VwGH 89/13/0114

VwGH89/13/011418.9.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Pokorny, Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Ing. Franz V in W, vertreten durch Dr. E Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 10. März 1989, Zl. 6/1-1361/86-01, betreffend Einkommensteuer 1985, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §19 Abs1;
EStG 1972 §22 Abs1 Z2 idF 1981/620 ;
EStG 1972 §22 Abs1 Z2;
EStG 1972 §25 Abs1 Z1;
EStG 1972 §19 Abs1;
EStG 1972 §22 Abs1 Z2 idF 1981/620 ;
EStG 1972 §22 Abs1 Z2;
EStG 1972 §25 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war im Streitjahr und in den Jahren davor Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, wobei er seine Geschäftsführertätigkeit im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausübte. Sein Beteiligungsausmaß betrug bis 8. Dezember 1982 25 v.H.; ab diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer an der Gesellschaft mit 50 v.H. beteiligt.

Am 7. Dezember 1979 hatte der Beschwerdeführer mit der GmbH eine Vereinbarung abgeschlossen, in der ihm für Diensterfindungen Vergütungen in bestimmter Höhe zugesagt wurden. Die Vergütungen sollten erst ab dem Zeitpunkt des wirtschaftlichen Erfolges der Nutzung der Diensterfindungen ausbezahlt werden. Als Zeitpunkt des wirtschaftlichen Erfolges war jener vereinbart, in dem der Nettoerlös aus der Verwertung der Diensterfindungen insgesamt S 250,000,000,-- übersteigen würde.

Auf Grund dieser Vereinbarung erhielt der Beschwerdeführer erstmals im Jahr 1985 von der GmbH S 556.507,-- als Vergütung für Diensterfindungen ausbezahlt.

Der Beschwerdeführer erklärte diese Vergütungen als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und getrennt davon seine Geschäftsführerbezüge gemäß § 22 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 als Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Das Finanzamt beurteilte auch die Vergütungen für Diensterfindungen als Einkünfte aus selbständiger Arbeit, für die allerdings der begünstigte Steuersatz des § 37 in Verbindung mit § 38 EStG zum Tragen komme, und erließ einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er sei nach wie vor Dienstnehmer der GmbH. Steuerrechtlich seien allerdings infolge geänderter Rechtslage ab 1982 seine Dienstbezüge als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu qualifizieren. Steuerrechtlich sei sein Dienstverhältnis seither als beendet anzusehen. Für die Besteuerung von Vergütungen für Diensterfindungen aus einem früheren Dienstverhältnis sei es jedoch völlig unmaßgeblich, welche Tätigkeit der ausgeschiedene Dienstnehmer nach seinem Ausscheiden ausübe. Die Diensterfindungen seien während jenes Zeitraumes gemacht worden, in dem der Beschwerdeführer auch steuerrechtlich noch als Dienstnehmer anzusehen gewesen sei.

Die belangte Behörde wies die Berufung ab. Die Änderung steuerlicher Vorschriften durch das Abgabenänderungsgesetz 1981, BGBl. Nr. 620, wonach ab 1982 die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte gewährt werden, als Einkünfte aus selbständiger Arbeit gelten, bedeute keineswegs, daß damit ein bisher steuerlich anzuerkennendes Dienstverhältnis als erloschen anzusehen sei. Vielmehr habe nur die rechtliche Beurteilung der Einkünfte eine Änderung erfahren. Diese Änderung beziehe sich auch auf Vergütungen für Diensterfindungen. Auf die dem Beschwerdeführer im Jahr 1985 zugeflossenen Vergütungen für Diensterfindungen sei daher die neue Rechtslage anzuwenden.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 22 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1981, BGBl. Nr. 620, sind Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit stets die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Dazu gehören auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die für eine ehemalige Tätigkeit einer Person gewährt werden, die in einem Zeitraum von 10 Jahren vor Beendigung ihrer Tätigkeit durch mehr als die Hälfte des Zeitraumes ihrer Tätigkeit wesentlich beteiligt war.

Die belangte Behörde stützt sich auf § 19 Abs. 1 EStG 1972, wonach Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen sind, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind, und meint, daß deshalb die dem Beschwerdeführer im Jahr 1985 zugeflossenen Vergütungen für Diensterfindungen unter § 22 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 zu subsumieren seien. Sie übersieht dabei, daß § 19 Abs. 1 leg.cit. nur die ZEITLICHE Zuordnung von Einnahmen regelt und keine Aussage darüber trifft, unter welche Einkunftsart bestimmte Einkünfte fallen. Diese Frage ist vielmehr ausschließlich nach den Bestimmungen der §§ 21 bis 32 EStG 1972 zu lösen.

§ 22 Abs. 1 Z. 2 leg.cit. stellt erkennbar auf Vergütungen für bestimmte TÄTIGKEITEN ab. Die Subsumtion von Tätigkeitsvergütungen unter die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit hängt daher von der Art der ausgeübten Tätigkeit ab. Tatbestandsmerkmal der Tätigkeiten, deren Vergütung unter § 22 Abs. 1 Z. 2 leg.cit fällt, ist die wesentliche Beteiligung des tätigen Steuerpflichtigen an jener Kapitalgesellschaft, für die er die Tätigkeit ausübt. Nur die Tätigkeit eines wesentlich Beteiligten fällt unter die zitierte Bestimmung. Diese Verknüpfung der Tätigkeit mit der Person des Tätigen ergibt sich nicht nur aus dem notwendigen Bezug jeder einkommensteuerlich relevanten Tätigkeit zu einem bestimmten Steuersubjekt; auch der Wortlaut der zitierten Bestimmung spricht für eine solche Auslegung:

So wird im zweiten Satz des § 22 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972

ausdrücklich von Vergütungen jeder Art gesprochen, "die ... an

wesentlich Beteiligte für IHRE ... Beschäftigung gewährt

werden". Die Beschäftigung muß demnach von einem wesentlich Beteiligten ausgeübt werden. Auch im letzten Satz der zitierten Bestimmung wird ein zeitlicher Zusammenhang zwischen ausgeübter Tätigkeit und wesentlicher Beteiligung hergestellt ("... Vergütungen ..., die für eine ehemalige Tätigkeit einer Person gewährt werden, die in einem Zeitraum von 10 Jahren vor Beendigung ihrer Tätigkeit ... wesentlich beteiligt war.").

Für die Subsumtion einer Tätigkeitsvergütung unter § 22 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 genügt es daher nicht, daß im Zeitpunkt des Zufließens der Vergütung eine wesentliche Beteiligung des Empfängers besteht. Diese muß vielmehr im Tätigkeitszeitraum oder - im Falle der Anwendung des letzten Satzes der zitierten Bestimmung - während mehr als der Hälfte eines zehnjährigen Zeitraumes VOR Beendigung der Tätigkeit bestanden haben.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß er seine Erfindertätigkeit vor 1982, somit auch vor Erwerb seiner wesentlichen Beteiligung an der GmbH ausgeübt hat. Trifft dies zu, dann wäre die im Jahr 1985 ausbezahlte, aber bereits seinerzeit vereinbarte Vergütung für die Tätigkeit eines (damals) noch nicht wesentlich Beteiligten gewährt worden, die als nachträglich ausbezahlter Arbeitslohn zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zählen würde.

Ausgehend von der unrichtigen Rechtsansicht, daß es auf das Beteiligungsverhältnis zum Zeitpunkt des Zufließens der Vergütungen ankomme, hat sich die belangte Behörde mit diesem Sachverhaltsvorbringen des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, wobei von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtsfrage nicht erwarten ließ.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/91 insbesondere deren Artikel III Abs. 2.

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