VwGH 85/12/0022

VwGH85/12/002220.8.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Närr und Dr. Germ als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des A in B, vertreten durch C, den zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalt gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 2. März 1984, Zl. 50.206/8‑15/84, betreffend Abweisung einer Berufung wegen Nichtverleihung der Lehrbefugnis, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §35
UOG 1975 §36 Abs7
UOG 1975 §37 Abs2
VwGG §24 Abs2
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1985120022.X00

 

Spruch:

I. Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

II.Der Antrag auf Verhängung einer Mutwillensstrafe wird zurückgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Am 10. Februar 1983 langte ein mit 16. November 1982 datiertes Habilitationsansuchen des Beschwerdeführers bei der Universität Wien, rechtswissenschaftliche Fakultät, ein.

Mit Bescheid vom 4. Juli 1983, ohne Zahl, entschied die „Habilitationskommission in Sachen A“, daß der Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 7 UOG zum 3. und 4. Abschnitt des Habiliationsverfahrens nicht zugelassen und sein Ansuchen somit abgewiesen werde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 30. August 1983 Berufung, über die die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid wie folgt entschied:

„Die Berufung des ... Beschwerdeführers ... vom 30. August 1983 gegen den Bescheid der Habilitationskommission an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien vom 4. Juli 1983, mit welchem das Ansuchen vom 16. November 1982 auf Verleihung der Lehrbefugnis für das Fach ‚Angewandte Steuerrechtslehre‘ abgewiesen wurde, wird gemäß § 37 UOG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG 1950 abgewiesen.“ Zur Begründung wird ausgeführt, der Beschwerdeführer stütze seine Berufung auf § 37 Abs. 1 UOG und führe in der Begründung dazu näher aus, daß die Schlußfolgerung der Habilitationskommission im Widerspruch zu allen Gutachten stehe und geradezu als absurd bezeichnet werden müsse. Bei Überprüfung der vom Beschwerdeführer aufgestellten Behauptungen habe die belangte Behörde jedoch nach Einsichtnahme in die im Habilitationsverfahren erstellten Gutachten sowie in das Protokoll über die Beratungen der Kommission und in den Bescheid der Habilitationskommission vom 4. Juli 1983 festgestellt, daß der Beschluß der Habilitationskommission mit der Begutachtung des betreffenden Abschnittes in keinem unbegründeten Widerspruch stehe. Die Gutachten hätten klar und eindeutig festgestellt, daß die wissenschaftlichen Arbeiten des Habilitationswerbers den Erfordernissen des § 36 Abs. 3 UOG nicht gerecht würden. Diese Auffassung habe auch die Habilitationskommission in ihrer Sitzung am 29. Juni 1983 vertreten und schließlich ihren Bescheid auf diese Ergebnisse gestützt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie die Verhängung einer Mutwillensstrafe über die belangte Behörde verlangt wird.

Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsakt vorgelegt und von der Einbringung einer Gegenschrift Abstand genommen, weil der Beschwerdeführer seit vielen Jahren eine Unzahl von Prozessen nicht zur Verfolgung objektiv berechtigter Interessen führe, sondern den Nachweis dafür bringen wolle, daß es dem Staatsbürger möglich sei, den Rechtsstaat mit Hilfe der Mittel, die der Rechtsstaat selbst biete, außer Funktion zu setzen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Gegensatz zu der zuletzt wiedergegebenen Auffassung der belangten Behörde kann der Verwaltungsgerichtshof bei der gegebenen Sachlage das Vorliegen eines objektiv berechtigten Interesses des Beschwerdeführers nicht von vornherein ausschließen.

