Normen
AVG §62 Abs4;
AVG §66 Abs4;
IngKG §28 Abs5;
Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der BundesIngenieurkammer 1970 §13 Abs1 idF 5.6.1987;
Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der BundesIngenieurkammer 1970 §13 Abs3 idF 5.6.1987;
Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der BundesIngenieurkammer 1970 §13 Abs6 idF 5.6.1987;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AVG §62 Abs4;
AVG §66 Abs4;
IngKG §28 Abs5;
Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der BundesIngenieurkammer 1970 §13 Abs1 idF 5.6.1987;
Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der BundesIngenieurkammer 1970 §13 Abs3 idF 5.6.1987;
Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der BundesIngenieurkammer 1970 §13 Abs6 idF 5.6.1987;
VwGG §42 Abs2 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird, soweit sie die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Witwenabfindung betrifft (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides), als unbegründet abgewiesen.
Im übrigen wird der angefochtene Bescheid (Spruchpunkt II) wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Die Bundesingenieurkammer hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundes-Ingenieurkammer vom 16. Mai 1988 (ausgefertigt am 15. Juni 1988) wurde in der vorliegenden Beschwerdesache wie folgt erkannt:
"Der Kammertag der Bundes-Ingenieurkammer hat unter dem Vorsitz in der Beschwerdesache der antragstellenden Partei Dipl.- Ing. E B-L gegen die Entscheidung (Bescheid) des Kuratoriums der Wohlfahrtseinrichtungen (KWE) vom 29.1.1988, womit der Antrag auf Witwenabfindung abgelehnt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
I.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
II.
Die Beschwerdeführerin ist bei sonstiger Exekution schuldig, die für die Monate Februar bis November 1987 zu Unrecht bezogenen Zuwendungen im Ausmaß von S 71.370,80 in drei gleich großen Monatsraten von S 23.790,26 netto, ab August 1988 zurückzuzahlen."
Dieser Ausspruch wurde damit begründet, die Beschwerdeführerin sei am 5. September 1927 in Wien geboren und sei Witwe nach Arch. Ing. J L; sie sei Empfängerin einer Witwenzuwendung seit Dezember 1985. Die Beschwerdeführerin habe in ihrem Antragsschreiben, datiert vom 1. April 1987 - im Briefkopf stehe der Name Dipl.-Ing. E L -, eingegangen am 19. November 1987 mit folgendem Vorbringen begehrt, ihr eine Witwenabfindung zu gewähren:
"Ich beziehe nach meinem verstorbenen Gatten Prof. Ing. J L, welcher Mitglied Ihrer Kammer war (geb. 9.03.1918, verst. 12.11.1985) Pension bei Ihnen und stelle den Antrag diese Witwenpension durch eine einmalige Zahlung abzufertigen.
...."
Angeblich habe die Beschwerdeführerin (laut Schreiben vom 22. Dezember 1987) bereits im November 1986 den Wohlfahrtseinrichtungen mitgeteilt, daß sie eine neue Ehe einzugehen beabsichtige und habe daher den Antrag auf Abfindung gestellt. Dieses Schreiben sei in der Kanzlei der Wohlfahrtseinrichtungen nicht eingelangt, es sei daher auch weiterhin die Witwenzuwendung ausbezahlt worden. Erst bei der administrativen Bearbeitung dieses Antrages und durch die Zurückforderung der bereits an die Bank überwiesenen Sonderzahlung hätten die Wohlfahrtseinrichtungen von der Namensänderung in Dipl.- Ing. B-L als Folge der Wiederverehelichung am 5. Jänner 1987 im Standesamt Favoriten (Nr. 4/87) erfahren. Über den Antrag auf Witwenabfindung habe das Kuratorium der Wohlfahrtseinrichtungen am 29. Jänner 1988 wie folgt entschieden:
"Gemäß § 13 Abs. 3 wird die Versorgungsleistung eingestellt, wenn sich die Witwe wieder verehelicht oder eine eheähnliche Lebensgemeinschaft eingeht. Frau Dipl.-Ing. B-L hat sich am 5. Jänner 1987 wiederverehelicht, sodaß der Anspruch auf Witwenzuwendung ab Februar 1987 erloschen ist. Da der Antrag am 1. April gestellt wurde (eingelangt beim Kuratorium am 19. November), bestand zu diesem Zeitpunkt kein Anspruch und daher auch keine Möglichkeit, einen Anspruch abfinden zu lassen. Die bis November 1987 ausbezahlten Witwenzuwendungen wurden zu Unrecht bezogen. Zu Unrecht bezogene Zuwendungen seien vielmehr gemäß § 17 (Abs. 1) StWE zurückzufordern."
Dagegen wende sich die innerhalb offener Frist erhobene Beschwerde an den Kammertag, in der die Beschwerdeführerin beantrage, die Entscheidung der Wohlfahrtseinrichtungen aufzuheben und ihr die Abfindung ihrer Witwenzuwendung zu gewähren. Als Grund führe der Beschwerdeführer an, "daß der Sachverhalt (seine Berufsunfähigkeit) unrichtig erhoben wäre. Entgegen dem Gutachten des Vertrauensarztes seien seine Beschwerden so schwerwiegend, daß ihm eine weitere Berufsausübung unzumutbar erscheint."
