermögen der Kommanditgesellschaft ist den Kommanditisten im Ausmaß des noch nicht geleisteten Teiles der jeweiligen "Haftsumme" zuzurechnen.
Die belangte Behörde hat sich zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung auf das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1983, Slg. 5790/F, berufen. Der dort zu beurteilende Sachverhalt war dem hier vorliegenden jedoch nicht vergleichbar, weil dort bereits die Entstehung der Verpflichtung der Kommanditisten, ihr Kapitalkonto in der Höhe des Negativsaldos aufzufüllen, von der Ausübung eines Gestaltungsrechtes durch den Komplementär abhängig war, was hier nicht der Fall ist.
Die Beschwerdeführerin ist jedoch nicht im Recht, soweit sie die Auffassung vertritt, den Kommanditisten wären - unabhängig vom Betrag der jeweiligen "Haftsumme" - Anteile am negativen Einheitswert der KG zuzurechnen, weil die negativen Kapitalanteile der Kommanditisten mit späteren Gewinnen aufzufüllen wären. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin, daß sich die Bewertung an den Verhältnissen am Stichtag zu orientieren hat. Die Verpflichtung der Kommanditisten, allfällige spätere Gewinne zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos zu verwenden, ist jedoch ohne Relevanz für die Vermögensverhältnisse am Stichtag; sie muß daher bei der am Stichtag orientierten Zurechnung des Betriebsvermögens der KG an die Gesellschafter grundsätzlich außer Betracht bleiben (vgl. Thormann, Die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens 125; BFH, BStBl. 1962, II, 2,6).
Davon ausgehend kommt es für die Zurechnung auch nicht auf die ertragssteuerliche Beurteilung allfälliger späterer zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos verwendeter Gewinne oder eines beim allfälligen Ausscheiden eines Kommanditisten entstandenen Veräußerungsgewinnes an.
Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die Zurechnung des Betriebsvermögens an die Komplementär-GmbH mit dem Argument wendet, diese hafte, "obwohl sie Komplementär sei, de facto nur mit dem Stammkapital", ist ihr entgegenzuhalten, daß es bei der Beurteilung, welchen Gesellschafter die Verbindlichkeiten der KG wirtschaftlich treffen, mangels abweichender Vereinbarung nur auf die aus den §§ 161 Abs. 2, 167 Abs. 3 HGB ersichtliche Haftungsregelung der KG ankommt. Daß die Haftung der Gesellschafter der GmbH für deren Verbindlichkeiten ausgeschlossen ist (§ 61 Abs. 2 GmbHG), ändert nichts an der unbeschränkten Haftung der Komplementär-GmbH mit ihrem Gesellschaftsvermögen im Außenverhältnis.
Der angefochtene Bescheid ist somit rechtswidrig, soweit den Kommanditisten nicht Anteile am negativen Einheitswert der KG im Ausmaß der noch nicht der KG zur Verfügung gestellten Teile der jeweiligen "Haftsumme" zugerechnet wurden; eine darüber hinausgehende Zurechnung von Einheitswertanteilen an die Kommanditisten kommt bei der dargelegten Sach- und Rechtslage jedoch nicht in Betracht.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
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