VwGH 87/04/0098

VwGH87/04/009827.3.1990

N-GesmbH gegen Landeshauptmann von Tirol vom 17. März 1987, Zl. IIa-18.803/1, betreffend Bewilligung der Durchführung eines Ausverkaufes.

Normen

AusvG 1985 §2;
AusvG 1985 §3;
AusvG 1985 §6 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AusvG 1985 §2;
AusvG 1985 §3;
AusvG 1985 §6 Abs1;
AVG §66 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.440,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 9. Oktober 1986 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 3 des Ausverkaufsgesetzes 1985 die Bewilligung erteilt, vom 15. Oktober bis 15. November 1986 und vom 15. Jänner bis einschließlich 2. März 1987 wegen Geschäftsauflassung der in Innsbruck, A-Straße, mit einem Schauraum in Innsbruck, B-Platz, ausgeübten weiteren Betriebsstätte von Wien I, C-Gasse, für das Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973, beschränkt auf den Handel mit orientalischen Teppichen, die Durchführung eines Ausverkaufes anzukündigen.

Mit Schriftsatz vom 18. November 1986 beantragte die Beschwerdeführerin die Verlängerung des mit Bescheid vom 9. Oktober 1986 bewilligten Ausverkaufes bis 15. März 1987. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 19. Februar 1987 wurde diese Bewilligung gemäß § 3 des Ausverkaufsgesetzes 1985 verweigert.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin - mit Schriftsatz vom 2. März 1987 - Berufung. Auf Grund dieser Berufung hat der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 17. März 1987 den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 19. Februar 1987 "ersatzlos behoben, da die Frist, für die die Bewilligung beantragt wurde, abgelaufen ist". Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, im Verlaufe des Berufungsverfahrens sei die im Spruch des vorinstanzlichen Bescheides genannte Frist, für die die Beschwerdeführerin die Erstreckung des Ausverkaufes beantragt habe, abgelaufen, bevor die erkennende Behörde zu einer Entscheidung gelangen habe können. Da angesichts des konstitutiven Charakters einer derartigen Bewilligung nicht für die Vergangenheit abgesprochen werden könne, sei solchermaßen die Grundlage für eine Entscheidung in der Sache selbst weggefallen. Der erstinstanzliche Bescheid sei deshalb ersatzlos zu beheben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Bewilligung der Verlängerung des Ausverkaufes in der Zeit vom 2. März bis 15. März 1987 nach den Bestimmungen des Ausverkaufsgesetzes 1985 verletzt, weiters in dem Recht auf Sachentscheidung durch die Berufungsbehörde. Die Beschwerdeführerin bringt in Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, mit dem bekämpften Bescheid habe die belangte Behörde lediglich den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos behoben, jedoch nicht meritorisch über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Verlängerung des Ausverkaufsrechtes entschieden. Die belangte Behörde hätte allerdings auch darüber entscheiden müssen, da die Beschwerdeführerin daran ein rechtliches Interesse habe. Es sei davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin unter Umständen mit der Einleitung eines Strafverfahrens rechnen müßte, da sie während dieser Zeit ihren Geschäftsbetrieb offen gehalten habe. Darüber hinaus sei es auch wesentlich, daß über den Antrag der Beschwerdeführerin deswegen meritorisch entschieden werde, da ja eine Rechtsfolge sei, daß nach Ablauf der genehmigten Ausverkaufsfrist die Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin im Standort Innsbruck zu löschen gewesen wäre. Die Berufungsbehörde sei nicht auf die Argumente der Beschwerdeführerin in der Berufung eingegangen. Es sei zweifellos so, daß, nachdem einmal der Ausverkauf bewilligt worden sei, sicherlich keine weiteren Argumente entgegenstehen, daß der Ausverkauf kurzfristig um zwei Wochen verlängert werden könnte. Richtigerweise hätte daher dem Antrag der Beschwerdeführerin stattgegeben werden müssen.

Gemäß § 2 des Ausverkaufsgesetzes 1985, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie, BGBl. Nr. 51, ist die Ankündigung eines Ausverkaufes oder einer ausverkaufsähnlichen Veranstaltung (§ 1 Abs. 1) nur mit besonderer Bewilligung der Gewerbebehörde gestattet.

Nach § 6 Abs. 1 Ausverkaufsgesetz 1985 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- oder mit einer Arreststrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer den vorstehenden Paragraphen zuwiderhandelt.

Einer Bewilligung (nach § 3 Ausverkaufsgesetz 1985) kommt insofern konstitutiver Charakter zu, als dem Bewilligungswerber zufolge § 6 Abs. 1 Ausverkaufsgesetz 1985 die Ankündigung eines Ausverkaufes so lange untersagt ist, als eine entsprechende Bewilligung nicht vorliegt. Eine nachträgliche Bewilligung kann in einem solchen Fall nicht erteilt werden (vgl. dazu die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 22. Jänner 1988, Zl. 87/18/0099, über eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einem Verfahren betreffend die Erteilung einer Bewilligung nach § 82 StVO 1960, in welchem der Gerichtshof eine Entscheidung über - zum Zeitpunkt seiner Entscheidung - in der Vergangenheit liegende Zeiträume zu treffen hatte). Eine nachträgliche Bewilligung hätte - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - auch auf die Strafbarkeit der im Tatzeitraum bewilligungslos durchgeführten Ankündigung eines Ausverkaufes keinen Einfluß (vgl. dazu auch das bereits oben zitierte hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1988, Zl. 87/18/0099, und die dort angegebene Vorjudikatur).

Insofern sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Sachentscheidung durch die Berufungsbehörde verletzt erachtet, kommt der Beschwerde jedoch im Ergebnis Berechtigung zu:

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 hat die Berufungsbehörde außer dem Fall einer im Sinne des § 66 Abs. 2 leg. cit. qualifizierten Mangelhaftigkeit des Sachverhaltes, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden.

"Sache" des Berufungsverfahrens ist der Gegenstand des Verfahrens in der Vorinstanz, soweit der darüber ergangene Bescheid mit der Berufung angefochten wurde (vgl. unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Februar 1971, Slg. N. F. Nr. 7959/A). Wurde in erster Instanz meritorisch über einen Parteienantrag abgesprochen, so hat die Berufungsbehörde über diesen Antrag eine Sachentscheidung zu treffen. Mit der ersatzlosen Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides allein wird in einem solchen Fall der Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache selbst nicht entsprochen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. November 1985, Zl. 85/03/0121, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Im Beschwerdefall beschränkte sich die belangte Behörde im Spruch ihres Bescheides darauf, den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos zu beheben. Solcherart ließ sie aber den dem erstinstanzlichen Bescheid zugrunde liegenden Antrag der Beschwerdeführerin - auf Verlängerung des mit Bescheid vom 9. Oktober 1986 bewilligten Ausverkaufes bis 15. März 1987 - unerledigt. Damit wurde § 66 Abs. 4 AVG 1950 verletzt (vgl. nochmals das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. November 1985, Zl. 85/03/0121). Daran vermag auch nichts zu ändern, daß im Beschwerdefall die Sachentscheidung nur in der Abweisung des Antrages hätte liegen können, weil - wie bereits ausgeführt - eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt hätte werden können.

Da die belangte Behörde sohin die Rechtslage verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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