Normen
BAO §4 Abs1;
KO idF vor 1. 7. 2010 §67;
KVG 1934 §9 Abs2 Z1 idF 57/1948;
KVG 1934 §9 Abs2 Z1 lita;
KVG 1934 §9 Abs2 Z1 litb;
KVG 1934 §9 Abs2 Z1;
KVG 1934 §9 Abs2;
VwGG §13 Abs1 Z1;
VwRallg;
BAO §4 Abs1;
KO idF vor 1. 7. 2010 §67;
KVG 1934 §9 Abs2 Z1 idF 57/1948;
KVG 1934 §9 Abs2 Z1 lita;
KVG 1934 §9 Abs2 Z1 litb;
KVG 1934 §9 Abs2 Z1;
KVG 1934 §9 Abs2;
VwGG §13 Abs1 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.960,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Generalversammlung der Beschwerdeführerin (einer inländischen Gesellschaft m.b.H.) beschloß am 19. Dezember 1986 die Erhöhung des Stammkapitals der Gesellschaft von S 40 Mio um S 100 Mio auf S 140 Mio. Die Kapitalerhöhung wurde von einem neu eintretenden Gesellschafter übernommen und bar eingezahlt. Die Beschwerdeführerin zeigte diesen Vorgang dem Finanzamt mit dem Bemerken an, daß es sich um eine Leistung handle, die zur Deckung der Überschuldung erforderlich sei. Die Kapitalverkehrsteuer sei daher mit 1 % festzusetzen.
Das Finanzamt setzte für diesen Vorgang nach § 2 Z. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes vom 16. Oktober 1934, DRGBl. I 1058 (KVG) Gesellschaftsteuer im Betrage von S 2 Mio (2 % von S 100 Mio) fest.
Mit ihrer dagegen erhobenen Berufung beantragte die Beschwerdeführerin, die Gesellschaftsteuer auf S 1 Mio herabzusetzen. Sie führte aus, zum Jahresende 1986 habe bei der Beschwerdeführerin eine buchmäßige Überschuldung von S 90 Mio bestanden, die mit Rücksicht auf den auch für 1987 zu erwartenden Verlust zu einer nach §§ 66 f KO maßgebenden Überschuldung von S 100 Mio führe. Der von einem Rechtsgutachter vorgeschlagene bzw. auch im Aufsichtsrat diskutierte Weg eines Gesellschafterzuschusses sei einerseits wegen der Ablehnung des Handelsgerichtes Graz, in Analogie zum Aktienrecht eine vereinfachte Kapitalherabsetzung mit gleichzeitiger Kapitalerhöhung zuzulassen, andererseits aus zeitlichen Gründen - die Überschuldung müsse nach der KO innerhalb von zwei Monaten beseitigt sein - nicht gangbar gewesen, vor allem aber auch seitens des Konzerns nach den italienischen Rechtsvorschriften nicht realisierbar. Daher habe zur gesetzesmäßigen fristgerechten Beseitigung der Überschuldung nur der Weg der Kapitalerhöhung gegangen werden können. Nach der Unternehmensplanung sei bei den gegenwärtigen Marktverhältnissen für 1987 mit einem weiteren Verlust in der Größenordnung von ca. S 25 Mio und für 1988 bestenfalls mit einem ausgeglichenen Ergebnis zu rechnen. Eine Beseitigung des Verlustes durch spätere Gewinne sei in den nächsten Jahren daher nicht zu erwarten.
Nach § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. a KVG ermäßige sich die Steuer auf 1 % bei Leistungen, die zur Deckung der Überschuldung einer inländischen Kapitalgesellschaft erforderlich seien. Wenn der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Tatbestände der lit. a und b gleichstelle und auch für die lit. a die buchmäßige Beseitigung des Verlustes verlange, so widerspreche diese Ansicht dem Gesetzeswortlaut und dem Gesetzeszweck. In wörtlicher Interpretation stehe der Tatbestand der lit. a (Beseitigung der Überschuldung) gleichberechtigt neben dem Tatbestand der lit. b (Verlustabdeckung). In lit. a stehe nichts von einer Verlustdeckung: Wenn der Verwaltungsgerichtshof auch für die lit. a die Verlustdeckung überdies voraussetze, gehe er über den eindeutigen Gesetzeswortlaut hinaus und mache die lit. a inhaltsleer. Damit werde der lit. a jegliche Anwendungsmöglichkeit genommen: Denn bei buchmäßiger Verlustabdeckung komme ja die lit. b zum Zuge. Der Bundesfinanzhof habe in ständiger Rechtsprechung anerkannt, daß in § 9 Abs. 2 Z 1 zwei verschieden zu beurteilende Tatbestände gesellschaftsteuerlich begünstigt wären. Auch die deutsche Fachliteratur komme einhellig zum Ergebnis, daß bei § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. a KVG ein gesonderter Tatbestand vorliege, der den buchmäßigen Verlustausgleich nicht voraussetze.
Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie führte nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, aus dem Protokoll über die Generalversammlung sei nur ersichtlich, daß das Stammkapital der Gesellschaft von S 40 Mio um S 100 Mio auf S 140 Mio erhöht werde. Daß diese Kapitalerhöhung zur Abdeckung der Überschuldung dienen sollte, gehe weder aus diesem Protokoll noch aus einem weiteren Gesellschafterbeschluß hervor. Die Überschuldung habe per 31. Dezember 1985 S 29 Mio betragen (Verluste S 111 Mio abzüglich Stammkapital S 40 Mio und Rücklagen S 42 Mio). Die Überschuldung per
31. Dezember 1986 habe S 100 Mio betragen (Reinverlust S 177 Mio zuzüglich Abfertigungsvorsorge S 4,8 Mio, abzüglich Stammkapital und Rücklagen S 82 Mio). Eine Zwischenbilanz sei nicht erstellt worden. Ein Willensentschluß der Gesellschaft, eine bereits ziffernmäßig vorliegende Überschuldung der Gesellschaft beseitigen zu wollen, liege nicht vor. Der Kapitalerhöhung sei unbestrittenermaßen keine Kapitalherabsetzung vorangegangen. Eine Kapitalerhöhung könne die Steuerbegünstigung nach § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. a KVG nur bei Hinzutritt einer mit ihr im Zusammenhang stehenden Kapitalherabsetzung auslösen, wobei der subjektive Wille der Gesellschafter erforderlich sei, mit Hilfe einer Kapitalherabsetzung die Überschuldung oder den Verlust bilanzmäßig auszugleichen. Es komme daher nicht allein auf den objektiven Tatbestand der Überschuldung oder des Verlustes am Grundkapital an, soferne nicht auch der subjektive Wille der Gesellschaft vorhanden sei, eine mit der Kapitalerhöhung im Zusammenhang stehende Kapitalherabsetzung vorzunehmen. Nur bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen könne der begünstigte Steuersatz Anwendung finden. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinen Erkenntnissen vom 8. Jänner 1979, Zl. 2032/77, und vom 19. Mai 1983, Zl. 82/15/0057, dargelegt, daß zwar eine einfache Kapitalerhöhung eine Überschuldung verringern oder beseitigen könne, zugleich aber auch den Verlust am Stammkapital erhöhe. Im vorliegenden Fall sei zwar die Überschuldung beseitigt worden, durch die Erhöhung des Stammkapitals von S 40 Mio auf nunmehr S 140 Mio der Verlust am Stammkapital um den Betrag von S 100 Mio gestiegen. Es sei daher sowohl der steuerfreie Ausgleich mit späteren Gewinnen als auch eine neuerliche Steuerermäßigung gemäß § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. b KVG möglich.
