VwGH 89/14/0158

VwGH89/14/015816.11.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Hutter, über die Beschwerde des Dr. H in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom 16. Juni 1989, Zl. 277-3/87, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1983 bis 1985, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §20 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs3;
EStG 1972 §4 Abs4;
EStG 1972 §20 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs3;
EStG 1972 §4 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezieht aus der Tätigkeit als Facharzt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Für die Jahre 1983 bis 1985 fand bei ihm eine abgabenbehördliche Prüfung statt. Der Prüfer stellte unter anderem fest, daß die Schuldzinsen für einen Kontokorrentkredit zur Gänze als Betriebsausgaben geltend gemacht worden waren, obwohl das betreffende Sparkassenkonto überwiegend für private Zwecke in Anspruch genommen worden war. Diese Feststellung führte zu einer Kürzung der als Betriebsausgaben anerkannten Schuldzinsen entsprechend den fremdfinanzierten Betriebsausgaben.

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ entsprechende Einkommensteuerbescheide.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Bei dem Kontokorrentkredit handle es sich um einen Betriebskredit. Dies sei schon aus der Kontonummer ersichtlich. Seit der Aufnahme des Kredites im Jahr 1978 habe kein Zweifel daran bestanden, daß es sich um einen Betriebskredit handle. Der Beschwerdeführer habe keine Handlungen gesetzt, die die Annahme einer "Entnahme" des Kredites rechtfertigen würden. Auch sei der Kredit auf dem Betriebsgrundstück sichergestellt. Daß "zum größeren Teil private Zahlungen über dieses Konto geleistet wurden", könne nicht dazu führen, den Zinsen die Abzugsfähigkeit als Betriebsausgaben zu versagen. Es stehe nämlich dem Steuerpflichtigen frei, wie er seinen Betrieb finanziere.

Die belangte Behörde wies die Berufung ab. Sei eine eindeutige Zuordnung von Kreditmitteln zur Finanzierung der privaten Lebensführung möglich, so seien auch die entsprechenden Kreditzinsen der privaten Lebensführung zuzuordnen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1972 sind Betriebsausgaben Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß ein vom Beschwerdeführer aufgenommener Kontokorrentkredit "zum größeren Teil" der Abdeckung privater Verbindlichkeiten diente. Der Beschwerdeführer vertritt jedoch die Auffassung, daß die Kreditzinsen deswegen als Betriebsausgaben anzuerkennen seien, weil der Kontokorrentkredit seinerzeit aus betrieblichen Gründen aufgenommen worden sei und nach wie vor betrieblichen Zwecken diene. Da der Steuerpflichtige berechtigt sei, seinem Betrieb finanzielle Mittel zu entnehmen, ohne daß deswegen der Betriebsausgabencharakter von Schuldzinsen für Betriebskredite verloren gehe, sei die Beurteilung eines Teiles der Kontokorrentzinsen als Aufwendungen der privaten Lebensführung rechtswidrig.

Der Beschwerdeführer übersieht, daß Betriebsausgaben nur solche Aufwendungen sind, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Wird ein betrieblich veranlaßter Aufwand durch Fremdmittel finanziert, so sind die Fremdmittelzinsen nach ständiger hg. Rechtsprechung grundsätzlich auch dann Betriebsausgaben, wenn der Abgabepflichtige in der Lage gewesen wäre, den Aufwand durch Eigenmittel zu finanzieren (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1990, 89/13/0112 und die dort zitierte Vorjudikatur). Voraussetzung dafür, Schuldzinsen als Betriebsausgaben anzuerkennen, ist aber stets, daß der fremdfinanzierte Aufwand der betrieblich Sphäre zuzurechnen ist. Dies ist für jeden einzelnen Aufwand getrennt zu prüfen. Daß ein Kontokorrentkredit ursprünglich NUR für betriebliche Zwecke aufgenommen wurde, hat nicht zur Folge, daß die Kontokorrentzinsen (zur Gänze) Betriebsausgaben bleiben, wenn der Betrieb späterhin (auch) zur Finanzierung der privaten Lebensführung dient. Der Teil, der der privaten Lebensführung dient, ist nicht Betriebsschuld und die mit diesem Teil im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Schuldzinsen sind keine Betriebsausgaben. Es trifft zwar zu, daß ein Abgabepflichtiger vorhandene Eigenmittel dem Betrieb entziehen darf und daß dadurch ein höheres betriebliches Erfordernis zur Fremdfinanzierung entstehen kann, ohne daß die entsprechenden Schuldzinsen ihre Eigenschaft als Betriebsausgaben verlieren. Auch in einem solchen Fall dienen nämlich die Fremdmittel der Finanzierung des Betriebsaufwandes.

Im Beschwerdefall wurden aber Teile des Kontokorrentkredites nicht zur Finanzierung von Betriebsaufwand, sondern unmittelbar zur Abdeckung privater Verbindlichkeiten verwendet. Nicht das durch allfällige Entnahmen verursachte Fehlen von Eigenmitteln und ein dadurch ausgelöster vermehrter Fremdkapitalbedarf zur Bestreitung von Betriebsaufwand führte zu höheren Schuldzinsen, sondern die Bestreitung von Ausgaben der privaten Lebensführung.

Der Beschwerdeführer meint, daß eine direkte Zuordnung von bestimmten Schulden und bestimmten Ausgaben wirtschaftlich betrachtet nicht möglich sei. Dabei übersieht er, daß er selbst in seiner Berufung vorgebracht hat, daß "zum größeren Teil private Zahlungen über dieses Konto geleistet wurden". Die Verwendung des Kontokorrentkredites zur Abdeckung privater Aufwendungen war daher durch die Kontobewegungen eindeutig erkennbar.

Weiters trifft die Auffassung des Beschwerdeführers nicht zu, daß es dem Steuerpflichtigen freistehe, eine Schuld als betrieblich oder privat zu behandeln. Ob eine Schuld dem Betriebsvermögen oder dem Privatvermögen zuzurechnen ist, bestimmt sich danach, wofür die durch die Schuldaufnahme verfügbar gewordenen Geldmittel verwendet wurden. Nur soweit damit ein betrieblicher Aufwand abgedeckt wurde, liegt eine Betriebsschuld vor. Die vom Beschwerdeführer mehrfach betonte "Dispositionsbefugnis" des Steuerpflichtigen bei Finanzierung seines Betriebes besteht nur in der Entscheidungsfreiheit, wie die tatsächliche Finanzierung erfolgt, und nicht darin, eine vom tatsächlichen Geschehen abweichende Finanzierung zu behaupten.

Dem Vorbringen, der in Streit stehende "Kontokorrentsaldo" stelle "gewillkürtes Betriebsvermögen" dar, kommt keine Bedeutung zu, weil Fremdmittel, die der Finanzierung der privaten Lebensführung dienen, stets dem notwendigen Privatvermögen zuzurechnen sind. Abgesehen davon ermittelt der Beschwerdeführer seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972, sodaß der Ansatz gewillkürten Betriebsvermögens auch aus diesem Grund nicht in Betracht käme (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1989, 86/14/0129).

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.

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