VwGH 87/17/0172

VwGH87/17/017215.4.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde der MF in W, vertreten durch Dkfm.DDr. Wilfried Dorazil, Rechtsanwalt in Wien V, Reinprechtsdorferstraße 57/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Bauten und Technik - nunmehr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten - vom 12. September 1985, Zl. 890.961/3-III/11a-85, betreffend eine Enteignung für Zwecke einer Bundesstraße (mitbeteiligte Partei: Bund - Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch den Landeshauptmann von Niederösterreich), zu Recht erkannt:

Normen

BStG 1971 §4 Abs1;
BStG 1971 §4;
BStGNov 1983 Art2 Z4;
Straßenverlauf B 218 Langenloiser Straße 1978/211;
BStG 1971 §4 Abs1;
BStG 1971 §4;
BStGNov 1983 Art2 Z4;
Straßenverlauf B 218 Langenloiser Straße 1978/211;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bund (vertreten durch den Landeshauptmann von Niederösterreich, Bundesstraßenverwaltung) beantragte am 29. Jänner 1985 beim Landeshauptmann von Niederösterreich (als Bundesstraßenbehörde) auf Grund der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 20. April 1978, BGBl. Nr. 211, womit der Straßenverlauf der B 218 Langenloiser Straße im Bereich der Stadt Krems an der Donau festgelegt wurde, die dauernde bzw. vorübergehende Enteignung von im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden - in den angeschlossenen Enteignungsplänen gelb umrandeten und im Grundstück-Verzeichnis näher detaillierten - Grundflächen.

Bei der am 29. April 1985 durchgeführten Verhandlung wurde vom Sohn der Beschwerdeführerin - und in deren Namen - im wesentlichen vorgebracht, es würden bis zur nächsten Verhandlung "im Sinne des Bundesstraßengesetzes geeignete Unterlagen vorgelegt werden, die die Prävalenz der von ihm vorgeschlagenen Ersatztrasse beweisen sollen"; vorgelegt wurde auch ein Alternativprojekt aus dem Jahr 1975, das dem Gesetz eher entspreche als die verordnete Trasse. Vom Amtssachverständigen für Verkehrstechnik wurde hiezu festgestellt, dass auf Grund des bisherigen Verhandlungsergebnisses und der Besichtigung an Ort und Stelle nicht festgestellt werden könne, ob die verordnete Trasse oder die vorgelegte Alternativtrasse den gesetzlichen Erfordernissen eher entspreche. Die vorgelegte Variante wäre daher einer Begutachtung zu unterziehen.

In einer weiteren Verhandlung am 29. Mai 1985 wurden von Seiten der Beschwerdeführerin Unterlagen zur Erläuterung der Einwendungen vorgelegt, die wie folgt zusammengefasst wurden: 1. Bereits mit Gemeinderatsbeschluss vom 12. April 1973 wäre vom Gemeinderat der Stadt Krems nach Erörterung der West- und Ostumfahrungen festgestellt worden, dass eine Ostumfahrung wahrscheinlich zu kostspielig sein werde; 2. die jetzige Ostumfahrung stelle eine Gewaltlösung dar, die durch die Emotionen der Bevölkerung zu Stande gekommen sei, wogegen die (vorgelegte) Variante I und II den ursprünglichen Intentionen der Gneixendorfer Bevölkerung entspreche; 3. auf Grund der vorgelegten Gutachten sei von der Interessentengemeinschaft Gneixendorf eine Zusammenstellung der verschiedenen Kosten erstellt worden. Aus der (vorgelegten) Beilage gehe hervor, von welchen Personen dieser Kostenvergleich unterfertigt worden sei. Aus diesem Kostenvergleich ergebe sich, dass bei der Ostumfahrung die Kosten am höchsten seien. Insbesonders seien dort die Brückenbaukosten am höchsten, ebenso die Kosten der Grund- und Objekteinlösungen, weil dort wertvollste Gründe durchschnitten würden. Bei dieser Variante (West 1/2) seien Wildbachregulierungskosten in der Höhe von 11,5 Mio S enthalten; infolge der in der Zwischenzeit durchgeführten Regulierung würden diese Kosten wegfallen, wodurch die Variante 1/2 um weitere 11,5 Mio S günstiger zu liegen käme. Die sonstigen Nachteile der Ostumfahrung gingen aus den vorgelegten Unterlagen sowie den Plänen hervor. Um gewissen Vorwürfen zu entgegnen und eine drohende Durchschneidung abzuwehren, habe die Gutsverwaltung eine freiwillige Abtretung als "Randabschneidung" angeboten. Diese Abtretung würde jedoch nicht im Bereich der Ost- oder Westumfahrung, sondern an anderer Stelle in der KG Oberrohrendorf erfolgen; dies auch, um einer drohenden Enteignung auszuweichen. Diese Grundabtretung sei als Teilentschädigung der betroffenen Landwirte in Stratzing-Droß gedacht. Man sei vom "§ 4 Verfahren" nicht informiert worden - auch die sonstigen Betroffenen der Interessentengemeinschaft hätten hievon nichts gewusst und daher keine Stellungnahme abgeben können. Auf die aufgeschlüsselten Kosten sei auf fachlicher Ebene nicht eingegangen worden; ebenso sei kein sachlicher Variantenvergleich gemacht worden.

