VwGH 85/04/0024

VwGH85/04/002418.3.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Griesmacher, Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Egger, über die Beschwerden der G-Gesellschaft m.b.H. in B, vertreten durch Dr. Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, Schloßgraben 10, gegen 1) den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 18. Dezember 1984, Zl. 1-2- 17/1984, und 2) den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 24. Oktober 1985, Zl. 1-2-11/1985, beide betreffend Verlängerung der Sperrstunde (mitbeteiligte Partei: Gemeinde F), zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1973 §198 Abs1;
GewO 1973 §198 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 2.760,-- (zusammen sohin S 5.520,--) und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- und S 9.270,-- (zusammen sohin S 17.330,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde F vom 12. Juli 1984, ausgefertigt vom Gemeindeamt F am 19. Juli 1984, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Verlängerung der Sperrstunde für das P-Cafe in F - die Beschwerdeführerin ist Pächterin dieses Gastgewerbebetriebes - vom 1. Juli bis 30. September 1984 täglich bis 04.00 Uhr gemäß § 198 Abs. 3 GewO 1973 abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin begründe den besonderen örtlichen Bedarf damit, daß dieser in den letzten Jahren nie in Frage gestellt worden sei. In der Gemeinde gebe es sonst keinen Gewerbebetrieb, der über 24.00 Uhr hinaus offen halte. Gerade für die Zeit nach 24.00 Uhr bestehe seitens einer Vielzahl der Bürger der Gemeinde ein Bedürfnis, sich in einem öffentlich zugänglichen Lokal zu bewegen und dort Speisen und Getränke zu sich zu nehmen. So werde das P-Cafe vielfach vom Personal der übrigen Gastgewerbebetriebe nach deren Schließung frequentiert. Aber auch Schichtarbeiter der in und anderen Gemeinden befindlichen mittleren und größeren Gewerbebetriebe seien nach Beendigung der Arbeit vielfach Gäste. Es würde eine sehr starke Beeinträchtigung des gesellschaftlichen Lebens einer Gemeinde bedeuten, wenn kein Lokal existiere, das wesentlich über die sonst gültige Sperrstunde von 24.00 Uhr hinaus offen halte. Im Interesse des Fremdenverkehrs sei eine Sperrstundenverlängerung geboten, zumal F gerade wegen des Hafens und der Seelage von vielen Fremden und Schiffanlegern besucht werde. Es sei aber auch das Einzugsgebiet der Schweiz zu berücksichtigen. Die Beschwerdeführerin erwirtschafte ca. 80 % des Umsatzes zwischen 24.00 Uhr und 04.00 Uhr. Dieses Vorbringen sei - so wurde in der Begründung des Bescheides weiter dargelegt - nicht geeignet, einen besonderen örtlichen Bedarf im Sinne des § 198 Abs. 3 GewO 1973 darzutun. Die Beschwerdeführerin führe durchwegs Argumente an, die sich auch auf jeden anderen Gastgewerbebetrieb anwenden ließen. In der Gemeinde F seien sechs Gastgewerbebetriebe vorhanden. Eine Bewilligung für eine spätere Sperrstunde habe bislang lediglich die Beschwerdeführerin besessen. Daß ein solcher Betrieb in Zeiten, in denen im weiteren Umkreis alle anderen Gastgewerbebetriebe geschlossen halten, einen entsprechenden Umsatz mache, liege in der Natur der Sache und sei nicht geeignet, einen besonderen Bedarf für eine spätere Sperrstunde gerade in diesem Gastgewerbebetrieb zu begründen. Da bereits die Verordnung des Landeshauptmannes die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Fremden wahrzunehmen habe, handle es sich hier um nicht generell regelbare Fälle, d.h. in der Regel nur um einzelne Bewilligungen für einige Tage, für kurze Zeitabschnitte oder für bestimmte Tage innerhalb eines bestimmten Zeitraumes. Die von der Beschwerdeführerin behaupteten Bedürfnisse könnten selbst bei Zutreffen demnach nicht als besonderer örtlicher Bedarf im Sinne des Gesetzes verstanden werden. Eine generell eingehaltene Sperrstunde um 24.00 Uhr widerspreche nicht den Bedürfnissen der Gemeindebürger und beeinträchtige auch das gesellschaftliche Leben einer Gemeinde von der Größe von F nicht. Bei dieser Sachlage sei auf die Frage der Bedachtnahme auf sonstige öffentliche Interessen oder wiederholte ungebührliche Belästigung der Nachbarschaft durch die Ausübung des Gastgewerbes nicht näher einzugehen gewesen.

Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung gab die Gemeindevertretung der Gemeinde F mit Bescheid vom 11. September 1984, ausgefertigt vom Gemeindeamt F am 17. September 1984, keine Folge. Die Begründung der Behörde erster Instanz sei - so wurde in der Begründung des Berufungsbescheides ausgeführt - schlüssig und werde mit folgender Ergänzung übernommen: Ein hoher Umsatz zwischen 24.00 Uhr und 04.00 Uhr lasse allenfalls auf einen gewissen Bedarf, aber keineswegs zwingend auf einen besonderen örtlichen Bedarf schließen. Das Berufungsvorbringen, daß eine Gemeinde wie F unbedingt ein Lokal benötige, das auch nach 24.00 Uhr die Gelegenheit biete, Getränke und Speisen zu konsumieren und "soziale Bezüge aufrecht zu erhalten", sei lediglich eine allgemein gehaltene Behauptung, die einen besonderen örtlichen Bedarf im Sinne des Gesetzes ebensowenig begründe wie der Hinweis auf die Bewilligungspraxis der Gemeinde in den vergangenen Zeiträumen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung. Mit Bescheid vom 18. Dezember 1984 gab die Bezirkshauptmannschaft Bregenz gemäß § 7 des Bundes-Gemeindeaufsichtsgesetzes, BGBl. Nr. 123/1967, in Verbindung mit § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Vorarlberg über die Ermächtigung der Bezirkshauptmannschaften zur Ausübung des Aufsichtsrechtes des Bundes über die Gemeinden, LGBl. Nr. 66/1976, der Vorstellung keine Folge. Zur Begründung ihres Bescheides führte die Bezirkshauptmannschaft nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges, des Berufungsvorbringens und des Inhaltes des § 198 Abs. 1 und 3 GewO 1973 aus, gemäß § 1 der Sperrstundenverordnung 1957, LGBl. Nr. 23,

i. d.F. LGBl. Nr. 40/1969 sei die Sperrstunde für Betriebe, wie jenen der Beschwerdeführerin, mit 24.00 Uhr festgesetzt worden. Die Regelung der Sperrzeiten in den Gastgewerbebetrieben sei im wesentlichen auf § 54a der früher geltenden Gewerbeordnung aus 1859 übernommen worden. Zur Auslegung dieser Bestimmungen seien daher insbesondere die Erläuternden Bemerkungen zur Gewerbeordnungsnovelle 1957 heranzuziehen. Demnach bilden diese Bestimmungen die Rechtsgrundlage für Einzelbewilligungen, mit denen einem besonderen örtlichen Anlaß Rechnung getragen werden könne. Da bereits die Verordnungen des Landeshauptmannes die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Fremden wahrzunehmen haben, handle es sich hier um nicht generell regelbare Fälle, d.h. in der Regel nur um Bewilligungen für einzelne Tage, für kurze Zeitabschnitte oder für bestimmte Tage innerhalb eines bestimmten Zeitraumes. Für eine Sperrstundenbewilligung, die nicht auf den gegebenen Anlaß Rücksicht nehme, sondern nur mit allgemeinem Bedarf begründet werde, biete die Bestimmung des § 198 Abs. 3 GewO 1973 keine Handhabe. Gemäß dieser Gesetzesstelle habe die Gemeinde somit zu prüfen, ob ein besonderer örtlicher Bedarf nach einer von der Verordnung des Landeshauptmannes abweichenden Regelung bestehe. Ein solcher besonderer örtlicher Bedarf werde nur dann bejaht werden können, wenn Voraussetzungen vorliegen, die von jenen Voraussetzungen, die Grundlage der Verordnung des Landeshauptmannes waren, abweichen. Es müsse sich somit um Einzelfälle, um Ausnahmen vom Regelfall handeln. Die von der Beschwerdeführerin angeführten Gründe - die Richtigkeit der Angaben bezüglich der Belästigung der Nachbarschaft seien von der Gemeinde nicht in Zweifel gezogen worden - vermöchten eine von der Verordnung des Landeshauptmannes abweichende Sonderregelung nicht zu rechtfertigen. Sie könnten mit dem gleichen Recht von jedem anderen Gastgewerbebetrieb geltend gemacht werden. In der Gemeinde

