VwGH 87/07/0177

VwGH87/07/017728.5.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und den Senatspräsidenten Dr. Salcher sowie die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der T. H. gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Salzburger Landesregierung vom 18. September 1987, Zl. LAS-205/7-1987, betreffend Ruhen einer Holznutzung (mitbeteiligte Partei: F. N.), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art130 Abs3;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §36 Abs1;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §36 Abs3;
WWSGG §25 Abs2;
WWSGG §25;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art130 Abs3;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §36 Abs1;
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §36 Abs3;
WWSGG §25 Abs2;
WWSGG §25;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 23. Februar 1987 erklärte das Amt der Salzburger Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz gemäß § 36 Abs. 3 des Salzburger Einforstungsrechtegesetzes, LGBl. Nr. 74/1986, (SERG), über Antrag der Beschwerdeführerin als Verpflichtete das aufgrund der Regulierungsurkunde Nr. 4679 vom 26. April 1860 zugunsten der im Eigentum der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Partei stehenden Liegenschaft A-Mühle in B. Nr. 16 bestehende Recht zum Bezug von Gewerbeholz im Ausmaß von jährlich 13,64 rm mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1987 (Wirtschaftsjahr 1987) auf die Dauer der Nichtausübung des urkundlichen Mühlengewerbes für ruhend.

Der Berufung des Mitbeteiligten gab hierauf der Landesagrarsenat beim Amt der Salzburger Landesregierung mit Erkenntnis vom 18. September 1987 gemäß § 1 AgrVG 1950 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG sowie § 36 Abs. 2 und 3 SERG Folge und im Grunde der eben genannten Bestimmungen des SERG in Verbindung mit der schon bezeichneten Regulierungsurkunde dem Antrag der Beschwerdeführerin, das Gewerbeholzbezugsrecht in der im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides beschriebenen Weise für ruhend zu erklären, nicht statt.

Begründend nahm die Rechtsmittelbehörde insbesondere auf Punkt II. der Regulierungsurkunde Bezug, wonach die jeweiligen Besitzer der A-Mühle und der C-Mühle auf immerwährende Zeiten berechtigt seien, aus dem landesfürstlichen O-Wald als Jahresgebühr vier Wiener Klafter = 13,64 rm Brennholz zu beziehen. Aus dieser Urkundenbestimmung sowie aus der Urkundenüberschrift ("Regulierungs-Urkunde über die Holzungsrechte der A-Mühle Nr. 16 und der C-Mühle Nr. 19 zu B. zum Gewerbsbetriebe im landesfürstlichen O-Walde") gehe hervor, daß es sich bei den regulierten Holzbezugsrechten um Gewerbeholz handle. Daneben verfügten beide Liegenschaften nach anderen Urkunden über Holzbezugsrechte zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes. Wenngleich das urkundliche Gebäude auf der Liegenschaft A-Mühle im Jahr 1980 abgetragen worden sei, werde im an derselben Stelle errichteten Neubau vom Berechtigten ein Gastgewerbebetrieb (Restaurant und Pension) geführt und das Haus auch bewohnt. Auf der berechtigten Liegenschaft werde demnach weiterhin ein Gewerbe ausgeübt, der Bedarf für das Gewerbeholz, das früher der Beheizung der Aufenthaltsräume in der Mühle gedient habe, sei auch im Gastgewerbetrieb vorhanden. Für diesen Betrieb wäre sogar in Anbetracht der vorhandenen Räumlichkeiten ein im Vergleich zur Mühle höherer Bedarf gegeben. Eine Ermessensentscheidung, aufgrund der Änderung des Gegenstandes des Gewerbes das Gewerbeholzbezugsrecht für ruhend zu erklären, wäre daher unbillig und nicht gerechtfertigt, zumal durch die Bestimmungen der Regulierungsurkunde der Gewerbeholzbezug nicht ausdrücklich von der Ausübung eines bestimmten Gewerbes (des Mühlengewerbes) abhängig gemacht werde. Das Argument der Beschwerdeführerin als verpflichteter Waldeigentümerin, der O-Wald weise eine hohe Belastung mit Holzbezugsrechten auf, sei ohne Belang, weil auch bei Fortführung des Mühlengewerbes der Gewerbeholzbezug gewährleistet sein müßte.

Dieses Erkenntnis wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführerin nach ihrem ganzen Vorbringen in dem Recht auf Stattgebung ihres Antrages auf Ruhenderklärung verletzt erachtet.

Die belangte Behörde und der Mitbeteiligte erstatteten Gegenschriften, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens herrscht kein Streit über die Qualifikation des Holzes, zu dessen Bezug die Regulierungsurkunde, im Rahmen des Gesetzes, berechtigt; auch der Verwaltungsgerichtshof hat keine Bedenken gegen dessen Bestimmung als Gewerbeholz. Gemäß § 36 Abs. 1 SERG handelt es sich dabei um Holz, dessen Bezug für die Ausübung eines auf einer berechtigten Liegenschaft betriebenen Gewerbes in der Regulierungsurkunde eingeräumt wurde.