Zum Hinweis auf die deutsche Rechtsprechung werde bemerkt, daß dem § 9 Abs. 2 Z. 1 des deutschen KVG 1972 folgender zweiter Satz angefügt worden sei:
"Beruhen die Rechtsvorgänge auf einer Erhöhung des Kapitals einer inländischen Kapitalgesellschaft, so ist ferner Voraussetzung, daß diese Erhöhung dem Ausgleich einer nicht mehr als vier Jahre zurückliegenden Herabsetzung des Kapitals dient."
Dazu habe der Bundesfinanzhof ausgeführt, daß dieser Wortlaut, wonach Kapitalerhöhungsmaßnahmen nur dann und soweit dem ermäßigten Steuersatz unterlägen, als sie dem Ausgleich einer nicht mehr als vier Jahre zurückliegenden Kapitalherabsetzung dienten, zu einem sinnvollen Ergebnis führe. Der Hinweis auf die frühere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes könne somit nicht überzeugen, weil der Gesetzgeber und in der Folge die Rechtsprechung
- offensichtlich weil die seinerzeitige Rechtsauslegung zu keinem sinnvollen Ergebnis geführt habe - von der früheren Rechtsansicht wiederum abgegangen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluß vom 29. November 1988, B 1283/87-3, lehnte dieser Gerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Der Gerichtshof führte aus, spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien - entgegen der Annahme der Beschwerde - im Hinblick auf die Unterschiede zwischen Gesellschaften m.b.H. und Aktiengesellschaften zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht erforderlich.
Mit ergänzendem Schriftsatz macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; sie erachtet sich in ihrem Recht auf Anwendung des begünstigten Steuersatzes für die Gesellschaftsteuer verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 9 Abs. 1 KVG beträgt die Steuer 2 v.H. Gemäß Abs. 2 der zitierten Vorschrift ermäßigt sich die Steuer auf 1 v.H.:
1. beim Erwerb von Gesellschaftsrechten, bei der Veräußerung eigener Gesellschaftsrechte und bei Leistungen, soweit sie erforderlich sind:
a) zur Deckung der Überschuldung einer inländischen Kapitalgesellschaft,
b) zur Deckung eines Verlustes am Grundkapital einer inländischen Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien oder am Stammkapital einer inländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung;
In seinem Erkenntnis vom 10. Dezember 1962, Slg. Nr. 2759/F, hatte sich der Verwaltungsgerichtshof erstmals mit der Frage auseinanderzusetzen, ob einer (NICHT ÜBERSCHULDETEN) Gesellschaft, deren Stammkapital zur Abdeckung eines Verlustes erhöht wurde, der begünstigte Steuersatz nach § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. b KVG zugute kommt, wenn der Verlust auf neue Rechnung vorgetragen wurde. Der Gerichtshof verneinte dies mit folgender Begründung: Der Steuerbegünstigung nach der angeführten Rechtsvorschrift könne nur jener Vorgang teilhaft werden, der die Deckung des Verlustes zur Folge habe. Den Verlust "decken" heiße aber, ihn zum Verschwinden zu bringen. Im vorliegenden Fall sei zwar eine Erhöhung des Stammkapitals beschlossen worden, die den aufgetretenen Verlust zum Teil auszugleichen vermöge, der Verlust selbst sei aber in der Bilanz stehen geblieben und auf neue Rechnung vorgetragen, also nach dem Willen der Gesellschafter durch die Kapitalerhöhung nicht "gedeckt" worden. Der entstandene Verlust habe wohl den Anstoß zu der zugegebenermaßen erzwungenen Kapitalerhöhung (§ 36 Abs. 2 GmbHG) gegeben. Die zur Deckung des Verlustes notwendigen letzten Folgerungen seien aber von Gesellschaftern der Beschwerdeführerin nicht gezogen worden. Der Verlust sei weiterhin in den Büchern stehengeblieben, sodaß die Möglichkeit bestehe, ihn durch spätere Gewinne auszugleichen. Ein solcher Vorgang könne aber nach dem Sinne des Kapitalverkehrsteuergesetzes nicht begünstigt werden, weil damit nur erreicht würde, daß die Kapitalerhöhung bis zur Höhe des Verlustes steuerlich begünstigt wäre und die Beseitigung des Verlustes durch Ausgleichung mit zukünftigen Gewinnen überhaupt nicht der Gesellschaftsteuer unterliegen würde. Begünstigt nach § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. b KVG könne daher nur eine solche Kapitalerhöhung sein, die den Verlustbetrag endgültig bereinige.
Diese Rechtsauffassung hielt der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 4. November 1971, Zlen. 1867, 1868/71, dem ein gleichgelagerter Sachverhalt wie im Fall des erstzitierten Erkenntnisses zu Grunde lag, aufrecht. Zur Begründung verwies der Gerichtshof auf das erstzitierte Erkenntnis.
Mit der Frage, ob die Erhöhung des Stammkapitals einer ÜBERSCHULDETEN Gesellschaft m.b.H. dem Normalsteuersatz oder dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, hatte sich der Verwaltungsgerichtshof erstmals im Erkenntnis vom 16. September 1971, Zl. 938/70, zu befassen. Dem Erkenntnis lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Muttergesellschaft der Beschwerdeführerin hatte beschlossen, deren Stammkapital von eingezahlten S 2,5 Mio um bar und voll einzuzahlende S 8,5 Mio auf S 11 Mio zu erhöhen und dieses erhöhte Stammkapital selbst zu übernehmen. Vom Erhöhungsbetrag waren S 3 Mio bereits bar eingezahlt, während die Einzahlung des übrigen Betrages von S 5,5 Mio zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen sollte. Im Zeitpunkt der "Zusatzeinzahlung" hatte die Überschuldung der Beschwerdeführerin S 3,643.000,-- (Verluste S 6,143.000,--, ursprüngliches Kapital S 2,5 Mio) betragen. Mit dem im Instanzenzug erlassenen angefochtenen Bescheid war der Beschwerdeführerin vom Kapitalerhöhungsbetrag von S 3 Mio Gesellschaftsteuer mit dem Normalsteuersatz vorgeschrieben worden. Die Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, durch die Einzahlung sei erreicht worden, daß sie wieder einigermaßen zahlungsfähig geworden sei und den Betrieb habe fortführen können; es sei damit in gewissem Ausmaß eine Sanierung erreicht worden, die ja auch beabsichtigt gewesen sei. Die Voraussetzungen für die Anwendung des begünstigten Steuersatzes im Sinne des § 9 Abs. 2 Z. 1 KVG seien daher gegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof vertrat dazu die Auffassung, die Einzahlung von S 3 Mio habe lediglich zum teilweisen Ausgleich der Überschuldung, nicht aber zur Beseitigung oder Minderung des Verlustes am Stammkapital geführt. Wenn auch der Beschwerdeführerin einzuräumen sei, daß die von ihr gewählte Gesetzesauslegung vertretbar erscheine, finde der Verwaltungsgerichtshof dennoch keinen Grund, von der in seinem Erkenntnis vom 10. Dezember 1962, Slg. 2759/F, zum Ausdruck gebrachten Ansicht abzuweichen, daß nur solche Kapitalerhöhungen gemäß § 9 Abs. 2 Z. 1 KVG dem begünstigten Steuersatz unterworfen sein könnten, die den Verlust am Stammkapital (Grundkapital) bereinigten.
