VwGH 88/01/0212

VwGH88/01/021212.7.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des Dipl. Ing. WP in B, vertreten durch Dr. Walter Jahnel, Rechtsanwalt in Wels, Ringstraße 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 7. April 1988, Zl. 902.636/4‑III 6/88, betreffend Auskunftspflicht, zu Recht erkannt:

Normen

AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1
AuskunftspflichtG 1987 §4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1988010212.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag des Beschwerdeführers vom 2. März 1988, ihm gemäß dem Auskunftspflichtgesetz BGBl. Nr. 287/1987 Auskunft darüber zu erteilten,

„ob der Bundesminister für Justiz bereit ist,

1) auf dem Justizverwaltungsweg den Präsidenten des Kreisgerichtes Wels anzuweisen, Einsicht in den Akt Jv 147‑17a/85 zu gewähren,

2) auf dem Justizverwaltungsweg die Strafanstalt Wels anzuweisen, die Erhebung der angebotenen entlastenden Beweismittel in 19 Vr 1566/85 nicht länger zu verhindern und selbst zu beantragen,

3) den Ausschluß des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichtes Linz auf Grund deren Deckung der Befangenheit des Kreisgerichtes Wels zur Kenntnis zu nehmen,

4) gegen den Konkursrichter Mag. H ein Disziplinarverfahren einzuleiten,

5) in Verhandlungen über Schadenersatz gemäß Art. 28b MRK einzutreten,

6) die StA anzuweisen, künftig die Einhaltung der Gesetze zu beachten und

7) die StA anzuweisen, nur dann an Ratskammerbeschlüssen mitzuwirken, wenn die bisherige Praxis abgestellt wird, wonach der Untersuchungsrichter in eigener Sache den Beschluß formuliert“,

nicht Folge gegeben.

Die belangte Behörde begründete dies nach Wiedergabe des § 1 Auskunftspflichtgesetz, BGBl. Nr. 287/1987, damit, daß Gegenstand von Auskünften nur Tatsachen und Rechtsmitteilungen sein könnten. Vorhaben und Absichten fielen nur insoweit darunter, als sie eindeutig dokumentiert wären. Gegenstand der Auskunft könne auch nur eine Information sein, die dem Verwaltungsorgan bereits bekannt sei und nicht erst beschafft werden müsse. Die in Rede stehenden Anfragen des Beschwerdeführers, die die Erkundung der inneren Einstellung des Bundesministers für Justiz zum Gegenstand hätten, unterlägen somit grundsätzlich nicht der gesetzlichen Auskunftspflicht. Darüber hinaus sei zu Punkt 1 der Anfrage festzuhalten, daß schon der an den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz gerichtete Antrag des Beschwerdeführers vom 2. Februar 1988 im Verfahren Jv 147‑17a/85 des KG Wels Auskunft zu erteilen oder den Präsidenten dieses Gerichtshofes anzuweisen, diese Auskunft zu erteilen bzw. Akteneinsicht zu gewähren vom befragten Organ mit Bescheid vom 3. Februar 1988, Jv 9652‑17.3/87‑10, zurückgewiesen worden sei, weil es sich dabei um eine nicht der Auskunftspflicht unterliegende Angelegenheit der Rechtsprechung handle. Das Bundesministerium für Justiz habe mit Bescheid vom 3. März 1988, JMZ 902.636/1‑III 6/88, diese Entscheidung bestätigt.

Die zu Punkt 3) und 4) angeführten Anfragen überschritten den Wirkungsbereich des befragten Organes. Im Verwaltungsverfahren sei ein Ausschluß von Justizverwaltungsorganen wegen Befangenheit und auch ein Recht der Partei auf Ablehnung eines Organwalters nicht vorgesehen. Hinsichtlich der Funktion des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichtes als Rechtsprechungsorgane sei der Bundesminister für Justiz für Angelegenheiten der Ausgeschlossenheit oder Befangenheit nicht zuständig. Die Durchführung eines Dienststrafverfahrens gegen Richter schließlich obliege gemäß § 111 RDG den Disziplinargerichten und nicht dem Bundesminister für Justiz.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten auf Durchführung eines mangelfreien Verfahrens und auf Auskunftserteilung durch die Organe des Bundes nach § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 15. Mai 1987 über die Auskunftspflicht der Verwaltung des Bundes und eine Änderung des Bundesministeriengesetzes 1986 (Auskunftspflichtgeset; APG) haben die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.

§ 4 leg. cit. normiert: Wird eine Auskunft nicht erteilt, so ist auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen. Als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, gilt das AVG 1950, sofern nicht für die Sache, in der Auskunft erteilt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist.

Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst in Darstellung der von ihm geltend gemachten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides gegen die Auffassung der belangten Behörde, die von ihm begehrte Auskunftserteilung habe die Erkundung der inneren Einstellung des Bundesministers für Justiz zum Gegenstand und unterliege deshalb nicht der gesetzlichen Auskunftspflicht.

Der Beschwerdeführer übersieht dabei, daß zwar der Begriff „Auskunft“ im Auskunftspflichtgesetz (selbst nicht näher definiert ist, daß aber die EB zur Regierungsvorlage 41 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des NR XVII GP) - zu denen der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, daß ihnen der Gesetzeswortlaut nicht zuwiderläuft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. November 1988, Zl. 88/10/0116, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) - unter anderem besagen, daß Auskünfte Wissenserklärungen zum Gegenstand hätten, wobei ihr Gegenstand ausschließlich solche Informationen wären, die zur Zeit der Anfrage der betreffenden Verwaltungsbehörde bereits bekannt seien.

Daraus folgt, daß nur gesichertes Wissen (sei es im tatsächlichen, sei es im rechtlichen Bereich) Gegenstand einer Auskunft sein kann, nicht jedoch Umstände eines noch nicht abgeschlossenen Willensbildungsprozesses. Der Verwaltungsgerichtshof, der in seinem Erkenntnis vom 14. Oktober 1976, Zl. 722/76, Slg. N.F. Nr. 9151/A (welches zu § 3 Z. 5 Bundesministeriengesetz ergangen ist) die Frage, ob „Vorgänge des amtsinternen Meinungsbildungsprozesses, solange keine abgeschlossene Willensbildung vorliegt“ von der Auskunftspflicht ausgenommen sind, noch dahingestellt ließ, teilt diesbezüglich die Auffassung des Erlasses des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 16. Februar 1988, Zl. 602.960/32‑V/1/87, weil eine Mitteilung von bloßen Absichten, die noch nicht zur Verwirklichung derselben gediehen sind, dem gesetzlichen Ziel einer sicheren Information des Auskunftssuchenden nicht förderlich sein könnte.

Da sich im vorliegenden Fall die vom Beschwerdeführer an die belangte Behörde gerichtete Anfrage ganz ausdrücklich darauf bezogen hat, in sieben Punkten Auskunft über die „Bereitschaft“ des Bundesministers für Justiz zu bestimmten Aktivitäten zu erhalten, ging das Begehren des Beschwerdeführers auf Mitteilung einer bloßen inneren Absicht und nicht auf die Mitteilung einer Information, die der Behörde zur Zeit der Anfrage bereits bekannt war (vgl. dazu die oben zitierten EB).

Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, daß die belangte Behörde ihren Bescheid mit der vom Beschwerdeführer behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet hätte.

Ein Eingehen auf die übrigen Argumente der Beschwerde zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit ist mit Rücksicht darauf, daß im vorliegenden Fall von vornherein keine Auskunftspflicht bestand, entbehrlich.

Insoweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde hätte kein Beweisverfahren nach dem AVG 1950 durchgeführt, übersieht er, daß gemäß § 56 leg. cit. ein solches dann nicht erfolgen muß, wenn der maßgebliche Sachverhalt von vornherein klar gegeben ist (vgl. dazu auch Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes4, Rz. 314). Dieser Sachverhalt bestand im vorliegenden Fall allein in der Art der vom Beschwerdeführer in seiner Eingabe an die belangte Behörde vom 2. März 1988 auf Seite 4 bis 5 formulierten Anfrage (vgl. dazu die vorgelegten Verwaltungsakten); von der belangten Behörde waren darüber hinaus keine Tatsachen zu ermitteln. Sie hatte vielmehr nur die Rechtsfrage zu lösen, ob hinsichtlich der formulierten Anfrage eine gesetzliche Pflicht zur Auskunftserteilung bestand.

Unrichtig ist weiters auch die Rechtsmeinung des Beschwerdeführers, der Grund der Auskunftsverweigerung hätte in den Spruch des angefochtenen Bescheides aufgenommen werden müssen. Der Beschwerdeführer verkennt in diesem Zusammenhang ebenso wie der von ihm zitierte Autor (Nikolaus, Auskünfte von Finanzbehörden nach dem Auskunftspflichtgesetz, Orac‑Verlag 1987, S. 46), die verschiedenen Bescheidelemente Spruch (§§ 58 Abs. l und 59 AVG 1950 bzw. § 93 Abs. 2 BAO) und Begründung (§ 58 Abs. 2 AVG 1950 bzw. § 93 Abs. 3 lit. a BAO). Der angefochtene Bescheid wird insofern entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers allen gesetzlichen Erfordernissen gerecht.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher auch die vom Beschwerdeführer gerügte Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht zu erkennen.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Wien, am 12. Juli 1989

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