Normen
KFG 1967 §2 Z6
StVO 1960 §2 Abs1 Z23
StVO 1960 §24 Abs1 lita
StVO 1960 §52 Z13b
VStG §32 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1987020207.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 6. November 1987 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 schuldig erkannt und hiefür bestraft, weil er am 10. Oktober 1986 um 14.10 Uhr in Wien 4, Faulmanngasse 6, ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug in einem deutlich beschilderten Halteverbot mit dem Zusatz "Montag bis Freitag (werktags) von 6.00 Uhr bis 20.00 Uhr, ausgenommen Ladetätigkeit mit Lastfahrzeugen", abgestellt habe, ohne eine Ladetätigkeit durchgeführt zu haben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, daß es sich bei dem gegenständlichen Kraftfahrzeug des Beschwerdeführers der Aktenlage nach um einen "Kombi" gehandelt hat, also um einen Kombinationskraftwagen, worunter gemäß § 2 Z. 6 KFG 1967 (in Verbindung mit § 2 Abs. 2 StVO 1960) ein Kraftwagen (Z. 3) zu verstehen ist, der nach seiner Bauart und Ausrüstung dazu bestimmt ist, wahlweise vorwiegend zur Beförderung von Personen oder vorwiegend zur Beförderung von Gütern verwendet zu werden, und außer dem Lenkerplatz für nicht mehr als acht Personen Plätze aufweist. Das bedeutet, daß ein solches Fahrzeug dann als "Lastfahrzeug" anzusehen ist, wenn von seiner Bestimmung, vorwiegend zur Beförderung von Gütern verwendet zu werden, Gebrauch gemacht wird, gilt doch als "Lastfahrzeug" (im Sinne dieses Bundesgesetzes) gemäß § 2 Abs. 1 Z. 23 StVO 1960 ein zur Beförderung von Gütern bestimmtes Kraftfahrzeug oder Fuhrwerk, ohne daß dabei zum Ausdruck kommt, daß diese rechtliche Qualifikation eine ausschließliche derartige Bestimmung zur Voraussetzung hat (vgl. dazu auch die Anm. 23 zu § 52 StVO 1960 in Kammerhofer-Benes, Straßenverkehrsordnung7, wonach die Benützung der Ladezone im Sinne des § 52 Z. 13 b leg. cit. auch auf Lastfahrzeuge eingeschränkt werden kann und eine solche Ladezone nur dann von Kombinationskraftwagen benützt werden darf, wenn sie auf die "vorwiegende" Güterbeförderung umgestellt sind, sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1984, Zl. 84/02A/0237, aus dem sich ergibt, daß dem Einwand der Ausübung der Ladetätigkeit mit einem Kombinationskraftwagen rechtliche Bedeutung zukomme, wenn vom verordneten und kundgemachten Halte- und Parkverbot eine Ausnahme zugunsten der Ladetätigkeit mit Lastfahrzeugen bestand). Die belangte Behörde hat zwar keine Feststellungen getroffen, die die Annahme zuließen, es habe sich im vorliegenden Beschwerdefall bei dem gegenständlichen Kombinationskraftwagen zur Tatzeit um ein (von der zur Rede stehenden Halteverbotsregelung allenfalls ausgenommenes) "Lasterfahrzeug" gehandelt. Da aber diese Annahme nicht nur der Auffassung des Beschwerdeführers entspricht, sondern sie auch von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid (wenn auch stillschweigend) zugrunde gelegt wurde, kann auch der Verwaltungsgerichtshof davon ausgehen.
Im Hinblick darauf, daß es demnach entscheidend darauf ankommt, ob eine Ladetätigkeit stattgefunden hat, macht der Beschwerdeführer u.a. geltend, daß insofern Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs. 1 VStG 1950 eingetreten sei, als im innerhalb der (am 10. April 1987) endenden Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 leg. cit. nicht vorgeworfen worden sei, daß er keine Ladetätigkeit durchgeführt habe. Damit spricht der Beschwerdeführer die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an, wonach einer ein Verbot einschränkenden Zusatztafel bei Beurteilung der Frage, ob gegen dieses Verbot verstoßen wurde, in dem Fall Bedeutung zukommt, daß es sich ein Beschuldigter mit der für ihn geltenden, sich aus dieser Zusatztafel ergebenden Ausnahmeregelung verantwortet, sodaß die Anbringung dieser Zusatztafel und ihre von der Behörde angenommene Nichtgeltung für den Beschuldigten unter dieser Voraussetzung ein wesentliches Sachverhaltselement, auf das daher auch im Rahmen der gegenüber dem Beschuldigten gesetzten Verfolgungshandlungen Bedacht zu nehmen ist, darstellt (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1984, Zl. 83/02/0549, und vom 7. Dezember 1984, Zl. 84/02/0160, wobei letzterem gleichfalls eine Übertretung nach § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 mit einer im wesentlichen gleichlautenden Zusatztafel wie im vorliegenden Beschwerdefall zugrunde lag). Der Beschwerdeführer hat sich schon im Verwaltungsstrafverfahren von Anfang an auf eine Ladetätigkeit berufen, sodaß diese Rechtsprechung, die offenbar auch die belangte Behörde im Auge hat, wenn sie "von der ihr eingeräumten Möglichkeit der Erstattung einer Gegenschrift in Anbetracht der ständigen höchstgerichtlichen Judikatur" Abstand genommen hat, zum Tragen kam. Die Behauptung des Beschwerdeführers, es sei aus dem angeführten Grund keine rechtzeitige Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG 1950 erfolgt, stimmt mit der Aktenlage überein.
Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.
Hinsichtlich der zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes wird an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 18. Mai 1988
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