Im Falle des Erkenntnisses vom 8. Jänner 1979, Zl. 2032/77, war strittig, ob die Erhöhung des S 100.000,-- betragenden bisherigen Stammkapitals einer mit S 1,928.250,77 überschuldeten inländischen Gesellschaft m.b.H. um S 2 Mio eine gemäß § 9 Abs. 2 Z. 1 KVG begünstigte Sanierungsmaßnahme darstelle. Der Gerichtshof verneinte dies unter Hinweis darauf, daß er - mit der oben zitierten Rechtsprechung - eine einfache, d. h. nicht mit einer Kapitalherabsetzung verbundene Kapitalerhöhung nicht als einen Vorgang zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital einer inländischen GmbH und auch nicht als einen Vorgang zur Deckung der Überschuldung einer inländischen Kapitalgesellschaft angesehen hatte. An dieser Rechtsauffassung werde auch aus Anlaß der Entscheidung über die vorliegende Beschwerde festgehalten. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin sei es nicht lediglich eine Frage der bilanzmäßigen Darstellung, ob ein Verlust am Stammkapital durch eine Kapitalerhöhung gedeckt werde oder nicht. Der Zweck der Vorschrift des § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. b KVG sei es, den Ersatz des verlorengegangenen Grund- oder Stammkapitals zu begünstigen. Für einen Erwerb von Gesellschaftsrechten anläßlich einer Kapitalerhöhung könne die Steuerermäßigung daher nur gewährt werden, wenn der Kapitalerhöhung zum Zweck der Sanierung eine Kapitalherabsetzung vorausgegangen sei. Bestehe überdies eine Überschuldung der Kapitalgesellschaft, so vermöge zwar eine einfache Kapitalerhöhung diese zu beseitigen, es erhöhe sich aber zugleich der Verlust am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft. Unterstelle man im vorliegenden Fall, daß die im Status per 31. Dezember 1976 ausgewiesenen Vermögensverhältnisse auch noch für den Zeitpunkt der Kapitalerhöhung zuträfen, so ergebe sich, daß nach Durchführung der Kapitalerhöhung auf S 2,1 Mi ein Verlust am Stammkapital in Höhe von S 2,028.250,77 zu verzeichnen gewesen sei. Der Kapitalerhöhung könne daher die Eigenschaft einer Sanierungsmaßnahme nicht zugebilligt werden. Richtig sei, daß gemäß § 54 Abs. 3 GmbHG eine Herabsetzung des Stammkapitals unter den Betrag von S 100.000,-- unzulässig sei. Daraus ergebe sich zwar, daß eine Gesellschaft, deren Stammkapital nur die Mindesthöhe aufweise, nicht durch eine Kapitalerhöhung steuerbegünstigt saniert werden könne. Es seien ihr aber andere Möglichkeiten der steuerlich begünstigten Sanierung, etwa durch Leistung von Nachschüssen, nicht verschlossen. Der Verwaltungsgerichtshof vermöge daher die unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes geäußerten Bedenken der Beschwerdeführerin nicht zu teilen.
Diese Rechtsauffassung hielt der Verwaltungsgerichtshof auch im Erkenntnis vom 21. Oktober 1982, Zl. 82/15/0114, aufrecht. Im Beschwerdefall wies die zunächst mit einem Stammkapital von S 60 Mio ausgestattete Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der strittigen Kapitalerhöhung einen Verlust von S 24,8 Mio sowie einen Verlustvortrag von S 61,2 Mio aus. Strittig war die gesellschaftsteuerliche Behandlung einer Erhöhung des Stammkapitals um S 40 Mio auf S 100 Mio. Der Verwaltungsgerichtshof legte dar, soweit die Beschwerdeführerin nominelle Kapitalherabsetzungen nicht als Sanierungs-, sondern nur als Buchhaltungsvorgänge gewertet wissen wolle, sei ihr entgegenzuhalten, daß bei derartigen Maßnahmen gesellschaftsrechtlicher Art von deren Sanierungscharakter auszugehen sei. Dies schließe nicht aus, daß es häufig zur Sanierung einer Gesellschaft auch noch nötig sein könne, nicht nur die eingetretenen Verluste durch die Kapitalherabsetzung auszugleichen, sondern neues Kapital der Gesellschaft zuzuführen. Die steuerliche Begünstigung verfolge den Zweck, Sanierungsmaßnahmen zu begünstigen; sie setze bei den im Beschwerdefall in Betracht kommenden Tatbeständen des § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. a und b KVG überdies voraus, daß durch die Sanierung eine Verlustdeckung eintrete. Das bedeute aber im Falle einer Kapitalerhöhung nichts anderes, als daß die Begünstigung zwar dann, wenn der Verlust durch eine vorangehende, zum Zweck der Sanierung vorgenommene Kapitalherabsetzung abgedeckt worden sei, zum Tragen komme, nicht aber im Falle einer Kapitalerhöhung, wenn der bis dahin eingetretene Verlust weitergeführt und auf neue Rechnung vorgetragen werde.
