VwGH 86/13/0149

VwGH86/13/014910.9.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rat Dr. Papierer, über die Beschwerde des Mag. FA in G, vertreten durch Dr. Herwig Hauser, Rechtsanwalt in Wien I, Nibelungengasse 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 31. Juli 1986, GZ. GA 5 ‑ 1987/1/86, betreffend Werbungskosten für 1983, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §16 Abs1
EStG 1972 §65

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1986130149.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war vom 1. Oktober 1977 bis 4. November 1980 Geschäftsführer der G Ges.m.b.H. Am 4. November 1980 wurde über das Vermögen dieser Gesellschaft beim Landesgericht Eisenstadt das Konkursverfahren eröffnet, in dessen Verlauf jedoch die Gläubiger keine Befriedigung ihrer Forderungen erhielten. Unter den Gläubigern befand sich auch die burgenländische Gebietskrankenkasse, deren auf Beitragsrückstände beruhende Forderung S 1,258.547,63 betrug, von welchem Betrag S 397.406,43 auf den Dienstnehmeranteil entfiel.

In der Folge hat die Krankenkasse den Beschwerdeführer als ehemaligen Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin in Anspruch genommen. Auf Grund einer am 20. Juni 1983 getroffenen Vereinbarung zwischen der Gebietskrankenkasse und dem Beschwerdeführer verpflichtete sich dieser den oben genannten Betrag von S 397.406,43 sofort, den Rest in zinsenfreien Monatsraten von S 1.500,-- zu bezahlen. Zur Finanzierung des sofort zu entrichtenden Betrages mußte der Beschwerdeführer einen Bankkredit aufnehmen, auf welchen er monatlich Rückzahlungen in der Höhe von S 4.400,-- zu leisten hat.

Auf Grund dieser Vereinbarungen hat der Beschwerdeführer, der inzwischen bei einer anderen GesmbH als Angestellter tätig ist, im Streitjahr insgesamt S 39.106,43 (Kreditspesen S 6.606,43, 5 Kreditraten zu je S 4.400,-- monatlich ergibt insgesamt S 22.000,-- und 7 Ratenzahlungen an die Gebietskrankenkasse zu je S 1.500,-- monatlich ergibt insgesamt S 10.500,--) entrichtet. Mit Antrag vom 29. März 1984 begehrte er den genannten Betrag als erhöhte Werbungskosten für das Kalenderjahr 1983 zu berücksichtigen.

Gegen den Bescheid des Finanzamtes, mit welchem dieses den Antrag des Beschwerdeführers auf Eintragung des in Rede stehenden Betrages auf der Lohnsteuerkarte abwies, wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In diesem Rechtsmittel wurde im wesentlichen ausgeführt, aus dem vorliegenden Sachverhalt sei eindeutig zu erkennen, daß der Beschwerdeführer die strittigen „Sozialversicherungsbeträge noch während seines Arbeitsverhältnisses hätte leisten müssen“. Er habe sich jedoch entschlossen, die zur Verfügung stehenden Mittel zur Bezahlung anderer Verpflichtungen der bereits in einer schlechten finanziellen Situation befindlichen G Ges.m.b.H. zu verwenden, und dadurch allenfalls „die Voraussetzung für eine Verbesserung der Geschäftslage zu schaffen“. Daß diese Überlegungen auch fehl schlagen könnten habe der Beschwerdeführer in Kauf nehmen müssen. Sein Risiko sei ohne weiteres mit dem eines Selbständigen oder Gewerbetreibenden zu vergleichen. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen den Ausgaben des Beschwerdeführers „und den Einnahmen zu deren Erzielung diese Ausgaben (resp. ‚Werbungskosten‘) notwendig waren, ist klar ersichtlich. Der nachträgliche Anfall dieser Ausgaben tut diesem Tatbestand ... keinen Abbruch“.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und führte nach Zitierung des § 65 erster Satz EStG 1972 begründend aus:

Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 10. Dezember 1958, Zl. 3/57, aus der damals im wesentlichen gleichlautenden Gesetzeslage geschlossen, daß auf einer bestimmten Lohnsteuerkarte ein steuerfreier Betrag nur für die Werbungskosten eingetragen werden dürfe, die das entsprechende Dienstverhältnis betreffen. 1983, in welchem Jahr die in Streit stehenden Aufwendungen entstanden seien, sei jedoch der Beschwerdeführer nicht mehr in jenem Dienstverhältnis tätig gewesen, „auf das sich diese Aufwendungen bezogen“. Die Eintragung auf einer Lohnsteuerkarte, die für ein anderes Dienstverhältnis verwendet werde, sei aber gemäß § 65 EStG 1972 nicht zulässig. Obwohl die belangte Behörde durchaus der Meinung sei, daß es sich bei den strittigen Aufwendungen um Werbungskosten handle, sehe sie keine Möglichkeit, dem auf Eintragung eines steuerfreien Betrages auf der Lohnsteuerkarte gerichteten Antrag des Beschwerdeführers zu entsprechen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall ausschließlich die Frage ob der von den beiden Parteien des Verfahrens als Nachwerbungskosten bezeichnete Betrag auf der Lohnsteuerkarte für das Kalenderjahr 1983 einzutragen war.

Die belangte Behörde verweigerte die beantragte Eintragung ausschließlich mit dem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1958, Zl. 3/57. Mit Recht wird aber in der Beschwerde ausgeführt, daß diesem Erkenntnis ein dem vorliegenden nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrundelag, weshalb sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht mit Erfolg auf dieses zu stützen vermag. Ging es doch im Falle des zitierten Erkenntnisses, ebenso wie nach der Bestimmung des von der belangten Behörde zur Begründung ihrer Auffassung herangezogenen § 65 erster Satz EStG 1972 nicht um die Eintragung von sogenannten Nachwerbungskosten auf der Lohnsteuerkarte eines lediglich in einem einzigen Dienstverhältnis stehenden Arbeitnehmers, sondern um die Berücksichtigung von Werbungskosten eines Arbeitnehmers, für den, da er gleichzeitig in mehreren Dienstverhältnissen steht, mehrere Lohnsteuerkarten ausgeschrieben wurden. Nur diesbezüglich bestimmt § 65 erster Satz EStG 1972, daß auf der Zweiten oder weiteren Lohnsteuerkarte nur dann Werbungskosten eingetragen werden dürfen, wenn sie auf Grund des Dienstverhältnisses erwachsen, für das die betreffende Zweite oder weitere Lohnsteuerkarte vorgelegt wurde (vgl. Schubert-Pokorny‑Schuch‑Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch, 2. Auflage, Seite 850).

Da die belangte Behörde dies verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was zu seiner Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG führen muß.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da Umsatzsteuer neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand nicht zuzusprechen ist.

Wien, am 10. September 1987

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