VwGH 86/07/0242

VwGH86/07/024213.1.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Landesregierungsrat Dr. Müllner, über die Beschwerde des VA in K, vertreten durch Dr. H. Peter Draxler, Rechtsanwalt in Wien I, Reichsratsstraße 11, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12. November 1985, Zl. VI/3-S-117/1, betreffend Feststellung nach dem Niederösterreichischen landwirtschaftlichen Siedlungsgesetz 1972 bzw. nach dem Niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetz 1975, zu Recht erkannt:

Normen

FlVfGG §50 impl;
FlVfLG NÖ 1975 §42 idF 6650-3;
LSGG §4 Abs2 impl;
LSLG NÖ 1972 §4 Abs2 idF 6645-2;
LSLG NÖ 1972 §4 Abs4;
FlVfGG §50 impl;
FlVfLG NÖ 1975 §42 idF 6650-3;
LSGG §4 Abs2 impl;
LSLG NÖ 1972 §4 Abs2 idF 6645-2;
LSLG NÖ 1972 §4 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat im März 1983 von der N-reg Gen.m.b.H. Grundstücke erworben. Diesen Vertrag hat er der Niederösterreichischen Agrarbezirksbehörde (in der Folge kurz:

ABB) mit dem Antrag vorgelegt, "den Erwerb ... als eine

Bodenreformmaßnahme gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 GrEStG bescheidmäßig festzustellen".

Mit Bescheid vom 26. Juni 1985 hat die ABB a) gemäß § 4 Abs. 2 des NÖ landwirtschaftlichen Siedlungsgesetzes 1972, LGBl. 6645-2 (LSG), festgestellt, daß dieser Vertrag keinen der in § 2 LSG aufgezählten Vorgänge zum Gegenstand hat, und b) gemäß § 42 des NÖ Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975, LGBl. 6650-3 (FLG), den Antrag abgewiesen, hinsichtlich des genannten Vertrages festzustellen, daß dieser zur Durchführung einer Flurbereinigung erforderlich sei. Begründend führte die ABB aus, daß sie den Antrag des Beschwerdeführers als auf Erlassung von Feststellungsbescheiden nach den beiden im Spruch genannten Gesetzesstellen gerichtet angesehen habe.

Dem Antrag habe jedoch nach keiner der beiden Gesetzesstellen entsprochen werden können, weil das Ermittlungsverfahren ergeben habe, daß der Beschwerdeführer bereits hinsichtlich sämtlicher vertragsgegenständlicher Grundstücke grundbücherlich als Alleineigentümer einverleibt worden sei.

Der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. November 1985 nicht Folge gegeben.

Auch die belangte Behörde vertrat begründend die Ansicht, daß für eine positive bescheidmäßige Feststellung sowohl gemäß § 4 Abs. 2 LSG als auch gemäß § 42 FLG Voraussetzung sei, daß der Vorgang des Grunderwerbs noch nicht vollständig abgeschlossen sei. Das LSG spreche von einem Erwerbsvorgang, von dem nur so lange die Rede sein könne, bis der Vorgang durch Verbücherung der Rechtsübertragung zu Ende sei. Das FLG spreche von der Durchführung der Flurbereinigung, auch diese sei mit der Verbücherung abgeschlossen.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 25. September 1986, Zl. B 310/86, die Behandlung der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid bei ihm erhobenen Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Der Beschwerdeführer beantragt in dieser Beschwerde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 2 LSG - diese Regelung deckt sich wörtlich mit jener in § 4 Abs. 2 des landwirtschaftlichen Siedlungsgrundsatzgesetzes, BGBl. Nr. 79/1967 - hat die Behörde, sofern die Parteien in verbücherungsfähiger Form abgeschlossene Verträge vorlegen, diese der Zielsetzung des § 1 Abs. 2 entsprechen und einen der in § 2 aufgezählten Vorgänge zum Gegenstand haben, dies anstelle der Zuteilung (Abs. 1) mit Bescheid festzustellen.

Die in dieser Gesetzesstelle vorgesehene objektive Feststellung, ob der Vertrag der Zielsetzung des Gesetzes entspricht und einen der im Gesetz aufgezählten Vorgänge zum Gegenstand hat, ist unabhängig davon, ob eine Verbücherung noch nicht oder bereits stattgefunden hat oder vielleicht gar nicht stattfinden wird. Diese Auffassung hat der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem zu § 6 Abs. 3 des Steirischen LSG 1969 ergangenen Erkenntnis vom 7. März 1979, Slg. Nr. 8517, vertreten; dieser Auffassung hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem erst kürzlich zum niederösterreichischen LSG ergangenen Erkenntnis vom 9. Dezember 1986, Zl. 84/07/0006, angeschlossen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem zuletzt genannten Erkenntnis ausgeführt, aus dem Begriff "Vorgang" lasse sich für den Standpunkt der belangten Behörde nichts gewinnen, weil hierunter nicht nur der Geschehensablauf, sondern auch das abgeschlossene Ereignis verstanden werde. Da die Agrarbehörde (im Falle des § 4 Abs. 2 LSG gemäß Abs. 4 desselben Paragraphen) nur entweder stattgeben oder ablehnen könne, also keinen Einfluß in Richtung einer Neugestaltung habe, sei es auch unter diesem Gesichtspunkt für die Beurteilung der Behörde ohne Belang, ob im Einzelfall eine Verbücherung bereits stattgefunden habe.

Da die belangte Behörde weitere Untersuchungen darüber, ob die im § 4 Abs. 2 (§ 1 Abs. 2 , § 2) LSG geforderten Voraussetzungen erfüllt sind, unterlassen hat, ist der Sachverhalt in Verkennung der Rechtslage in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG schon aus diesem Grunde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei Entsprechendes für den Fall einer Behandlung des strittigen Vertrages als eines Flurbereinigungsvertrages im Sinne des FLG zu gelten hat.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil dem Beschwerdeführer ein Verhandlungsaufwand nicht erwachsen ist und weil das Gesetz eine gesonderte Vergütung der Umsatzsteuer neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand nicht vorsieht.

Wien, am 13. Jänner 1987

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte