VwGH 84/15/0184

VwGH84/15/018429.4.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Närr, Dr. Wetzel und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kowalski, über die Beschwerde des BP in L, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in Linz, Mozartstraße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 3. April 1984, Zl. 118/3‑9/Pr‑1983, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Normen

GebG 1957 §33 TP5 Abs3 idF 1976/668

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1984150184.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Am 20. Juli 1983 hatten der Beschwerdeführer als Mieter und die RL KG. als Vermieterin (vertreten durch deren Geschäftsführer RL) einen Mietvertrag abgeschlossen und unterfertigt. Dieser Mietvertrag enthält u.a. folgende Vereinbarungen:

„II.

Mietzins

Als Mietzins für die Überlassung des Mietobjektes wird ein Mietzinsbetrag von monatlich S 35.000,-- ........ wertgesichert nach Maßgabe der in Punkt VI aufgenommenen Bestimmungen vereinbart.

Für die Zeit vom 1.9.1983 bis 31.8.1985 gewährt die Vermieterin einen Zinsennachlaß von S 5.000,-- zuzüglich Mehrwertsteuer in der jeweils gesetzlichen Höhe.

Der Mieter leistet bei Vertragsunterfertigung eine Mietzinsvorauszahlung für die ersten drei Bestandmonate in der Höhe von S 97.200,-- incl. 8 % Mehrwertsteuer.

Neben dem Grundbetrag des Mietzinses und ohne Anrechnung auf diesen hat der Mieter der Vermieterin den verhältnismäßigen Anteil an den Betriebskosten und öffentlichen Abgaben im Sinne der Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes zu ersetzen, welcher verhältnismäßig auf die zum Mietgegenstand entfallenden Räumlichkeiten entfällt, d.s. 22,62 Prozent.

.......

VI.

Wertsicherung

Der Grundbetrag des Mietzinses in der Höhe von S 35.000,-- erhöht oder ermäßigt sich im gleichen Verhältnis, in welchem der vom Statistischen Zentralamt in Wien veröffentlichte Verbraucherpreisindex 1976 steigt oder fällt. Die Änderungen in der Indexziffer sind jeweils erst dann zu berücksichtigen, wenn diese Änderungen 5 % (fünf Prozent) der Vergleichsziffer übersteigen.

Ausgangspunkt für den Vergleich ist zunächst die Indexziffer des Monates 1983, in der Folge jeweils diejenige Indexziffer, auf Grund welcher die letzte Anpassung des Mietzinses an die geänderten Verbraucherpreise stattgefunden hat.

Sollte die Veröffentlichung des Verbraucherpreisindex 1976 durch das Statistische Zentralamt in Wien eingestellt werden, dann ist zur Ermittlung der Änderung der Verbraucherpreise derjenige Index heranzuziehen, der sinngemäß anstelle des Verbraucherpreisindex 1976 tritt.

In der Zeit vom 1.9.1983 bis 31.8.1985 wird von dem jeweiligen wertgesicherten Mietzins ein Zinsnachlaß von S 5.000,-- zuzüglich Mehrwertsteuer abgezogen.

.......

XIV.

Mietdauer

Das Mietverhältnis beginnt am 1. September 1983 und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

Der Mietvertrag kann von jedem der beiden Vertragsteile mit mindestens sechsmonatiger Kündigungsfrist jeweils auf den 30. Juni oder 31. Dezember eines jeden Jahres aufgekündigt werden, und zwar mittels eingeschriebenen Briefes.

.......“

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz setzte für diesen Mietvertrag - ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 1,486.800,-- (monatliche Miete und Umsatzsteuer: S 41.300,--, daher Jahresmiete und Umsatzsteuer: S 495.600,--) ‑ gegenüber dem Beschwerdeführer eine Rechtsgebühr von 1 v.H. mit einem Betrag von S 14.868,-- fest.

In seiner gegen diesen erstinstanzlichen Bescheid rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, es sei der in Punkt II. Abs. 2 besagten Mietvertrages vereinbarte Zinsnachlaß übersehen worden. Die Bemessungsgrundlage sei daher um den Betrag von S 120.000,-- zuzüglich S 9.600,‑‑ Umsatzsteuer, und folglich die festgesetzte Gebühr auf S 13.572,-- zu vermindern.

Aufgrund einer Anfrage der belangten Behörde vom 20. März gab der Beschwerdeführer mit Schreiben seines Vertreters vom 28. März 1984 bekannt, der wirtschaftliche Grund für den laut Punkt II. des gegenständlichen Mietvertrages gewährten Zinsnachlaß sei darin zu erblicken, daß das vom Beschwerdeführer im Mietobjekt geführte Unternehmen in der Anfangsphase durch einen erhöhten Investitionsaufwand belastet sei. Ergänzend dazu erteilte Dr. B, ein Mitarbeiter des Vertreters des Beschwerdeführers, am 30. März 1984 einem Organ der belangten Behörde telefonisch die Auskunft, daß sich der Beschwerdeführer der Vermieterin gegenüber weder zu Adaptierungsarbeiten noch zu Investitionen „am“ Mietobjekt verpflichtet habe.

Mit Bescheid vom 3. April 1984 gab sodann die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge. Dies im wesentlichen nach Darstellung der maßgeblichen Vertragspunkte und das Verwaltungsgeschehens unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 17 Abs. 1 sowie 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 GebG 1957 mit folgender Begründung:

Die Gründe, die im Gegenstand zu der Vereinbarung eines zeitlich befristeten Zinsnachlasses geführt hätten, seien gebührenrechtlich bedeutungslos. Der Beschwerdeführer versuche offenbar, eine unbestimmte Vertragsdauer gebührenrechtlich einer bestimmten Dauer von 3 Jahren gleichzusetzen. Die von ihm angestellte Ermittlung der Gebührenbemessungsgrundlage basiere darauf, daß die einzelnen auf die ersten drei Jahre entfallenden tatsächlich zu leistenden Mietzinse addiert würden. Dies sei unrichtig.

Die Behandlung der gegen diese Berufungsentscheidung an ihn gerichteten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 21. September 1984, B 400/84‑3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Nach dem gesamten Inhalt der mit Schriftsatz vom 26. November 1984 ergänzten Beschwerde behauptet der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof die Verletzung seines subjektiv‑öffentlichen Rechts auf „anteilsmäßige“ Berücksichtigung des gegenständlichen Mietzinsnachlasses bei Errechnung der Bemessungsgrundlage der Gebühren für besagten Mietvertrag vom 20. Juli 1983. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides, in eventu dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor. In dieser wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 erster Satz GebG 1957 ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend.

Nach § 17 Abs. 2 GebG 1957 wird, wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.

Aufgrund des § 26 GebG 1957 gelten für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955 mit der Maßgabe, daß ... bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinse unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen ist.

Gebühren für Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) - also schon gemäß § 1091 ABGB auch für den gegenständlichen Mietvertrag - und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, sind nach § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG 1957 nach dem Wert im allgemeinen mit 1 v.H. festzusetzen.

Aufgrund des § 33 TP 5 Abs. 3 erster Satz GebG 1957 sind bei unbestimmter Dauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten.

Der Beschwerdeführer glaubt seinen Rechtsstandpunkt mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, und zwar im wesentlichen mit dessen Erkenntnissen vom 22. Oktober 1952, Z1. 601/52, Slg. Nr. 648/F, und vom 7. Dezember 1977, Zlen. 1005, 1552/75, Slg. Nr. 5200/F (verstärkter Senat), begründen zu können. Das vom Beschwerdeführer für seinen Standpunkt zuerst zitierte Erkenntnis Slg. Nr. 648/F kann schon deswegen auf den vorliegenden Fall nicht angewendet werden, weil ihm ein auf die Dauer von 20 Jahren - also auf eine gewisse und nicht auf unbestimmte Zeit - geschlossener Mietvertrag zugrunde lag, dessen ungewisser oder schwankender Wert im Sinne des (damals in Geltung gestandenen) Bewertungsgesetz zu erforschen, wenn notwendig, zu schätzen war.

