Normen
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §105;
WRG 1959 §3 Abs1 lita;
WRG 1959 §5 Abs2;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §105;
WRG 1959 §3 Abs1 lita;
WRG 1959 §5 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 18. April 1988 erteilte der Landeshauptmann von Tirol der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Gemeinde unter einer Reihe von Vorschreibungen gemäß §§ 9, 11, 12, 13, 21, 34, 99 Abs. 1 lit. c, 111 und 112 WRG 1959 nach Maßgabe der eingereichten Projektsunterlagen die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Erweiterung ihrer Wasserversorgungsanlage durch Fassung und Ableitung bestimmter Quellen und Errichtung eines neuen sowie Erweiterung eines bestehenden Hochbehälters und wies die Einwendungen der Beschwerdeführerin, soweit sie die hygienische Beurteilung des zu fassenden Wassers beträfen, als unzulässig zurück und hinsichtlich ihrers sonstigen Vorbringens als unbegründet ab.
Der Berufung der Beschwerdeführerin gab der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 8. Februar 1989 gemäß § 66 AVG 1950 nicht Folge, änderte bzw. ergänzte jedoch gleichzeitig den erstinstanzlichen Bescheid im öffentlichen Interesse von Amts wegen durch weitere Vorschreibungen. Begründend wurde dazu, soweit für den vorliegenden Beschwerdefall von Belang, ausgeführt, der Beschwerdeführerin komme in ihrer Beanstandung einer fehlenden Trinkwassereignung des betroffenen Wasservorkommens, da hiebei nur öffentliche Interessen berührt würden, Parteistellung nicht zu, weshalb ihre Einwendungen diesbezüglich von der Wasserrechtsbehörde erster Instanz zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden seien. Darüber hinaus befänden sich die von der Beschwerdeführerin als Alternative genannten Quellen überhaupt nicht im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Gemeinde und stünden daher derzeit gar nicht zur Verfügung. Im übrigen falle auf, daß die Beschwerdeführerin ihr noch in der Berufung in die Waagschale geworfenes Recht zur immerwährenden und kostenlosen Ableitung des Wassers aus dem Einzugsgebiet des T-Baches in ihrer letzten Gegenäußerung vom Jänner 1989 überhaupt nicht mehr geltend mache. Das Recht zu einer Wasserkraftnutzung durch die Beschwerdeführerin sei per 30. Juli 1985 ex lege erloschen und bisher nicht rechtskräftig wiederverliehen worden (Hinweis auf den Bescheid des Bundesministers vom 23. August 1988, betreffend das Erlöschen von Dienstbarkeiten). Es stehe daher dem gegenständlichen Wasserversorgungsvorhaben kein wasserrechtlich geschütztes Recht der Beschwerdeführerin im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 entgegen, weshalb deren Einwendungen in dieser Hinsicht von der Behörde erster Instanz begründetermaßen abgewiesen worden seien. Es habe daher für die Berufungsbehörde auch keine Veranlassung bestanden, den erstinstanzlichen Spruch etwa auch dahin zu ergänzen, daß die Voraussetzungen für eine Zwangsrechtseinräumung - im Wiederverleihungsfalle - an sich gegeben wären, daß aber über den Umfang des Zwangsrechtes und die dafür gebührende Entschädigung (im Fall der tatsächlichen Wiederverleihung) gesondert entschieden würde. Damit solle nichts darüber ausgesagt werden, daß es nicht doch noch zu einer Wiederverleihung kommen könnte. Gegenwärtig würde es sich aber beim allfälligen Betrieb der Wasserkraftanlage zweifellos um eine eigenmächtige Neuerung handeln. Abgesehen davon würde nach dem Wortlaut und Sinn des Gesetzes sowie einschlägiger Rechtsprechung der Wasserversorgung vor allen sonstigen öffentlichen Interessen unbedingt der Vorrang zugebilligt werden müssen. Schließlich könne festgehalten werden, daß unter Mitberücksichtigung von - höchstens äußerst schwierigen - Alternativlösungen gegen das hier in Rede stehende Wasserversorgungsunternehmen einschließlich der Trinkwassereignung jedenfalls bei Einhaltung der Bewilligungsbedingungen und noch zu bewerkstelligender Ausweisung von Schutzgebieten mit entsprechenden Schutzanordnungen keine ernstlichen Bedenken mehr bestünden.
Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführerin "in ihrem subjektiv öffentlich(en) Recht, daß in die Gemeindewasserversorgungsanlage von Scheffau nur einwandfreies Trinkwasser eingeleitet wird, sowie in ihrem Recht auf Benützung von Privatgewässern auf Grund zivilrechtlicher Rechtstitel sohin in Rechten, die im Wasserrechtsgesetz sowie in anderen Rechtsnormen gewährleistet sind, verletzt" erachtet.
Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei haben Gegenschriften erstattet, in denen sie beantragten, der Beschwerde nicht Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Was das Beschwerdevorbringen betreffend die dem öffentlichen Interesse zuzurechnende Frage der Trinkwasserqualität der im Rahmen der erteilten Bewilligung zu nutzenden Quellen anlangt, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Wahrung öffentlicher Interessen im wasserrechtlichen Verfahren ausschließlich den Wasserrechtsbehörden überantwortet ist (vgl. dazu die bei Grabmayr-Rossmann, Das österreichische Wasserrecht2, Wien 1978, S. 479, angeführte Rechtsprechung, aus letzter Zeit etwa das Erkenntnis vom 25. Juni 1991, Zl. 88/07/0001). Die Beschwerdeführerin hatte daher keinen Anspruch auf Durchsetzung ihrer unter diesem Titel erhobenen Einwendungen.
Die Beschwerdeführerin beanstandet ferner die Nichtbeachtung von Privatrechten, die ihr in Form von "Wasserdienstbarkeiten auf immerwährende Zeit" ein Recht auf "Wasserableitung" sicherten. Die Beschwerdeführerin spielt damit nicht auf § 113 WRG 1959 an, wonach auf einen Privatrechtstitel gegründete Einsprüche, zu deren Austragung die Wasserrechtsbehörde nicht zuständig ist, mangels einer gütlichen Einigung der Parteien in der Weise zu behandeln sind, daß die Bewilligung unter ausdrücklicher Anführung jener nicht erledigten privatrechtlichen Einwendungen erteilt werde; sie erachtet sich vielmehr in ihrem Privatrecht "an den gegenständlichen Quellen" verletzt und meint, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, sich mit ihren diesbezüglichen Einwendungen auseinanderzusetzen und jene behaupteten Rechte "bei der Behandlung des Ansuchens" der Mitbeteiligten entsprechend zu berücksichtigen, allenfalls den erstinstanzlichen Bescheid aufzuheben. Die Beschwerdeführerin zielt somit offensichtlich auf § 5 Abs. 2 WRG 1959 (§ 12 Abs. 2, § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959) ab, dessen sachverhaltsbezogene Anwendbarkeit schon die Wasserrechtsbehörde erster Instanz verneint hatte. Nach der zuletzt erstgenannten Gesetzesstelle steht die Benutzung der Privatgewässer - wozu auch Quellen zählen (§ 3 Abs. 1 lit. a WRG 1959) - mit den durch Gesetz oder durch besondere Rechtstitel begründeten Beschränkungen denjenigen zu, denen sie gehören. Solche Nutzungsbefugnisse müssen nicht auf dem Eigentum am Grund, auf dem die Quelle aufgeht, beruhen, sondern können auch auf andere Privatrechtstitel, die durch Rechtsgeschäft über ein Privatgewässer begründet werden, etwa eine Dienstbarkeit, gestützt sein (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 1987, Zl. 87/07/0013, und die dort weiter angeführte Rechtsprechung). Bei den von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechten handelt es sich um nicht verbücherte Dienstbarkeiten. Der Landeshauptmann hatte im erstinstanzlichen Bescheid den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Urkunden den angeblichen Nachweis der bezeichneten Art abgesprochen. Die Beschwerdeführerin hatte hierauf in ihrer Berufung eine rund vier Seiten umfassende Erwiderung erstattet, deren Würdigung dem Verwaltungsgerichtshof aber nicht zukommt und mit der sich die belangte Behörde überhaupt nicht auseinandergesetzt hat. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Begründung des angefochtenen Bescheides mangelhaft geblieben, so daß Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Der angefochtene Bescheid war demnach gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, im Rahmen des gestellten Antrages, mit welchem die bereits zur Zeit der Antragstellung geltenden Sätze unterschritten worden waren.
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