§ 13 Abs. 7 (offenbar richtig: 6 StWE) schaffe die Möglichkeit, die Ansprüche der Witwe durch eine einmalige Zahlung bei Zutreffen der dort angeführten Tatbestände abzufinden. § 13 Abs. 3 ordne an, daß dann, wenn sich die Witwe wieder vereheliche oder eine eheähnliche Lebensgemeinschaft eingehe, die Versorgungsleistung eingestellt zu werden habe. Eine (ehemalige) Witwe, auf die die genannten Bedingungen zuträfen, habe somit keinen Anspruch auf Witwenzuwendung. Würden dennoch irrtümlich Leistungen aus dem Versorgungsfonds erbracht, sei es, weil der Irrtum durch bewußt unwahre Angaben oder durch absichtliches Verschweigen maßgeblicher Tatsachen seitens des Anspruchsberechtigten herbeigeführt worden sei, könne gemäß § 17 Abs. 1 eine Rückerstattung empfangener Leistungen gefordert werden. Zum Zeitpunkt des Einlangens des Antrages auf Witwenabfindung am 19. November 1987 sei die Beschwerdeführerin seit rund 10 Monaten wieder verehelicht gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe daher kein Anspruch auf Zuwendung mehr bestanden. Doch selbst wenn man zugestehen würde, daß dieser Antrag schon am 1. April 1987 gestellt worden und der Postlauf 7 Monate gedauert hätte, sei festzustellen, daß auch zu diesem Zeitpunkt kein Anspruch auf Zuwendung mehr bestanden habe. Vielmehr sei festzustellen, daß spätestens seit der Verehelichung der Beschwerdeführerin im Jänner 1987 alle Ansprüche an den Versorgungsfonds erloschen gewesen seien. Für einen schon am 24. November 1986 gestellten Antrag auf Witwenabfertigung habe kein Nachweis erbracht werden können. Voraussetzung einer Abfindung sei aber das Bestehen von Ansprüchen auf Zuwendungen gegenüber dem Versorgungsfonds, denn § 13 Abs. 7 ordne an, daß anstelle der monatlichen Zuwendung die Abfindung treten solle. Werde im Zuge des durchgeführten Verfahrens festgestellt, daß Beiträge zu Unrecht bezogen worden seien, sei die Rückerstattung zu verlangen. Bei Subsumtion des erhobenen Sachverhaltes unter die Bestimmungen des StWE ergebe sich nach Prüfung der vorgelegten und eingeholten Beweismittel, daß zum Zeitpunkt des Antrages kein abzufindender Anspruch auf monatliche Zuwendung bestanden habe. Die Beschwerde sei daher abzuweisen gewesen. Der Rückerstattungsanspruch gründe sich auf § 17 Abs. 1 StWE, der Exekutionstitel "auf § 16 Abs. StWE".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 3. Oktober 1988, Zl. B 1402/88-3, nach Ablehnung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretene - Beschwerde.
Die belangte Behörde legte Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Gewährung einer einmaligen Abfindung gemäß § 13 Abs. 6 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen verletzt und ebenso in dem Recht, nicht von einer unzuständigen Behörde Rückzahlungsverpflichtungen auferlegt zu erhalten.
Hiezu wird unter dem Gesichtspunkt einer Unzuständigkeit der belangten Behörde bzw. einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit sowie einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgebracht, das Kuratorium der Wohlfahrtseinrichtungen habe in seinem Bescheid vom 29. Jänner 1988 ausschließlich über ihren Antrag auf Gewährung einer Abfindung gemäß § 13 Abs. 6 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen abweislich erkannt. Wenn die belangte Behörde auf Grund ihrer dagegen erhobenen Beschwerde im Instanzenzug sie darüber hinaus auch noch spruchgemäß in der angeführten Weise zur Rückzahlung der bezogenen Witwenversorgungsbeträge verpflichtet habe, so habe ihr in diesem Umfang die Zuständigkeit gefehlt, da sie nicht berechtigt gewesen sei, in einer Angelegenheit zu entscheiden, die nicht Gegenstand der Entscheidung der Unterinstanz gewesen sei. Dieser Beschwerdepunkt werde allenfalls auch als inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Im übrigen habe sie in ihrer Berufung ausgeführt, daß sie ihren ersten Antrag auf Abfertigung der Witwenpension am 24. November 1986 gestellt habe. Ohne hierüber irgendein Beweisverfahren durchzuführen oder ihr die Möglichkeit zu geben, zu etwaigen Beweisergebnissen Stellung zu nehmen, habe die belangte Behörde ausgeführt, ein derartiger Antrag sei nie gestellt worden. Da die belangte Behörde hierüber kein Beweisverfahren durchgeführt habe, sei das Verfahren mangelhaft geblieben.