In dem dem Erkenntnis vom 19. Mai 1983, Slg. 5787/F, zu Grunde liegenden Beschwerdefall war strittig, ob die von einem Gesellschafter in Form der Übernahme einer Firmenschuld in sein Privatvermögen sowie einer Kapitalzuführung erbrachte, in der Bilanz der Beschwerdeführerin als Rücklage passivierte freiwillige Gesellschafterleistung nach § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. a KVG als zur Deckung einer Überschuldung erforderlich begünstigt ist. Der Verwaltungsgerichtshof bejahte die Begünstigung mit folgender Begründung: Der Klärung der strittigen Frage sei die Bestimmung der Begriffe eines Verlustes am Stammkapital einer inländischen GmbH und jener der Überschuldung einer inländischen Kapitalgesellschaft voranzustellen. Ein Verlust am Stammkapital (eine Unterbilanz) liege vor, wenn der Aktivsaldo zwischen Vermögen und Schulden niedriger sei als das Stammkapital. Eine Überschuldung liege hingegen - erst - vor, wenn die Schulden den Wert des Vermögens überstiegen. Bei Zugrundlegung der im letzten aktenkundigen Jahresabschluß der Beschwerdeführerin ausgewiesenen Vermögenslage (Stammkapital S 600.000,--, Verluste S 31 Mio, Aktiva S 29 Mio, Verbindlichkeiten S 49 Mio) seien die in Rede stehenden freiwilligen Leistungen des Gesellschafters in der Höhe von S 15,6 Mio durchaus geeignet gewesen, eine bestehende Überschuldung zu verringern. Soweit dies tatsächlich zugetroffen sei, hätten die Leistungen im Sinne des § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. a KVG die Deckung der Überschuldung der GmbH bewirkt und den erwähnten Tatbestand der Steuerermäßigung erfüllt. Dem stehe nicht entgegen, daß der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung der Deckung einer Überschuldung durch einfache Kapitalerhöhung den ermäßigten Steuersatz versage. Eine solche einfache Kapitalerhöhung, mit der keine Beseitigung der Verluste durch Kapitalherabsetzung verbunden sei, könne zwar eine Überschuldung verringern oder beseitigen, erhöhe aber auch zugleich den Verlust am Stammkapital. Wären z.B. im Beschwerdefall die S 15,6 Mio in Form einer einfachen Kapitalerhöhung geleistet worden, so hätte sich auf dem Boden der geschilderten Bilanzverhältnisse zwar die Überschuldung von rund S 20 Mio um den Betrag von S 15,6 Mio verringert. Gleichzeitig wäre aber auf Grund der Erhöhung des Stammkapitals von bisher S 600.000,-- auf nunmehr S 16,2 Mio auch der Verlust am Stammkapital um rund 15,6 Mio gestiegen und dann nicht nur zum (steuerfreien) Ausgleich mit späteren Gewinnen, sondern auch (nochmals) für eine Steuerermäßigung, nunmehr im Wege einer Verlustdeckung im Sinne des § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. b KVG, zur Verfügung gestanden. In Anbetracht dieser Konsequenzen sei der Deckung einer Überschuldung durch einfache Kapitalerhöhung der ermäßigte Steuersatz zu versagen gewesen. Diese Konsequenzen träten aber bei einer Deckung der Überschuldung in einer Weise, wie sie im Beschwerdefall vorgenommen worden sei, nicht ein. Da auf Grund der Leistungen des Gesellschafters das Stammkapital der GmbH nicht erhöht worden sei, sei es vielmehr zu einer bloßen Verringerung der Überschuldung ohne gleichzeitige Erhöhung des Verlustes am Stammkapital gekommen. Daß auf solche Weise Leistungen zur Deckung einer Überschuldung begünstigt erbracht werden könnten, habe der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 8. Jänner 1979, Zl. 2032/77, angedeutet. Rücklagen zählten zwar zu den Passiven, nicht jedoch zu den Verbindlichkeiten. Sie seien daher für den gemäß § 9 Abs. 2 KVG maßgeblichen Saldo zwischen Vermögen und Schulden nicht relevant. Die Passivierung der freiwilligen Gesellschafterleistung als Rücklage in der Bilanz stehe daher der gemäß § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. a KVG ausschlaggebenden Verringerung der Überschuldung nicht entgegen.
In dem dem Erkenntnis vom 22. Februar 1988, Zl. 86/15/0020, zu Grunde liegenden Beschwerdefall hatte die Beschwerdeführerin zur Abdeckung einer Überschuldung von S 8,278.192,07 eine Erhöhung ihres S 200.000,-- betragenden Stammkapitals um bar einzuzahlende S 8 Mio auf S 8,2 Mio vorgenommen. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung die Auffassung, eine einfache Kapitalerhöhung, mit der keine Beseitigung der Verluste durch Kapitalherabsetzung verbunden sei, könne zwar eine Überschuldung verringern oder beseitigen, aber nicht den Verlust beseitigen. Bei der Gewährung der Begünstigung nach § 9 Abs. 2 Z. 1 KVG stehe jedoch die Erzielung einer Sanierung des Unternehmens im Vordergrund.
An der mehrfach dargelegten Rechtsprechung hielt der Verwaltungsgerichtshof zuletzt auch im Erkenntnis vom 17. April 1989, Zl. 88/15/0083, fest.
Im Gegensatz zur oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vertrat Huemer (ZGV 1983, 22) die Auffassung, der Gesetzgeber habe offensichtlich beide Tatbestände: Den Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Deckung einer Überschuldung und zur Deckung des Verlustes am Grund-(Stamm-)Kapital begünstigen wollen, und zwar jeden für sich. Auch Heidinger (am vorliegenden Verfahren beteiligt) nahm zur oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kritisch Stellung (Ermäßigter Gesellschaftsteuersatz bei Sanierung, Kritische Untersuchung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, WBl. 1987, 185). Er vertritt - unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 14. November 1962, BStBl. 1963 III 63 - die Auffassung, in wörtlicher Auslegung seien Deckung der Überschuldung und Deckung eines Verlustes zwei nebeneinander bestehende Tatbestände. Auch in teleologischer Interpretation sei nicht einzusehen, warum eine zur Erleichterung der Sanierung dienende Steuerermäßigung ausgerechnet dann nicht angewendet werden solle, wenn durch eine effektive Kapitalerhöhung ohne Verlustbeseitigung für die Gläubiger das günstigste Ergebnis der Kapitalstärkung erreicht werde. Allfällige Mißbrauchsmöglichkeiten (Doppelbeanspruchungen) seien nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kein sachlicher Grund zu einer Ungleichbehandlung; abgesehen davon sei auch bei der vom Verwaltungsgerichtshof (mit dem Erkenntnis vom 19. Mai 1983, Zl. 82/15/0057 = Slg. 5787/F) gebilligten Zuführung eines Gesellschafterzuschusses in eine Rücklage (somit ohne Verringerung des Reinverlustes) eine Doppelinanspruchnahme des ermäßigten Steuersatzes (einmal zur Deckung der Überschuldung, ein zweites Mal zur Deckung eines Verlustvortrages) möglich.
