VwGH 88/17/0109

VwGH88/17/010930.7.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde der Marktgemeinde Marbach a.d. Donau, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 8. April 1988, Zl. II/1-BE-273-6/8-88, betreffend Kanalbenützungsgebühr (mitbeteiligte Partei: JG in X, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:

Normen

LAO NÖ 1977 §142 Abs1;
LAO NÖ 1977 §142 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit der Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Marbach a. d. Donau vom 17. Juni 1987, Zl. 902/K/69/B, betreffend Vorschreibung einer Kanalbenützungsgebühr, Folge gegeben und dieser Bescheid aufgehoben wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der beschwerdeführenden Marktgemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 19. August 1983 wurde der mitbeteiligten Partei für eine näher bezeichnete Liegenschaft eine Kanalbenützungsgebühr vorgeschrieben.

Einer dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 30. März 1984 teilweise Folge gegeben.

Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 2. Februar 1987 wurde unter anderem der Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 30. März 1984 (betreffend Kanalbenützungsgebühr) Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es unter anderem:

"Hinsichtlich des von den Abgabenbehörden I. und II. Instanz durchgeführten Ermittlungsverfahrens, betreffend die Berechnung der Kanaleinmündungsgebühr sowie Kanalbenützungsgebühr wird ausgeführt, daß dieses mangelhaft und im Rahmen eines Lokalaugenscheines unter Zuziehung eines Amtssachverständigen in Bausachen der Sachverhalt dahingehend zu klären gewesen wäre, ob die unter A-G angeführten Objekte eine oder mehrere bauliche Einheiten oder selbständige Gebäude darstellen."

 

In der Folge erging der Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 17. Juni 1987.

Die mitbeteiligte Partei erhob gegen diesen Bescheid wiederum Vorstellung.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde den Vorstellungen der mitbeteiligten Partei gegen 1. den Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 3. August 1987 (betreffend Vorschreibung einer Kanaleinmündungsgebühr) und 2. gegen den Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 17. Juni 1987 (betreffend Vorschreibung einer Kanalbenützungsgebühr) Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben.

Die Aufhebung des Bescheides der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 17. Juni 1987 wird im wesentlichen damit begründet, mit dem Vorstellungsbescheid vom 2. Februar 1987 sei der beschwerdeführenden Marktgemeinde die Rechtsansicht überbunden worden, im Rahmen eines Lokalaugenscheines den Sachverhalt unter Zuziehung eines Amtssachverständigen in Bausachen zu klären. Die beschwerdeführende Marktgemeinde sei dieser bindenden Rechtsansicht jedoch insofern nicht gefolgt, als sie keinen AMTSSACHVERSTAENDIGEN, sondern einen Ziviltechniker für Hochbau, Kanäle und Abwässer dem Verfahren beigezogen habe. Der angefochtene Berufungsbescheid hätte daher schon aus diesem Grund aufgehoben werden müssen.

Zusätzlich werde ausgeführt, daß es eine Verletzung von Verfahrensvorschriften bedeute, wenn die Behörde, obwohl ihr geeignete Amtssachverständige zur Verfügung stünden, ohne besonderen Grund andere (private) Sachverständige heranziehe. Die Heranziehung weiterer Personen als Sachverständige gemäß § 142 Abs. 2 NÖ AO 1977 sei nämlich nur dann zulässig, wenn es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten erscheine, etwa wenn das Gutachten des Amtssachverständigen nicht ausreichend oder schlüssig erscheine. Einer Gemeindebehörde stünden auch in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches die der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft, dem örtlich zuständigen Gebietsbauamt und der Landesregierung beigegebenen Sachverständigen gemäß § 142 Abs. 1 NÖ AO 1977 "zur Verfügung". Die Mitwirkung solcher Amtssachverständiger werde (nur) dann unterbleiben dürfen, wenn dies nach von der erkennenden Behörde einsichtig zu machenden sachlichen Kriterien untunlich sei. Das bedeute, daß sich die Gemeinde auch im Abgabenverfahren grundsätzlich eines Amtssachverständigen zu bedienen habe, wobei in erster Linie die Amtssachverständigen für Bauwesen des zuständigen Gebietsbauamtes heranzuziehen wären.

Gegen diesen Bescheid - allerdings nur insoweit, als damit der Vorstellung gegen den Berufungsbescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 17. Juni 1987, betreffend Vorschreibung einer Kanalbenützungsgebühr, Folge gegeben und der Bescheid des Gemeinderates aufgehoben wurde - wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der vorliegende Beschwerdefall ist im Sachverhalt und in der Rechtsfrage mit der durch das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1992, Zl. 88/17/0101, entschiedenen Beschwerdesache gleichartig. Unter Bezugnahme auf § 43 Abs. 2 VwGG kann daher auf die Begründung des genannten Erkenntnisses verwiesen werden.

Der angefochtene Bescheid war daher in dem in Beschwerde gezogenen Umfang wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2. Im Hinblick auf die Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes war das für Umsatzsteuer geltend gemachte Mehrbegehren abzuweisen; desgleichen das Begehren nach Ersatz der entrichteten Stempelgebühren, weil die beschwerdeführende Gemeinde zu deren Entrichtung gemäß § 2 Z. 2 des Gebührengesetzes 1957 nicht verpflichtet war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1972, Zl. 75/71).

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