VwGH 85/05/0010

VwGH85/05/00102.7.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schemel, über die Beschwerde des Ing. HB, vertreten durch Dr. Rudolf Gürtler, Rechtsanwalt in Wien I, Seilergasse 3, gegen die Bauoberbehörde für Wien, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bausache, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §73 Abs2;
BauO Wr §6 Abs1;
BauO Wr §60 Abs1 litb;
BauO Wr §70;
BauO Wr §71;
AVG §73 Abs2;
BauO Wr §6 Abs1;
BauO Wr §60 Abs1 litb;
BauO Wr §70;
BauO Wr §71;

 

Spruch:

Gemäß § 42 Abs. 5 VwGG wird in Anwendung des § 73 AVG 1950 nach §§ 70 und 71 der Bauordnung für Wien das Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung einer Verkehrsübungsfläche und zweier Garagen auf dem Grundstück Nr. n1, inneliegend in EZ. n2 des Grundbuches der Kat. Gem. X, abgewiesen.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 11. November 1980 erteilte der Wiener Magistrat dem Beschwerdeführer gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien den Auftrag, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides die nicht fundierte Einfriedung mit Einfahrtstor, die Fertigteilgarage, ein zusätzliches Betonfundament, einen Erdhügel mit asphaltierter Straße sowie die gesamte Asphaltierung des Verkehrsübungsplatzes auf dem im Spruch näher bezeichneten Grundstück zu beseitigen. Mit Eingabe vom 6. November 1980 ersuchte sodann der Beschwerdeführer um die Genehmigung zur Errichtung einer Verkehrsübungsfläche auf dem genannten Grundstück und schloß diesem Ansuchen drei Lagepläne an. Diesen Plänen ist zu entnehmen, daß eine Fläche von 3600 m2 des Grundstückes als Verkehrsfläche in einer bestimmten Art und Weise ausgeführt werden soll, weiter ist die Errichtung von zwei Garagen vorgesehen. Näher beschrieben wird auch die Errichtung eines Einfriedungsgitters.

Nach Durchführung einer Verhandlung versagte der Wiener Magistrat mit Bescheid vom 24. August 1981 gemäß §§ 70 und 71 die angestrebte Bewilligung mit der Begründung, daß im Hinblick auf eine bestehende Bausperre eine Bewilligung nach § 70 der Bauordnung nicht erteilt werden dürfe; eine Bewilligung nach § 71 der Bauordnung komme deshalb nicht in Betracht, weil sowohl nach den derzeitigen als auch nach den beabsichtigten zukünftigen Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes im Hinblick auf die Widmung "ländliches Gebiet" die Bauführung unzulässig sei.

Auf Grund der dagegen eingebrachten Berufung behob die Bauoberbehörde für Wien mit Bescheid vom 25. März 1982 gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 die erstinstanzliche Erledigung und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an den Magistrat zurück. Die Baubehörde zweiter Instanz vertrat die Ansicht, die Baubehörde hätte vor Abweisung eines Bauansuchens auch prüfen müssen, ob das Projekt in seiner Gesamtheit überhaupt einer Baubewilligung gemäß § 60 der Bauordnung für Wien bedarf, zumal sie bei fehlender Bewilligungspflicht und Aufrechterhaltung des Bauansuchens dieses -

allenfalls teilweise - zurückzuweisen hätte. Diesbezüglich werde sich die Behörde erster Instanz mit dem gesamten Projekt einschließlich der Einfriedung näher auseinanderzusetzen haben. Es sei auch die Auffassung der Baubehörde erster Instanz nicht richtig, daß im Falle einer Bausperre nach § 8 Abs. 2 der Bauordnung für Wien eine (definitive) Bewilligung gemäß § 70 der Bauordnung für Wien nicht in Betracht komme. Die Baubehörde sei daher verpflichtet, das eingereichte Projekt unter Bedachtnahme auf die geplanten Änderungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes unter Beiziehung der Planungsabteilung zu prüfen und sodann seine Genehmigungsfähigkeit zu beurteilen.

Da in der Folge der Wiener Magistrat einen neuerlichen Bescheid nicht erließ, stellte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 4. Juli 1983 einen Devolutionsantrag, der an die Magistratsdirektion der Stadt Wien - Rechtsmittelbüro gerichtet war und in dem ausgeführt wurde, mangels Zustellung des Bescheides innerhalb der Frist des § 73 Abs. 1 AVG 1950 werde das schriftliche Verlangen auf Entscheidung durch die Magistratsdirektion der Stadt Wien als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gestellt. Die Magistratsdirektion - Rechtsmittelbüro als Geschäftsstelle der Bauoberbehörde für Wien führte in der Folge über diesen Antrag ein Ermittlungsverfahren durch. Zunächst wurde einem Aktenvermerk vom 27. September 1983 zufolge dem Vertreter des Beschwerdeführers bekanntgegeben, daß die Niveauveränderung nicht Gegenstand des eingereichten Projektes sei, weil hiefür keine Bewilligungspflicht vorliege. Die Vorlage weiterer geforderter Unterlagen wurde zugesagt.

Mit Eingabe vom 18. Oktober 1983 wurden die das Projekt betreffenden Lagepläne A und B vorgelegt, wobei nach wie vor der Standpunkt vertreten wurde, die erfolgte Asphaltierung der Grundfläche sei nicht bewilligungspflichtig. Die Voraussetzungen für eine Genehmigung nach § 71 der Bauordnung für Wien würden sich allein durch die Tatsache ergeben, daß es zu den Pflichten einer verantwortungsvollen Verkehrsausbildung einer Fahrschule gehöre, insbesondere der Ausbildung von Motorradlenkern erhöhtes Augenmerk zu widmen. Der Beginn jeder Motorradausbildung im öffentlichen Verkehr stelle eine Gefährdung des Lebens des Prüfungswerbers dar, so daß die Ausbildung auf einer nichtöffentlichen Fläche einen absoluten Beitrag, zur allgemeinen Verkehrssicherheit darstelle. Der Beschwerdeführer habe ein derartiges Verkehrsübungsgelände bereits im 11. Bezirk besessen, doch sei er gezwungen gewesen, einem anderen Vorhaben der Stadt Wien zu weichen, und hätte sich so bemüht, ein neues Verkehrsübungsgelände zu beschaffen. Was die Einfriedung betreffe, so werde diese auf den Plänen in einer ganz bestimmten Weise beschrieben und für weitere Aufklärungen stünde der Vertreter des Beschwerdeführers zur Verfügung.

In der Folge forderte die Magistratsdirektion - Rechtsmittelbüro mit Schriftsatz vom 2. November 1983 den Beschwerdeführer auf, im einzelnen darzulegen, worin seiner Ansicht nach ein begründeter Ausnahmefall im Sinne des § 71 der Bauordnung für Wien gelegen sei. Zur Einfriedung, so heißt es in diesem Schreiben weiter, sei festzustellen, daß diese gemäß § 60 Abs. 1 lit. b der Bauordnung für Wien nur dann bewilligungspflichtig sei, wenn zu ihrer Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich sei. Bei der Beurteilung dieser Frage sei unter anderem auch entscheidend, an welcher Art von Ständern die Einfriedung befestigt sei. Die Beschreibung der Einfriedung auf den Plänen und in der erfolgten Bekanntgabe treffe jedoch über die Art dieser Ständer und deren Abstände voneinander keine Aussage.

In einer Stellungnahme vom 30. November 1983 äußerte sich der Beschwerdeführer zu der behördlichen Aufforderung und stellte den Antrag, festzustellen, daß die Gestaltung einer asphaltierten KFZ-Verkehrsübungsfläche sowie die Herstellung einer nichtfundierten Einfriedung mit Einfahrtstor die Errichtung von zwei Fertigteilgaragen und die Verwendung eines vorhandenen Erdhügels keiner Baubewilligung bedarf, soweit aber eine Bewilligung erforderlich sein sollte, diese gemäß § 70 der Bauordnung für Wien, in eventu gemäß § 71 der Bauordnung für Wien auf Widerruf, zu erteilen.