Mit der strittigen Rechtsfrage setzt sich auch Briem auseinander (Ermäßigter Gesellschaftsteuersatz bei einfachen Kapitalerhöhungen (ÖStZ 1989, 92). Er vertritt die Auffassung, die Auslegung der Begünstigungstatbestände des § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. a und b KVG bereite erhebliche Schwierigkeiten, wenn der Gesellschaft neues Kapital im Wege einer einfachen, d.h. nicht mit einer Kapitalherabsetzung vebundenen Kapitalerhöhung zugeführt werde. Eine einfache Kapitalerhöhung vermöge zwar die Überschuldung einer Gesellschaft zu beseitigen (etwa Sacheinlage von Forderungen), doch erhöhe sich hiedurch - anders als bei einem bloßen Gesellschafterzuschuß - gleichzeitig der Verlust am Grund- oder Stammkapital. Bei reiner Wortlautinterpretation der beiden Begünstigungstatbestände stünde es daher dem Steuerpflichtigen offen, in einem ersten Schritt die Überschuldung im Wege einer einfachen Kapitalerhöhung zu beseitigen und hiefür die Steuersatzbegünstigung des § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. a KVG in Anspruch zu nehmen. In einem zweiten, davon unabhängigen Schritt könnte er das Nennkapital der Gesellschaft herabsetzen, der Gesellschaft neuerlich Kapital zuführen und hiefür nochmals eine Steuerbegünstigung, nunmehr nach § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. b KVG, in Anspruch nehmen. Ein Teil des durch die spätere Kapitalzufuhr gedeckten Nennkapitalverlustes resultiere allerdings aus der vorherigen Kapitalerhöhung, die bereits dem ermäßigten Steuersatz unterworfen wurde. Würde der begünstigte Steuersatz sowohl für die einfache Kapitalerhöhung als auch für die spätere Verlustabdeckung gewährt werden, würde ein und dieselbe Kapitalzufuhr doppelt begünstigt werden. Zweck der Steuersatzbegünstigungen des § 9 Abs. 2 Z. 1 KVG sei es aber, Sanierungsmaßnahmen nur einmal zu begünstigen. Die Verschiedenartigkeit der Tatbestände solle nicht dazu führen, daß ein und dieselbe Kapitalzufuhr die Voraussetzungen einer doppelten Inanspruchnahme der Steuersatzermäßigung begründe. Es habe daher eine Auslegung Platz zu greifen, die eine Doppelbegünstigung von Sanierungsmaßnahmen nach § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. a und b KVG vermeide. Hiezu bedürfe es aber, da der Wortlaut der beiden Tatbestände eindeutig sei, der einschränkenden Auslegung eines der beiden Begünstigungstatbestände. Ausgehend von der näher dargelegten Entstehungsgeschichte der Begünstigungstatbestände sowie im Hinblick auf die aus der Systematik und dem Zweck der Vorschriften abgeleiteten vorrangigen Stellung des Überschuldungstatbestandes gelangt er schließlich zur Auffassung, es lägen keine Gründe vor, die eine einschränkende Auslegung des § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. a KVG rechtfertigen könnten. Der oben dargelegten Problematik der doppelten Steuersatzbegünstigung sei durch einschränkende Auslegung des § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. b KVG zu begegnen. Die Steuersatzbegünstigung sei dementsprechend insoweit ausgeschlossen, als der Verlust an Nennkapital aus einer vorhergehenden Kapitalerhöhung resultiere. Der gesamte Verlust am Nennkapital werde gleichsam auf eine Wartetaste gesetzt. Erst wenn der auf der Kapitalerhöhung beruhende Verlustbetrag gesellschaftsteuerneutral (durch eine Kapitalherabsetzung) beseitigt wurde, könne die Steuersatzermäßigung neuerlich in Anspruch genommen werden.
In Österreich steht nach wie vor das deutsche Kapitalverkehrsteuergesetz 1934 in Geltung. Es erscheint daher im vorliegenden Zusammenhang angezeigt, die Rechtsentwicklung in Deutschland und die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes sowie des Bundesfinanzhofes zum strittigen Begünstigungstatbestand zu beachten.
Eine Steuersatzbegünstigung für Sanierungsmaßnahmen bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung findet sich erstmals unter Tarif Nr. A 1 lit. b letzter Absatz des Reichsstempelgesetzes vom 3. Juli 1913, DRGBl. 639 idF DRGBl. 1918, 799. Danach unterliegen die Kapitalerhöhung und die Einforderung der Nachschüsse nur einem Steuersatze von 1 v.H., soweit die Erhöhung des Stammkapitals oder die Einforderung von Nachschüssen zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital (Beseitigung oder Verhütung einer Unterbilanz) erforderlich ist.
Nach § 13 lit. b des Kapitalverkehrsteuergesetzes 1922, DRGBl. 1922, 354, ermäßigt sich die Steuer auf 3 v.H. des steuerpflichtigen Betrages bei Zahlungen und Leistungen an inländische Kapitalgesellschaften, die zur Deckung einer Überschuldung oder eines Verlustes am Grundkapital einer Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien oder am Stammkapital einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erforderlich sind.
Nach § 9 Abs. 2 Z. 1 des in Österreich nach wie vor in Geltung stehenden Kapitalverkehrsteuergesetzes 1934 (ebenso dKVG 1955 und dKVG 1959) ermäßigt sich die Steuer auf 1 v.H. beim Erwerb von Gesellschaftsrechten, bei der Veräußerung eigener Gesellschaftsrechte und bei Leistungen, soweit sie erforderlich sind:
a) zur Deckung der Überschuldung einer inländischen Kapitalgesellschaft,
b) zur Deckung eines Verlustes am Grundkapital einer inländischen Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien oder am Stammkapital einer inländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
Gemäß § 9 Abs. 2 dKVG 1972 ermäßigte sich die Steuer um 50 v.H.
1. Bei Rechtsvorgängen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, soweit sie zur Deckung einer Überschuldung oder zur Deckung eines Verlustes an dem durch den Gesellschaftsvertrag oder die Satzung festgesetzten Kapital erforderlich sind. Beruhen die Rechtsvorgänge auf einer Erhöhung des Kapitals einer inländischen Kapitalgesellschaft, so ist ferner Voraussetzung, daß diese Erhöhung dem Ausgleich einer nicht mehr als vier Jahre zurückliegenden Herabsetzung des Kapitals dient.
Mit der auf das Gesetz zur Änderung des Kapitalverkehrsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 1971, BGBl. I 1971, 2134, zurückgehenden Anfügung des letzten Satzes an die zuletzt zitierte Vorschrift folgte der Gesetzgeber Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 249/25 vom 3. Oktober 1969. Danach kann im Falle einer Erhöhung des Kapitals nach einer zur Deckung erlittener Verluste vorgenommenen Herabsetzung des Kapitals der Satz der Gesellschaftsteuer für den Teil der Erhöhung ermäßigt werden, der der Kapitalherabsetzung entspricht, sofern diese Erhöhung binnen vier Jahren nach der Kapitalherabsetzung erfolgt.
Seit 1. Jänner 1986 sind gemäß § 7 Abs. 4 KVG 1972 die früher in § 9 Abs. 2 KVG 1972 angeführten Rechtsvorgänge von der Besteuerung ausgenommen.
Der Reichsfinanzhof hatte zu § 13 lit. b KVG 1922 ausgesprochen, daß die Steuervergünstigung durch eine einfache Kapitalerhöhung nicht ausgelöst werden könne. Es müsse vielmehr noch eine mit ihr im Zusammenhang stehende Kapitalherabsetzung hinzukommen. Dies gelte auch, wenn es sich um die Beseitigung einer Überschuldung handle, obwohl diese durch bloße Kapitalerhöhung beseitigt werden könne. § 13 lit. b KVG 1922 erblicke auch in der "Überschuldung" einen "Verlust am Grund- oder Stammkapital"; durch den Begriff "Kapitalverlust" werde der Begriff "Überschuldung" gedeckt. Mit der Überschuldung sei stets ein Kapitalverlust verbunden, nicht aber umgekehrt mit einem Kapitalverlust stets eine Überschuldung (vgl. das Urteil des RFH vom 13. Dezember 1927, Slg. 22, 261). Daran hielt der Reichsfinanzhof im Urteil vom 27. November 1928, RStBl. 1928, 3, fest.
