Normen
VStG §31 Abs3 idF 1987/516 ;
VStG §31 Abs3 idF 1987/516 ;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 16. März 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 24. Juli 1986 um 14.30 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw an einem näher bezeichneten Ort gelenkt und dabei die durch Straßenverkehrszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 50 km/h überschritten zu haben. Er habe dadurch § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit. eine Geldstrafe von S 1.200,-- (44 Stunden Ersatzarrest) verhängt wurde.
Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 ab. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters am 8. September 1989 zugestellt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht geltend, daß die belangte Behörde die Bestimmung des § 31 Abs. 3 VStG 1950 nicht beachtet habe, wonach dann, wenn seit dem Zeitpunkt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden sei, drei Jahre vergangen seien, ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden dürfe. Da das ihm vorgeworfenen Delikt am 24. Juli 1986 gesetzt worden sei, habe die Verjährungsfrist des § 31 Abs. 3 VStG 1950 mit Ablauf des 24. Juli 1989 geendet.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.
§ 31 Abs. 3 VStG 1950 in der im Beschwerdefall
anzuwendenden Fassung der Verwaltungsstrafgesetz-Novelle 1987, BGBl. Nr. 516, lautet:
"Sind seit dem im Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden. Eine Strafe darf nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit ihrer rechtskräftigen Verhängung drei Jahre vergangen sind. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Verwaltungsgerichtshof sowie Zeiten, während derer die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war, sind nicht einzurechnen."
§ 31 Abs. 2 VStG 1950 sieht vor, daß die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist von dem Zeitpunkt zu berechnen ist, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
Die belangte Behörde hielt dem Beschwerdevorbringen in der Gegenschrift entgegen, daß seit der Verwaltungsstrafgesetz-Novelle 1987 Vollstreckungsverjährung nur noch dann eintrete, wenn das Straferkenntnis nicht innerhalb von drei Jahren nach der Tat erlassen worden sei. Das Straferkenntnis vom 16. März 1989 sei jedoch innerhalb dieser Frist zugestellt worden.
Dabei übersieht die belangte Behörde, daß § 31 Abs. 3 VStG 1950 sowohl in der Fassung vor der Verwaltungsstrafgesetz-Novelle 1987 als auch danach zwei Arten der Verjährung behandelt, nämlich die Strafbarkeitsverjährung und die Vollstreckungsverjährung. Während erstere die Bestrafung einer Verwaltungsübertretung unzulässig macht, hindert letztere die Vollstreckung eines Straferkenntnisses. Eine Änderung der Rechtslage durch die Verwaltungsstrafgesetz-Novelle 1987 trat lediglich hinsichtlich der Vollstreckungsverjährung ein, indem der Lauf der Vollstreckungsverjährungsfrist nunmehr erst mit der rechtskräftigen Verhängung einer Strafe beginnt und weitere bestimmte Zeiten in diese Frist nicht eingerechnet werden dürfen. Hingegen blieb die Rechtslage hinsichtlich der Strafbarkeitsverjährung unverändert.
Nach Rechtsprechung und Lehre ist § 31 Abs. 3 VStG 1950 dahin zu verstehen, daß auch ein ein erstinstanzliches Straferkenntnis bestätigender Berufungsbescheid nicht mehr erlassen werden darf, wenn seit dem in § 31 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen sind (vgl. neben anderen den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 1984, Zl. 84/10/0128; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 4. Auflage, Rdz 873; Hauer-Leukauf, 1. Ergänzungsband 1988 zum Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 3. Auflage, S. 31).
Im Beschwerdefall begann die dreijährige Strafbarkeitsverjährungsfrist mit dem Abschluß der dem Beschwerdeführer angelasteten strafbaren Tätigkeit am 24. Juli 1986 zu laufen. Da diese Frist noch vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides abgelaufen ist, besteht der Vorwurf, die belangte Behörde habe die eingetretene Strafbarkeitsverjährung nicht wahrgenommen, zu Recht.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, wobei mehr als der ziffernmäßig bezeichnete Schriftsatzaufwand nicht zugesprochen werden konnte. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die verzeichneten "Barauslagen", weil Barauslagen im Sinne des § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht entstanden sind.
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