Zu den Einwendungen nahm die mitbeteiligte Partei im wesentlichen wie folgt Stellung: Die Trassenführung der B 218 im Raum Gneixendorf sei auf Grund eingehender Besprechungen und Begehungen mit den betroffenen Gemeinden, Interessenvertretungen und Grundbesitzern letztlich festgelegt worden. Da gegen eine im Jahr 1972 vorerst ausschließlich untersuchte Westumfahrung zufolge deren Ortsnähe vehemente Einsprüche von Gemeindevertretern und Bewohnern von Gneixendorf geäußert worden seien, habe die Niederösterreichische Bundesstraßenverwaltung im Rahmen eines generellen Projektes 1973 eine östliche und westliche Trassenführung geprüft. Dieses generelle Projekt habe ergeben, dass die Variante Ostumfahrung nicht nur die wirtschaftlichste, sondern auch in technischer Hinsicht die zu bevorzugende Trassenführung sei. Diesem generellen Projekt hätten die Stadtgemeinde Krems an der Donau sowie die Marktgemeinde Stratzing-Droß mit Gemeinderatsbeschlüssen die Zustimmung für den Bau der Ostumfahrung gegeben. Die Abteilung überörtliche Raumordnung des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung habe auch die Ostvariante als die beste bezeichnet. Zur Feststellung, die Ostumfahrung sei eine Gewaltlösung, werde darauf hingewiesen, dass alle Grundeinlösungen für die Trasse der B 218 im gegenständlichen Baulos mit Ausnahme der Beschwerdeführerin im Rahmen von privatrechtlichen Übereinkommen positiv hätten abgeschlossen werden können. Auch seien nach Vorliegen des generellen Projektes über den Variantenvorschlag einer Westumfahrung nochmals eingehende Gespräche mit den betroffenen Gemeinden und der Bevölkerung durchgeführt worden. Der Trassenvorschlag wäre in der Natur durch Absteckung der Achse kenntlich gemacht worden und es habe sich die Stadtgemeinde Krems an der Donau neuerlich für die Ostumfahrung ausgesprochen. Hinsichtlich der Ablösekosten und damit des Kostenvergleichs sei festzustellen, dass die Unterlagen bereits in der seinerzeit geführten Diskussion vorgelegt und einer Überprüfung unterzogen worden seien. Dabei habe sich ergeben, dass unter Berücksichtigung des generellen Projektes für die Ostumfahrung rund 90 Mio S anfallen würden, für die Variante I/II rund 97 Mio S. Bei diesem Kostenvergleich wäre ein Gutachten hinsichtlich der Grundeinlösungskosten berücksichtigt worden. Die bei der Variante I/II anfallenden notwendigen Maßnahmen im Bereich des Bründlgrabens seien unabhängig von den zwischenzeitlich seitens der Stadtgemeinde Krems an der Donau getätigten Vorkehrungen durchzuführen, weil die Variante I/II mit ihrer Trassenführung teilweise direkt in den Wildbach zu liegen käme und daher entsprechende Maßnahmen bei Realisierung der Variante I/II unumgänglich seien, welche beim obgenannten Kostenvergleich berücksichtigt seien. Zur Frage der freiwilligen Abtretung als "Randabschneidung" des Gutsbetriebes sei festzuhalten, dass auch diese Aussage bereits seinerzeit bei den Diskussionen getätigt worden sei, jedoch einerseits die genannten Grundstücke nicht im Bereich der Trassenführung lägen und andererseits die Höhe der Ablöse völlig offen sei.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 4. Juli 1985 wurde die beantragte Enteignung gemäß den §§ 17, 18 und 20 Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes 1971 und unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 unter gleichzeitiger Festsetzung einer Entschädigung ausgesprochen. In der Begründung wurde - nach einem Hinweis auf den Verfahrensverlauf - hinsichtlich des Ausspruches der Enteignung im wesentlichen ausgeführt, der Verwaltungsgerichtshof und der Verfassungsgerichtshof hätten in ständiger Rechtsprechung übereinstimmend dargetan, dass die Trasse einer Bundesstraße durch die auf Grund des § 4 Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes 1971 erlassenen Verordnung verbindlich festgelegt werde und es sei diese Festlegung für ein nachfolgendes Enteignungsverfahren bindend, wobei die Festlegung der Trasse zugleich auch die Entscheidung über die Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit des Straßenbauvorhabens in sich schließe. Auf Grund dieser Judikatur sei der Enteignungsbehörde eine Prüfung der bereits durch Verordnung festgelegten Trasse verwehrt und könnten daher die diesbezüglichen Einwendungen der Enteignungsgegnerin zu keiner neuerlichen Prüfung der verordneten Trasse führen.