Gemäß § 13 Abs. 1 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtung werden der Witwe eines Ziviltechnikers oder eines ehemaligen Ziviltechnikers unter der Voraussetzung Zuwendungen (Witwenversorgung) gewährt, daß sie im Zeitpunkt des Todes des Ziviltechnikers (ehemaligen Ziviltechnikers) mit diesem im gemeinsamen Haushalt gelebt hat und die Wartefrist nach Abs. 2 abgelaufen ist. Nach Abs. 3 erlischt der Anspruch auf Zuwendungen u. a. dann, wenn sich die Witwe wieder verehelicht. Nach Abs. 6 kann einer Witwe, die das 40., 45. oder 50. Lebensjahr vollendet hat, auf ihr Ansuchen anstelle der monatlichen Zuwendung eine einmalige Abfindung in der Höhe des 3- bzw. 4- bzw. 5fachen eines Jahresbezuges gewährt werden.
Aus dem normativen Gehalt dieser Bestimmungen ergibt sich, daß die Gewährung einer Abfindung im Sinne des § 13 Abs. 6 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen den Anspruch einer Witwe auf monatliche Zuwendungen im Sinne des § 13 Abs. 1 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen im Zeitpunkt der Bescheiderlassung über ein derartiges Ansuchen voraussetzt, weil begrifflich nur ein so gestalteter Anspruch "abgefunden" werden kann.
Im vorliegenden Fall blieb die Feststellung der belangten Behörde über die Wiederverehelichung der Beschwerdeführerin am 5. Jänner 1987 unbekämpft, woraus aber folgt, daß gemäß § 13 Abs. 3 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Versorgungsleistung nicht mehr bestand, und zwar unabhängig vom Zeitpunkt der Einbringung eines in diesem Zusammenhang gestellten Ansuchens der Beschwerdeführerin.
Der belangten Behörde kann daher in Ansehung ihres Abspruches laut Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides weder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit angelastet noch auch ein entscheidungsrelevanter Verfahrensmangel vorgeworfen werden.
Die Beschwerde erweist sich somit in dieser Hinsicht als unbegründet, was gemäß § 42 Abs. 1 VwGG ihre Abweisung in diesem Umfang zur Folge hatte.
Gemäß § 28 Abs. 5 Ingenieurkammergesetz, BGBl. Nr. 71/1969, steht gegen Beschlüsse des Kuratoriums dem Betroffenen das Recht der Beschwerde an den Kammertag zu. Nach den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens hat dies aber - wie dies auch im § 66 Abs. 4 AVG 1950 normiert ist - zur Folge, daß die Berufungsbehörde nur im Rahmen der "Sache", das ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat, ihre Entscheidungsbefugnis ausüben kann (vgl. hiezu sinngemäß das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 28. November 1983, Slg. N.F. Nr. 11237/A, u.a.). Erfolgt aber eine Entscheidung der Rechtsmittelbehörde außerhalb dieses Rahmens, überschreitet sie die Grenzen ihrer funktionellen Zuständigkeit (vgl. hiezu sinngemäß hg. Erkenntnis vom 25. November 1980, Slg. N.F. Nr. 10305/A, u.a.).
Dies trifft aber im Sinne des diesbezüglichen Beschwerdevorbringens in Ansehung des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides zu, da unabhängig von den in der Gegenschrift bezogenen Ausführungen in der Begründung des erstbehördlichen Bescheides ein derartiger Abspruch nicht dessen Spruchbestandteil war. Daran ändert auch nichts der Umstand, daß die belangte Behörde aus Anlaß der Erstattung der Gegenschrift und der Aktenvorlage den "Berichtigungsbescheid" des Kuratoriums der Wohlfahrtseinrichtungen vom 23. Jänner 1989 vorlegte, wonach der Spruch des erstbehördlichen Bescheides vom 29. Jänner 1988 in dessen Berichtigung zu lauten habe:
"Der Antrag wird abgewiesen. Die Antragstellerin ist bei sonstiger Exekution schuldig, die für die Monate Februar bis November 1987 zu Unrecht bezogenen Zuwendungen im Ausmaß von S 71.370,80 in drei gleich großen Monatsraten von S 23.790,26 netto, ab August 1988 zurückzuzahlen."
Unabhängig von der Frage der materiellen Zulässigkeit eines derartigen Berichtigungsvorganges kann nämlich ein Berichtigungsbescheid überhaupt nur dann Rechtswirkungen entfalten, wenn im Zeitpunkt dessen Erlassung die berichtigte Erledigung (noch) als Bescheid dem Rechtsbestand angehört (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1983, Zl. 82/01/0056, u.a.); dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn in Ansehung des erstbehördlichen Bescheides bereits eine Berufungsentscheidung ergangen ist, da ein derartiger Verfahrensvorgang die rechtliche Wirkung hat, daß der erstinstanzliche Bescheid in der Berufungsentscheidung aufgeht und diese, sobald sie erlassen und solange sie aufrecht ist, der alleinige und ausschließliche Träger des Bescheidinhaltes ist (vgl. hiezu den hg. Beschluß vom 8. September 1977, Slg. N.F. Nr. 9379/A).
Ausgehend von diesen Erwägungen war daher der angefochtene Bescheid im Umfang seines Spruchpunktes II. wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auch auf § 50 VwGG, im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 28. Februar 1989
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