VwGH 88/07/0105

VwGH88/07/010527.9.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Univ. Ass. Dr. Unterpertinger, über die Beschwerde des L und der MP in N, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in Wien III, Untere Viaduktgasse 55/11, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung vom 7. Juli 1988, Zl. Bod- 4105/6-1988, betreffend Zusammenlegung W, Schadenersatz, zu Recht erkannt:

Normen

FlVfGG §11 Abs3;
FlVfGG §14a;
FlVfGG §33;
FlVfLG OÖ 1979 §102 Abs1;
FlVfLG OÖ 1979 §19 Abs9;
FlVfLG OÖ 1979 §22 Abs4;
FlVfGG §11 Abs3;
FlVfGG §14a;
FlVfGG §33;
FlVfLG OÖ 1979 §102 Abs1;
FlVfLG OÖ 1979 §19 Abs9;
FlVfLG OÖ 1979 §22 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Im Zusammenlegungsverfahren W wurde die vorläufige Übernahme der Grundabfindungen 1979 und 1980 angeordnet. Der Zusammenlegungsplan wurde erstmals 1983 erlassen und in der Folge nach Behebung im Instanzenzug teilweise geändert; er ist mit dem Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 18. September 1986 rechtskräftig geworden.

Mit Anbringen vom 26. Jänner 1988 beantragten die Beschwerdeführer bei der Agrarbehörde erster Instanz die Zuerkennung eines Schadenersatzes in der Höhe von S 210.000,-- für einen behaupteten Minderertrag aus ihrer Grundabfindung zwischen 1980 und 1987. Diesen Antrag wies die Agrarbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 22. Februar 1988 wegen Unzuständigkeit im wesentlichen mit der Begründung zurück, das Gesetz sehe einen Schadenersatz für Nachteile einer Partei im Zeitraum zwischen der vorläufigen Übernahme und dem Vollzug einer geänderten Flureinteilung wie im Beschwerdefall nicht vor; eine Zuständigkeit der Agrarbehörde zur Entscheidung über den gestellten Antrag ergebe sich auch nicht aus der Kompetenzkonzentration gemäß § 102 des O.ö. Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979, LGBl. Nr. 73 (FLG). Die von den Beschwerdeführern dagegen erhobene Berufung wurde sodann mit Erkenntnis des Landesagrarsenates beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung vom 7. Juli 1988 gemäß § 1 AgrVG 1950, § 66 Abs. 4 AVG 1950 sowie §§ 20 und 102 FLG abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Begründend wurde dabei zunächst unter Hinweis auf § 102 Abs. 1 bis 3 FLG ausgeführt, diese Bestimmungen ließen nicht erkennen, daß die Agrarbehörden zur Entscheidung über Anträge auf Ersatz jener Schäden zuständig seien, die Eigentümer einbezogener Grundstücke im Zeitraum zwischen der vorläufigen Übernahme und dem Eintritt der Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes angeblich erlitten hätten, zumal eine Entscheidung über solche Anträge nicht tatsächliche und rechtliche Verhältnisse betreffe, die zum Zweck der Durchführung der Zusammenlegung in das Agrarverfahren einbezogen werden müßten. Zu den in § 102 Abs. 1 FLG genannten Angelegenheiten zählten weder Schadenersatz- oder Bereicherungsansprüche von Verfahrensparteien untereinander noch Ansprüche einzelner Parteien auf angemessene Schadloshaltung gemäß § 365 ABGB noch Amtshaftungsansprüche. Im vorliegenden Fall handle es sich auch nicht um eine Streitigkeit über Besitz und Eigentum an einbezogenen Grundstücken und auch nicht um die Gegenleistung für die Benutzung solcher Grundstücke (§ 102 Abs. 2 FLG). Die Frage, ob für die Geltendmachung der erwähnten Ansprüche der ordentliche Rechtsweg offenstünde, sei von der Agrarbehörde nicht zu beurteilen. Diese hätte auch keine Möglichkeit, eine unter dem Gesichtspunkt des Art. 1 Abs. 1 des (1.) Zusatzprotokolls zur MRK behauptete vermeintliche Gesetzeslücke zu schließen. Aber auch auf § 20 FLG könnten sich die Beschwerdeführer - die das Vorliegen der dort angegebenen Voraussetzungen nicht einmal behauptet, sondern vielmehr angedeutet hätten, daß sich im Gesetz keine rechtliche Grundlage für die Geltendmachung einer pauschalen, undifferenzierten Entschädigungspflicht unter der (nach Ansicht der Behörde ohnehin ungerechtfertigten) Annahme finde, daß die behaupteten Nachteile tatsächlich eingetreten sein sollten - nicht mit Erfolg berufen. Im Gegensatz zur Ansicht der Beschwerdeführer handle es sich bei § 20 Abs. 1 FLG um die Ausführung des § 3 Abs. 2 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 in der Fassung der Flurverfassungsnovelle 1967; die dort genannten vorübergehenden Minderwerte von Grundstücken beträfen nämlich solche gegenüber der Bewertung laut rechtskräftigem Bewertungsplan. Einen derartigen Minderwert gebe es beispielsweise bei einem durch nachlässige Bewirtschaftung vorübergehend gesunkenen Kulturzustand und Ertragswert eines Grundstückes oder (wie in § 20 Abs. 1 FLG eigens erwähnt) bei Ertragsentgang infolge von Bauarbeiten für gemeinsame Anlagen. Weder der Aktenlage noch dem Vorbringen der Beschwerdeführer sei zu entnehmen, daß sich bei der "vorläufigen" Grundabfindung konkrete und objektivierbare Minderwerte im Vergleich zur rechtskräftigen Grundstücksbewertung laut Bewertungsplan ergeben hätten. Einen Nachteilsausgleich gemäß § 20 Abs. 4 oder einen Aufwandersatz gemäß § 20 Abs. 5 FLG hätten die Beschwerdeführer nicht geltend gemacht. Sie hätten auch nicht zu erkennen gegeben, wer ihrer Auffassung nach zum Ersatz des angeblichen Schadens herangezogen werden sollte. Abschließend wird in der Begründung des Rechtsmittelbescheides näher dargelegt, warum die Berufungsbehörde von der Frage der Unzuständigkeit abgesehen das Verlangen der Beschwerdeführer auch für sachlich ungerechtfertigt hält.