Gegen diesen Bescheid berief die Beschwerdeführerin. Sie führte dabei im wesentlichen aus, dem erstinstanzlichen Bescheid könne nicht entnommen werden, ob eine Verordnung über die erforderliche Festlegung der Straßenachse vorliege und was im einzelnen sie beinhalte bzw. ob eine solche als Grundlage der ausgesprochenen Enteignung herangezogen werden könne; es fehle auch an einer Zitierung einer solchen Rechtsquelle. Der Bescheid unternehme es gar nicht, die einander gegenüberstehenden Alternativen über die Trassenführung miteinander in Vergleich zu setzen und gegenseitig im Sinne der gesetzlichen Erfordernisse abzuwägen und zu beurteilen. Die Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes, wonach die Trasse einer Bundesstraße durch die Verordnung nach § 4 Bundesstraßengesetz 1971 verbindlich für ein nachfolgendes Enteignungsverfahren festgelegt werde, stehe mit dem Wortlaut des § 20 Abs. 3 Bundesstraßengesetz 1971 jedenfalls nicht im Einklang, da dieser eine Berufung gegen die Entscheidung des Landeshauptmannes über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang der Enteignung ausdrücklich vorsehe. Vor allem werde aber übersehen, dass eine richtige "und damit rechtswirksame" Festlegung der konkreten Straßentrasse von einer ganzen Reihe von notwendigen Voraussetzungen oder Bedingungen im Gesetz selbst abhängig gemacht werde und zwar sowohl nach § 4 als auch nach §§ 7 und 7a des Bundesstraßengesetzes 1971 in der Fassung der Novelle 1983. Im § 4 Abs. 1 leg. cit. sei die Bedachtnahme auf die Wirtschaftlichkeit, den Denkmalschutz und die Umweltverträglichkeit bei der Trassenbestimmung zur Pflicht gemacht; nach § 7 leg. cit. und § 7a leg. cit. sei darüber hinaus die Einhaltung der in diesen Gesetzesstellen vorgeschriebenen Grundsätze der Umweltverträglichkeit und der möglichsten Herabsetzung von Beeinträchtigungen der Nachbarn unabweisliche Pflicht der für die Trassenfestlegung verantwortlichen Stellen. Im vorliegenden Fall sei mindestens dem Erfordernis der Wirtschaftlichkeit, der Umweltverträglichkeit, vor allem aber der möglichsten Herabsetzung der Beeinträchtigungen des Nachbarn, der Beschwerdeführerin als der zu Enteignenden in keiner Weise durch die Wahl der Trasse als Enteignungsgrundlage Rechnung getragen worden, vielmehr seien alle diese zwingend normierten Erfordernisse völlig übergangen worden und ausgeschlossen geblieben. Die bevorzugte Trasse sei die unwirtschaftlichere, die Umweltverträglichkeit allein durch die Entfernungsverhältnisse zu Gneixendorf nicht gegeben und vor allem die Bewirtschaftung des Gutshofes der Beschwerdeführerin durch die in seiner direkten Mitte hindurch führende Straße auf das Spiel gesetzt bzw. überhaupt verunmöglicht. Obgleich sich die Beschwerdeführerin auch erbötig gemacht habe, die Trassenführung dadurch zu erleichtern, dass sie freiwillig Grund abtrete, um wenigstens den biologisch genützten Grund zu schonen, und obzwar von den mehreren alternativ sich anbietenden Trassenführungen andere (als die festgelegte Trasse) biologisch notwendige Teile ihres Gutes weniger und nur am Rande in Anspruch genommen