Normen
FlVfGG §1;
FlVfGG §49;
FlVfGG §50;
FlVfLG Vlbg 1979 §1 Abs1;
FlVfLG Vlbg 1979 §1 Abs2;
FlVfLG Vlbg 1979 §2 Abs2;
FlVfLG Vlbg 1979 §28 Abs1;
FlVfLG Vlbg 1979 §29;
FlVfLG Vlbg 1979 §30 Abs1;
FlVfLG Vlbg 1979 §30 Abs2;
FlVfGG §1;
FlVfGG §49;
FlVfGG §50;
FlVfLG Vlbg 1979 §1 Abs1;
FlVfLG Vlbg 1979 §1 Abs2;
FlVfLG Vlbg 1979 §2 Abs2;
FlVfLG Vlbg 1979 §28 Abs1;
FlVfLG Vlbg 1979 §29;
FlVfLG Vlbg 1979 §30 Abs1;
FlVfLG Vlbg 1979 §30 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 9.840,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführer haben mit Kaufvertrag vom 17. April 1986 das Grundstück 1758 KG T im Ausmaß von 3200 m2 um den Kaufpreis von S 770.000,-- erworben. Mit Schreiben vom 27. Mai 1986 haben die Beschwerdeführer um Ausstellung eines Zweckdienlichkeitsbescheides zur Erlangung der Grunderwerbsteuerbefreiung angesucht.
Mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Bregenz vom 28. Mai 1986 wurde diesem Antrag gemäß § 30 Abs. 1 des Vorarlberger Flurverfassungsgesetzes (FLG), LGBl. Nr. 2/1979, keine Folge gegeben. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß die Kaufliegenschaft zwar an den bisherigen Grundbesitz der Beschwerdeführer angrenze, aber trotzdem keine Arrondierung eines land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes, die als Flurbereinigung im Sinne einer Bodenreformmaßnahme nach dem Flurverfassungsgesetz beurteilt werden könnte, vorliege, da die Kaufliegenschaft im Flächenwidmungsplan der Gemeinde T zum größten Teil nicht als Landwirtschafts-, sondern als Bau-Wohngebiet ausgewiesen sei. Daß es sich hier zum überwiegenden Teil um Bauland handle, sei schon aus der Höhe des Kaufpreises abzuleiten. Bei Berücksichtigung der örtlichen Raumplanung im Sinne des § 14 Abs. 1 FLG und in Anbetracht des für landwirtschaftliche Zwecke überhöhten Kaufpreises von S 350,--/m2 könne für den Erwerb des Grundstückes 1758 keine Steuerbefreiung erteilt werden.
Gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung berufen, sie betrieben eine Landwirtschaft mit einem derzeitigen Viehstand von zwei Kälbern, zwei Rindern, einer Kuh, 35 Schafen, zwei Ziegen und Hühnern. Das Stallgebäude sei so gelegen, daß oberhalb desselben die A-straße und unterhalb des Stalles ebenfalls eine Straße verlaufe. Dadurch habe das Vieh bisher auf den eigenen Grund der Beschwerdeführer nur entweder über die Straßen oder über das gepachtete Grundstück 1758 getrieben werden können. Durch den Erwerb des Grundstückes 1758 könne das Vieh aus dem Stall gleich auf eigenen Grund getrieben werden. Die Kaufliegenschaft sei eine gut zu beweidende Wiese, während die übrigen angrenzenden Liegenschaften sehr steil seien. Sie hätten das Grundstück 1758 bisher gepachtet und seien zum Kauf der Liegenschaft, wenn auch zu einem hohen Preis, gezwungen. Bei einem Verkauf der Liegenschaft an andere Personen und Errichtung eines Hauses auf derselben könne die Landwirtschaft von den Beschwerdeführern nicht mehr betrieben werden, da die rund um das Grundstück 1758 liegenden Grundstücke zu wenig ertragreich und zu steil zum Beweiden seien. Durch den Erwerb der Kaufliegenschaft hätten sie einen gut zu bewirtschaftenden, zusammenhängenden landwirtschaftlichen Grundbesitz, weshalb der Erwerb der Kaufliegenschaft zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich sei.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Vorarlberger Landesregierung vom 17. Oktober 1986 wurde die Berufung abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides stellte die belangte Behörde zunächst fest, daß die Kaufliegenschaft laut rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde T bis auf eine kleine Teilfläche als Baufläche gewidmet sei und derzeit landwirtschaftlich als Wiese genutzt werde. Die an die Kaufliegenschaft angrenzenden Grundstücke befänden sich im Eigentum der Beschwerdeführer. Der Umstand allein, daß die Kaufliegenschaft an den bisherigen Besitz der Beschwerdeführer angrenze, stelle für sich allein noch keine Maßnahme der Bodenreform dar. Entscheidend sei vielmehr, ob der Erwerb den für die Beurteilung als Flurbereinigungsvertrag maßgebenden Zielsetzungen des § 1 FLG entspreche. Darnach habe die Verbesserung oder Neugestaltung der Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse nach zeitgemäßen volks- und betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu erfolgen. Die Tatsache, daß die Kaufliegenschaft im Flächenwidmungsplan als Baufläche ausgewiesen sei, schließe die Anerkennung des Liegenschaftserwerbers als unmittelbare Bodenreformmaßnahme aus. Durch diese Widmung stehe jederzeit die Möglichkeit offen, die Kaufliegenschaft der landwirtschaftlichen Nutzung zu entziehen und einer landwirtschaftsfremden Nutzung zuzuführen. Im übrigen könne infolge der Ähnlichkeit des Sachverhaltes auf dieselbe, bereits im Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 12. Juni 1984 (Erwerb des angrenzenden Grundstückes 1757/1 durch die Beschwerdeführer) vertretene Auffassung verwiesen werden, wonach ebenfalls der Erwerb eines als Baufläche-Wohngebiet ausgewiesenen Grundstückes durch die Beschwerdeführer nicht als eine Maßnahme der Bodenreform anerkannt worden sei. Wenn auch die Beschwerdeführer vorbringen, daß sie ausschließlich ein Interesse an der landwirtschaftlichen Nutzung der Kaufliegenschaft hätten, so sei nicht auszuschließen, daß das Grundstück auf Grund der bereits bestehenden rechtlichen Möglichkeit als Baugrundstück verwendet oder als solches wieder veräußert werde. Auch die Höhe des entrichteten Kaufpreises lasse sich nur aus der Widmung als Baugrundstück erklären, da für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke in vergleichbarer Form und Lage ein Kaufpreis von S 350,--/m2 als weit überhöht und keinesfalls am landwirtschaftlichen Ertragswert orientiert anzusehen wäre. Jedenfalls könne der vereinbarte Kaufpreis aus Gründen, die der Verbesserung der Agrarstruktur dienten, allein nicht abgeleitet werden. Er stehe damit nicht im Einklang mit den agrarstrukturellen Zielsetzungen des Flurverfassungsgesetzes. Unter Berücksichtigung des Kaufpreises, der Widmung und des Ausmaßes der Kaufliegenschaft werde eine Unwirtschaftlichkeit des bisherigen Betriebes durch den Zukauf jedenfalls nicht beseitigt. Der hiefür aufgewendete Betrag diene mangels entsprechender Rentabilität auch nicht nur der weiteren Erhaltung des bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem gesetzlichen Recht auf Ausstellung des begehrten agrarbehördlichen Bescheides zur Erlangung der Grunderwerbsteuerbefreiung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 28 Abs. 1 lit. a FLG kann anstelle eines Zusammenlegungsverfahrens ein Flurbereinigungsverfahren durchgeführt werden, wenn dadurch die Besitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse in einem kleineren Gebiet oder bei einer kleineren Anzahl land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe oder lediglich durch einzelne Maßnahmen verbessert oder neugestaltet werden. Nach § 29 FLG sind im Flurbereinigungsverfahren die Bestimmungen für die Zusammenlegung sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 30 Abs. 1 FLG sind dem Flurbereinigungsverfahren Verträge, die von den Parteien in verbücherungsfähiger Form abgeschlossen wurden (Flurbereinigungsverträge), oder Parteiübereinkommen, die von der Behörde in einer Niederschrift beurkundet werden (Flurbereinigungsübereinkommen), zugrunde zu legen, wenn die Behörde bescheidmäßig feststellt, daß sie zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich sind. In einem solchen Fall kann von der Erlassung der im Flurbereinigungsverfahren sonst vorgesehenen Bescheide Abstand genommen werden. Die Vorschriften, wonach die Gültigkeit eines Vertrages durch die Aufnahme eines Notariatsaktes bedingt ist, bleiben unberührt. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist der Bescheid gemäß Abs. 1 nach Rechtskraft dem für die Erhebung der Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamt mitzuteilen. Die Behörde hat von Amts wegen die Durchführung der Flurbereinigungsübereinkommen im Grundbuch zu veranlassen.
Richtig ist, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführt, daß der Umstand allein, daß die Kaufliegenschaft an den bisherigen Besitz der Beschwerdeführer angrenzt, für sich allein noch keine Maßnahme der Bodenreform darstellt und daß ein Flurbereinigungsvertrag den Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 und den Zielen des § 1 FLG zu entsprechen hat.
Unrichtig ist jedoch die Ansicht der belangten Behörde, daß Gegenstand eines Flurbereinigungsvertrages eine Baufläche nicht sein könne und es sich daher im vorliegenden Fall um keine Bodenreformmaßnahme im Sinne des § 1 FLG handle, können doch auch solche Bauflächen Gegenstand der Zusammenlegung bzw. Flurbereinigung (§ 2 Abs. 2 FLG) sein. Das von den Beschwerdeführern bisher gepachtete und im Rahmen ihres landwirtschaftlichen Betriebes als Viehweide genutzte ebene Grundstück 1758 soll nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer, das von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen wurde, nach wie vor als landwirtschaftliches Grundstück, und zwar als Viehweide genutzt werden. Die rechtliche Zulässigkeit, das Grundstück 1758 als Baufläche zu verwenden, reicht ohne konkreten Hinweis auf eine derartige Absicht der Beschwerdeführer nicht aus, einen Erwerbsvorgang nicht als Bodenreformmaßnahme anzusehen, wozu kommt, daß der begünstigte Zweck einer Bodenreformmaßnahme zur Vermeidung steuerschädlicher Folgen acht Jahre aufrechtzuerhalten ist. Der vereinbarte Kaufpreis als solcher ist nach dem Flurverfassungsgesetz kein Kriterium für die Annahme oder Ablehnung eines Flurbereinigungsvertrages als Bodenreformmaßnahme. Wohl kann ein Kaufpreis, der für ein landwirtschaftliches Grundstück in vergleichbarer Form, Lage und Größe als überhöht anzusehen ist, dann den in § 1 Abs. 1 FLG genannten Zielen widersprechen, wenn Gefahr besteht, daß die Entrichtung des Kaufpreises zu einer schweren wirtschaftlichen Beeinträchtigung des landwirtschaftlichen Betriebes führen kann. Im vorliegenden Fall indes erwarben die Beschwerdeführer durch den Flurbereinigungsvertrag einen gegenüber landwirtschaftlichen Grundstücken wertvolleren Grund, was sich auch im Preis auswirkt; ferner wird nach den getroffenen Feststellungen der belangten Behörde auch die Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführer in Ansehung des landwirtschaftlichen Betriebes durch die Entrichtung des Kaufpreises nicht derart beeinträchtigt, daß eine Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebes die Folge sein müßte. Es steht in der Disposition der Beschwerdeführer, aus ihrer gewerblichen Haupttätigkeit (Gastwirtschaftsbetrieb) erzielte Einkommensteile für ihre weniger Gewinn bringende Landwirtschaft durch einen Grunderwerb zu verwenden. Daß durch den Erwerb des ebenen Grundstückes 1758, das nahezu eine Enklave im Grundbesitz der Beschwerdeführer in Hanglage darstellt, Mängel der Agrarstruktur (§ 1 Abs. 2 FLG) nicht beseitigt und Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse (§ 28 Abs. 1 FLG) nicht verbessert würden - nur darauf kommt es im vorliegenden Fall im wesentlichen an -, ist nach der Begründung des bekämpften Bescheides im Verfahren, in dem eine fachkundige Beurteilung bisher unterblieben ist, nicht hervorgekommen.
Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da für die Rechtsverfolgung die Vorlage von nur zwei Beschwerdeausfertigungen mit Beilagen erforderlich war.
Wien, am 17. Februar 1987
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