F würden sechs Gastgewerbebetriebe unterhalten, eine Bewilligung für eine spätere Sperrstunde habe bislang lediglich die Beschwerdeführerin besessen. Daß ein solcher Betrieb in Zeiten, in denen im weiteren Umkreis alle anderen Gastgewerbebetriebe geschlossen halten, einen entsprechenden Umsatz mache, liege in der Natur der Sache und sei nicht geeignet, einen besonderen Bedarf für eine spätere Sperrstunde gerade in diesem Gastgewerbebetrieb zu begründen. Eine Begründung für den besonderen örtlichen Bedarf könne auch nicht in der bisherigen Verwaltungspraxis der Gemeinde erblickt werden. Offensichtlich sei die Gemeinde diesbezüglich in der Vergangenheit einem Rechtsirrtum unterlegen. Aus einem solchen Rechtsirrtum in der Vergangenheit könnten aber keine Rechte der Beschwerdeführerin für die Zukunft abgeleitet werden. Für eine Verlängerung der Sperrstunde fehlten daher die von der Gewerbeordnung geforderten Grundvoraussetzungen. Aus diesem Grunde habe es sich auch erübrigt, auf das allfällige Vorliegen jener besonderen Voraussetzungen einzugehen, in denen die Erteilung einer Ausnahmebewilligung unzulässig sei, wie etwa die ungebührliche Lärmbelästigung der Nachbarschaft, die wiederholte Bestrafung wegen Übertretung der Sperrstunde oder sicherheitspolizeiliche Bedenken wie etwa die Förderung der illegalen Gewerbsunzucht durch den gegenständlichen Gastgewerbebetrieb.

2. Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde F vom 27. Dezember 1984, ausgefertigt vom Gemeindeamt F am 11. Jänner 1985, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Verlängerung der Sperrstunde für das von ihr gepachtete P-Cafe in

F vom 1. Jänner bis 31. März 1985 täglich bis 04.00 Uhr gemäß § 198 Abs. 3 GewO 1973 mit der Begründung abgewiesen, daß eine Änderung in der Sachlage gegenüber dem Bescheid vom 19. Juli 1984, mit dem dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung einer späteren Sperrstunde für die Zeit vom 1. Juli bis 30. September 1984 abgewiesen wurde, nicht eingetreten sei.

Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung gab die Gemeindevertretung der Gemeinde F mit Bescheid vom 2. April 1985, ausgefertigt vom Gemeindeamt F am 19. April 1985, aus den zutreffenden Gründen des vorinstanzlichen Bescheides keine Folge.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung. Mit Bescheid vom 24. Oktober 1985 gab die Bezirkshauptmannschaft Bregenz gemäß § 7 des Bundes-Gemeindeaufsichtsgesetzes, BGBl. Nr. 123/1967, in Verbindung mit § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Vorarlberg über die Ermächtigung der Bezirkshauptmannschaften zur Ausübung des Aufsichtsrechtes des Bundes über die Gemeinden, LGBl. Nr. 66/1976, der Vorstellung im wesentlichen aus den Gründen, wie sie unter anderem in dem unter Punkt 1. angeführten Bescheid dieser Behörde vom 18. Dezember 1984 angeführt sind, dessen Begründung von der Behörde ausdrücklich zum integrierenden Bestandteil auch dieses Bescheides gemacht wurde, keine Folge. Darüberhinaus wurde in diesem Bescheid von der Behörde unter Bezugnahme auf die Vorarlberger Wirtschafts- und Sozialstatistik aus dem Jahre 1982

darauf hingewiesen, daß der Fremdenverkehr in F eine

untergeordnete Rolle spiele.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor. Sie und die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften, in denen sie die Abweisung der Beschwerden beantragten.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen des persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und über sie erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach dem gesamten Beschwerdevorbringen in dem Recht verletzt, daß ihr die beantragte Sperrstunde bewilligt werde. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin zunächst vor, daß der "Bescheid vom 17.9.1984" nicht von der Gemeindevertretung als Behörde zweiter Instanz erlassen worden sei, sondern daß erkennende Behörde auf Grund des Gemeindevertretungsbeschlusses vom 11. September 1984 der Vizebürgermeister sei. Dies sei auch der Unterfertigung des Bescheides zu entnehmen, weil der Vizebürgermeister im eigenen Namen und nicht etwa für die Gemeindevertretung als Kollegialorgan gezeichnet habe. Dadurch sei die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt. Ferner wendet die Beschwerdeführerin ein, daß die Bescheide des Gemeindevorstandes bzw. der Gemeindevertretung als solche zu bezeichnen und daher formalrechtlich unrichtig seien. Zudem wären diese Bescheide mit dem Tage der Beschlüsse der jeweiligen Kollegialorgane zu datieren gewesen. Jedenfalls seien die Bescheide mit diesem Tag erlassen.

Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu. Gemäß § 337 GewO 1973 sind die im § 198 leg. cit. festgelegten Aufgaben der Gemeinde mit Ausnahme der Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens solche des eigenen Wirkungsbereiches. Gemäß § 54 Abs. 1 des Vorarlberger Gemeindegesetzes, LGBl. Nr. 45/1965, obliegen dem Gemeindevorstand alle in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallenden Angelegenheiten, soweit sie nach diesem Gesetz oder anderen Gesetzen nicht ausdrücklich anderen Organen der Gemeinde vorbehalten sind. Gemäß § 53 Abs. 1 leg. cit. hat der Gemeindevorstand seine Beschlüsse unter dem Vorsitz des Bürgermeisters in nichtöffentlichen Sitzungen zu fassen. Gemäß § 45 Abs. 1 lit. a Z. 14 leg. cit. bedarf eines Beschlusses der Gemeindevertretung im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde die Entscheidung über Rechtsmittel gegen Bescheide des Gemeindevorstandes und des Bürgermeisters in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist. Nach § 43 Abs. 1 leg. cit. hat den Vorsitz in der Gemeindevertretung der Bürgermeister zu führen. Gemäß § 56 Abs. 3 leg. cit. hat der Vizebürgermeister den Bürgermeister bei dessen Verhinderung in allen dem Bürgermeister obliegenden Aufgaben zu vertreten. Im Grunde des § 23 Abs. 2 leg. cit. sind die Geschäfte der Gemeindeorgane durch das Gemeindeamt zu besorgen.

Aus dem Zusammenhalt dieser Bestimmungen ergibt sich, daß der auf Grund des Gemeindevertretungsbeschlusses vom 11. September 1984 am 17. September 1984 ausgefertigte Bescheid ein Bescheid der Gemeindevertretung ist, der vom Vizebürgermeister als Vorsitzender dieses Organes in Vertretung des Bürgermeisters, der als Vorsitzender des Gemeindevorstandes an der Abstimmung der Gemeindevertretung über die Berufung gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes nicht teilgenommen hat, unterfertigt wurde. Der Bescheid der Gemeindevertretung vom 11. September 1984 wurde daher vom hiefür zuständigen Organ erlassen. Im übrigen geht selbst nach Ansicht der Beschwerdeführerin aus der Diktion der Bescheide zweifelsfrei hervor, daß sie auf Grund von Kollegialbeschlüssen der Gemeindeorgane ergangen sind, erkennende Behörde sohin entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht der Bürgermeister oder der Vizebürgermeister ist. Die Behörde - das jeweilige Organ, das den Beschluß gefaßt hat - ist in den vom Gemeindeamt F gemäß § 23 Abs. 2 des Vorarlberger Gemeindegesetzes ausgefertigten Bescheiden ausdrücklich angeführt, weshalb der Verwaltungsgerichtshof eine "formalrechtliche" Unrichtigkeit der Bescheide nicht zu erkennen vermag. Der Beschwerdeführerin kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie meint, daß die vom Gemeindeamt ausgefertigten Beschlüsse der jeweiligen Organe mit dem Tage der Beschlußfassung zu datieren gewesen wären und jedenfalls mit diesem Tage erlassen seien. Denn die Beschlüsse der Gemeindeorgane traten der Beschwerdeführerin gegenüber erst mit ihrer Erlassung in rechtliche Geltung, die im Beschwerdefall mit der Zustellung der vom Gemeindeamt ausgefertigten Bescheide vorgenommen wurde.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, daß hinsichtlich der Sperrstundenbewilligung anderen Gastgewerbebetrieben gegenüber kein so strenger Maßstab wie ihr gegenüber angewendet werde, ohne daß in solchen Fällen die Aufsichtsbehörde tätig werde. Die Sperrstundenregelung des Landeshauptmannes könne nur ganz allgemein die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Fremden berücksichtigen, woraus sich schon ergebe, daß sicher jede Gemeinde für sich dem besonderen örtlichen Bedarf dadurch Rechnung trage, daß sie zumindest ein oder zwei Betriebe mit einer längeren Sperrstunde ausstatte. Im angefochtenen Bescheid werde gar nicht bestritten, daß in F ein solcher Bedarf augenscheinlich sei, weil sich der Betrieb der Beschwerdeführerin gerade nach 24.00 Uhr besonderer Beliebtheit erfreut habe und stark frequentiert worden sei. Da die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen und keine Erhebungen gepflogen habe, welche Personengruppe den Betrieb der Beschwerdeführerin nach 24.00 Uhr frequentiert habe, ob in den Sommermonaten dies in überwiegender Zahl nicht Fremde bzw. Bootsanleger seien und dergleichen mehr, liege auch eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor.

Auch diesem Einwand bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 198 Abs. 1 GewO 1973 hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt, in dem die Gastgewerbebetriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, in dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen; er hat hiebei auf die Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung und der Fremden Bedacht zu nehmen und erforderlichenfalls von der Festlegung einer Sperrzeit abzusehen. Bei den in Bahnhöfen, auf Flugplätzen und an Schiffslandeplätzen gelegenen Gastgewerbebetrieben hat der Landeshauptmann insbesondere den Verpflegungsbedarf der Reisenden zu berücksichtigen; zu dieser Frage sind auch die in Betracht kommenden Verkehrsunternehmen zu hören. Nach Abs. 3 dieses Paragraphen hat die Gemeinde bei besonderem örtlichen Bedarf unter Bedachtnahme auf die sonstigen öffentlichen Interessen für einzelne Gastgewerbebetriebe eine frühere Aufsperrstunde oder eine spätere Sperrstunde, gegebenenfalls mit den durch den Anlaß bestimmten Beschränkungen, zu bewilligen. Eine solche Bewilligung ist nicht zu erteilen, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch die Ausübung des Gastgewerbes ungebührlich belästigt oder der Gastgewerbetreibende wegen Überschreitung der Sperrstunde oder der Aufsperrstunde wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist.