hätten, wäre eine Trassenführung bevorzugt worden, die für die Beschwerdeführerin und die betrieblichen Erfordernisse besonders ungünstig sei. Des weiteren werden verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 7a Abs. 1 letzter Satz Bundesstraßengesetz 1971 - in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 63/1983 - geltend gemacht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. September 1985 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 20 Abs. 3 des Bundesstraßengesetzes 1971 abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid "seinem ganzen Umfange nach" bestätigt. Wie sich aus der - nur teilweisen - Zitierung des Spruchs des erstinstanzlichen Bescheides im Einleitungssatz des angefochtenen Bescheides sowie dessen Begründung ergibt, verstand die belangte Behörde unter "seinem ganzen Umfange nach" nicht auch die Festsetzung der Entschädigung bzw. das die Entschädigung betreffende Verfahren, sondern lediglich den Ausspruch der Enteignung selbst. Zur Begründung wurde nach einer Darstellung des Verhandlungsverlaufes und einer Wiedergabe des Berufungsvorbringens der Beschwerdeführerin im wesentlichen ausgeführt, der durch Verordnung festgelegte Straßenverlauf einer Bundesstraße habe zur Folge, dass ein solcherart festgelegter Straßenverlauf die Behörden aller Rechtsstufen binde. Diese Bindung sei unabhängig davon gegeben, ob diese Verordnung im Enteignungsbescheid zitiert werde oder nicht, weil die Verordnung ja einen Bestandteil der Rechtsordnung darstelle. Abgesehen davon wäre - wie sich aus dem Verwaltungsakt der Bundesstraßenbehörde erster Instanz ergebe - der Straßenverlauf mit der Beschwerdeführerin im Enteignungsverfahren eingehend diskutiert und wären auch in diesem Zusammenhang die vorgeschlagenen Variantenlösungen in die Diskussion einbezogen worden. Es sei ohne Belang, ob in der Begründung des Enteignungsbescheides die unterschiedlichen Standpunkte bei der Trassenabwägung wiedergegeben würden, weil diese auf die Rechtswirksamkeit der Trassenfestlegungsverordnung keinen Einfluss hätten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 1986, B 803/85- 12, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene - Beschwerde. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin "in dem Recht auf gesetzmäßige Anwendung des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286 i.d.F. der Novelle BGBl. 1983/63, insbesondere dessen §§ 7, 7a und 17 ff verletzt". Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine als Gegenschrift zu wertende Äußerung.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 17 des Bundesstraßengesetzes 1971 in der geltenden Fassung kann für die Herstellung, Erhaltung und Umgestaltung von Bundesstraßen samt den zugehörigen baulichen Anlagen sowie aus Verkehrsrücksichten das Eigentum an Liegenschaften im Wege der Enteignung in Anspruch genommen werden. Nach § 20 Abs. 1 des Gesetzes entscheidet über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang der Enteignung der Landeshauptmann als Bundesstraßenbehörde unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954.

