VwGH 86/13/0032

VwGH86/13/003224.10.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 6. November 1985, Zl. GA 10-732/3/84, betreffend versuchte Abgabenhinterziehung (Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1978 bis 1980), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §29;
EStG 1972 §34;
FinStrG §115;
FinStrG §13;
FinStrG §157;
FinStrG §33 Abs1;
FinStrG §98 Abs3;
BAO §29;
EStG 1972 §34;
FinStrG §115;
FinStrG §13;
FinStrG §157;
FinStrG §33 Abs1;
FinStrG §98 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Durch Kontrollmaterial brachte die Abgabenbehörde in Erfahrung, daß der bis dahin steuerlich nicht erfaßte Beschwerdeführer in den Jahren 1978 bis 1980 von der in Wien ansässigen M-GmbH Provisionen als selbständiger Handelsvertreter erhalten hatte.

Der Beschwerdeführer verantwortete sich im wesentlichen damit, er habe die Einkünfte von einer ausländischen Betriebsstätte aus erzielt und unterliege daher mit ihnen nicht der Steuerpflicht in Österreich.

Die Abgabenbehörde stellte demgegenüber fest, daß der Beschwerdeführer in den Jahren 1978 bis 1980 in Österreich über eine Wohnung verfügt habe, die auch als Betriebsstätte anzusehen sei.

Mit im Instanzenzug ergangenen Abgabenbescheiden wurden dem Beschwerdeführer nach Durchführung einer Betriebsprüfung, bei der auch Sicherheitszuschläge vorgenommen worden waren, folgende Abgaben vorgeschrieben:

Jahr Umsatzsteuer Einkommensteuer Gewerbesteuer

1978 S 15.144,-- S 14.856,-- S 9.586,--

1979 S 30.369,-- S 32.811,-- S 17.702,--

1980 S 29.083,-- S 30.435,-- S 16.239,--.

Eine gegen diese Bescheide unter Zl. 84/13/0053 erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde mit Erkenntnis vom 25. Februar 1987 als unbegründet abgewiesen.

Bezüglich des näheren Sachverhaltes wird auf dieses Erkenntnis verwiesen.

Bereits am 28. April 1981 war gegen den Beschwerdeführer ein Finanzstrafverfahren eingeleitet worden, im Zuge dessen unter anderem folgende Feststellungen getroffen wurden:

Der Beschwerdeführer hatte laut Auskunft des Zentralmeldeamtes Wien seit 1972 in Wien einen Wohnsitz und war dort gemeldet. Er erhielt von der in Wien ansässigen M-GmbH Provisionen als selbständiger Handelsvertreter in Höhe von Brutto S 81.398,98 (1978), S 163.683,32 (1979) und S 155.253,78 (1980).

Diese Einkünfte wurden vom Beschwerdeführer bestätigt. Er wies jedoch darauf hin, daß er von 1955 bis 1980 in Amsterdam seinen Hauptwohnsitz gehabt und von dort aus seine Vertretertätigkeit ausgeübt habe.

Das österreichische Generalkonsulat in Amsterdam teilte auf Anfrage mit, daß der Beschwerdeführer nach dem Jahr 1955 im Einwohnermeldeamtsregister der Stadt Amsterdam nicht mehr aufscheine. Sein Name habe auch in den Telefonbüchern der Jahre 1978 und 1979 nicht aufgefunden werden können.

Die Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes München teilte im Rechtshilfeverfahren mit, daß der Beschwerdeführer in der Zeit vom 25. Juli 1977 bis 13. September 1979 im Hotel H. in München gemeldet gewesen sei. Er sei jedoch nicht Gast dieses Hotels gewesen, sondern habe unter der Adresse lediglich Post erhalten. Steuerlich sei er nicht erfaßt gewesen.

Die Informationszentrale für den Steuerfahndungsdienst in Wiesbaden teilte - ebenfalls im Rechtshilfeverfahren - mit, daß über den Beschwerdeführer oder eine ihm gehörige Firma nichts bekannt sei.

Am 7. September 1980 erlitt der Beschwerdeführer einen Verkehrsunfall. Sein Rechtsanwalt machte gegenüber dem Versicherungsunternehmen unter anderem einen Verdienstentgang für 9,5 Monate in Höhe von S 475.000,-- geltend. Zum Beweis dafür wurden vorgelegt:

a) Eine Bestätigung der Firma G in Düsseldorf, wonach der Beschwerdeführer für sie als Betriebsberater in den Jahren 1969 bis 1979 tätig gewesen sei. In den Jahren 1977 bis 1978 habe der Beschwerdeführer im Durchschnitt Nettobezüge von monatlich ca. S 48.000,-- erhalten. Unterschrieben war die Bestätigung von einem Herrn Sch.

b) Eine Bestätigung der Arbeitsgemeinschaft Freier Unternehmensberater, wonach der Beschwerdeführer für die Arbeitsgemeinschaft fallweise als Sicherheitsberater tätig gewesen und für die Monate Jänner bis August 1980 insgesamt DM 12.783 als Vergütung erhalten habe. Unterschrieben war die Bestätigung mit dem Namen D.

c) Eine Bestätigung der M-GmbH, wonach der Beschwerdeführer ab 1980 für seine Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter monatlich durchschnittlich S 38.429,-- erhalten habe.

