VwGH 89/14/0059

VwGH89/14/005918.12.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der X-GmbH gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 2. Februar 1987, Zl. 13/44/1-BK/Ko-1985, betreffend Gewerbesteuer 1977, zu Recht erkannt:

Normen

GewStG §1 Abs2 Z1;
GewStG §8 Z2;
StruktVG 1969 §8 Abs1 lita;
StruktVG 1969 §8 Abs3;
GewStG §1 Abs2 Z1;
GewStG §8 Z2;
StruktVG 1969 §8 Abs1 lita;
StruktVG 1969 §8 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH hielt einen 20 prozentigen Anteil als Komplementärin einer Kommanditgesellschaft (GmbH & Co KG). Mit Notariatsakt vom 15. September 1977 wurde der Betrieb dieser KG mit Wirkung vom 1. Jänner 1977 nach Art. III Strukturverbesserungsgesetz in eine neu gegründete GmbH eingebracht. Hiedurch ergab sich infolge Aufwertung ein Veräußerungsgewinn, von dem ein Betrag von S 4,755.870,-- auf die Beschwerdeführerin entfiel.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid entsprach die belangte Behörde dem Antrag der Beschwerdeführerin, diesen Gewinnanteil gemäß § 8 Z. 2 GewStG aus der Gewerbeertragsteuergrundlage auszuscheiden, nicht. Sie führte im wesentlichen aus: Nach der Fiktion des § 8 Abs. 3 Strukturverbesserungsgesetz habe der Gewerbebetrieb der KG steuerlich mit 31. Dezember 1976 (Stichtag der Einbringungsbilanz) geendet. Die Einbringung des Betriebes und damit die Realisierung des Veräußerungsgewinnes sei mit 1. Jänner 1977 (Stichtag der Eröffnungsbilanz) erfolgt. Die KG habe im Jahr 1977 aber keinen Gewerbebetrieb mehr dargestellt, weshalb die Beteiligung der Beschwerdeführerin an der KG im maßgebenden Jahr keine Beteiligung an einer Personengesellschaft gewesen sei, bei welcher die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebes anzusehen waren. Nach dem Wortlaut des § 8 Z. 2 GewStG sei daher keine Kürzung vorzunehmen. Bei der Gewerbesteuer sei ein Veräußerungsgewinn nicht anzusetzen; dies gelte auch für den bei der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft erzielten Gewinn. Die Kürzung des § 8 Z. 2 GewStG erfasse nur den Gewinn im Sinne des Gewerbesteuergesetzes, sodaß der gegenständliche Aufwertungsgewinn nicht unter diese Kürzungsbestimmung falle. Der Zweck sei die Verhinderung einer doppelten gewerbesteuerlichen Erfassung.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluß vom 28. Februar 1989, B 257/87-15, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat (Art. 144 Abs. 2 und 3 B-VG).

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten infolge rechtswidriger Anwendung des § 8 Z. 2 GewStG verletzt; sie beantragt die Aufhebung des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unstrittig ist, daß die Einbringung des Betriebes der KG in eine GmbH (im Tausch gegen Gesellschaftsrechte) einen Veräußerungsvorgang darstellt und daß infolge Aufwertung ein Veräußerungsgewinn entstanden ist.

Unstrittig ist ferner, daß der Veräußerungsgewinn bei der KG für die Gewerbesteuer nicht anzusetzen ist. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz, daß ein Ertrag, mag er auch einkommensteuerrechtlich als Gewinn aus Gewerbebetrieb bezeichnet werden, für die Gewerbesteuer nur dann maßgeblich sein kann, wenn er einem bestehenden Gewerbebetrieb zugerechnet werden kann. Bei Personengesellschaften hört das Besteuerungsobjekt mit der Einstellung der werbenden Tätigkeit auf zu bestehen. Die nachfolgende Veräußerung des Betriebes oder Teilbetriebes liegt daher außerhalb der Tätigkeit, die als Gewerbebetrieb anzusehen war (vgl. Philipp, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz Tz 6-11, sowie auch das hg. Erkenntnis vom 11. März 1966, Zl. 2038/65).

Strittig ist aber, ob der in Rede stehende Veräußerungsgewinn bei der Beschwerdeführerin als Gesellschafterin der KG gewerbesteuerlich zu erfassen war.

Gemäß § 1 Abs. 2 Z. 2 GewStG gilt als Gewerbebetrieb stets und in vollem Umfang die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften, zu denen auch die Beschwerdeführerin zählt. Steuerlich ist die Beteiligung an einer Personengesellschaft als Anteil am Betriebsvermögen dieser Gesellschaft aufzufassen. Wird ein solcher Anteil von einem Gesellschafter im Betriebsvermögen seines eigenen Gewerbebetriebes gehalten, so ist der Gewinn aus der Anteilsveräußerung grundsätzlich Bestandteil des eigenen Gewerbeertrages.

Die Beschwerdeführerin will nun die Kürzungsvorschrift des § 8 Z. 2 GewStG für sich in Anspruch nehmen. Die Bestimmung lautet:

Die Summe des Gewinnes und der Hinzurechnungen wird gekürzt um die Anteile am Gewinn einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebes anzusehen sind.