Wie der Verwaltungsgerichtshof (vgl. etwa das Erkenntnis vom 27. März 1980, Zl. 1123/77 und die dort zitierte Vorjudikatur) und der Verfassungsgerichtshof (vgl. etwa die Erkenntnisse Slg. 7469 und 7769) in ständiger Rechtsprechung übereinstimmend dargetan haben, wird die Trasse einer Bundesstraße durch die auf Grund des § 4 Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes 1971 erlassene Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik - nunmehr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten - festgelegt und ist diese Festlegung für ein nachfolgendes Enteignungsverfahren bindend, wobei die Festlegung der Trasse zugleich auch die Entscheidung über die Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit des Straßenvorhabens in sich schließt.

Einwendungen, die ausschließlich gegen eine mit Verordnung festgelegte Trassenführung gerichtet sind, können wegen der Bindung der Verwaltungsbehörde an Verordnungen im Verwaltungsverfahren, folglich auch in einem Enteignungsverfahren nach § 20 des Bundesstraßengesetzes 1971, nicht mit Erfolg geltend gemacht werden.

Wohl aber besteht nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges die Möglichkeit, in einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (Art. 144 B-VG) oder an den Verwaltungsgerichtshof (Art. 131 B-VG) gegen einen Enteignungsbescheid die amtswegige Einleitung eines Verordnungsprüfungsverfahrens bzw. die Stellung eines Antrages auf Aufhebung der Verordnung wegen Gesetzwidrigkeit nach Art. 139 B-VG anzuregen.

In einer derartigen Anregung bringt die Beschwerdeführerin vor, die belangte Behörde habe sich auf die mit Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 20. April 1978, BGBl. Nr. 211, erfolgte Festlegung der Trasse (der B 218 Langenloiser Straße im Bereich der Stadt Krems an der Donau) gestützt, obwohl diese Verordnung keine "ausreichende Rechtsquelle der mit der vorliegenden Beschwerde bekämpften Enteignung" sein könne. Durch die Neufassung der §§ 4, 7 und 7a des Bundesstraßengesetzes 1971 - durch die Novelle BGBl. Nr. 63/1983 - sei nämlich eine erhebliche Veränderung der Rechtslage eingetreten, weshalb im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die Verordnung BGBl. Nr. 211/1978 den Erfordernissen des Bundesstraßengesetzes 1971 - in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 63/1983 - nicht mehr entspreche.

Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin hegt der Verwaltungsgerichtshof keine derartigen Bedenken an der Gesetzmäßigkeit der Verordnung BGBl. Nr. 211/1978. Der § 4 des Bundesstraßengesetzes 1971 - und zwar sowohl in der Fassung vor als auch nach der Novelle BGBl. Nr. 63/1983 - wendet sich an den Verordnungsgeber und nicht an den Normunterworfenen unmittelbar. In einem solchen Fall hat bei Änderung der Rechtslage der Gesetzgeber die Möglichkeit, den Verordnungsgeber im neuen Gesetz zur Anpassung zu verpflichten. Die Übergangsbestimmungen der Bundesstraßengesetznovelle 1983 zeigen jedoch, dass eine Anpassung früherer Verordnungen nicht vorgesehen ist. Im Art. II Z. 4 wird vielmehr bestimmt, dass Verordnungen gemäß § 4 Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286, in seiner jeweils geltenden Fassung, nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes ihre Rechtswirkungen auch dann behalten, wenn sich der Straßentyp (§ 2 BStG 1971), auf die sie sich beziehen, durch dieses Bundesgesetz geändert hat. Aus der Verwendung des Wortes "auch" muss erschlossen werden, dass Verordnungen gemäß § 4 Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes 1971 umsomehr ihre Rechtswirkungen behalten - und insofern der zeitliche Anwendungsbereich der früheren Regelung durch die Bundesstraßengesetznovelle 1983 unberührt gelassen wird -, wenn sich der Straßentyp - wie im Beschwerdefall - nicht geändert hat.