Das Erkenntnis des Landesagrarsenates wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführer "im Recht auf eine gesetzmäßige Abfindung im Zusammenlegungsverfahren im Hinblick auf die Differenzen zwischen den vorläufig übernommenen und rechtskräftig zugeteilten Abfindungsflächen" durch "unrichtige Anwendung der §§ 22 Abs. 4, 19 Abs. 9 im Zusammenhalt mit §§ 91 sowie 102 Oö FLG verletzt" erachten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer werfen der belangten Behörde vor, sie hätte die Bestimmungen des Flurverfassungs-Landesgesetzes so auslegen müssen, daß ihrer Forderung entsprochen werden könne. Dabei beziehen sie sich zunächst auf § 22 Abs. 4 und § 19 Abs. 9 FLG. Nach der zuerst genannten Gesetzesstelle kann aber die Agrarbehörde lediglich die Auszahlung vorläufiger Geldabfindungen und Geldausgleiche anordnen, wofür die zweitgenannte Vorschrift - die vom zulässigen Verhältnis der Höhe des Geldausgleiches zum Wert des Abfindungsanspruches und von den zu berücksichtigenden Geldwertänderungen bei der Bemessung der Abfindung handelt - sinngemäß gilt. Da im Beschwerdefall indessen bereits der Zusammenlegungsplan selbst rechtskräftig ist, kann die eine "vorläufige" Übernahme und Auszahlung betreffende Regelung nicht (mehr) angewendet werden. Auf § 20 FLG - worauf im angefochtenen Bescheid näher eingegangen wurde - beziehen sich die Beschwerdeführer selbst nicht mehr. Diese meinen jedoch ferner, die belangte Behörde hätte die Pflicht gehabt, auf dem Weg über § 102 FLG die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts anzuwenden. Gemäß § 102 Abs. 1 FLG erstreckt sich jedoch die Zuständigkeit der Agrarbehörde während des Zusammenlegungsverfahrens - von hier nicht interessierenden Sonderbestimmungen (Abs. 2, Abs. 4) abgesehen - nur auf die Verhandlung und Entscheidung über alle jene "tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die zum Zweck der Durchführung der Zusammenlegung …… in das Verfahren einbezogen werden müssen", wobei gemäß § 102 Abs. 3 FLG die Agrarbehörde, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, jene Rechtsvorschriften anzuwenden hat, die sonst für diese Angelegenheiten gelten. Zivilrechtliche Schadenersatzregelungen sind in Hinsicht auf Ansprüche der von den Beschwerdeführern geltend gemachten Art daher deswegen nicht von den Agrarbehörden heranzuziehen gewesen, weil diese Ansprüche nicht dem "Zweck der Durchführung der Zusammenlegung" dienen konnten (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Juni 1968, Slg. 5733, wonach die Zuständigkeit der Agrarbehörden in der zuvor bezeichneten Hinsicht nur besteht, wenn die Einbeziehung zum angegebenen Zweck "unbedingt erforderlich" ist). Inwiefern schließlich der im Beschwerdepunkt genannte § 91 FLG - der von "Übergangsverfügungen der Agrarbehörde" handelt - hätte angewendet werden können, wird in der Beschwerde nicht ausgeführt und ist nicht zu erkennen. Die im Instanzenzug bestätigte Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführer war daher nicht gesetzwidrig (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Juli 1986, Zl. 86/07/0085, und vom 30. September 1986, Zl. 86/07/0088, zum niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetz).

Somit liegt die behauptete Rechtsverletzung nicht vor, was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ; diese war deshalb gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. September 1988

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