Diese Rechtsprechung hielt der Bundesfinanzhof bei der Auslegung von § 9 Abs. 2 Nr. 1 lit. a KVG 1955 (entspricht KVG 1934) nicht aufrecht (vgl. das Urteil vom 14. November 1962, BStBl. 1963 III 63). Der Bundesfinanzhof führte aus, durch Zuführung neuen haftenden Eigenkapitals werde das Aktivvermögen erhöht und die Überschuldung in entsprechender Höhe beseitigt. Dies verkenne auch die Entscheidung des RFH vom 13. Dezember 1927, Slg. 22, 259, nicht. Sie gehe aber davon aus, daß § 13 lit. b KVG 1922 auch in der "Überschuldung" einen "Verlust am Grund- oder Stammkapital" erblicke und daß es nicht im Sinne des Gesetzgebers gelegen habe, eine Kapitalerhöhung zu begünstigen, die sich hätte vermeiden lassen. Es könne allerdings nicht verkannt werden, daß eine einfache Kapitalerhöhung nicht nur die Beseitigung der Überschuldung, sondern gleichzeitig die Erhöhung des Verlustes am Stammkapital zur Folge habe. Werde dieser Verlust später nicht durch Gewinne, sondern durch Zuführung neuen Eigenkapitals beseitigt, so würde allerdings diese (spätere) Kapitalzuführung nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Nr. 1 b KVG 1955 ebenfalls begünstigt sein. Es könne dahingestellt bleiben, ob der vom Reichsfinanzhof vertretenen Auffassung für die Bestimmung des § 13 lit. b KVG 1922 zu folgen sei. Für das KVG 1955 stehe ihr jedenfalls der Wortlaut des § 9 Abs. 2 Nr. 1 entgegen. Dieser spreche aus, daß der Erwerb von Gesellschaftsrechten
a) zur Deckung der Überschuldung einer inländischen Kapitalgesellschaft,
b) zur Deckung des Verlustes am Grund- oder Stammkapital bestimmter Kapitalgesellschaften
zur Ermäßigung der Steuer führen soll. Bei diesem eindeutigen Wortlaut sei es schlechterdings ausgeschlossen, zu unterstellen, daß der Gesetzgeber nicht beide Tatbestände, und zwar jeden für sich, begünstigen wollte. Die Voraussetzung der "Erforderlichkeit" könne sich, wie aus dem Sinnzusammenhang hervorgehe, nur auf den Umfang des Rechtserwerbs beziehen. Ein Rechtserwerb, der das zur Beseitigung der Überschuldung oder zur Deckung des Verlustes am Grund- oder Stammkapital erforderliche Maß überschreite, sei nicht in voller Höhe begünstigt, sondern nur insoweit, als er seine Sanierungsaufgabe erfüllen könne. Eine weitere Einschränkung der Voraussetzungen der Steuerbegünstigung enthalte dieser Begriff nicht. Er verlange insbesondere nicht weitere Maßnahmen, die in ihrer Gesamtheit zwar auch die Überschuldung beseitigen, außerdem aber auch zum Teil der Deckung des Verlustes am Stammkapital dienen würden, was die Kapitalgesellschaft aus billigenswerten kaufmännischen Gesichtspunkten oft gar nicht möchte, etwa um die Ausschüttung von Gewinnen zu vermeiden. Die Anwendung der Vorschrift des § 9 Abs. 2 Nr. 1 lit. a KVG führe auch zu keinem unsinnigen Ergebnis, das nicht im Sinne des Gesetzgebers liegen könnte. Ob bei einer etwaigen späteren Zuführung von neuem Eigenkapital zur Deckung eines Verlustes am Grund- oder Stammkapital bestimmter Kapitalgesellschaften nach vorausgegangener Eigenkapitalzuführung zur Deckung einer Überschuldung die Steuervergünstigung nach § 9 Abs. 2 Nr. 1b KVG 1955 in Höhe der früheren Kapitalzuführung nach dem Sinnzusammenhang der beiden Ermäßigungstatbestände - a) und b) - versagt werden müsse, sei in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.
Zu § 9 Abs. 2 Nr. 1 KVG 1972 vertrat der Bundesfinanzhof die Auffassung, Kapitalerhöhungen unterlägen als Sanierungsmaßnahmen nur dann und insoweit dem ermäßigten Steuersatz, als sie dem Ausgleich einer nicht mehr als vier Jahre zurückliegenden Herabsetzung des Kapitals dienten (vgl. das Urteil vom 22. Oktober 1980, BStBl. 1981, 73). Zweck der Begünstigungsvorschrift sei es, die Kapitalzufuhr, die nicht einer eigentlichen Kapitalvermehrung, sondern der Sanierung einer notleidenden Kapitalgesellschaft diene, zu begünstigen. Es sei zwar richtig, daß eine Überschuldung, die stets auch einen völligen Verlust am festgesetzten Kapital in sich berge, wirtschaftlich auch durch eine Kapitalerhöhung gedeckt werden könne, die die Überschuldung bis zur Grenze des verlorenen Nennkapitals kompensiere. Eine derartige Kapitalerhöhung habe unmittelbar die Auswirkung, daß das gesamte (erhöhte) Kapital verloren sei; sie beseitige lediglich den Konkursgrund. Wenn der Wortlaut des § 9 Abs. 2 Nr. 1 KVG 1972 im Gegensatz zu dem des § 9 Abs. 2 Nr. 1 KVG 1934 mit 1959 dafür spreche, daß Kapitalerhöhungsmaßnahmen nur dann und so weit dem ermäßigten Steuersatz unterlägen, als sie dem Ausgleich einer nicht mehr als vier Jahre zurückliegenden Kapitalherabsetzung dienten, sei das Ergebnis sinnvoll. Eine nicht am Wortlaut orientierte Auslegung würde dagegen das sinnwidrige Ergebnis zeitigen, daß eine nachfolgende Herabsetzung des Kapitals im gleichen Ausmaß (bis zur Grenze des Mindestkapitals) und spätere Wiederaufstockung zur doppelten Begünstigung desselben Verlustes führen würde. Dafür sei aber kein vernünftiger Grund zu sehen. Im übrigen bleibe es dem Gesetzgeber überlassen, welche Sanierungsmaßnahmen er für begünstigungswürdig halte. Im Hinblick auf Satz 2 sei der Schluß gerechtfertigt, daß ihm zur Deckung einer Überschuldung bis zur oben angeführten Grenze andere der Gesellschaftsteuer unterliegende Gesellschafterleistungen als geeignete, begünstigungswürdige Mittel erschienen.
