VwGH 89/10/0211

VwGH89/10/021124.9.1990

Segelclub X gegen Tiroler Landesregierung vom 31. August 1989, Zl. U-9908/14, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung wegen entschiedener Sache

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Schreiben vom 25. Juni 1986 suchte die beschwerdeführende Partei um naturschutzrechtliche Bewilligung zur Errichtung eines Zaunes an. Sie führte dazu aus, daß sie das Areal A in Y am E-See vom Kloster T gepachtet und als Segelclubgelände eingerichtet und ausgebaut habe. An der Nordseite grenze das Grundstück an die alte E-Seestraße, an der Südostseite an den L-Bach. Zur Sicherheit der Boote solle nun dieses Clubgelände mit einem ca. 1,30 m hohen Maschendrahtzaun, mit grünem Kunststoff beschichtet, eingezäunt werden. Entlang des Baches, welcher senkrecht zum See verlaufe, sei ebenfalls eine zusätzliche Bepflanzung vorgesehen, sodaß auch dort in wenigen Jahren der grünplastifizierte Zaun kaum mehr sichtbar sein werde.

1.2. Mit Bescheid vom 13. Oktober 1986 wies die belangte Behörde das Ansuchen der beschwerdeführenden Partei vom 25. Juni 1986 um Erteilung der naturschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung zur Errichtung des erwähnten 1,30 m hohen Maschendrahtzaunes im 500 m-Gewässerschutzbereich des E-Sees, um das vom Kloster T gepachtete Areal A entlang des L-Baches auf einer Länge von ca. 130 m und entlang der alten E-Seestraße auf einer Länge von ca. 121 m einzuzäunen, gemäß § 6 Abs. 3 lit. a und Abs. 5 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 des Tiroler Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 15/1975 (im folgenen: Tir NSchG), ab.

In der Begründung dieses Bescheides gab die belangte Behörde das vom naturschutzfachlichen Amtssachverständigen erstattete Gutachten wieder, worin u.a. ausgeführt worden sei, der Zaun längs der Uferpromenade, welche der Erschließung der Landschaft diene und die sich auch großer Beliebtheit erfreue, beeinträchtige den Erholungswert der Landschaft und das Landschaftsbild. Die Beeinträchtigung ergebe sich aus der naturfernen Gestaltung des Zaunes mittels Maschendrahtes; seine kleine Gliederung erwecke den Eindruck der "Geometrisierung der Landschaft"; die Barrierewirkung widerspreche dem Wunsch des Erholungssuchenden nach Offenheit der Landschaft. Der Errichtung des Zaunes könne aus naturschutzfachlicher Sicht dann zugestimmt werden, wenn dieser auf dem clubseitig gelegenen Bachufer bzw. innerhalb der Bepflanzung längs der Straße errichtet würde, sodaß er für Beobachter auf der Uferpromenade kaum wahrgenommen werden könne.

In dem die Erwägungen der Behörde enthaltenden Teil der Begründung führte diese aus, auf Grund des - eben erwähnten - Gutachtens sei sowohl unter Berücksichtigung der vom Tir NSchG genannten allgemeinen Grundsätze sowie des Zweckes des § 13 Abs. 1 lit. a leg. cit. erkennbar geworden, daß der bereits errichtete Zaun eine qualifizierte Beeinträchtigung im Sinne des § 13 Abs. 1 lit. a Tir NSchG darstelle. Diese könne offensichtlich nicht durch Nebenbestimmungen gemindert werden.

1.3. Am 17. Dezember 1987 suchte die beschwerdeführende Partei neuerlich um die Ausnahmebewilligung zur Errichtung eines Zaunes um das vom genannten Stift gepachtete Gelände an. Sie begründete ihr Ansuchen damit, daß im Segelclubgelände ständig ca. 100 Schiffe und diverse Ausrüstungsgegenstände im Wert von mindestens 10 Millionen Schilling lagerten. Die Einbruchsversicherung verlange eine ordnungsgemäße Umzäunung des Geländes. Der Verpächter verlange die Mitumzäunung des L-Baches zur Absicherung gegen die Uferpromenande und zur Reinhaltung des Baches, da dieser als Privatgewässer der Obsorge des Stiftes unterliege. Durch eine Bepflanzung entlang des Sicherheitszaunes mit immergrünem Gehölz solle dem Naturschutzinteresse Rechnung getragen werden.

1.4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde das Ansuchen der beschwerdeführenden Partei vom 17. Dezember 1987 um Erteilung der naturschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung für den bereits errichteten, 1,30 m hohen, grünplastifizierten Maschendrahtzaun entlang des L-Baches auf einer Länge von ca. 130 m und entlang der alten E-Seestraße auf einer Länge von ca. 121 m rings um das Areal A, gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 wegen entschiedener Sache zurück.

Sie begründete diese Entscheidung damit, daß sich seit der Erlassung des Bescheides vom 13. Oktober 1986 weder die Sachlage noch die Rechtslage geändert habe.

