VwGH 86/05/0099

VwGH86/05/00994.4.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. Mai 1986, Zl. I/6-WB-05/311.242/6-1986, betreffend Wohnbeihilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
VwRallg;
WFG 1984 §32 Abs1;
WFG 1984 §34 Abs4;
WohnbeihilfenV NÖ 1985 §5 Abs2;
AVG §68 Abs1;
VwRallg;
WFG 1984 §32 Abs1;
WFG 1984 §34 Abs4;
WohnbeihilfenV NÖ 1985 §5 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.440,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit in Rechtskraft erwachsenen Bescheiden hatte die NÖ Landesregierung dem Beschwerdeführer in der Zeit vom 1. Dezember 1983 bis 30. November 1985 Wohnbeihilfen verschiedenen Ausmaßes gewährt.

Mit Antrag vom 30. Oktober 1985 begehrte der Beschwerdeführer neuerlich die Gewährung einer Wohnbeihilfe. Diesem Antrag waren Einkommensbestätigungen für den Beschwerdeführer und seine Ehefrau angeschlossen. Mit Verfahrensanordnung vom 25. Februar 1986 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, daß er bisher Wohnbeihilfen im Ausmaß von S 13.216,-- ausbezahlt erhalten habe. Nunmehr sei das Bauvorhaben abgerechnet worden und infolge geringerer Baukosten vermindere sich das Hypothekardarlehen der Anker Versicherung von S 101.741,45 auf S 46.722,-- für seine Wohneinheit. Da sich demzufolge auch der Wohnungsaufwand für die Wohnung reduziere, sei die Wohnbeihilfe für den Zeitraum vom 1. Dezember 1983 bis 30. November 1985 unter Bedachtnahme auf die tatsächlichen Gesamtbaukosten neu zu berechnen. Hiebei sei festgestellt worden, daß für den Zeitraum vom 1. Dezember 1983 bis 30. November 1985 lediglich ein Rechtsanspruch auf Wohnbeihilfe in der Höhe von ca. S 8.972,-- bestanden habe. Die damit zu Unrecht empfangene Wohnbeihilfe in der Höhe von ca. S 4.244,-- sei daher gemäß § 34 Abs. 4 des Wohnbauförderungsgesetzes 1984 teilweise verzinst zurückzufordern. Vor Erlassung des diesbezüglichen Bescheides werde dem Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 3 AVG 1950 Gelegenheit zur Geltendmachung seiner Rechte und rechtlichen Interessen gegeben. Falls bis 30. März 1986 keine Rückäußerung erfolge, werde ohne weitere Anhörung im obigen Sinne entschieden werden. Weiters wurde der Beschwerdeführer ersucht, eine Reihe von Unterlagen nachzureichen, u.a. eine Finanzierungsdarstellung für seine Wohnung anhand eines beiliegenden Formulars und Einkommensnachweise für die Monate Juli, August und September 1985 für seine drei Söhne.

Nach der Aktenlage entsprach der Beschwerdeführer dieser Aufforderung, hinsichtlich der Frage der Rückzahlung erstattete er keine Stellungnahme.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde zunächst spruchgemäß festgestellt, welche Wohnbeihilfen dem Beschwerdeführer bisher gewährt worden seien und diese Wohnbeihilfen in Anbetracht des nunmehr tatsächlich feststehenden und monatlich zu leistenden Wohnungsaufwandes in Abänderung der bisherigen Bescheide neu festgesetzt (Punkt A). Weiters wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer zu Unrecht Wohnbeihilfe im Ausmaß von S 5.364,-- empfangen habe, sodaß er bis 30. Juli 1986 einen Betrag von S 5.397,-- einschließlich der Zinsen zu erstatten habe (Punkt B). Schließlich wurde sein Ansuchen vom 30. Oktober 1985 gemäß § 32 des Wohnbauförderungsgesetzes 1984 im Zusammenhalt mit § 5 Abs. 2 der NÖ Wohnbeihilfenverordnung 1985 abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß nunmehr auf Grund der genehmigten Endabrechnung für das Objekt die Höhe des Förderungsdarlehens sowie des Hypothekardarlehens feststehe. Infolge geringerer Gesamtbaukosten vermindere sich für die Wohnung der Wohnungsaufwand auf S 214,-- bzw. S 730,-- und S 730,-- bzw. S 876,--. Demzufolge sei die Wohnbeihilfe für den Zeitraum vom 1. Dezember 1983 bis 30. November 1985 unter Bedachtnahme auf die tatsächlichen Gesamtbaukosten neu zu berechnen. Auf angeschlossene Berechnungsblätter werde verwiesen und diese stellten einen Bestandteil des Bescheides dar. Da für den gesamten Bewilligungszeitraum vom 1. Dezember 1983 bis 30. November 1985 ein Betrag von S 13.216,-- zur Auszahlung gelangt sei, jedoch lediglich ein Rechtsanspruch auf S 7.852,-- bestehe, sei die zu Unrecht empfangene Wohnbeihilfe von S 5.397,-- inklusive Verzinsung zurückzufordern. Den beigeschlossenen Berechnungsblättern seien die Berechnungsbasis laut Zusicherung und laut Endabrechnung sowie einzelne Posten zu entnehmen. Die Abweisung des Antrages auf Wohnbeihilfe wurde damit begründet, daß für die Wohnung ein monatlicher Wohnungsaufwand von S 885,-- für die tatsächliche Nutzfläche (78,27 m2) ermittelt worden sei. Unter Anwendung des § 2 Z. 10 und 11 und des § 39 des Wohnbauförderungsgesetzes 1984 sei ein monatliches Familieneinkommen von S 24.413,-- errechnet worden. Bei Zugrundelegung dieses Einkommens betrage die zumutbare Wohnungsaufwandsbelastung gemäß § 5 der NÖ Wohnbeihilfenverordnung 1985 S 5.371,--. Einem maßgeblichen Wohnungsaufwand von S 885,-- stehe somit ein zumutbarer Wohnungsaufwand von S 5.371,-- gegenüber.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf ein gesetzmäßiges Wohnbauförderungsverfahren und damit in seinem Recht, eine gemäß § 34 Abs. 2 des Wohnbauförderungsgesetzes 1984 gesetzmäßige Wohnbeihilfe gewährt zu erhalten, gemäß § 34 Abs. 4 dieses Gesetzes keine Wohnbeihilfe teils verzinst zurückzahlen zu müssen sowie in seinem Recht gemäß § 32 des Wohnbauförderungsgesetzes 1984 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 der NÖ Wohnbeihilfenverordnung 1985 Wohnbeihilfe zuerkannt zu erhalten, verletzt.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 60 AVG 1950 sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die hierauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Mit dieser Regelung wurde die Pflicht zur Begründung als eine der wichtigsten Erfordernisse eines rechtsstaatlichen Verfahrens eindeutig festgelegt. Im Verwaltungsverfahren haben sich die Verwaltungsbehörden von den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der Erforschung der materiellen Wahrheit und der Gewährung des Parteiengehörs leiten zu lassen und ihren Bescheid auch dementsprechend ausreichend zu begründen, wie § 60 AVG 1950 klarstellt.

Im angefochtenen Bescheid wird nun zwar ganz allgemein festgestellt, daß auf Grund der genehmigten Endabrechnung die Höhe des Förderungsdarlehens sowie des Hypothekardarlehens feststehe, jedoch kann die tatsächliche Höhe dieser Beträge weder dem angefochtenen Bescheid noch dem beigeschlossenen Berechnungsblatt entnommen werden. Dieser Umstand ist im Beschwerdefall deshalb von besonderer Bedeutung, weil die belangte Behörde ursprünglich dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung vom 25. Februar 1986 mitgeteilt hat, daß sich ein Hypothekardarlehen in der in der Sachverhaltsdarstellung aufgezeigten Weise vermindere und sich daraus ergebe, daß der Beschwerdeführer Wohnbeihilfe in der Höhe von ca. S 4.244,-- zu Unrecht empfangen habe. Im angefochtenen Bescheid geht die belangte Behörde von einer zu Unrecht empfangenen Wohnbeihilfe im Ausmaß von S 5.397,-- aus, ohne daß der Begründung entnommen werden kann, weshalb dieser Betrag von dem ursprünglich in Aussicht gestellten abweicht. Die hier fehlende Begründung kann entgegen der Meinung der belangten Behörde auch nicht in der Gegenschrift nachgetragen werden, vielmehr ist in dieser Beziehung der angefochtene Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet.

Wie schon in der Sachverhaltsdarstellung erwähnt, begründete die belangte Behörde die Abweisung des Antrages auf Gewährung der Wohnbeihilfe vor allem damit, daß ein monatliches Familieneinkommen von S 24.413,-- errechnet worden sei, wobei der Begründung des Bescheides nicht entnommen werden kann, auf welche Art und Weise die belangte Behörde diesen Betrag ermittelt hat. Im Akt erliegen zwar eingeheftete Zettel, bei deren Studium im Zusammenhalt mit der auf Seite 73 erliegenden Berechnung zu erkennen ist, auf welchem Weg die belangte Behörde ein monatliches Familieneinkommen von S 24.413,-- errechnet hat, allein der Begründung des angefochtenen Bescheides können solche Berechnungen nicht entnommen werden. Nun bestreitet der Beschwerdeführer gerade die Richtigkeit der Einkommensermittlung, die er auf Grund des aufgezeigten Begründungsmangels nicht ausreichend erkennen konnte. In diesem Zusammenhang scheint es auf Grund der vorgelegten Verwaltungsakten auch unverständlich, daß für den Monat November 1985 eine Wohnbeihilfe geleistet wurde, für Dezember 1985 eine solche dagegen gar nicht mehr in Betracht zu kommen scheint. Zu Recht rügte der Beschwerdeführer jedenfalls, daß die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht nachvollziehbar und der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten verletzt worden ist.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Aus verwaltungsökonomischen Erwägungen sei noch bemerkt, daß ein unrechtmäßiger Empfang der Wohnbeihilfe jedenfalls nicht angenommen werden kann, wenn dem Beschwerdeführer von der Genossenschaft entsprechende Beträge vorgeschrieben worden sind und der Beschwerdeführer diese Beträge bezahlt hat. Hatten die Vorschreibungen der Genossenschaft den Anschein der Rechtmäßigkeit und hat der Beschwerdeführer im Vertrauen auf diese Unterlagen Wohnbeihilfe bezogen, so ist eine Durchbrechung der Rechtskraft dieser Bescheide betreffend Wohnbeihilfe und eine neuerliche Aufrollung des Verfahrens als nicht zulässig zu beurteilen. Anders wäre der Fall gelegen, wenn die Behörde von unrichtigen Einkommensverhältnissen ausgegangen wäre.

Im Hinblick auf die nunmehr gegebenen Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers und seiner Mitbewohner dürfte allerdings eine weitere Zuerkennung der Wohnbeihilfe nicht in Betracht kommen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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