Zum Teil auf Grund dieser Bestätigungen erhielt der Beschwerdeführer eine Versicherungsentschädigung von insgesamt S 632.650,--.

Nachforschungen des Finanzamtes ergaben folgendes:

ad a) Sch war bereits vor Jahren verstorben und die Firma G im Jahr 1973 wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden. Der Beschwerdeführer sei höchstens bis zum Jahr 1970 bei dieser Firma beschäftigt gewesen. Die Unterschrift auf der Bestätigung stamme zweifellos nicht von Sch (Auskunft der Steuerfahndungsstelle Düsseldorf).

ad b) Eine Arbeitsgemeinschaft Freier Unternehmensberater habe laut Aussage des D nie existiert. Die vom Beschwerdeführer vorgelegte Bestätigung stamme nicht von D; die Unterschrift auf der Bestätigung stimme auch nicht mit jener des D überein. Der Beschwerdeführer habe von D keinerlei Zahlungen erhalten (Auskunft des Finanzamtes Kempten ÄAllgäuö im Rechtshilfeverfahren).

ad c) Alfred M (Gesellschafter der M-GmbH) sagte als Zeuge vernommen aus, daß die dem Finanzamt seinerzeit bekanntgegebenen Bezüge des Beschwerdeführers mit den Eintragungen in der Buchhaltung der GmbH übereinstimmten. Die der Versicherung gegenüber bekanntgegebenen (wesentlich höheren) Beträge seien von Johann St. (allein) bestätigt worden, der zwischenzeitig aus der Firma ausgeschieden sei. Johann St. sei vor seinem Ausscheiden nur gemeinsam mit Alfred M. zeichnungsberechtigt gewesen.

Johann St. sagte als Zeuge vernommen aus, daß er die (unrichtige) Bestätigung für Zwecke der Versicherungsentschädigung über Wunsch des Beschwerdeführers ausgestellt habe. Die wesentlich niedrigeren Beträge in der Buchhaltung entsprächen jedoch den Tatsachen.

Das Finanzamt erstattete hierauf Anzeige gegen den Beschwerdeführer bei der Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachtes der Vergehen nach den §§ 146 und 223 Abs. 2 StGB (Betrug und Urkundenfälschung).

In der Folge wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146 und 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten (bedingt) verurteilt (Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 4. April 1986, GZ 13 0s 182/85-10).

Das Finanzstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer nahm folgenden Verlauf:

In der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat brachte der Beschwerdeführer vor, er habe alles, was er eingenommen habe, in Holland versteuert. Sämtliche Unterlagen hierüber seien in das Amsterdamer Büro verbracht worden und dort verblieben. Das Büro sei in der Zwischenzeit von einem Nachfolger des Beschwerdeführers zur Gänze aufgelöst worden.

Mit Erkenntnis des Spruchsenates wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, vorsätzlich durch Verschweigung seiner inländischen Einkünfte und Unterlassung von Abgabenerklärungen für die Jahre 1978 bis 1980, sohin unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht zu bewirken versucht zu haben, daß bescheidmäßig festzusetzende Abgaben in dem vom Betriebsprüfer festgestellten Ausmaß nicht festgesetzt und damit verkürzt würden. Der Beschwerdeführer wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von S 80.000 (40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) sowie zum Ersatz der mit S 5.000,-- bestimmten Kosten des Verfahrens verurteilt.

In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, es sei nicht glaubhaft, daß der Beschwerdeführer vor den niederländischen Finanzbehörden auch seine in Österreich erzielten Einkünfte einbekannt habe. Gegen seine Glaubwürdigkeit spreche insbesondere auch, daß er durch "vermutlich" gefälschte bzw. aus Gefälligkeit ausgestellte Bestätigungen erhöhte Schadenersatzleistungen gegenüber einem Versicherungsunternehmen geltend gemacht habe. Schließlich sei es unerklärlich, warum der Beschwerdeführer keine Unterlagen zum Beweis für seine steuerliche Erfassung in den Niederlanden vorgelegt habe. Zumindest eine Steuernummer oder ein Abgabenbescheid hätte "bei gutem Willen" beigeschafft werden können. Dazu komme, daß die amtlichen Erhebungen keinen Anhaltspunkt für eine steuerliche Erfassung des Beschwerdeführers im Ausland erbracht hätten.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er sei der Ansicht gewesen, bis zum Jahr 1979 in Österreich nicht steuerpflichtig gewesen zu sein. Bezüglich des Jahres 1980 sei er im Hinblick auf die durch den Unfall entstandenen Kosten, die als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen gewesen wären, der Meinung gewesen, "kein steuerpflichtiges Einkommen zu haben". Er scheine sowohl im Bevölkerungsregister von Amsterdam als auch im Telefonbuch von Amsterdam auf "dort allerdings nur mit dem Firmennamen". Die vom Betriebsprüfer vorgenommenen und mit dem "Lebensstil" des Beschwerdeführers begründeten Hinzuschätzungen seien im Hinblick auf die bescheidenen Lebensverhältnisse des Beschwerdeführers unberechtigt.

Die belangte Behörde wies die Berufung insbesondere mit der Begründung ab, daß im Verfahren nichts hervorgekommen sei, was für eine Steuerleistung des Beschwerdeführers im Ausland spreche.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt zunächst eine mangelhafte Beweisaufnahme, die er darin erblickt,

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