Normen
EStG 1972 §22 Abs1 Z1
EStG 1972 §23 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1985130132.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Einkommensteuer 1981 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S8.900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin bezeichnet ihre Tätigkeit mit „Werbung“; sie arbeitet als Werbetexter und hat nach ihren Angaben 1980 begonnen, sich auf Drehbücher für Funk und Fernsehen zu spezialisieren, die Auftraggeber kaufen die in Auftrag gegebenen Drehbücher einschließlich aller Veröffentlichungsrechte. In der Einkommensteuerklärung für 1981 gab sie unter anderen Einkünfte aus Urheberrechten als solche aus selbständiger Arbeit und Einkünfte aus der Werbung als solche aus Gewerbebetrieb an.
Das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid sowie den Gewerbesteuerbescheid und folgte darin den Steuererklärungen.
Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Berufung. Die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer seien unter Zugrundelegung der nunmehr erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Drehbuchautor), der Einkünfte aus urheberrechtlicher Verwertung und der Einkünfte aus Gewerbebetrieb festzusetzen; auf die Einkünfte aus urheberrechtlicher Verwertung sei der begünstigte Steuersatz anzuwenden.
Die Finanzlandesdirektion wies mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung diese Berufung ab; sie änderte aber die bei ihr angefochtenen Bescheide dahin, daß sie auch die Einkünfte, die die Beschwerdeführerin als Drehbuchautor und aus der Verwertung aus Urheberrechten bezogen haben will, als Einkünfte aus Gewerbebetrieb qualifizierte. Die Tätigkeit eines Werbetexters bestehe im wesentlichen darin, als selbständiger Unternehmer für andere gewerbsmäßig eigenschöpferisch Texte zu erstellen oder für andere eine Werbung zu gestalten. Es handle sich dabei um eine Tätigkeit, die überwiegend wirtschaftlichen bzw. geschäftlichen Zielen diene und weder eine wissenschaftliche oder sonstige höhere Vorbildung noch eine besondere Begabung künstlerischer oder schriftstellerischer Art voraussetze, noch den übrigen im § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 aufgezählten Berufen gleichartig oder ähnlich sei. Daß ein Drehbuchautor seinen Spielfilm eine schriftstellerische Tätigkeit entfalte, werde nicht in Abrede gestellt. Die Beschwerdeführerin verfasse jedoch keine Drehbücher für Spielfilme, sondern für Werbespots. Die von ihr vorgelegten Drehbücher unterschieden sich wesentlich von denen der Spielfilmdrehbücher. Auch die Beschwerdeführerin habe eingeräumt, "Das Fernsehen verlange ein Drehbuch, was ein technischer Vorgang sei". Aus den vorgelegten Drehbüchern sei ersichtlich, daß es sich bei diesen überwiegend um Regieanweisungen handle, durch die der Film "organisiert" werde. Die Darstellung der Tätigkeit der Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 5. Oktober 1984 sei widersprüchlich. Einserseits behauptet die Beschwerdeführerin, daß sie keine irgendwie gearteten Vorgaben durch die Werbefirma erhalte, andererseits räume sie ein, ausführlich über das Produkt selbst informiert zu werden. In manchen Fällen stünden umfangreiche psychologische Grundlagenuntersuchungen zur Verfügung, die Auskunft über Käuferwünsche, Kaufverhalten und Zielgruppen geben. Aus der Dauer des Spots - meist 20 Sekunden - sei zu ersehen, daß das vorgegebene Produkt, die Produktanpreisung der Hauptzweck sei und nicht die Veröffentlichung des geschriebenen Drehbuches. Dieses diene nur als Hilfsmittel für die Produktanpreisung. Es sei auch die Verfassung von Texten zu Modefotos eine gewerbliche Tätigkeit. Die von der Beschwerdeführerin angeführten Vergleiche mit einem Sketch gingen ins Leere. Sie irre, wenn sie ausführe, es sei die selbe Gedankenarbeit, wenn jemand einen Kurzfilm schreibe oder wenn er ein Drehbuch mit Handlung, komischen Szenen, Auflösung, also den Elementen der Literatur liefere. Die Drehbücher der Beschwerdeführerin "beinhalten eben nicht nur 'Werbetexte' als Literatur; sie beinhalten eine komplette Organisation und Regieanweisung; für Literatur selbst bleibt kein Platz". In diesem Zusammenhang habe die Beschwerdeführerin auch keinen Autor anführen können, "der die literaturmäßige Beschaffenheit ihrer Drehbücher bestätigt hätte, bzw. dem sie ähnlich wäre". Es stehe fest, daß die von der Beschwerdeführerin "entfaltete Tätigkeit auf organisatorischem Gebiet des 'Filmemachens' das Hauptgebiet ihrer Tätigkeit" sei. Solche Tätigkeiten seien aber stets als gewerbliche zu werten, selbst