Soweit die Beschwerdeführerin als Enteignungsgegnerin die Gesetzmäßigkeit der Verordnung BGBl. Nr. 211/1978 aus dem Blickwinkel der Verfassungswidrigkeit ihrer gesetzlichen Grundlage behauptet, vermag der Verwaltungsgerichtshof diese Bedenken ebenfalls nicht zu teilen. Die Beschwerdeführerin vermeint eine Verfassungswidrigkeit des zweiten Satzes des § 7a Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes 1971 - in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 63/1983 - zu erkennen, weil dem Anschein nach der im Gesetz vorgesehene Schutz der Nachbarn, der die Überschrift zu § 7a leg. cit. bilde, vollkommen wirkungslos werde und die Interessen der Nachbarn "mehr oder weniger dem Wohlwollen der Behörden unterstellt" würden, was letztlich Willkür bedeuten könne. Dadurch, dass der Gesetzgeber im gegebenen Zusammenhang subjektive Rechte überhaupt nicht hätte begründen wollen, schließe er wohl auch aus, dass durch § 7a leg. cit. nicht nur nicht subjektiv-öffentliche Rechte, sondern subjektiv-private Rechte nicht begründet werden sollten. Die Beschwerdeführerin meine, dass es im Hinblick auf Art. 5 StGG, der Verfassungsschutz genieße, nicht im öffentlichen Interessen liegen und es auch nicht das allgemeine Beste erheischen könne, den Eigentümer eines Grundstückes vollkommen rechtlos zu machen, zumal der zweite Satz des § 7a leg. cit. offenbar auch ohne verfassungsgesetzliche Deckung eine Einschränkung des § 364 ABGB bewirke.

§ 7a Abs. 1 leg. cit. - in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 63/1983 - hat folgenden Wortlaut:

"Bei der Planung und beim Bau von Bundesstraßen ist vorzusorgen, dass Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den zu erwartenden Verkehr auf der Bundesstraße soweit herabgesetzt werden, als dies durch einen im Hinblick auf den erzielbaren Zweck wirtschaftlich vertretbaren Aufwand erreicht werden kann, sofern nicht die Beeinträchtigung wegen der Art der Nutzung des der Bundesstraße benachbarten Geländes zumutbar ist. Subjektive Rechte werden hiedurch nicht begründet."

Der § 7a Abs. 1 Bundesstraßengesetz 1971 - in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 63/1983 - ist nahezu wörtlich ident mit § 7 Abs. 2 Bundesstraßengesetz 1971 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 63/1983 (lediglich im ersten Satz des § 7 Abs. 2 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 63/1983 wird statt der Worte " .... zu erwartenden ...." der Begriff ".... künftigen ...."

verwendet).

Wie bereits oben ausgeführt wurde, ist für die Bestimmung des Straßenverlaufes durch Verordnung im Beschwerdefall der § 4 Abs. 1 Bundesstraßengesetz 1971 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 63/1983 maßgebend. Danach hat vor dem Bau einer neuen Bundesstraße und vor der Umlegung von Teilen einer bestehenden Bundesstraße der Bundesminister für Bauten und Technik unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der §§ 7 und 20 Abs. 1, erster Satz leg. cit., nach den Erfordernissen des Verkehrs und darüber hinaus der funktionellen Bedeutung des Straßenzuges den Straßenverlauf im Rahmen der Verzeichnisse durch Verordnung zu bestimmen. Durch die Verweisung u.a. auf § 7 - also auch auf dessen Abs. 2 - leg. cit. und im Hinblick auf die oben dargelegte und für den Beschwerdefall maßgebliche Identität des Regelungsinhaltes können die von der Beschwerdeführerin gegen § 7a Abs. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 63/1983 geltend gemachten Rechtsschutzbedenken als solche gegen § 7 Abs. 2 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 63/1983 gewertet werden.

In der Sache vermag der Verwaltungsgerichtshof die vorgebrachten Rechtsschutzbedenken jedoch nicht zu teilen. Gerade aus dem Blickwinkel der Beschwerdeführerin als Enteignungsgegnerin steht es ihr offen, im Verfahren vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts die Gesetzwidrigkeit der auf § 4 Abs. 1 Bundesstraßengesetz 1971 gestützten Verordnung geltend zu machen und auf diese Weise die Überprüfung der Verordnung auf deren Gesetzmäßigkeit herbeizuführen (vgl. hiezu auch die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes Slg. 7469 und Slg. 7769).

