Normen
BAO §21 Abs1;
BAO §22 Abs1;
BAO §22;
BAO §24 Abs1 litd;
GewStG §7 Z6;
BAO §21 Abs1;
BAO §22 Abs1;
BAO §22;
BAO §24 Abs1 litd;
GewStG §7 Z6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am ursprünglichen Stammkapital der 1976 gegründeten beschwerdeführenden GesmbH, die ein Bauunternehmen betreibt (Beschwerdeführerin), waren nach den Sachverhaltsangaben beider Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens
Dipl. Ing. D. sen. mit | S | 2,600.000,-- |
und Helene D. mit | S | 400.000,-- |
beteiligt.
Mit Beschluß vom 19. Dezember 1979 wurde das Stammkapital auf S 3,010.000,-- erhöht.
Mit Abtretungs- und Schenkungsvertrag vom 19. Dezember 1979 trat Dipl. Ing. D. sen. von seinem Geschäftsanteil
an seine Frau Helene D. | S | 1,105.000,-- |
an seinen Sohn Ing. D. jun. | S | 752.500,-- |
und an seine Tochter Gabriele D. | S | 60.000,-- |
im Schenkungswege ab.
Gleichfalls zum 19. Dezember 1979 wurde weiters ein Schenkungs- und Abtretungsvertrag auf den Todesfall abgeschlossen, wonach die Ehegatten D. für den Fall ihres Todes ihre Geschäftsanteile zur Gänze (zusammen 73 % des Stammkapitals) ihrem Sohn Ing. D. jun. unwiderruflich schenken.
Ebenfalls am 19. Dezember 1979 erstatteten Helene D. und Dipl. Ing. D. sen. ihrem Sohn Ing. D. jun. das bis 31. Dezember 1999 befristete Anbot, ihre Geschäftsanteile (zusammen 73 %) zur Gänze um einen wertgesicherten Abtretungspreis von S 15.000,-- bzw. S 7.500,-- zu erwerben. Die Anbieter verpflichteten sich, sich für die Dauer der Rechtswirksamkeit des Anbotes jedweder Verfügung über ihren Geschäftsanteil ohne Zustimmung des Sohnes zu enthalten.
Durch Beschluß der Generalversammlung vom 17. September 1980 wurde das Stammkapital von S 3,010.000,-- zum Zwecke der Sanierung auf S 100.000,-- herabgesetzt. Darnach ergaben sich unter Bedachtnahme auf den Abtretungs- und Schenkungsvertrag vom 19. Dezember 1979 (unter Lebenden) folgende Anteilsverhältnisse:
Dipl. Ing. D. sen. | S | 25.000,-- | (25%) |
Helene D. | S | 48.000,-- | (48 %) |
Ing. D. jun. | S | 25.000,-- | (25%) |
Gabriele D. | S | 2.000,-- | (2 %) |
S | 100.000,-- | (100 %) |
Das Finanzamt sah jedoch im Hinblick auf die mit 31. Dezember 1999 befristeten Abtretungsanbote des Dipl. Ing. D. sen. und der Helene D. in Ing. D. jun. den wirtschaftlichen Eigentümer von deren Anteilen, woraus sich eine Beteiligung des Ing. D. jun. in Höhe von 98 % ergab. Dementsprechend rechnete das Finanzamt bei der Gewerbesteuerfestsetzung für das Streitjahr gemäß § 7 Z. 6 des Gewerbesteuergesetzes 1953 (GewStG) die Gehälter und sonstigen Vergütungen des Ing. D. jun. mit dem Betrag von S 231.616,-- dem Gewinn der Beschwerdeführerin zu.
Diese erhob Berufung und bestritt im Rechtsmittelverfahren das wirtschaftliche Eigentum des Ing. D. jun. wegen der bezüglich der Anteile seiner Eltern fehlenden Stimmrechte und Gewinnansprüche.
Die belangte Behörde gab der Berufung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge, wobei sie ihrer Entscheidung sowohl mit wirtschaftlichem Eigentum des Ing. D. jun. an den Geschäftsanteilen der Eltern als auch - von der Beschwerdeführerin richtig erkannt - offensichtlich mit der Annahme eines Mißbrauches von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts begründete.
Vorliegende Beschwerde macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Soweit die belangte Behörde wirtschaftliches Eigentum des Ing. D. jun. an den Geschäftsanteilen seiner Eltern (73 %) unterstellt, vermag ihr der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen, und zwar in Anbetracht der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Beurteilung der Frage der mit diesen Geschäftsanteilen verbundenen Stimmrechte.
Die belangte Behörde geht zum einen "in freier Beweiswürdigung" davon aus, daß den Eltern des Ing. D. jun. entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rechtsmittelverfahren das Stimmrecht an den dem Anbot erfaßten 73 % Geschäftsanteilen nicht mehr zugestanden sei. Weder dem angefochtenen Bescheid noch den Akten des Verwaltungsverfahrens ist jedoch zu entnehmen, daß zu dieser Frage überhaupt Beweise aufgenommen wurden, welche die belangte Behörde hätte würdigen können. Sie stützt sich in Wahrheit nicht auf Beweise, sondern auf Vermutungen.
Zum anderen ist die belangte Behörde der Meinung, daß die Frage des Stimmrechts einer Klärung gar nicht bedürfe, weil die von der Beschwerdeführerin selbst zugegebene Einschränkung des Eigentumsrechts der Anbieter (Verbot der Verpfändung, Veräußerung, Einräumung von Rechten an Dritte usw.) bereits für wirtschaftliches Eigentum des Ing. D. jun. an den 73 % Geschäftsanteilen der Eltern spreche. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß dem Sohn mit dem fehlenden Stimmrecht für 75 % der Geschäftsanteile (73 % Anteile der Eltern, 2 % Anteil der Schwester) auch eine wesentliche Voraussetzung dafür fehlte, um über die Anteile der Eltern gleich einem privatrechtlichen Eigentümer zu verfügen. Es darf nämlich nicht übersehen werden, daß das mit 75 % der Geschäftsanteile verbundene Stimmrecht, dessen einheitliche - auch gegen Intentionen des Ing. D. jun. gerichtete - Ausübung nicht ausgeschlossen ist, entscheidenden Einfluß auf die wirtschaftliche Gestion der Gesellschaft (und auch auf die Höhe der Geschäftsführerbezüge) und damit auch auf den Wert des Geschäftsanteiles selbst einräumte. Daran ändert auch das Abtretungsanbot der Eltern nichts. Kann doch auch derjenige, der sich zur Abtretung von Gesellschaftsrechten verpflichtete, sein Gesellschaftsrecht (Stimmrecht) bis zur Abtretung ohne Rücksicht auf die Wünsche des Abtretungsberechtigten ausüben und den Standpunkt vertreten, daß der Abtretungsberechtigte eben von seinem Abtretungsrecht Gebrauch machen müsse, wenn er mit der Gestion des Abtretungsverpflichteten nicht einverstanden ist. Den im grundsätzlichen gleichen Standpunkt, von dem abzugehen im Beschwerdefall kein Anlaß besteht, vertrat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 3. April 1984, Zl. 83/14/0143.
2.1. Die Annahme der belangten Behörde, daß im Beschwerdefall ein Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts vorliege, teilt der Verwaltungsgerichtshof hingegen.
§ 22 Abs. 1 BAO bestimmt, daß durch den Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts die Abgabepflicht nicht umgangen oder gemindert werden kann; liegt ein Mißbrauch vor, sind - nach Abs. 2 der Gesetzesstelle - die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären.
Demnach ist der Steuerpflichtige grundsätzlich nicht gehindert, Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts so einzusetzen, daß er die geringste Steuerbelastung erzielt. Als Mißbrauch anzusehen ist hingegen eine rechtliche Gestaltung, die im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen ist und ihre Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung findet; es ist dann zu prüfen, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheint, wenn man den abgabenersparenden Effekt wegdenkt, oder ob er ohne das Resultat der Steuerminderung einfach unverständlich wäre (siehe zuletzt das hg. Erkenntnis vom 26. September 1985, Zl. 85/14/0032).
Angestrebter wirtschaftlicher Erfolg des Anbotes vom 19. Dezember 1979 war es, dem Sohn schon zu Lebzeiten der Eltern einen jederzeit ausübbaren beherrschenden Einfluß auf die GesmbH (Beschwerdeführerin) zu sichern. Dies ergibt sich auch aus jenen Ausführungen der Berufung, in denen die Beschwerdeführerin aufzeigt, Ing. D. jun. könnte bei einem ihm nicht genehmen Stimmverhalten der übrigen Gesellschafter das Anbot annehmen und dann den nicht genehmen Gesellschafterbeschluß allenfalls revidieren. Statt des zur Erreichung dieses wirtschaftlichen Erfolges angemessenen Weges, dem Sohn sofort die Geschäftsanteile zu übertragen, wurde ein ungewöhnlicher und unangemessener Weg gewählt, nämlich der des Anbotes, das dem Sohn durch zwanzig Jahre den jederzeitigen, einseitigen Zugriff auf die Geschäftsanteile der Eltern erlaubt und den Eltern auf die Dauer der Rechtswirksamkeit des Anbotes jedwede Verfügung über ihren Geschäftsanteil ohne Zustimmung des Sohnes untersagt. Daß die Abtretungspreise von S 15.000,-- und S 7.500,-- nach dem Verbraucherpreisindex 1976 wertgesichert sind, fällt nicht ins Gewicht, weil das Anbot dem Sohn die Möglichkeit eröffnete, innerhalb von zwanzig Jahren die Geschäftsanteile um verhältnismäßig geringe, wenn auch wertgesicherte Beträge unabhängig von ihrem tatsächlichen Wert im Zeitpunkt der Anbotsannahme zu erwerben.
Der im Beschwerdefall gewählte Weg wird nur verständlich, wenn man in Rechnung stellt, daß der angemessene Weg, nämlich der sofortige Erwerb aller Geschäftsanteile der Eltern, statt der 25%igen eine mehr als 25%ige (98%ige) und damit wesentliche Beteiligung des Sohnes im Sinne des § 7 Z. 6 GewStG gebracht hätte.
2.2. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, die preisliche Fixierung des Anbotes ohne Rücksicht auf den Wert der Gesellschaftsanteile sei im Zusammenhang mit dem Schenkungsvertrag auf den Todesfall zu sehen, teilt der Verwaltungsgerichtshof. Gerade diese Gesamtschau zeigt aber, daß mit dem Abtretungsanbot die Wirkungen der unwiderruflichen Schenkung auf den Todesfall schon zu Lebzeiten vorweg genommen werden sollten, ohne die entsprechenden abgabenrechtlichen Konsequenzen zu ziehen.
Die zwanzigjährige Anbotsfrist rechtfertigt die Beschwerde damit, daß bis zu ihrem Ablauf "allenfalls die Nachfolgeprobleme des Begünstigten geklärt sein dürften und auch hinsichtlich des zweiten Kindes der Anbieter die Weichen für deren Lebensweg gestellt sein werden". Die Beschwerde zeigt jedoch nicht auf, was den Begünstigten (Sohn) bei einer sofortigen Abtretung der Geschäftsanteile durch die Eltern an der Regelung seiner Nachfolgeprobleme gehindert hätte. Hinsichtlich des zweiten Kindes der Anbieter aber schaffte ja das Abtretungsanbot die unwiderrufliche Schenkung der Geschäftsanteile an den Sohn auf den Todesfall nicht aus der Welt.
2.3. Aus den in Punkt 2.1. angeführten Gründen kann die hier eingeschlagene Gestaltungsmöglichkeit des bürgerlichen Rechts für den Bereich des Abgabenrechts nicht anerkannt werden. Vielmehr ist für diesen Bereich von der den wirtschaftlichen Verhältnissen angemessenen Gestaltung auszugehen, die für das Streitjahr zur Annahme einer Beteiligung des Ing. D. jun. an der beschwerdeführenden GesmbH von 98 % führt (siehe nochmals das Erkenntnis Zl. 85/14/0032).
Damit aber mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 13. Mai 1986
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