Bei der Bewilligung der Sperrstunde gemäß § 198 Abs. 3 GewO 1973 durch die Gemeinde handelt es sich - wie sich auch aus § 337 leg. cit. ergibt - um eine Maßnahme des eigenen Wirkungsbereiches, der alle Angelegenheiten umfaßt, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden (Art. 118 Abs. 2 B-VG). Daraus folgt zunächst, daß es bei der gegebenen Verfassungsrechtslage der Gemeinde verwehrt ist, eine frühere Aufsperrstunde oder eine spätere Sperrstunde abweichend von der durch den Landeshauptmann gemäß § 198 Abs. 1 GewO 1973 festgelegten Regelung aus Gründen zu bewilligen, die nicht im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen, sondern in überörtlichen Interessen begründet sind. Aus der Bestimmung des § 198 Abs. 3 GewO 1973 folgt aber insbesondere in Hinsicht darauf, daß die Bewilligung gegebenenfalls mit den durch den Anlaß bestimmten Beschränkungen zu erteilen ist, des weiteren, daß die Gemeinde nur dann zu einer Maßnahme nach dieser Gesetzesstelle berechtigt ist, wenn besondere, in der Gemeinde gelegene Umstände vorhanden sind, die den örtlichen Bedarf begründen. Während also Gegenstand der generellen Sperrzeitenregelung durch den Landeshauptmann nach § 198 Abs. 1 GewO 1973 der allgemeine überörtliche Bedarf ist, erfordert die Festlegung einer von der generellen Regelung abweichenden Sperrzeit nach Abs. 3 des § 198 leg. cit. einen besonderen örtlichen Bedarf. Der besondere örtliche Bedarf muß sich aus einer besonderen, die Gemeinde im Sinne des Art. 118 Abs. 2 B-VG betreffenden Nachfrage herleiten. In diesem Sinne ist jede Nachfrage nach einer geänderten Sperrzeitenregelung, die auf einen in der Gemeinde gelegenen konkreten spezifischen Anlaß zurückzuführen ist, geeignet, einen besonderen örtlichen Bedarf gemäß § 198 Abs. 3 GewO 1973 zu begründen, der die Gemeinde ermächtigt, für einzelne Gastgewerbebetriebe eine von der generellen Regelung abweichende frühere Aufsperrstunde oder eine spätere Sperrstunde zu bewilligen.