Mit Schreiben vom 19. Jänner 1984 forderte die Magistratsdirektion - Rechtsmittelbüro die zuständige Planungsabteilung des Wiener Magistrates auf, bekanntzugeben, ob die im Lageplan dargestellten Verkehrsflächen als solche gewidmet seien, bzw. wurde der technische Amtssachverständige der Behörde erster Instanz um Erstellung eines Gutachtens ersucht, ob für die Herstellung der nichtfundierten Einfriedung und des Einfahrtstores ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich sei.

Die Planungsabteilung des Wiener Magistrates gab sodann am 31. Jänner 1984 bekannt, daß nach dem geltenden Gemeinderatsbeschluß vom 19. Juni 1984 für die Liegenschaft die Bestimmungen "Grünland - ländliches Gebiet" maßgeblich seien und die im Lageplan eingezeichneten Verkehrsflächen keine gewidmeten Verkehrsflächen darstellten.

Der technische Amtssachverständige der Baubehörde erster Instanz teilte in einem Schreiben vom 13. Dezember 1984 mit, daß für die Herstellung der nichtfundierten Einfriedung mit Einfahrtstor ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse nicht erforderlich sei.

Mit Schreiben vom 11. Jänner 1985 ersuchte die Magistratsdirektion - Rechtsmittelbüro die zuständige Dienststelle des Wiener Magistrates um die amtswegige Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen und deren Eintragung auf dem Lageplan. Diesem Ersuchen wurde am 4. Februar 1985 entsprochen.

Die Magistratsdirektion - Rechtsmittelbüro richtete sodann am

25. Feburar 1985 an den Vertreter des Beschwerdeführers ein Schreiben, mit dem die gutächtliche Äußerung des technischen Amtssachverständigen mitgeteilt wurde; weiters wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, daß zwischenzeitlich das für die Liegenschaft relevante Plandokument beschlossen worden sei und die Bebauungsbestimmungen amtlich entsprechend einer beiliegenden Ablichtung eingetragen worden seien. Es wurde dem Beschwerdeführer freigestellt, binnen vier Wochen ab Zustellung schriftlich oder mündlich Stellung zu nehmen.

In der Zwischenzeit hatte der Beschwerdeführer am 15. Jänner 1985 Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge über das Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung für die einer Bewilligungspflicht unterliegenden Baulichkeiten des Verkehrsübungsplatzes in der Sache selbst erkennen und das Bauansuchen bewilligen.

Mit Verfügung vom 31. Jänner 1985 leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein und forderte die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, innerhalb der Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Diese an die Bauoberbehörde für Wien gerichtete Verfügung langte bei der Magistratsdirektion - Rechtsmittelbüro am 19. Februar 1985 ein. Mit einem Schreiben vom 13. Mai 1985 legte die Bauoberbehörde für Wien die Verwaltungsakten vor, ohne auf die Frage der Verletzung der Entscheidungspflicht einzugehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte zunächst die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde zu prüfen, weil, wie in der Sachverhaltsdarstellung erwähnt, der im Juli 1983 eingebrachte Devolutionsantrag die Magistratsdirektion der Stadt Wien (irrtümlich) als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde beurteilte, obwohl diese Dienststelle des Wiener Magistrates nur als Geschäftsstelle der Bauoberbehörde für Wien fungiert; sie ist aber jedenfalls jene Dienststelle, bei welcher Anträge an die Bauoberbehörde für Wien einzubringen sind. Der Antrag des Beschwerdeführers wurde daher im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG 1950 unmittelbar bei der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde eingebracht. Da aus dem Devolutionsantrag des Beschwerdeführers eindeutig erkennbar war, daß er eine Entscheidung durch die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde begehrte, und dieser Antrag auch bei der richtigen Stelle eingebracht worden ist, vermag die irrtümliche Bezeichnung der für die Entscheidung zuständigen Behörde nicht zu bewirken, daß der Übergang der Zuständigkeit nicht eingetreten wäre, zumal eine solch formale Betrachtungsweise den Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensrechtes ganz allgemein fremd ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher keine Bedenken, im Beschwerdefall davon auszugehen, daß der Devolutionsantrag den Übergang der Entscheidungspflicht bewirkte und mangels Entscheidung durch die Bauoberbehörde für Wien innerhalb von sechs Monaten zu Recht Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden ist. Die Beschwerde erweist sich sohin als zulässig.

Da mangels rechtzeitiger Entscheidung durch den Wiener Magistrat auch zu Recht ein Devolutionsantrag eingebracht wurde, hatte der Verwaltungsgerichtshof sich inhaltlich mit dem Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Baubewilligung zu beschäftigen. Hiebei war zunächst zu prüfen, ob die den Gegenstand des Bauansuchens bildenden Vorhaben einer baubehördlichen Bewilligungspflicht unterliegen oder nicht.

Daß die Errichtung auch von Fertigteilgaragen nach § 60 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien bewilligungspflichtig ist, ist zunächst völlig eindeutig zu bejahen, weil nach der genannten Gesetzesstelle unter Neubau die Errichtung neuer Gebäude zu verstehen ist und dem Einreichplan zufolge zwei Garagen errichtet werden sollen.

Nach § 60 Abs. 1 lit. b der Bauordnung für Wien ist die Errichtung aller sonstigen baulichen Anlagen über und unter der Erde, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine kraftschlüssige Verbindung gebracht werden und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet sind, öffentliche Rücksichten zu berühren, bewilligungspflichtig. Öffentliche Rücksichten werden, so heißt es in dieser Gesetzesstelle weiter, jedenfalls berührt, wenn Einfriedungen gegen Verkehrsflächen, Friedhöfe und Grundflächen für öffentliche Zwecke errichtet werden. Nicht bewilligungspflichtig sind die Errichtung von Straßenkanälen und öffentlichen Versorgungsleitungen, soweit sie nicht bauliche Anlagen größeren Umfanges (größere Schächte, unterirdische Kammern u. dgl.) in sich schließen, sowie die Herstellung von öffentlichen Fahrbahnen und Gehsteigen.

Untersucht man nun nach diesen Kriterien die Frage, ob für die Herstellung der zirka 3600 m2 großen Verkehrsfläche für den Zweck eines Übungsplatzes die Bewilligungspflicht zu bejahen ist, dann ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich, um eine dem Übungsbetrieb entsprechende Verkehrsfläche zu schaffen. Dementsprechend sind auch in der Projektsbeschreibung eine entsprechend starke Frostschutzschichte vorgesehen, eine entsprechende Kalkquaderschichte und ein Bitumen-Kieselbelag sowie entsprechende Entwässerungsanlagen. Daß aber auch durch die Herstellung eines Verkehrsübungsplatzes öffentliche Rücksichten berührt werden, steht außer Frage, wie etwa auch ein im Akt erliegender Zeitungsausschnitt über eine Beschwerde betreffend Lärmbelästigung durch den Übungsplatz zum Ausdruck bringt. Ganz allgemein besteht aber ein öffentliches Interesse jedenfalls daran, daß jeweils nur solche Bauführungen ausgeführt werden, die nach der jeweiligen Widmungskategorie des § 6 der Bauordnung für Wien als zulässige Nutzung des betreffenden Gebietes beurteilt werden können. Die Errichtung einer Verkehrsfläche zum Zweck des Betriebes eines Übungsplatzes für Motorradfahrer ist daher nach § 60 Abs. 1 lit. b der Bauordnung für Wien jedenfalls bewilligungspflichtig.

Hinsichtlich der Frage, ob die vorgesehene Einfriedung der Grundflächen bewilligungspflichtig ist, wurde bereits im Verfahren vor der Bauoberbehörde für Wien die gutächtliche Stellungnahme eines technischen Amtssachverständigen eingeholt, der die Auffassung vertrat, zur Herstellung der hier vorgesehenen Einfriedung sei ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnis nicht erforderlich. Wenn auch in dieser Stellungnahme diese Ansicht nicht näher begründet wurde, so hat der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken, diese Äußerung des Amtssachverständigen seiner Entscheidung zugrundezulegen, zumal die im Verwaltungsverfahren näher beschriebene Art der Einfriedung durchaus den Schluß zuläßt, ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse sei zu ihrer Herstellung nicht erforderlich. In dieser Beziehung teilt sohin der Gerichtshof die Auffassung des Beschwerdeführers, daß die Einfriedung einer baubehördlichen Bewilligung nach den Bestimmungen der Bauordnung für Wien nicht bedarf.