Der Bundesfinanzhof verwies im zuletzt zitierten Urteil auch auf die historische Entwicklung: Während der Reichsfinanzhof zu § 13 KVG 1922, der Überschuldung und Verlust am Nennkapital gleichrangig nebeneinander stellte und außer der Erforderlichkeit der Leistung zu ihrer Deckung keine weiteren Voraussetzungen enthielt, ausgesprochen habe, daß bei Kapitalerhöhungsmaßnahmen stets eine gleichzeitige Kapitalherabsetzung Voraussetzung für die Gewährung des ermäßigten Steuersatzes sei, habe der Bundesfinanzhof angesichts des Wortlautes des § 9 Abs. 2 Nr. 1 KVG 1934 mit 1959 im Hinblick auf die gesonderte Anführung der Überschuldung in Buchstaben a von dieser Voraussetzung Abstand genommen. § 9 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 KVG 1972 unterschieden wiederum nicht zwischen Überschuldung und bloßem Kapitalverlust.
Die zuletzt dargelegte Rechtsprechung zu § 9 Abs. 2 Nr. 1 KVG 1972 hielt der Bundesfinanzhof im Urteil vom 12. November 1980, BStBl. 1981 II 442, aufrecht. Er führte aus, die objektiv mögliche Beseitigung einer über den Verlust des Kapitals hinausgehenden Überschuldung durch Kapitalaufstockung sei nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht begünstigungsfähig; die Ermäßigung des Steuersatzes bei Vorgängen, die auf einer Erhöhung des Kapitals beruhten, sei vielmehr stets nur und insoweit zu gewähren, als diese dem Ausgleich einer Kapitalherabsetzung in den Fristen des § 9 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 KVG 1972 dienten.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich veranlaßt, seine den Erkenntnissen vom 16. September 1971, Zl. 938/70, vom 8. Jänner 1979, Zl. 2032/77, vom 22. Februar 1988, Zl. 86/15/0020, und vom 17. April 1989, Zl. 88/15/0083, zu Grunde liegende Auslegung von § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. a KVG neuerlich zu überdenken; er hält an der dort dargelegten Rechtsauffassung nicht mehr fest.
Der Gerichtshof hatte, wie schon ausgeführt wurde, erstmals in seinem Erkenntnis vom 16. September 1971, Zl. 938/70, die einfache Kapitalerhöhung einer ÜBERSCHULDETEN GmbH dahin zu beurteilen, ob die dabei erbrachte Leistung dem ermäßigten Steuersatz nach § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. a KVG oder dem Normalsteuersatz unterläge. Der Gerichtshof begründete im genannten Erkenntnis - in dem er die gegenteilige Auslegung als vertretbar bezeichnete - seine Auffassung, daß nur solche Kapitalerhöhungen gemäß § 9 Abs. 2 Z. 1 KVG dem begünstigten Steuersatz unterworfen sein könnten, die auch den Verlustbetrag am Stammkapital bereinigten, (ausschließlich) mit dem Hinweis auf das Erkenntnis vom 10. Dezember 1962, Slg. 2759/F. Das letztgenannte Erkenntnis war jedoch im Fall einer Kapitalerhöhung zum Ausgleich des Verlustes am Stammkapital einer NICHT ÜBERSCHULDETEN GmbH zum Begünstigungstatbestand der lit. b ergangen. Der Gerichtshof ging somit im Erkenntnis vom 16. September 1971, Zl. 938/70 offenbar - ohne dies ausdrücklich auszusprechen - davon aus, daß die Anwendung des Begünstigungstatbestandes der lit. a nur dann in Betracht käme, wenn kumulativ die Voraussetzungen dieses Begünstigungstatbestandes wie auch jene der lit. b vorlägen.
Die Auslegung der Tatbestände des § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. a und b KVG nach dem Wortsinn, dem Bedeutungszusammenhang und der Gesetzessystematik vermag aber dieses Ergebnis nicht hinreichend zu stützen. Das Gesetz stellt der Begünstigung von Leistungen zur Deckung einer Überschuldung (lit. a) jene von Leistungen zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital (lit. b) gegenüber. Vom Wortsinn ausgehend könnte die oben dargelegte Auffassung, die für die Anwendbarkeit der Begünstigung nach lit. a kumulativ auch das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale der lit. b fordert, insbesondere darauf gestützt werden, daß "Deckung eines Verlustes am Stammkapital" und "Deckung der Überschuldung" im Verhältnis von Ober- und Unterbegriff stünden. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Eine "Überschuldung" (im Sinne des für das Gesellschaftsteuerrecht maßgebenden Begriffsinhaltes) liegt vor, wenn die Schulden den (wahren) Wert des Vermögens der Kapitalgesellschaft übersteigen; ein Verlust am Nenn-(Stamm-)Kapital liegt vor, wenn der Aktivsaldo zwischen (Brutto-)Vermögen und Schulden (Reinvermögenssaldo) niedriger ist als das Gesellschaftskapital (vgl. z.B. Egly - Klenk, Gesellschaftsteuerkommentar4 295; Kinnebrock - Meulenbergh, Kapitalverkehrsteuergesetz5 218; Brönner - Kamprad, Kommentar zum Kapitalverkehrsteuergesetz4 120). Schon aus diesen Begriffsbestimmungen ergibt sich, daß zwischen "Überschuldung" und "Verlust am Stammkapital" eine Wechselbeziehung dergestalt, daß die Überschuldung nur bei gleichzeitiger Beseitigung des Verlustes am Stammkapital gedeckt werden könnte, nicht besteht. Gerade die hier vorliegende Zuführung neuen haftenden Eigenkapitals vermag zwar das Überwiegen der Schulden über den Wert des Gesellschaftsvermögens (die Überschuldung) zu beseitigen, ändert aber nichts daran, daß der Aktivsaldo zwischen Vermögen und Schulden niedriger ist als das Gesellschaftskapital.
Auch aus dem gemeinsamen Tatbestandsmerkmal, daß die Leistungen (zur Deckung der Überschuldung oder eines Verlustes am Stammkapital) "erforderlich" sein müssen, kann im Rahmen der grammatikalischen Interpretation das Erfordernis eines kumulativen Vorliegens der Merkmale beider Tatbestände für die Anwendbarkeit der lit. a nicht abgeleitet werden. Das Wort "erforderlich" hat im vorliegenden Zusammenhang vielmehr nur den Sinn, daß für die Anwendung des begünstigten Steuersatzes eine Obergrenze gesetzt wurde (vgl. "soweit" sie erforderlich sind:), bei deren Überschreitung die Steuer vom übersteigenden Betrag nicht in Höhe von 1 v.H., sondern wieder in Höhe von 2 v.H. erhoben wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 1963, Slg. 2966/F, und das Urteil des BFH vom 14. November 1962, BStBl. 1963 III 63).
Auch die Systematik des Kapitalverkehrsteuergesetzes spricht dafür, daß es sich bei lit. a und b um zwei selbständige Begünstigungstatbestände handelt; dies ergibt beispielsweise schon ein Vergleich mit der nachfolgenden Begünstigungsvorschrift (§ 9 Abs. 2 Z. 2 KVG), die ebenfalls zwei voneinander unabhängige Begünstigungstatbestände in Form einer lit. a (Zubußen zur Beseitigung von Bergwerkschäden, d.s. Schäden an einem Bergwerk) und einer lit. b (Zubußen zur Beseitigung von Bergschäden, das sind Schäden durch den Betrieb eines Bergwerks) normiert.
Die Auslegung nach Wortlaut, Bedeutungszusammenhang und Gesetzessystematik führt somit zum Ergebnis, daß es sich bei den Tatbeständen der lit. a (Leistungen zur Deckung der Überschuldung) und lit. b (Leistungen zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital) um zwei voneinander unabhängige Begünstigungstatbestände handelt und die Begünstigung zur Anwendung kommt, wenn (alternativ) die Voraussetzungen nur eines Tatbestandes vorliegen.
Es kann auch nicht davon gesprochen werden, daß ein solches Ergebnis dem Sinn des Gesetzes derart widerspräche, daß eine berichtigende Auslegung angebracht wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 8. Jänner 1979, Zl. 2232/77, ausgesprochen, der einfachen Kapitalerhöhung könne die Eigenschaft einer Sanierungsmaßnahme nicht zugebilligt werden, weil diese zwar die Überschuldung beseitigen könne, zugleich aber den Verlust am Stammkapital erhöhe. Auch im Erkenntnis vom 22. Februar 1988, Zl. 86/15/0020, legte der Gerichtshof dar, daß bei der Frage der Gewährung der Begünstigung nach § 9 Abs. 2 Z. 1 KVG die Erzielung einer Sanierung des Unternehmens im Vordergrund stünde. Im Erkenntnis vom 19. Mai 1983, Sgl. 5787/F, verwies der Gerichtshof darauf, daß der durch die einfache Kapitalerhöhung gestiegene Verlust am Stammkapital nicht nur zum (steuerfreien) Ausgleich mit späteren Gewinnen, sondern auch (nochmals) für eine Steuerermäßigung, nunmehr im Wege einer Verlustdeckung im Sinne des § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. b KVG, zur Verfügung stünde.
Zwar liegt es auf der Hand, daß der Gesetzgeber mit den Tatbeständen des § 9 Abs. 2 Z. 1 KVG Sanierungsmaßnahmen fördern wollte. Der Beseitigung der Überschuldung einer Kapitalgesellschaft durch Zufuhr haftenden Eigenkapitals kann jedoch der Charakter einer Sanierungsmaßnahme schon deshalb nicht abgesprochen werden, weil damit ein Konkursgrund (§ 67 KO) beseitigt wird; insbesondere dann, wenn der einfachen Kapitalerhöhung entsprechende weitere Maßnahmen nachfolgen, kann es sich bei dieser um den ersten Schritt einer vollständigen Sanierung handeln. Aus dem Umstand, daß der Zweck der Vorschriften ersichtlich darin liegt, zur Sanierung führende Leistungen zu begünstigen, kann somit nicht mit Sicherheit auf einen - eine berichtigende Auslegung gebietenden - Willen des Gesetzgebers geschlossen werden, Maßnahmen von der Begünstigung auszuschließen, die zwar die Überschuldung, nicht aber den Verlust am Stammkapital beseitigen.
Ob es zutrifft, daß eine neuerliche Kapitalzufuhr im Sinne des § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. b steuerbegünstigt wäre, muß für die Beantwortung der Frage, ob die Deckung der Überschuldung einer Kapitalgesellschaft durch einfache Kapitalerhöhung nach lit. a begünstigt ist, nicht abschließend entschieden werden. Die Entstehung der Steuerschuld ist bei der Gesellschaftsteuer nach der Generalklausel des § 4 Abs. 1 BAO zu beurteilen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1987, Zl. 85/15/0323). Danach entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft; das ist im vorliegenden Fall die Bewirkung der Leistung. Ob ein Begünstigungstatbestand vorliegt, ist im vorliegenden Fall somit ebenfalls aus der Sicht des Zeitpunktes der Bewirkung der Leistung zu beurteilen. Für die Verweigerung der Begünstigung kann bei dieser Sachlage nicht die bloß hypothetische Möglichkeit der Ausnützung eines weiteren Begünstigungstatbestandes in einer dem Sinn des Gesetzes zuwiderlaufenden Weise ausschlaggebend sein. Bei einer solchen Beurteilung würde die Verweigerung der Begünstigung auch diejenige Gesellschaft treffen, die die Vorgangsweise einer einfachen Kapitalerhöhung nicht zur Ausnützung einer Doppelbegünstigung, sondern aus billigenswerten kaufmännischen Motiven, etwa um die Ausschüttung von Gewinnen zu vermeiden, gewählt hat.
Dem Gesetz kann somit nicht entnommen werden, daß die Begünstigung nach § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. a KVG - über die "Erforderlichkeit der Leistung zur Deckung der Überschuldung" hinaus - an das Vorliegen weiterer, in der zitierten Vorschrift nicht angeführter Tatbestandsmerkmale geknüpft wäre. Zur Berücksichtigung des Umstandes, daß die Begünstigung einer allfälligen weiteren Kapitalzufuhr, die lediglich dem Ausgleich der bei einer vorangehenden, zur Beseitigung der Überschuldung dienenden einfachen Kapitalerhöhung eingetretenen Erhöhung des Verlustes am Stammkapital dient, als "Doppelbegünstigung" dem Zweck des Gesetzes widerspricht, schon bei der Prüfung der Voraussetzungen der Begünstigung für die "erste" Kapitalzufuhr bedürfte es nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes einer ausdrücklichen Anordnung, wie sie etwa der deutsche Gesetzgeber in § 9 Abs. 2 Z. 1 KVG 1972 letzter Satz (nunmehr § 7 Abs. 4 Z. 1 KVG 1972 letzter Satz) getroffen hat.
Zusammenfassend ergibt sich somit, daß die Steuersatzbegünstigung von Leistungen, die zur Deckung der Überschuldung einer inländischen Kapitalgesellschaft erforderlich sind, nach § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. a KVG keine weiteren, in der zitierten Vorschrift nicht ausdrücklich angeführten Tatbestandsmerkmale voraussetzt; die Begünstigung nach dieser Gesetzesstelle tritt somit auch bei einer Kapitalzufuhr im Rahmen einer sogenannten "einfachen" Kapitalerhöhung (ohne vorangehende Kapitalherabsetzung) ein. Der Verwaltungsgerichtshof hält somit aus den dargelegten Gründen seine oben wiedergegebene Rechtsprechung zu § 9 Abs. 2 Z. 1 lit. a KVG nicht aufrecht.
Die belangte Behörde hat von dieser Rechtsprechung ausgehend nicht geprüft, in welchem Ausmaß die Kapitalzufuhr an die Beschwerdeführerin zur Deckung der Überschuldung erforderlich war; der angefochtene Bescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, daß der Umstand, daß aus dem Erhöhungsbeschluß die Widmung der Kapitalzufuhr für die Deckung der Überschuldung nicht hervorgeht, für die Begünstigung nicht ausschlaggebend ist, weil dem Gesetz nicht entnommen werden kann, daß das Vorhandensein eines "Sanierungswillens" Tatbestandsmerkmal der Begünstigung wäre (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 1963, Slg. 2966/F).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung, BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da der pauschalierte Schriftsatzaufwand auch die Umsatzsteuer umfaßt (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, 687 Abs. 3 zitierte hg. Rechtsprechung).
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