Im § 37 Abs. 2 UOG ist in Zusammenhalt mit der Verleihung der Lehrbefugnis festgelegt: „Richtet sich die Berufung des Bewerbers gegen die Abweisung wegen negativer Beurteilung einer im zweiten, dritten oder vierten Abschnitt des Habilitationsverfahrens zu prüfenden Leistung, so ist dieser und die folgenden Abschnitte des Verfahrens von einer besonderen Habilitationskommission neu durchzuführen, die vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung nach Maßgabe der Bestimmungen des § 35 Abs. 4 einzusetzen ist. Dieser Kommission haben ..... anzugehören, ...... Ein allfälliger Lehrauftrag (§ 36 Abs. 4) und das Kolloquium (§ 36 Abs. 5) sind an der Universität (Fakultät) durchzuführen, bei der das Ansuchen um Verleihung der Lehrbefugnis ursprünglich eingebracht wurde. Die besondere Habilitationskommission entscheidet auch, wenn sich die Berufung gegen die Verleihung einer gegenüber dem Ansuchen eingeschränkten Lehrbefugnis (§ 36 Abs. 7) richtet. Gegen die Entscheidung der besonderen Habilitationskommission ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. § 35 Abs. 2 letzter Satz gilt sinngemäß.“

Daraus folgt - wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. Juni 1987, Zl. 86/12/0199, dargetan hat (Hinweis gemäß Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes BGBl. Nr. 45/1965) -, daß der belangten Behörde auf Grund der Berufung bei einer Sachentscheidung nur zwei Aufgaben zukommen:

1. Um die Neudurchführung des zweiten Abschnittes des Habilitationsverfahrens zu ermöglichen, hat sie den bekämpften Bescheid der Habilitationskommission, der eine Abweisung des Habilitationsansuchens des Beschwerdeführers zum Inhalt hat, aufzuheben.

2. Zur Sachentscheidung im weiteren Habilitationsverfahren ist ausschließlich die besondere Habilitationskommission zuständig, für deren Tätigkeit der Weg durch den im Punkt 1 genannten Bescheid freigemacht werden muß.

Im Beschwerdefall ist die Habilitationskommission, die auf Grund des Ansuchens des Beschwerdeführers um Verleihung der Lehrbefugnis als Universitätsdozent eingesetzt worden ist, im zweiten Abschnitt des Habilitationsverfahrens zu einem für den Beschwerdeführer negativen Ergebnis gelangt und hat daher einen entsprechenden Bescheid erlassen. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde diesen Bescheid der Habilitationskommission aber nicht, wie sich - wie bereits vorher dargelegt - aus der Bestimmung des § 37 Abs. 2 UOG ergibt, aufgehoben und eine besondere Habilitationskommission zur Neudurchführung eingesetzt, sondern eine Sachentscheidung in Form der Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers getroffen. Da diese Vorgangsweise - wie bereits vorher dargelegt - in der genannten Bestimmung des UOG nicht gedeckt ist, war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das sonstige Beschwerdevorbringen weiter einzugehen war.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Verhängung einer Mutwillensstrafe war zurückzuweisen, weil nach dem Wortlaut und dem Gesamtzusammenhang des § 35 AVG 1950 Mutwillensstrafen nur gegen Personen verhängt werden können, die an die Behörde herantreten oder auf die sich eine Amtshandlung bezieht. Selbst wenn die erwähnte Bestimmung auf Organe der den Bescheid erlassenden Behörde anwendbar wäre, stünde niemandem ein Anspruch auf die Verhängung der Strafe zu. Da gemäß § 34 Abs. 1 VwGG die Zurückweisung „ohne weiteres Verfahren“, somit auch bei Fehlen der sonst nach § 24 Abs. 2 VwGG gebotenen Unterschrift eines Rechtsanwaltes, auszusprechen ist, steht der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes nicht der Umstand entgegen, daß der Verfahrenshelfer den Punkt IV Z. 2 der Beschwerde (Antrag auf Verhängung der Mutwillensstrafe) von der Gültigkeit der Unterfertigung ausgenommen hat.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Das Mehrbegehren an Stempelgebühren war abzuweisen, weil der Beschwerdeführer durch die Bewilligung der Verfahrenshilfe von der Entrichtung der Gebühren befreit war.

Wien, am 20. August 1987

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