wenn die Beschwerdeführerin manche originelle Leistung dabei erbringt. Der tatsächliche schriftstellerische Anteil - eigene Gedanken - an dem Produkt Drehbuch "Werbespot", der durch eigene Textdichtungen fallweise zum Vorschein komme, sei von derart untergeordneter Bedeutung, "sodaß dieser Anteil als originelle Leistung" zu werten sei. Im übrigen könne eine schriftstellerische Tätigkeit auch deshalb nicht erkannt werden, weil die Beschwerdeführerin nicht als Auto an die Öffentlichkeit herangetreten sei. Sie habe ihre Drehbücher verschiedenen Werbeagenturen zur Verwertung überlassen. In der mündlichen Verhandlung habe "der steuerliche Vertreter die künstlerische Komponente bei der Tätigkeit der Beschwerdeführerin zurückgenommen". Aus der Beurteilung des Staatspreises werde deutlich, "daß die Tätigkeit der Beschwerdeführerin, 'in wenigen Sekunden all dies zu verpacken', in keiner der in § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 genannten Tätigkeiten eine Entsprechung" finde. Da eine Ähnlichkeit der von der Beschwerdeführerin erbrachten Tätigkeiten mit keinem der in § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 aufgezählten Berufe, auch nicht des Journalisten, zu finden sei, sei die in Rede stehende Tätigkeit der Beschwerdeführerin als gewerblich zu werten. Somit liege keine Nebentätigkeit vor, für die ein begünstigter Steuersatz zur Anwendung gelangen könnte. Eine Nebentätigkeit könne nämlich immer nur eine solche sein, die sich von der übrigen beruflichen Tätigkeit abhebe.
Die Beschwerdeführerin behauptet in der gegen diese Berufungsentscheidung erhobenen Beschwerde, sie habe eine schriftstellerische Tätigkeit geleistet und auch dem ermäßigten Steuersatz unterliegende Nebeneinkünfte erzielt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde erwogen:
Gemäß § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 zählen zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit, Einkünfte aus einer wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit, aus der Berufstätigkeit der Ärzte, Tierärzte, Dentisten, Rechtsanwälte, Patentanwälte und Notare, der staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker, der Architekten, der Wirtschaftstreuhänder, der Bildberichterstatter, Journalisten, Dolmetscher, Übersetzer und aus einer ähnlichen freiberuflichen Tätigkeit. Eine freiberufliche Tätigkeit liegt auch dann vor, wenn ein Angehöriger eines freien Berufes in seinem Beruf im Rahmen von Veranstaltungen tätig wird, denen die für das Vorliegen einer freiberuflichen Tätigkeit erforderlichen Eigenschaften fehlen.
Gemäß § 28 BAO ist eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb im Sinn der Abgabenvorschriften, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Arbeit im Sinne des Einkommensteuerrechts anzusehen ist. Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn das Streben nach Gewinn (die Gewinnabsicht) nur ein Nebenzweck ist.
Gemäß § 23 Z. 1 EStG 1972 sind Einkünfte aus der im § 28 BAO umschriebenen Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Gemäß § 38 Abs. 4 EStG 1972 ist § 37 Abs. 1 leg. cit. - ermäßigter Steuersatz - auch auf Einkünfte aus der Verwertung von selbstgeschaffenen literarischen oder künstlerischen Urheberrechten anzuwenden, sofern diese Einkünfte als Nebeneinkünfte erzielt werden. Solche Nebeneinkünfte liegen vor, wenn die Einkünfte im Sinne des ersten Satzes neben anderen Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 4 leg. cit. erzielt werden, welche die Nebeneinkünfte übersteigen.
Das Herstellen von Manuskripten für Inserate, Prospekte und sonstige Werbemittel ist keine schriftstellerische Tätigkeit (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. November 1970, Zl. 115/69).
Eine (werbe-)schriftstellerische Tätigkeit, als eine Tätigkeit, die nicht mehr in die typisch kaufmännische Aufgabe des Vertriebes und des Umsatzes einbezogen ist, liegt aber vor, wenn der Steuerpflichtige, der für die Öffentlichkeit, das heißt für eine mehr oder weniger große und sich von Fall zu Fall ändernde Anzahl von Menschen schreibt, eigene Gedanken, mögen sich diese auch auf rein tatsächliche Vorgänge beziehen, ausdrückt. Es ist nicht erforderlich, daß das Geschriebene einen wissenschaftlichen oder künstlerischen Inhalt hat; der schriftstellerisch Tätige muß weder ein Gelehrter noch ein Dichter noch ein Künstler sein. Wie das schriftstellerische Produkt vom Auftraggeber verwendet wird, hat dabei auf die Qualifikation der Tätigkeit keinen Einfluß (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1984, Zl. 83/13/0082).
Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin, die sie als selbständige Arbeit qualifiziert wissen will, ist nach ihren Angaben in der Berufung die eines Drehbuchautors in der Werbung. Wie umfangreich immer die Recherchen sein mögen, nach den' Feststellungen im angefochtenen Bescheid und dem Inhalt der Akten des abgaben-behördlichen Verfahrens tritt in der Gesamttätigkeit der Beschwerdeführerin das geschriebene oder gesprochene Wort gegenüber der Regieanweisung, durch die der Film "organisiert" wird - und die die Beschwerdeführerin als "technischen Vorgang", also nicht als künstlerische Tätigkeit bezeichnet -, zurück. Mag daher die Beschwerdeführerin - zumindest teilweise - auch selbständige Gedanken in Worte kleiden und in diesem Umfang die von ihr - allein ins Auge gefaßte schriftstellerische Tätigkeit ausüben, so bewirkt dennoch das Vorherrschen einer Tätigkeit, die nicht der selbständigen Arbeit zuzuzählen ist, daß die Gesamttätigkeit als gewerblich angesprochen werden muß.
Die belangte Behörde war nicht gehalten, einen Sachverständigen beizuziehen, weil die Beschwerdeführerin selbst angegeben hatte, "Das Fernsehen verlangt ein Drehbuch, was ein technischer Vorgang ist".
Nebeneinkünfte hingegen, die zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes führen, sind nicht erst anzunehmen, wenn sie aus einer Tätigkeit herrühren, die sich von der übrigen beruflichen Tätigkeit abhebt.
Nebeneinkünfte liegen vor, wenn nicht nur Einkünfte aus der Verwertung von selbstgeschaffenen Urheberrechten, sondern daneben auch andere Einkünfte erzielt werden, und zwar solche im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 4 EStG 1972, und diese anderen Einkünfte die Einkünfte aus der Verwertung von selbstgeschaffenen Urheberrechten übersteigen.
Angesichts dieser erschöpfenden Umschreibung des Begriffes "Nebeneinkünfte" im Gesetz selbst, bleibt kein Raum, diesen Begriff noch an weiteren Kriterien zu messen, wie etwa daran, ob die Nebeneinkünfte auf einer sich von der übrigen beruflichen Tätigkeit abhebenden Nebentätigkeit beruhen. Steht fest, daß im betreffenden Jahr Einkünfte aus der Verwertung von selbstgeschaffenen Urheberrechten und daneben - aus welcher Tätigkeit immer höhere Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 4 EStG 1972 erzielt wurden, kann die Begünstigung des § 38 Abs. 4 leg. cit. nicht verwehrt werden.
Losgelöst vom Problem, ob Nebeneinkünfte im Sinne des § 38 Abs. 4 EStG 1972 vorliegen, ist die Frage zu sehen, ob in einem bestimmten Fall überhaupt eigenständige bzw. abgrenzbare Einkünfte aus einer Verwertung von selbstgeschaffenen Urheberrechten anzunehmen sind. Diese Frage ist nur zu bejahen, wenn es sich um solche Einkünfte handelt, die nach dem zwischen dem Urheber und seinem Vertragspartner bestehenden Rechtsverhältnis - unmittelbar - als Entgelt für die Verwertung urheberrechtlich geschützter Leistungen anfallen. Dies wieder trifft nicht zu, wenn der Urheber ein Entgelt erhält, das in erster Linie gar nicht dazu bestimmt ist, eine urheberrechtlich geschützte Leistung zu entlohnen, wie bei der Predigt eines Geistlichen, einer Rechtsmittelschrift eines Rechtsanwaltes, usw. (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1985, Zl. 84/14/0006).
Die Beschwerdeführerin behauptet in ihrer Berufung "Einkünfte aus urheberrechtlicher Verwertung gemäß § 38 EStG 1972" - die geringer sind als die anderen Einkünfte - erzielt zu haben; in den vorgelegten Kopien der Durchschriften von Fakturen über Drehbücher weist sie neben einem Betrag für "Arbeitshonorar" einen Betrag für "Urheber- und Veröffentlichungsrecht" aus.
Zur Beurteilung, ob tatsächlich selbstgeschaffene literarische Urheberrechte verwertet wurden, ist es deshalb erforderlich, daß die Beschwerdeführerin für jeden einzelnen Fall anführt, für welches Werk sie solche Einkünfte behauptet, und ob diese Einkünfte nach dem zwischen ihr und ihrem Vertragspartner bestehenden Rechtsverhältnis - unmittelbar - als Entgelt für die Verwertung urheberrechtlich geschützter Leistungen angefallen sind.
Der angefochtene Bescheid - der noch vor Fällung des die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ändernden Erkenntnisses eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1985, Zl. 84/14/0006, ergangen ist - ist deshalb, soweit er die Einkommensteuer 1981 betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; soweit er die Gewerbesteuer 1981 betrifft, ist die Beschwerde jedoch gemäß §42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten in der angesprochenen Höhe stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 24. September 1986
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