VwGH 86/12/0282

VwGH86/12/028220.8.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Närr und Dr. Germ als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des Dr. WV in W, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt Dr. Heinrich Gussenbauer in Wien IV, Schleifmühlgasse 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 7. November 1986, Zlen. MA 62- III/793/85/Str und III/61/86/Str, betreffend Verwaltungsübertretung nach § 109 Abs. 1 und 2 Universitäts-Organisationsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

UOG 1975 §109;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;
UOG 1975 §109;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Anfechtung, das ist soweit damit das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien (Magistratisches Bezirksamt für den 3. Bezirk) vom 27. November 1985, Zl. MBA 3-24/008/5/Str, auf Grund der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (in Verbindung mit § 24 erster Satz VStG 1950) bestätigt und dem Berufungswerber zu den Kosten des Berufungsverfahrens nach § 64 VStG 1950 ein Beitrag von S 600,-- auferlegt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer zuhanden des oben genannten Verfahrenshelfers Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Aus den vorgelegten Verwaltungsstrafakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Der Beschwerdeführer hatte in seiner die Verwaltungsstrafsache Zl. 111/Rh-3803/83-V der Bundespolizeidirektion Linz betreffenden Eingabe an den Landeshauptmann von Oberösterreich vom 4. November 1984 unter Verwendung eines Stempels unberechtigt den Titel Universitätsdozent geführt.

Gegen die Straferkenntnisse des (in der Folge immer nur mit Magistrat bezeichneten) Magistrates der Stadt Wien (Magistratisches Bezirksamt für den 3. Bezirk) Zl. MBA 3- 24/007/3/Str und Zl. MBA 3-24/022/3/Str, je vom 4. Mai 1984 und je unberechtigtes Führen des Titels Universitätsdozent betreffend, hatte der Beschwerdeführer jeweils Berufung vom 3. Dezember 1984 eingebracht, und zwar auf Briefpapier mit (gedruckter) Angabe des Titels Universitätsdozent.

Mit dem dem Beschwerdeführer am 23. Oktober 1985 zugestellten Straferkenntnis des Magistrates vom 15. Mai 1985, Zl. MBA 3- 24/001/5/Str, wurde über ihn im Hinblick auf die oben angeführte Eingabe vom 4. November 1984 eine Strafe wegen der Verwaltungsübertretung nach § 109 Abs. 1 und 2 des Universitäts-Organisationsgesetzes (in der Folge: UOG) verhängt.

Mit dem dem Beschwerdeführer am 16. Jänner 1986 zugestellten Straferkenntnis des Magistrates vom 27. November 1985, Zl. MBA 3- 24/008/5/Str, wurde über ihn im Hinblick auf die angeführten Berufungen vom 4. Mai 1984 eine Geldstrafe von S 6.000,-- (5 Tage Ersatzarreststrafe) verhängt.

Mit dem beim Verwaltungsgerichtshof nicht angefochtenen Teil des im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheides des Landeshauptmannes von Wien wurde das erwähnte Straferkenntnis des Magistrates vom 15. Mai 1985 auf Grund der am 5. November 1985 bei der Behörde erster Instanz eingelangten Berufung gemäß § 51 Abs. 5 VStG 1950 (in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 299/1983 - richtig: 1984) als aufgehoben geltend festgestellt und das Verfahren eingestellt.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof mit Beschwerde angefochtenen Teil des im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheides des Landeshauptmannes von Wien wurde das oben angeführte Straferkenntnis des Magistrates vom 27. November 1985, Zl. MBA 3-24/008/5/Str, auf Grund der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (richtig: in Verbindung mit § 24 erster Satz VStG 1950) bestätigt und dem Berufungswerber zu den Kosten des Berufungsverfahrens nach § 64 VStG 1950 ein Beitrag von S 600,-- auferlegt.

Gegen den zuletzt angeführten Bescheidteil richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung dieses Teiles des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Der Landeshauptmann von Wien legte die Verwaltungsstrafakten vor und erstattete eine Gegenschrift. In dieser wird die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu den dem Universitätswesen nach den Bestimmungen des UOG eigentümlichen Titeln gehört u.a. der eines Universitätsdozenten (siehe z.B. § 23 Abs. 1 lit. a, Abs. 5; § 25 Abs. 7; § 35 bis § 37

UOG).

Gemäß § 109 Abs. 1 UOG sind die Bezeichnung "Hochschule", "Universität", "Fakultät", "Klinik" und andere dem Universitäts- und Hochschulwesen nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes und der besonderen Studiengesetze eigentümliche Titel und Bezeichnungen sowie die akademischen Grade nach Maßgabe der Bestimmungen des Abs. 2 geschützt.

Wer die im Abs. 1 erwähnten Titel und Bezeichnungen sowie die akademischen Grade allein oder in Zusammensetzung unberechtigt führt, begeht nach § 109 Abs. 2 UOG, sofern es sich nicht um eine herkömmliche Bezeichnung handelt oder die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und wird mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- oder mit Arrest bis zu sechs Wochen bestraft.