Mit dem Erkenntnis Slg. Nr. 5200/F, das auch für die Rechtslage nach der Gebührengesetz-Novelle 1976, BGBl. Nr. 668, seine Bedeutung behalten hat (siehe z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. April 1980, Zl. 2694/79, Slg. Nr. 5474/F), hat der Verwaltungsgerichtshof in dem hier vom Beschwerdeführer gesehenen Zusammenhang aber dargetan, daß aufgrund der Sondervorschrift des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG 1957 bei Verträgen auf unbestimmte Dauer kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung als der für die Gebührenbemessung maßgebliche Wert das dreifache Jahresentgelt anzunehmen ist. Es dürfen hier auch einmalige Leistungen, wie etwa Baukostenzuschüsse oder Grundkostenanteile - es sei denn, daß diese Leistungen ungeachtet ihrer Erwähnung im Bestandvertrag aufgrund eines anderen Rechtsgeschäftes ausschließlich als Vorauszahlung für die in Aussicht genommene spätere Übertragung des Eigentums erbracht werden (die Beweislast hiefür hat allerdings gemäß § 17 Abs. 2 GebG 1957 der Gebührenschuldner zu tragen) -, jedoch nur anteilsmäßig in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden, wenn sie für eine längere Nutzungszeit als drei Jahre bestimmt sind und wenn sich aus dem Inhalt der Vereinbarung oder aufgrund gesetzlicher Vorschriften ergibt, daß ein aliquoter Rückforderungsanspruch des Bestandnehmers hinsichtlich der von ihm erbrachten einmaligen Leistung für den Fall besteht, daß das Vertragsverhältnis vor Ablauf des Aufteilungszeitraumes endet.

Der vom Beschwerdeführer aus dieser Rechtsprechung gezogene Schluß, wonach der gegenständliche Mietzinsnachlaß anteilsmäßig von der Bemessungsgrundlage in Abzug zu bringen wäre, erscheint dem Verwaltungsgerichtshof indes aus folgenden Gründen nicht richtig:

Zutreffend ging die belangte Behörde bei der gebotenen Betrachtung des gesamten Inhaltes des gegenständlichen Mietvertrages (siehe insbesondere die oben zitierte Kündigungsbestimmung des Punktes XIV. Abs. 2) davon aus, daß es sich hier nicht um einen Vertrag auf eine bestimmte Zeit (2 Jahre) und weiterhin auf unbestimmte Zeit handelt (siehe z. B. das Erkenntnis eines verstärktes Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1964, Zl. 143/63, Slg. Nr. 3190/F). Umgekehrt kann aber - schon rein begrifflich - nicht durch den ausdrücklich (auf bestimmte Zeit) vereinbarten Mietzinsnachlaß der Jahreswert des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG 1957 beeinflußt werden. Diese Bestimmung ist nämlich gegenüber dem § 26 GebG 1957 eine lex specialis (siehe z. B. Arnold, Gebührengesetz 1957, Rechtsgebühren von A ‑ Z, Wien 1982, S. 107 Abs. 1; Gaier, Kommentar zum Gebührengesetze, Wien 1982, S. 202, II., RZ 5; Frotz‑Hügel‑Popp, Kommentar zum Gebührengesetz, Wien, Stand nach der 4. Lieferung Mai 1981, bei § 33 TP 5, B II 2 c, S. 21 Abs. 1) und hat die (auf unbestimmte Vertragsdauer) zu erbringenden wiederkehrenden Leistungen als Bewertungsgrundlage.

Bereits die bisherigen Ausführungen zeigen, daß die vorliegende Beschwerde unbegründet und daher gemäß dem § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen ist.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 29. April 1985

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