In der Folge war nun die Frage zu prüfen, ob die Garagen und die Verkehrsfläche bewilligungspflichtig sind. Hiebei ist davon auszugehen, daß nach dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan die Liegenschaft im Grünland - ländliches Gebiet zu liegen kommt und ausdrücklich die landwirtschaftliche oder berufsgärtnerische Nutzung angeordnet ist. Nach § 6 Abs. 1 der Bauordnung für Wien sind ländliche Gebiete für land- und forstwirtschaftliche oder berufsgärtnerische Nutzung bestimmt. In solchen ländlichen Gebieten dürfen nur Gebäude oder Anlagen errichtet werden, die landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder berufsgärtnerischen Zwecken dienen und das betriebsnotwendige Ausmaß nicht überschreiten. Hiezu gehören auch die erforderlichen Wohngebäude. Zulässig ist ferner die Errichtung von Bauten, die öffentlichen Zwecken dienen.

Das Vorhaben des Beschwerdeführers soll nun weder der landwirtschaftlichen noch der berufsgärtnerischen Nutzung dienen, vielmehr soll die Verkehrsfläche samt Garagen als Übungsplatz einem privaten Fahrschulbetrieb zur Verfügung stehen. Eine solche Nutzung steht völlig eindeutig in Widerspruch zu § 6 Abs. 1 der Bauordnung für Wien und es kommt daher schon aus diesem Grunde die Erteilung einer Baubewilligung nach § 70 der Bauordnung für Wien nicht in Betracht.

Der Beschwerdeführer hat allerdings im Verwaltungsverfahren auch ausdrücklich den Antrag gestellt, eine Baubewilligung nach § 71 der Bauordnung für Wien zu erteilen. Nach der genannten Gesetzesstelle kann die Behörde Bauten, die vorübergehenden Zwecken dienen oder nicht dauernd bestehen bleiben können, sei es wegen des bestimmungsgemäßen Zweckes der Grundfläche, sei es, weil in begründeten Ausnahmefällen die Baulichkeit den Bestimmungen dieses Gesetzes aus sachlichen Gegebenheiten nicht voll entspricht, auf eine bestimmte Zeit oder auf Widerruf bewilligen. Für sie gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes insofern nicht, als nach Lage des Falles im Bescheid auf die Einhaltung dieser Bestimmungen verzichtet worden ist. Der Bewilligung dürfen durch dieses Gesetz gegebene subjektiv-öffentliche Rechte nicht entgegenstehen, es sei denn, daß der Berechtigte der Bewilligung ausdrücklich zugestimmt hat oder gemäß § 42 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes als der Bewilligung zustimmend anzusehen ist.

Mit der Auslegung dieser Gesetzesstelle hat sich der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt auseinandergesetzt. In seinem Erkenntnis vom 25. Jänner 1971, Slg. N.F. Nr. 7950/A, hat der Gerichtshof die Meinung zum Ausdruck gebracht, daß es mit dem Ziel der Rechtsvorschrift - der letzte Satz dieser Gesetzesstelle wurde erst durch die Novelle 1976 eingefügt, hat jedoch den Sinn der Vorschrift nicht gewandelt - unvereinbar wäre, auf sie eine Bewilligung für einen Bau zu stützen, dessen Bestand aus faktischen oder rechtlichen Gründen nicht nur vorübergehend ist. Eine Ermessensentscheidung, zu der die Behörde hier berufen ist, so wurde weiter ausgeführt, läge nicht im Sinne des Gesetzes, wenn die Behörde hiebei willkürlich vorginge. Könne daher bei einem auf Dauer angelegten Projekt von vornherein erkannt werden, daß ein sachlicher Widerrufsgrund nicht denkbar ist, dann dürfe auch eine Bewilligung auf Widerruf nicht erteilt werden. Bei einer anderen Betrachtungsweise müßte die Bestimmung des § 71 der Bauordnung für Wien als ein Instrument aufgefaßt werden, das in gleicher Weise wie die Bestimmung des § 70, jedoch ohne daß die dort genannten Voraussetzungen vorliegen müßten, zur Erteilung einer Baubewilligung auf Dauer ermächtige, was mit der (offensichtlich erkennbaren) Absicht des Gesetzgebers nicht vereinbar wäre. Der Verwaltungsgerichtshof ist nun der Auffassung, daß diese Überlegungen auch auf den vorliegenden Beschwerdefall zutreffen. Auch hier ist das Projekt nicht wesensmäßig provisorisch, sondern auf Dauer angelegt und es sollen damit nicht nur vorübergehend die Grundflächen einem der Flächenwidmung (landwirtschaftliche und berufsgärtnerische Nutzung) widersprechenden Zweck zugeführt werden. Bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage wäre ein Widerruf nicht sachgerecht und die Erteilung einer Baubewilligung nach § 71 der Bauordnung würde bedeuten, daß die Baubehörde auch in gleich oder ähnlich gelagerten Fällen gleichfalls eine Ausnahmebewilligung erteilen müßte, wollte sie sich nicht dem Vorwurf einer willkürlichen Handhabung des Ermessens aussetzen. Eine solche Vorgangsweise könnte mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, wie dargetan, nicht übereinstimmen. Nach dem Vorgesagten kommt die Bewilligung auf Widerruf nicht in Frage.

Der Beschwerdeführer hat weiters zwar in seinem bereits während des Devolutionsverfahrens abgegebenen als "Bekanntgabe" bezeichneten Schriftsatz vom 18. Oktober 1983 die Eventualmöglichkeit einer befristeten Baubewilligung (auf 10 Jahre, allenfalls bis 31. Dezember 1990) aufgezeigt, eine ausdrückliche Einschränkung des bei der Baubehörde erster Instanz eingebrachten Bauansuchens in diesem Sinne jedoch nicht vorgenommen, vielmehr im Schriftsatz vom 30. November 1983 eine Baubewilligung "gemäß § 70 Bauordnung für Wien, in eventu gemäß § 71 Bauordnung für Wien im Hinblick auf § 8 (1) Bauordnung für Wien auf Widerruf" beantragt, so daß der Gerichtshof nicht über eine befristete Bewilligung erkennen konnte.

Da nach den dargelegten Erwägungen eine Bewilligung nach § 71 der Bauordnung für Wien nicht im Sinne des Gesetzes gelegen wäre, erübrigte sich eine Prüfung der Frage, ob nicht schon auf Grund der Einwendungen von Nachbarn die Erteilung einer Baubewilligung zu versagen wäre, wurden doch im bisherigen Verfahren nur unmittelbar angrenzende Nachbarn geladen, nicht aber alle jene Nachbarn, die von den Auswirkungen des Übungsplatzes betroffen sind (vgl. § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien).

Alle diese Erwägungen führen zu dem Ergebnis, daß auch eine Baubewilligung nach § 71 der Bauordnung für Wien im Beschwerdefall nicht zu erteilen ist. Der Antrag des Beschwerdeführers, sein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung für die einer Bewilligungspflicht unterliegenden Baulichkeiten des Verkehrsübungsplatzes zu bewilligen, war daher abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG sowie die Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985, unter Berücksichtigung des Art. III Abs. 2 dieser Verordnung. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Stempelgebühren für eine dritte, im Beschwerdefall nicht erforderliche Beschwerdeausfertigung, weil die Bauoberbehörde für Wien auf Grund ihrer verfassungsrechtlichen Sonderstellung nach Art. 111 B-VG als ein der Landesregierung nicht untergeordnetes Organ zu beurteilen und sohin § 29 VwGG nicht anzuwenden ist.

Wien, am 2. Juli 1985

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