Die belangte Behörde bestreitet in ihrer Gegenschrift, dass es sich bei dem unberechtigten Führen des Titels Universitätsdozent um ein Dauerdelikt handelt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu der mit § 109 Abs. 1 und 2 UOG vergleichbaren - durch § 116 Abs. 1 zweiter Satz UOG außer Kraft gesetzten - Bestimmung des § 70 Abs. 1 und 2 des Hochschul-Organisationsgesetzes, BGBl. Nr. 154/1955 (in der Folge: HOG), in seinem einen Bescheid derselben belangten Behörde betreffenden Erkenntnis vom 11. Juli 1962, Zl. 218/61, dargetan, dass das unberechtigte Führen eines im § 70 Abs. 1 HOG angeführten Titels ein Dauerdelikt (im Sinne der Ausführungen Rittlers, Lehrbuch des österreichischen Strafrechts, Erster Band 2, Wien 1954, S. 88 lit. d) sei.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich im vorliegenden Fall nicht veranlasst, von dieser Rechtsansicht abzugehen, zumal der Begriff des Dauerdelikts durch die Strafrechtsreform bzw. das Strafgesetzbuch nicht geändert wurde (siehe z.B. Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch2, Eisenstadt 1979, S. 224 RN 21 und 22, S. 436 RN 16 und S. 482 RN 3 und 5).

Die belangte Behörde verwechselt in ihrer Gegenschrift offensichtlich die Begriffe "Dauerdelikt oder fortdauerndes Delikt oder Aufrechterhaltungsdelikt" und "fortgesetzes Delikt". Schon deshalb ist der Hinweis in der Gegenschrift auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 1977, Zlen. 2601 u.a./76, 47/77, verfehlt, weil dieses Erkenntnis 22 Übertretungsfälle der Ausübung des Brunnenmeistergewerbes ohne erforderliche Konzession in der Zeit von Oktober 1974 bis November 1975 betroffen und der Verwaltungsgerichtshof dabei das Vorliegen eines fortgesetzten Delikts angenommen hat. Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof damals aber auch ausgeführt, dass die Rechtsnatur eines Dauerdelikts in der Schaffung und Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes durch eine strafbare Handlung bestehe. Ergänzend ist zu bemerken, dass ein wesentlicher Unterschied zwischen Dauerdelikt und fortgesetztem Delikt auch bei der Verjährung besteht. Für diese ist beim Dauerdelikt die Beendigung des rechtswidrigen Zustandes und beim fortgesetzten Delikt der letzte Begehungsakt maßgebend (so z.B. Rittler, a.a.O., S. 375 IV., und Leukauf-Steiniger, a.a.O., S. 436 RN 16 und S. 435 RN 14).

Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in dem zuletzt angeführten Erkenntnis vom 4. Juli 1977 für das fortgesetzte Verfahren ausdrücklich bemerkt, es liege ein Verstoß gegen das Verbot der mehrfachen Bestrafung im Zusammenhang mit einem fortgesetzten Delikt dann nicht vor, wenn der Täter die verpönte Tätigkeit nach vorangegangener Bestrafung fortsetzt und abermals bestraft wird. In diesem Fall umfasse die neuerliche Bestrafung alle seit der letzten Bestrafung gesetzten Tathandlungen. Die Bestrafung für einen bestimmten Tatzeitraum erfasse auch die in diesem gelegenen, allenfalls erst später bekannt gewordenen Einzeltathandlungen. Ergänzend ist hier zu bemerken, dass bei einer solchen Bestrafung der Zeitpunkt der Erlassung (Zustellung) des in Betracht kommenden erstinstanzlichen Straferkenntnisses maßgebend ist (siehe z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juli 1982, Zlen. 04/3445, 3446/80, vom 14. Oktober 1983, Zl. 83/04/0090, und vom 17. Jänner 1984, Zl. 83/04/0137).

Die vorstehenden, für Einzeltathandlungen gemachten Ausführungen gelten umsomehr für die Schaffung und Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes, also für ein Dauerdelikt.

Bereits die bisher angestellten Erwägungen zeigen, dass die mit dem Straferkenntnis des Magistrates vom 15. Mai 1985 (zugestellt am 23. Oktober 1985) bestrafte unberechtigte Führung des Titels Universitätsdozent auch die unberechtigte Führung im Zusammenhang mit den Berufungen des Beschwerdeführers vom 4. Mai 1984 umfasste und die Bestätigung der neuerlichen Bestrafung des Beschwerdeführers mit Straferkenntnis des Magistrates vom 27. November 1985 durch die belangte Behörde rechtswidrig ist.

Auf Grund aller vorstehend angestellten Überlegungen ist der angefochtene (im Sinne des § 59 Abs. 1 zweiter Satz AVG 1950 in Verbindung mit § 24 erster Satz VStG 1950 trennbare) Teil des im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Aus diesem Grund erübrigt sich eine Wiedergabe und Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Das Mehrbegehren (Ersatz von Stempelgebühren) ist schon deshalb abzuweisen, weil dem Beschwerdeführer für das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren die Verfahrenshilfe nicht nur durch Beigebung eines Rechtsanwaltes, sondern auch durch die einstweilige Befreiung von der Entrichtung der Stempelgebühren bewilligt worden ist.

Wien, am 20. August 1987

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