 

Die Anwendung der Kürzungsbestimmung ist daher davon abhängig, daß die Personengesellschaft, an welcher die Beteiligung besteht, ein Gewerbebetrieb ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn im Rahmen der Gesellschaft irgendeine und sei es auch die geringste gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 8. November 1977, Zl. 1772/77, und vom 12. Februar 1986, Zlen. 85/13/0137 und 85/13/0138). Wie oben ausgeführt liegt bei Personengesellschaften die Betriebsveräußerung aber außerhalb der als Gewerbebetrieb anzusehenden Tätigkeit. Schon aus diesen Erwägungen ist eine Anwendung der Kürzungsbestimmung des § 8 Z. 2 GewStG im Beschwerdefall ausgeschlossen. Auf die Rückwirkungsfiktion des § 8 Abs. 3 (jetzt Abs. 4) Strukturverbesserungsgesetz kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, weshalb auf die diesbezüglichen Ausführungen der Parteien nicht eingegangen werden muß.

Die Richtigkeit des dargestellten Ergebnisses zeigt sich auch, wenn man den Zweck der genannten Kürzungsbestimmung betrachtet. Der Gerichtshof hat in seinen bereits zitierten Erkenntnissen vom 12. Februar 1986 ausgesprochen, daß dieser Zweck in einer Verhinderung der doppelten gewerbesteuerlichen Erfassung ein und desselben Betrages sowohl bei der betreffenden Personengesellschaft als auch bei dem an dieser beteiligten Unternehmen zu erblicken ist; denn nur aus diesem Grund hat der Gesetzgeber die Begünstigung ausdrücklich auf Gewinne aus Beteiligungen an Personengesellschaften, welche Gewerbebetriebe darstellen, beschränkt, damit aber gleichzeitig die Anwendung der Kürzungsbestimmung auf Beteiligungen an anderen Personengesellschaften verneint. Eine doppelte Gewerbeertragsbesteuerung findet im Beschwerdefall aber nicht statt.

Der Verwaltungsgerichtshof gelangt somit zum Ergebnis, daß einer Kapitalgesellschaft die Kürzung gemäß § 8 Z. 2 GewStG für den Gewinn aus der Veräußerung eines Anteiles an einer Personengesellschaft nicht zusteht (ebenso Kastner-Mayer-Frint, Kommentar zum Strukturverbesserungsgesetz 76; Langer, ÖStZ 1971, 31; Helbich, Umgründungen, 3. Auflage 432; Philipp a. a.O. Tz 6-27; vgl. auch das Urteil des BFH vom 28. November 1957, BStBl. 1958 III 40).

Die Beschwerdeführerin beruft sich für ihre abweichende

Ansicht auf das Urteil des BFH vom 11. März 1982,

BStBl. II 707. In dieser Entscheidung hat der BFH aber lediglich ausgesprochen, daß der Gewinn aus einer Betriebsaufgabe bei einer GmbH & Co KG ebenso wie bei einer anderen Personengesellschaft nicht zum Gewerbeertrag gehört. Strittig war somit die Gewerbeertragsbesteuerung der KG, nicht der an ihr beteiligten GmbH.

In seinem von der Beschwerdeführerin zitierten Urteil vom 25. Mai 1962, BStBl. III 438, ist der BFH allerdings von seinem oben erwähnten Urteil vom 28. November 1957 abgegangen und hat die Ansicht vertreten, daß der Gewinn aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer Personengesellschaft auch nicht zum Gewerbeertrag eines anderen gewerblichen Betriebes zählt, zu dessen Betriebsvermögen die Beteiligung gehört. Hiezu ist zunächst zu bemerken, daß damals Schiffsparten einer (steuerlich der OHG gleichzustellenden) Partenreederei von einer OHG veräußert wurden, während es im vorliegenden Beschwerdefall um die Veräußerung der Beteiligung einer Kapitalgesellschaft geht. Der BFH hat eingeräumt, es treffe wohl zu, daß § 9 Z. 2 dGewStG im von ihm zu entscheidenden Fall nicht unmittelbar von Bedeutung sei, weil der Veräußerungsgewinn bei der Partenreederei bei Ermittlung des Gewerbeertrages nicht berücksichtigt worden sei. Dem Sinne dieser Bestimmung werde es aber nur gerecht, wenn aus dem Gewerbeertrag der beteiligten OHG alle Beträge ausgeschieden würden, die ihrem Wesen nach im Rahmen des Gewerbeertrages der Partenreederei zu berücksichtigen wären.

Dieser Argumentation (der sich Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechtes I, 4. Auflage, 266 für die Beteiligung eines Einzelunternehmers an einer Personengesellschaft angeschlossen haben) vermag der Verwaltungsgerichtshof - jedenfalls für den Fall der Veräußerung der Beteiligung einer Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft - nicht beizupflichten: Zur Gewerbebesteuerung von Kapitalgesellschaften gemäß § 1 Abs. 2 Z. 2 GewStG und zum Sinn der strittigen Kürzungsbestimmung nach dem Verständnis des Gerichtshofes wurde schon oben Stellung genommen; dieser Sinn gebietet es nicht, einen derartigen Gewerbeertrag der beteiligten Kapitalgesellschaft gewerbesteuerlich nicht zu erfassen.

Soweit die Beschwerdeführerin schließlich in der Replik zur Gegenschrift als Beleg für die "jüngere herrschende Meinung" Leitner, RdW 1988, 363 nennt, ist zu bemerken, daß es sich bei dieser Veröffentlichung nach Einbringung der vorliegenden Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof offenbar um die Verwertung der zur Beschwerde führenden Überlegungen durch den steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin in Aufsatzform handelt. Eine über das Beschwerdevorbringen hinausgehende Überzeugungskraft ist dieser "herrschenden Meinung" nicht beizumessen.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin hat schon der Verfassungsgerichtshof nicht geteilt.

Der angefochtene Bescheid ist demnach nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte