Normen
BAO §188;
EStG 1972 §23 Z2;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1985130176.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
An der P-GmbH waren laut Gesellschaftsvertrag vom 27. Oktober 1980 KP und FS als atypische stille Gesellschafter beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:
Unter Punkt I: An der P-GmbH beteiligen sich KP und FS "als stille Gesellschafter mit der Maßgabe, daß ihre Einlagen in das Vermögen der GmbH übergehen und die Gesellschafter mit ihren Einlagen an dem Betrieb der GmbH, dem Ergebnis und dem aktiven und passiven Vermögen einschließlich der stillen Reserven als Mitunternehmer beteiligt sind".
Unter Punkt IX: "Die Gesellschaft teilt das Schicksal der GmbH. Wird diese aufgelöst, erlischt gleichzeitig auch die (atypische) stille Gesellschaft."
Unter Punkt X: "Auseinandersetzungsguthaben
(1) Im Falle der Auflösung der (atypischen) stillen Gesellschaft gemäß Punkt IX ist für diese durch die GmbH eine Bilanz zu errichten. .....
(2) Jedem Gesellschafter bzw. den Erben sind sodann die Guthaben laut Kapitalkonto und Verrechnungskonto auszuzahlen. Weitere Ansprüche bestehen nicht.
(3) Scheidet ein Gesellschafter infolge Kündigung oder Todes aus, erfolgt die Verrechnung und Auszahlung seines Guthabens gemäß Punkt 2" (gemeint ist wohl Abs. 2) "nach dem Rechnungsabschluß jenes Geschäftsjahres, in welchem er ausgeschieden ist ....."
Mit Wirkung ab 1. Jänner 1984 wurde die ("alte") P-GmbH gemäß Art. II Strukturverbesserungsgesetz in Verbindung mit Art. IV der GmbH-Gesetz-Novelle 1980 in eine GmbH & Co KG umgewandelt (= Beschwerdeführerin). Gesellschafter dieser KG waren die "neue" P-GmbH als Komplementär sowie KP und UP als Kommanditisten.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die vor der Umwandlung bestandene gesellschaftsrechtliche Konstruktion nicht als Mitunternehmerschaft anerkannt und ausgesprochen, "daß im vorliegenden Fall keine unechte (atypische) stille Gesellschaft vorliegt und eine Feststellung gemäß § 188 BAO daher nicht durchzuführen ist".
Begründet wird diese Feststellung im wesentlichen damit, daß die steuerliche Anerkennung eines stillen Gesellschafters als Mitunternehmer die Beteiligung des Gesellschafters an den stillen Reserven voraussetze (= sogenannter atypischer stiller Gesellschafter). Durch die Umwandlung der (alten) P-GmbH sei diese erloschen, was laut Punkt IX des Gesellschaftsvertrages auch ein Erlöschen der stillen Gesellschaft zur Folge gehabt habe. Die stillen Gesellschafter hätten daher "Abfindungsbeträge für stille Reserven" erhalten müssen. Da dies unbestritten nicht der Fall gewesen sei, müsse davon ausgegangen werden, daß die stillen Gesellschafter "tatsächlich nicht" an den stillen Reserven beteiligt gewesen seien".
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. In der Beschwerde wird vorgebracht, daß durch die Umwandlung der (alten) P-GmbH in die KG ein Gesamtrechtsnachfolgetatbestand verwirklicht worden sei, der nicht mit einer "Auflösung" der "alten" P-GmbH gleichgesetzt werden könne. Im übrigen sei aber ein atypisches stilles Gesellschaftsverhältnis auch dann anzuerkennen, wenn die Beteiligung an den stillen Reserven für bestimmte Fälle der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses ausgeschlossen werde (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 29. April 1981, Zl. 13/3122/79).
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 188 BAO werden die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind. Besteht Streit darüber, ob die Voraussetzungen für eine derartige Feststellung gegeben sind, so hat die Abgabenbehörde, wenn sie dies verneint, bescheidmäßig auszusprechen, daß eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften unterbleibt. Auch ein solcher Bescheid ist ein Bescheid i.S. des § 188 BAO, der der Abgabenbemessung zugrundezulegen ist. Als Grundlagenbescheid hat er u.a. jene Besteuerungszeiträume zu bezeichnen, für die die Feststellung getroffen wird. Nur diese Aussage ermöglicht die Überprüfung, ob der von der bescheiderlassenden Behörde angenommene Sachverhalt, der von Abschnitt zu Abschnitt durchaus unterschiedliche Merkmale aufweisen kann, richtig ermittelt wurde. Abgesehen davon gebietet auch der normative Inhalt eines für die Einkommensbesteuerung maßgeblichen Feststellungsbescheides, daß klar zum Ausdruck gebracht wird, für welchen Besteuerungszeitraum (welche Besteuerungszeiträume) die Aussagen getroffen werden.
Der angefochtene Bescheid enthält keine derartige Aussage. Weder dem Spruch noch der Begründung kann entnommen werden, für welchen Zeitraum (welche Zeiträume) die belangte Behörde das Bestehen einer Mitunternehmerschaft verneint hat. Der angefochtene Bescheid erweist sich somit schon aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Für das fortzusetzende Verfahren wird folgendes zu beachten sein:
Die Beschwerdeführerin verweist auf das hg. Erkenntnis vom 29. April 1981, Zl. 13/3122/79, in dem ausgesprochen wurde, daß die für die steuerliche Anerkennung einer atypischen stillen Gesellschaft erforderliche Beteiligung an den stillen Reserven auch dann als gegeben anzunehmen ist, wenn sie in bestimmten Fällen des Ausscheidens eines Gesellschafters ausgeschlossen wird. Solche Ausschlußbestimmungen müssen aber auf Fälle beschränkt bleiben, in denen der Gesellschafter zur Unzeit oder aus einem von ihm zu vertretenden wichtigen Grund vorzeitig aus der Gesellschaft ausscheidet und damit ein für die Gesellschaft schädliches Verhalten an den Tag legt (Abfindung zu Buchwerten mit Pönalcharakter). Die grundsätzliche Beteiligung an den stillen Reserven darf aber durch vertraglich vereinbarte Ausnahmetatbestände nicht derart eingeschränkt werden, daß sie in den Regelfällen der Beendigung der Gesellschaft nicht zum Tragen kommt.
Unabhängig davon, ob die als atypische stille Gesellschafter aufgetretenen Personen als Folge der Umwandlung der P-GmbH in eine KG aus der Gesellschaft ausgeschieden sind oder nicht, wird daher im Beschwerdefall zu prüfen sein, ob der Gesellschaftsvertrag den oben genannten Voraussetzungen entspricht. Dabei wird zu beachten sein, daß die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung vom 3. April 1985 gegen den erstinstanzlichen Bescheid ausdrücklich bestätigt hat, daß die Punkte IX und X des Gesellschaftsvertrages, in denen die "Auflösung der Gesellschaft" geregelt wird, keine Beteiligung der Gesellschafter an den stillen Reserven vorsehen und nur in anderen, im Gesellschaftsvertrag nicht ausdrücklich geregelten Auflösungsfällen (einvernehmliche Auflösung, Kündigung durch die P-GmbH, Betriebsveräußerung) eine Beteiligung an den stillen Reserven zum Tragen käme.
Die Entscheidung über die Kosten in der ausgesprochenen Höhe gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
Wien, am 17. Mai 1989
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