Die belangte Behörde pflichtet ferner in ihrer Gegenschrift, abweichend von der von ihr als versehentlich in die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses aufgenommen bezeichneten gegenteiligen Aussage, der Beschwerdeführerin zu Recht darin bei, daß aufgrund der Regulierungsurkunde der Holzbezug dem Gewerbebetrieb der A-Mühle diente, also insofern von einem durchaus (urkundlich) bestimmten, nämlich dem Mühlen-Gewerbe auszugehen sei. Es spielt somit keine Rolle, daß dieses Gewerbeholz, wie es im angefochtenen Erkenntnis heißt, früher der Beheizung der Aufenthaltsräume in der Mühle diente, weil daraus nicht, wie dies der Mitbeteiligte versucht, gefolgert werden kann, der Holzbezug sei jedem Gewerbebetrieb gewidmet, weil das Holz nicht speziell für einen Betriebsvorgang einer Mühle gebraucht werde. Da sich der urkundliche Widmungszweck für die Gewerbeholznutzung auf kein anderes als das eingeforstete Objekt (eine Mühle) bezog, ist aber auch bereits der Zusammenhang mit einem bestimmten Gewerbebetrieb hergestellt worden und kann nicht etwa daraus, daß die Urkunde - in deren Punkt IV. ausdrücklich von den "berechtigten Mühlen" die Rede ist - nicht eigens noch vom "Mühlengewerbe" spricht, gefolgert werden, wie dies in der Gegenschrift des Mitbeteiligten geschieht, es wäre damit jeder beliebige, auf der berechtigten Liegenschaft ausgeübte Gewerbetrieb begünstigt. Da ferner auch die Beheizung das urkundliche Gebäude, eine Mühle, betraf, kann auch nicht deswegen, weil andere Gewerbebetriebe ebenfalls beheizt werden müssen, vom urkundlich bestimmten Gewerbe abstrahiert werden.

Dem im Beschwerdefall durchgeführten agrarbehördlichen Verfahren lag ein Antrag der Beschwerdeführerin zugrunde, die Gewerbeholznutzung als ruhend zu erklären.

Dies ist gemäß § 36 Abs. 3 SERG (= § 25 Abs. 2 des Grundsatzgesetzes BGBl. Nr. 103/1951) unter bestimmten Voraussetzungen möglich, wenn das Gewerbe nicht ausgeübt wird; die Agrarbehörde hat dann auf Verlangen des Verpflichteten unter Bedachtnahme auf die besonderen Verhältnisse des einzelnen Falles und unter sorgfältiger Abwägung aller in Betracht kommenden Parteien- und öffentlichen Interessen nach freiem Ermessen zu beurteilen, ob eine Verringerung der urkundlichen Gebühr einzutreten oder ob die Holznutzung auf die Dauer der Nichtausübung des Gewerbes zu ruhen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof stimmt der belangten Behörde zu, daß der Agrarbehörde auch die Beurteilung zukommt, ob überhaupt eine Verringerung einzutreten hat; dies einerseits wegen der gesetzlich gebotenen Gleichartigkeit mit der Beurteilung im Fall der Ablösung (§ 36 Abs. 2 SERG = § 25 Abs. 1 des Grundsatzgesetzes), andererseits deswegen, weil der Agrarbehörde das Maß der Verringerung der Gebühr zu bestimmen obliegt und sie daher schon deswegen auch zur Festlegung einer auch nur geringfügigen Verringerung im Einzelfall berechtigt ist, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde ihre Entscheidung damit begründet, daß der Berechtigte inzwischen zwar ein anderes als das urkundliche, aber dennoch ein Gewerbe ausübt, für das ein zumindest gleich hoher Brennholzbedarf wie für den ursprünglichen Gewerbebetrieb besteht. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang ferner das schon erwähnte unzutreffende Argument (die Regulierungsurkunde gehe selbst nicht von einem bestimmten Gewerbe aus) verwendet und schließlich das Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend die hohe Belastung des O-Waldes mit Holzbezügen als irrelevant bezeichnet, weil das Holz auch bei Fortführung des Mühlenbetriebes zur Verfügung stehen müßte.

Damit ist aber die Ausübung des Ermessens im Beschwerdefall nicht ausreichend begründet worden. Während nämlich "auf die besonderen Verhältnisse des EINZELNEN Falles" einzugehen gewesen wäre, ist - sieht man von der unrichtigen Annahme ab, die Regulierungsurkunde mache den Holzbezug nicht von einem bestimmten Gewerbe abhängig - im angefochtenen Erkenntnis allein der allgemeine, richtigerweise aber nicht ohne weiteres auf jeden Einzelfall übertragbare Gedanke für die Aufrechterhaltung des Holzbezuges zum Ausdruck gekommen, eine Gewerbeholznutzung gebühre (unvermindert) so lange, als ungeachtet der Nichtausübung des urkundlichen Gewerbes irgendein anderes Gewerbe an dessen Stelle trete, für welches ein wenigstens gleicher Holzbedarf angenommen werden müsse. Ebensowenig hat eine sorgfältige Abwägung "ALLER" in Betracht kommenden "Parteien- und öffentlichen Interessen" stattgefunden; insofern ist vielmehr nur in bezug auf die verpflichtete Beschwerdeführerin ausgesprochen worden, daß die von ihr behauptete Belastung mit Holzbezugsrechten aus dem erwähnten Grund unmaßgeblich sei. Letzteres stellt keine fallbezogene Antwort auf ihr Vorbringen dar, sondern kommt, indem auf nicht bestehende Verhältnisse Bezug genommen wird, einer unzulässigen Verallgemeinerung dahin gleich, das Interesse an einer Verringerung oder einem Ruhen der Holznutzung auf seiten eines Verpflichteten sei stets schon deswegen zu verneinen.

Daraus ergibt sich, daß der Sachverhalt im Beschwerdefall in wesentlicher Hinsicht ergänzungsbedürftig geblieben ist und Begründungsmängel vorliegen, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen (für die Beschwerdeführerin günstigeren) Bescheid hätte kommen können.

Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrenvorschriften aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

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