Normen
EStG 1972 §4 Abs1
EStG 1972 §5
EStG 1972 §6 Z3
InvEG 1969 §5 Abs4
InvEG 1969 §9
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1989140119.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,‑ ‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, eine GmbH, hat die ihm mit Bescheid des Landesinvalidenamtes vom 4. September 1986 für das Kalenderjahr 1985 gemäß § 5 Abs. 4 Invalideneinstellungsgesetz in der Fassung BGBl. 1982/360 (in der Folge: InvEG) gewährte Prämie noch nicht als Forderung in der Bilanz zum 31. Dezember 1985 berücksichtigt. Dies wurde anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung beanstandet. Im wiederaufgenommenen Verfahren folgte das Finanzamt der Ansicht des Prüfers und legte der Neufestsetzung der Körperschaft- und Gewerbesteuer eine Gewinnermittlung zugrunde, in der die Prämie für 1985, die noch mit dem doppelten Hundertsatz (30 vH) der gleichartigen Prämie auf Grund des § 9a Abs. 3 InvEG in der Fassung BGBl. 1985/567 ab dem Kalenderjahr 1986 (15 vH) zu berechnen war, und die auf Grund der Fassung des § 3 Z. 4 EStG durch das AbgÄG 1985 ab der Veranlagung für 1986 steuerfrei gewesen wäre, bereits zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1985 unter die Aktiva aufgenommen wurde.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit der Begründung Berufung, das Landesinvalidenamt habe über die Prämie erst mit Bescheid vom 4. September 1986 abgesprochen. Nach dem imparitätischen Realisationsprinzip sei der Betrag erst 1986 und nicht schon 1985 auszuweisen.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 und § 5 EStG stelle schon das Entstehen einer Forderung aus einer betrieblichen Lieferung oder Leistung und nicht erst der Eingang der Forderung eine Betriebseinnahme dar. Die Arbeitsaufträge an die geschützten Werkstätten seien vom Beschwerdeführer bereits 1985 vergeben worden, womit die im § 5 Abs. 4 InvEG genannte Voraussetzung für die Entstehung des Prämienanspruches erfüllt gewesen sei.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht darauf verletzt, daß die Prämie nicht bereits bei der Gewinnermittlung zum 31. Dezember 1985 als Aktivum berücksichtigt wird. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Für die Erledigung der Beschwerde ist die Lösung der Frage entscheidend, ob der Anspruch auf Prämie bereits zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1985 entstanden war. Ob er zu diesem Zeitpunkt bereits fällig war, ist nicht entscheidend (Schubert‑Pokorny‑Schuch‑Quantschnigg, Einkommensteuer‑Handbuch, 2. Aufl., Tz 49 zu § 6).
Gemäß § 5 Abs. 4 InvEG sind Dienstgebern, die Arbeitsaufträge an Einrichtungen erteilen, in denen überwiegend Schwerbehinderte tägig sind, 30 vH des Jahresrechnungsbetrages der Aufträge auf die Summe der für das entsprechende Kalenderjahr vorzuschreibenden Ausgleichstaxe anzurechnen. Übersteigt der anzurechnende Betrag die vorzuschreibende Ausgleichstaxe, so gebührt der übersteigende Betrag als Prämie. Die Nachweise hiefür sind bis zum 1. Mai jeden Jahres für das vorangegangene Kalenderjahr dem Landesinvalidenamt vorzulegen.
Dem Beschwerdeführer ist darin zu folgen, daß entgegen der Ansicht der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid für die Entstehung des Prämienanspruches nicht die Arbeitsauftragserteilung im betreffenden Kalenderjahr entscheidend ist, sondern der Jahresrechnungsbetrag aus Arbeitsaufträgen an die genannten Einrichtungen, wobei unter Jahresrechnungsbetrag nur die Summe aus allen während des Kalenderjahres angefallenen Rechnungen verstanden werden kann. Daß die belangte Behörde die Vergabe der Arbeitsaufträge im Jahre 1985 allein für die Entstehung des Prämienanspruches als ausschlaggebend angesehen hat, macht den angefochtenen Bescheid jedoch nicht rechtswidrig, weil die von der belangten Behörde zum 31. Dezember 1985 aktivierte Prämie der bescheidmäßig gewährten entspricht und daher davon ausgegangen werden durfte, daß das Landesinvalidenamt nur den Jahresrechnungsbetrag 1985 von Aufträgen an Einrichtungen im Sinne der zitierten Gesetzesstelle der Bemessung der Prämie zugrunde gelegt hat, also ein entsprechender Jahresrechnungsbetrag aus 1985 vorhanden war. An der betreffenden Anspruchsvoraussetzung zum Bilanzstichtag fehlte es daher nicht.
Eine weitere Voraussetzung für das Gebühren der Prämie ist das Fehlen vorzuschreibender Ausgleichstaxe, die für eine Anrechnung auf den Prozentsatz des Jahresrechnungsbetrages aus Arbeitsaufträgen in Betracht käme. Darauf, daß zwischen der Entstehung des Ausgleichstaxenanspruches einerseits und der Verpflichtung zur Entrichtung der Ausgleichstaxe andererseits zu unterscheiden ist, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 18. Februar 1988, 87/09/0274, ZfVB 1988/5/1886, hingewiesen. Danach entsteht zwar der Ausgleichstaxenanspruch kraft Gesetzes, die Verpflichtung zur Entrichtung der Ausgleichstaxe bedarf jedoch behördlicher Vorschreibung. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich im gegebenen Zusammenhang nicht veranlaßt, von dieser Meinung abzugehen.