Auch die übrigen - unter Hinweis auf im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwendungen vorgebrachten - Bedenken in der Beschwerde lassen keinen Zweifel daran offen, dass sie ausschließlich gegen die mit Verordnung BGBl. Nr. 211/1978 festgelegte Trassenführung gerichtet sind. Die Einwände der Beschwerdeführerin, die Trasse sei unwirtschaftlich, umweltunverträglich und für ihren Gutsbetrieb biologisch schädlich, bedeuten nicht etwa, der mit Verordnung festgelegte Trassenverlauf werde im Detail unrichtig interpretiert, sondern sind darauf abgestellt, dass richtigerweise ein anderer Trassenverlauf hätte festgesetzt werden sollen. Auch mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass sie freiwillig die Abtretung von Grundstücken in Form einer Randabschneidung angeboten habe, wird nicht bezüglich des Umfangs der Enteignung etwa in dem Sinn vorgebracht, es könne mit der Enteignung geringerer Teilflächen der Beschwerdeführerin der Bau der mit Verordnung festgelegten Trasse verwirklicht werden, sondern es wird auch das diesbezügliche Vorbringen auf die Notwendigkeit einer anderen Trassenführung gestützt. Gegen den durch Verordnung festgelegten Trassenverlauf ist auch das Vorbringen gerichtet, dass die Bewirtschaftung eines Gutes, das nunmehr durch eine Schnellstraße geteilt werde, nicht nur schwerer erfolgen könne, sondern durch das ständige Überqueren der Schnellstraße auch die Gefahren für alle Straßenbenützer erheblich vergrößert würden.

Die belangte Behörde ist mit Recht davon ausgegangen, diese Einwendungen als ausschließlich die - mit Verordnung BGBl. Nr. 211/1978 festgelegte - Trassenführung selbst betreffend im Verwaltungsverfahren nicht berücksichtigen zu können.

Aus diesem Grund vermag auch die Verfahrensrüge nicht zum Erfolg zu führen, die belangte Behörde habe sich mit der in zwei Alternativen vorgelegten Trassenführung der Beschwerdeführerin nicht auseinander gesetzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hegt nun keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung BGBl. Nr. 211/1978. Wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis Slg. 9823 ausgeführt hat, hat der Bundesminister für Bauten und Technik die Trasse unter Abwägung der Kriterien der Verkehrserfordernisse, der Verkehrssicherheit, der funktionellen Bedeutung des Straßenzuges und der Vermeidung unzumutbarer Belästigungen der Nachbarn (insoweit hat auch die Fassung des Bundesstraßengesetzes 1971 vor der Novelle BGBl. Nr. 63/1983, durch die die Bedeutung dieses Kriteriums besonders unterstrichen wurde, schon auf Aspekte des Umweltschutzes Bedacht genommen) und der Wirtschaftlichkeit festzulegen. Der Verfassungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis auch hervorgehoben, dass dem Bundesminister für die Bestimmung der Trassenführung ein Ermessensbereich eingeräumt ist. Dass der Bundesminister den ihm eingeräumten Spielraum bei der Erlassung der Verordnung BGBl. Nr. 211/1978 überschritten oder unsachlich genützt hätte, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Inwiefern die gewählte Trassenführung umweltunverträglich und für den Gutsbetrieb der Beschwerdeführerin schädlich sei, wird von der Beschwerdeführerin nicht konkret aufgezeigt. Die Durchschneidung landwirtschaftlich genützter Gebiete bildet beim Neubau von Straßen außerhalb von Ortschaften die Regel; daraus allein lässt sich eine konkrete Umweltunverträglichkeit noch nicht ableiten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1985, Zl. 83/06/0229). Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, inwiefern der Bundesminister bei der Trassenfestlegung unter dem Blickwinkel der Wirtschaftlichkeit das ihm vom Gesetzgeber eingeräumte Planungsermessen überschritten oder unsachlich genützt hätte, wenn er sich bei der Erlassung der Verordnung für die durch ein von Bebauung frei gehaltenes Gebiet führende und straßenbaumäßig keinen Geländeschwierigkeiten begegnende Variante entschied (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 1980, Zl. 1123/77). Soweit von der mitbeteiligten Partei in ihrer Gegenschrift darauf hingewiesen wird, dass eine Querung der Bundesstraße auch in Zukunft gefahrlos möglich sein werde, da ein im Gutsbereich vorhandener öffentlicher Weg in Form einer Brücke über die Bundesstraße geführt werden solle, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass der Bundesminister im Hinblick auf das Kriterium der Verkehrssicherheit bei seiner Abwägung den gesetzlich vorgegebenen Rahmen verletzt hätte. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Aufhebung der zitierten Verordnung gemäß Art. 139 B-VG zu stellen.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985 im Rahmen des gestellten Antrages.

Wien, am 15. April 1988

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