Ausgehend davon unterließ es zwar die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage, die von der Beschwerdeführerin gerügten Ermittlungen anzustellen. Dieser Mangel ist aber nicht wesentlich, weil die belangte Behörde bei der gegebenen Sach- und Rechtslage selbst bei seiner Vermeidung zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können. Denn entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kommt es aber weder auf die bisherige Verwaltungspraxis der Gemeinde F noch auf die einer anderen Gemeinde in Österreich und auch nicht darauf an, daß anderen Gewerbebetrieben entgegen den angeführten Kriterien eine Verlängerung der Sperrstunde bewilligt wurde, ganz abgesehen davon, daß die Beschwerdeführerin - wie sie selbst ausführt - aus einer einem anderen Gastgewerbebetrieb allenfalls rechtswidrig erteilten Bewilligung einer geänderten Sperrzeit - die Behauptung der Beschwerdeführerin blieb diesbezüglich im allgemeinen - für sich kein Recht ableiten kann, eine nicht dem Gesetz entsprechende Verlängerung der Sperrstunde bewilligt zu erhalten. Bei Zugrundelegung des vorstehend dargelegten Inhaltes des § 198 Abs. 3 GewO 1973 kann der Ansicht der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wonach die von der Beschwerdeführerin für die Verlängerung der Sperrstunde vorgebrachten Gründe nicht geeignet sind, einen besonderen örtlichen Bedarf auf Grund eines konkreten Anlasses als gegeben anzunehmen, weshalb die Bewilligung schon aus diesem Grunde versagt werden durfte, ohne daß sich die Behörde mit dem Vorliegen der weiteren für die Erteilung einer Bewilligung im § 198 Abs. 3 GewO 1973 angeführten Voraussetzungen auseinandersetzen mußte. Der Wunsch gewisser - durchaus nicht nur in der Gemeinde F vorhandener - Bevölkerungskreise, sich auch noch nach 24.00 Uhr in Gastgewerbebetrieben aufhalten zu können, vermag die Annahme eines besonderen örtlichen Bedarfes im Sinne des § 198 Abs. 3 GewO 1973 ebensowenig zu rechtfertigen wie die Tatsache, daß der Gastgewerbebetrieb der Beschwerdeführerin vom Personal der übrigen Gastgewerbebetriebe nach deren Schließung und von Schichtarbeitern der in F und anderen Gemeinden befindlichen Gewerbebetriebe nach Beendigung ihrer Schicht frequentiert wird, weil sich darin allein kein speziell in den örtlichen Gegebenheiten der Gemeinde F gelegener Bedarf manifestiert. Gleiches gilt für die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten - im übrigen aber ebenfalls nicht auf die Gemeinde F beschränkten - Interessen des Fremdenverkehrs. Wenn die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf die "Seelage" der Gemeinde F als einen der bedeutendsten Bootsanlegeplätze des Landes Vorarlberg sowie auf die Schiffsanleger und die vor allem während der Sommermonate dort befindlichen "Bootseigner" und deren Gäste verweist, so ist auch dieses Vorbringen zum Nachweis eines besonderen örtlichen Bedarfes nicht geeignet, weil auch daraus nicht hervorgeht, daß und aus welchen - insbesondere unabhängig von anderen vergleichbaren Bodenseegemeinden - in der Gemeinde gelegenen Gründen konkret eine spätere Sperrstunde im Betrieb der Beschwerdeführerin erforderlich sei. Denn das Bedürfnis dieses Personenkreises, insbesondere während der Urlaubszeit für längere gesellige Abende Lokale mit einer verlängerten Sperrstunde aufzusuchen, stellt sich nicht anders dar als ein solcher allfälliger Wunsch anderer Gäste oder gewisser sonstiger Bevölkerungskreise in anderen hiefür in Betracht kommenden Orten nach einem über die generelle Sperrstunde hinausgehenden Aufenthalt in einem Gastgewerbebetrieb. Dies trifft im besonderen auch für den Hinweis auf die Gäste aus der nahen Schweiz zu, der ebenfalls nicht jene konkreten besonderen Umstände erkennen läßt, die einen besonderen örtlichen Bedarf für eine über 24.00 Uhr hinausgehende Sperrstunde in der Gemeinde F für den Betrieb der Beschwerdeführerin zu begründen vermöchten. Bei diesem Sachverhalt bedeutete es auch keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens, daß über die Zusammensetzung des Personenkreises, der den Gastgewerbebetrieb der Beschwerdeführerin in den früheren Jahren nach 24.00 Uhr besuchte, keine weiteren Ermittlungen gepflogen wurden.

Wenn sohin die belangte Behörde zur Überzeugung gelangte, daß durch die Bescheide der Gemeindevertretung der Gemeinde F Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzt wurden und der Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen diese Bescheide deswegen keine Folge gab, ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen. Was im besonderen den angefochtenen Bescheid vom 24. Oktober 1985 betrifft, kann dahingestellt bleiben, ob im Beschwerdefall die belangte Behörde - wie die Beschwerdeführerin meint - gegen die ihr obliegende Begründungspflicht dadurch verstoßen habe, daß sie in der Begründung dieses Bescheides auf die Begründung anderer, denselben Gegenstand und dieselbe Beschwerdeführerin betreffenden Bescheide verwies, weil sich die belangte Behörde mit einem solchen Hinweis nicht begnügte. Der Begründung dieses angefochtenen Bescheides sind - unabhängig von den in den verwiesenen Bescheiden enthaltenen Begründungen - mit hinreichender Ausführlichkeit und Deutlichkeit die Erwägungen der belangten Behörde zu entnehmen, daß und warum ihrer Ansicht nach durch den Bescheid der Gemeindevertretung Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzt wurden.

Da sich die Beschwerden sohin zur Gänze als unbegründet erweisen, waren sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Das im Schriftsatz der mitbeteiligten Partei vom 10. Jänner 1986 gestellte Mehrbegehren war im Hinblick auf die Bestimmung des § 59 Abs. 2 Z. 1 VwGG, wonach der Antrag auf Zuerkennung von Aufwandersatz für den Schriftsatzaufwand im Schriftsatz einzubringen ist, als verspätet zurückzuweisen.

Wien, am 18. März 1986

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