Mit Ablauf des betreffenden Kalenderjahres steht daher sowohl fest, welcher Jahresrechnungsbetrag aus Arbeitaufrägen angelaufen ist, als auch, ob ein Ausgleichstaxenanspruch entstanden ist und bejahendenfalls in welcher Höhe. Da die Differenz zwischen Prozentsatz des Jahresrechnungsbetrages und vorzuschreibender Ausgleichstaxe als Prämie gebührt, auf die gemäß § 10a Abs. 4 InvEG ein Rechtsanspruch besteht, sind mit Ende des Kalenderjahres alle Voraussetzungen für das Entstehen des Prämienanspruches verwirklicht. Ein Ermessensspielraum kommt dem Landesinvalidenamt bei Festsetzung der Prämie nicht zu.
Auf Grund der geschilderten Umstände vergleicht der Beschwerdeführer die Situation zu Unrecht mit einem schwebenden Geschäft. Auch das kaufmännische Vorsichtsprinzip steht einer Bilanzierung des Anspruches auf die Prämie mit dem Ende des Jahres für das sie gebührt, nicht entgegen. Die Unsicherheit bis zur bescheidmäßigen Festsetzung der Prämie ist nicht größer, als die Unsicherheit, die eine privatrechtliche Forderung trifft, für die noch kein Exekutionstitel besteht. Auch nichttitulierte Forderungen sind aber zu bilanzieren.
Bei der Nachweispflicht laut § 5 Abs. 4 letzter Satz InvEG handelt es sich um eine Ergänzungsvorschrift im Sinne des § 39 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 19 Abs. 1 InvEG, die die Beweislastverteilung regelt. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist der Nachweis jedoch keine materiell‑rechtliche Voraussetzung für die Entstehung des Prämienanspruches. Nicht die fristgerechte Vorlage der Rechnungen an das Landesinvalidenamt ist nämlich für das Entstehen des Anspruches entscheidend, sondern das Vorhandensein entsprechender Rechnungen bis zum Ende des betreffenden Kalenderjahres.
Eine so entstandene Forderung ist aber ohne Rücksicht auf die Rechnungslegung zu bilanzieren (vgl. Einkommensteuer-Handbuch, 2. Aufl., aaO).
Selbst wenn man aber aus § 5 Abs. 4 letzter Satz InvEG die Regelung eines Anspruchsverlustes bei nicht fristgerechter Rechnungsvorlegung herauslesen wollte, würde dies an der Pflicht zur Aktivierung des Prämienanspruches zum Ende des Kalenderjahres, für das der Anspruch zusteht, nichts ändern, weil die Forderung erst im Folgejahr durch den Anspruchsverlust zum Erlöschen käme und sie daher erst zum nächsten Bilanzstichtag abzuschreiben wäre.
Aus dem Gesetz ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, daß über das Gebühren einer Prämie gemäß § 5 Abs. 4 InvEG von der Behörde auch dann mit Bescheid abzusprechen wäre, wenn sie den Prämienanspruch für berechtigt hält. Hingegen sieht das Gesetz für Prämien gemäß § 9 Abs. 4 und 5 InvEG in § 9 Abs. 6 InvEG eine Entscheidungspflicht auch für den Fall der Zuerkennung vor. Diese Überlegung spricht dagegen, den Prämienanspruch etwa sogar erst mit der bescheidmäßigen Zuerkennung als entstanden anzusehen.
Auch aus den Vorschriften über die Vorschreibungsverjährung (§ 9 Abs. 3 InvEG) und die Eintreibungsverjährung (§ 18 Abs. 2 InvEG) betreffend die Ausgleichstaxe läßt sich für den Standpunkt des Beschwerdeführers gegen dessen Meinung nichts gewinnen. Auf Grund der Anrechnungsregel des § 5 Abs. 4 erster Satz InvEG kann die Vorschreibungsverjährung nämlich nur den Ausgleichstaxenüberhang treffen; übersteigt der Betrag (Prozentsatz des Jahresrechnungsbetrages aus Arbeitsaufträgen) die Ausgleichstaxe, sodaß in diesem Ausmaß eine Prämie gebührt, kommt eine Vorschreibungsverjährung hinsichtlich Ausgleichstaxe gar nicht in Betracht. Die Eintreibungsverjährung betrifft aber überhaupt nur mit Bescheid vorgeschriebene Ausgleichstaxe.
Die Frage der Bewertung der Forderung zum Bilanzstichtag (allfällige Abzinsung) ist nicht Gegenstand des Beschwerdepunktes.
Dem angefochtenen Bescheid haftet daher im Rahmen des Beschwerdepunktes Rechtswidrigkeit nicht an.
Da der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid somit in seinen Rechten nicht verletzt wird, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
Wien, 19. September 1989
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