1.5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

1.6. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 sind Anbringen von Beteiligten, die außer den - hier nicht in Betracht kommenden - Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

2.2.1. Die beschwerdeführende Partei bringt vor, daß die Zurückweisung ihres Ansuchens vom 17. Dezember 1987 unbegründet sei, weil zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides neu entstandene Tatsachen vorgelegen seien, die den bei Erlassung des Bescheides vom 13. Oktober 1986 angenommenen maßgebenden Sachverhalt in wesentlichen Punkten überholt erscheinen ließen und die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluß zuließen, daß eine andere Entscheidung möglich sei. Sie stützt ihr Vorbringen darauf, daß zum Unterschied vom Ansuchen vom 25. Juni 1986 im Ansuchen vom 17. Dezember 1987 die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung ausdrücklich für den unter Miteinzäunung des L-Baches errichteten Maschendrahtzaun beantragt worden sei. Mit dem angefochtenen Bescheid hätte die belangte Behörde somit über ein anderes Ansuchen zu entscheiden gehabt.

2.2.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann von einer Identität der Sache nur gesprochen werden, wenn einerseits weder in der Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens maßgeblichen tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und andererseits sich das neue Parteibegehren im wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Jänner 1968, Zl. 908/67).

Der der materiellen Rechtskraft fähige Abspruch eines Bescheides besteht nicht nur aus dem Spruch des Bescheides allein, sondern aus dem Spruch in Verbindung mit der Begründung, insoweit sich aus ihr der von der Behörde angenommene maßgebende Sachverhalt, d.h. der als Anknüpfungspunkt für die rechtliche Beurteilung dienende Sachverhalt, ergibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. März 1980, Zl. 2534/79, Slg. Nr. 10.074/A).

Unter Berücksichtigung dieser Judikatur ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde Identität der Sache angenommen hat. Der Spruch des Bescheides vom 13. Oktober 1986 läßt nämlich im Zusammenhalt mit der - bereits wiedergegebenen - Begründung erkennen, daß mit diesem Bescheid über eine Einzäunung des Geländes unter Miteinbeziehung der Strecke entlang des L-Baches, die auch im neuerlichen Ansuchen vom 17. Dezember 1987 enthalten ist, entschieden wurde. Insbesondere ergibt sich dies aus der im Gutachten enthaltenen und von der Behörde geteilten Aussage, die an die Feststellung der Beeinträchtigung des Erholungswertes der Landschaft durch die naturferne Gestaltung des Zaunes anschließt, daß der Errichtung des Zaunes aus naturschutzfachlicher Sicht dann zugestimmt werden könne, wenn dieser auf dem clubseitig gelegenen Bachufer bzw. innerhalb der Bepflanzung längs der Straße errichtet werde.

Im übrigen ergibt sich auch - wie die Gegenschrift zu Recht herausstellt - aus dem seinerzeitigen Antrag vom 25. Juni 1986, daß DIESES CLUBGELÄNDE eingezäunt werden sollte, und zwar auch entlang des L-Baches.

2.3.1. Eine Änderung der Sachlage begründet die beschwerdeführende Partei weiters damit, daß sich, wie sich aus den mit der Beschwerde vorgelegten Lichtbildern ergebe, das Erscheinungsbild des Zaunes im Jahre 1989, also bei Erlassung des angefochtenen Zurückweisungsbescheides, gegenüber jenem im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 13. Oktober 1986 wesentlich geändert hätte. Da die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Zurückweisungsbescheides maßgeblich seien, hätte die belangte Behörde zu prüfen gehabt, ob durch den Zaun in seinem jetzigen Zustand unter Bepflanzung mit immergrünem Gehölz der Erholungswert der Landschaft und das Landschaftsbild in seiner Eigenart und Schönheit beeinträchtigt würden.

2.3.2. Eine Prüfung der Identität von seinerzeitigem Abspruch und neuerlichem Antrag, soweit er die Bepflanzung betrifft, ergibt, daß sich auch in diesem Punkt der erste Antrag vom 25. Juni 1986, der rechtskräftige Bescheid vom 13. Oktober 1986 und der zweite Antrag vom 17. Dezember 1987 auch darin ident erweisen, daß eine (zusätzliche) Bepflanzung auf der Innenseite durch immergrüne Gehölze vorgesehen wurde.

Die beschwerdeführende Partei ist während des Verwaltungsverfahrens nicht dahingehend initiativ geworden, daß sie behauptet hätte, die tragende Begründung (Geometrisierung der Landschaft durch den beantragten Zaun) wäre durch den Sachverhalt überholt. Daß dies im übrigen nicht zutrifft, vermögen die mit der Beschwerde vorgelegten Lichtbilder, die ungeachtet des höher gewordenen Bewuchses noch immer den Maschenzaun, der außen geführt wurde, deutlich in Erscheinung treten lassen, zu zeigen.

2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ist der angefochtene Bescheid, mit welchem die belangte Behörde den Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 17. Dezember 1987 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat, nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst, BGBl. Nr. 206/1989.

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965 hingeweisen.

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