VwGH 84/13/0199

VwGH84/13/019927.3.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Traumüller, über die Beschwerden 1. des AF in W, 2. der HF in W und 3. des AF und der HF in W, alle vertreten durch Dr. Walter Schuppich, Dr. Werner Sporn, Dr. Michael Winischhofer und Dr. Martin Schuppich, Rechtsanwälte in Wien I, Falkestraße 6, und zwar des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 21. Mai 1984, GZ. 6/3‑1695/83, betreffend Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 1969 bis 1979, Einkommensteuer 1973 bis 1979, der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 25. Mai 1984, GZ. 6/3‑1694/83, betreffend Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 1969 bis 1979, Einkommensteuer 1973 bis 1979 und beider Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 25. Mai 1984, GZ. 6/3‑1694/3/83, betreffend Einkommensteuer 1969 bis 1972, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §184 Abs1
EStG 1967 §4 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1984130199.X00

 

Spruch:

1. Der Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 25. Mai 1984, GZ. 6/3‑1694/83, betreffend Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 1969 bis 1979, Einkommensteuer 1973 bis 1979 hinsichtlich der Beschwerdeführerin wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.710,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

2. Die Beschwerde gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 21. Mai 1984, GZ. 6/3‑1695/83, betreffend Einkommensteuer 1973 bis 1979 hinsichtlich des Beschwerdeführers wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

3. Der Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 25. Mai 1984, GZ. 6/3‑1694/3/83, betreffend Einkommensteuer 1969 bis 1972 hinsichtlich der beiden Beschwerdeführer wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 9.440,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beiden Beschwerdeführer sind ein Ehepaar. Die Beschwerdeführerin hat in den Streitjahren in Wien einen Handel mit Antiquitäten betrieben.

Im Zuge einer, nach einer 1980 durch die Steuerfahndung durchgeführten Hausdurchsuchung, erfolgten Betriebsprüfung wurde im wesentlichen festgestellt:

1. Auch der Beschwerdeführer habe in den Streitjahren einen Handel mit Antiquitäten betrieben, jedoch keine Abgabenerklärungen eingebracht. Auf Grund der beschlagnahmten privaten Aufzeichnungen hätten von der Betriebsprüfung jedoch Umsätze in Höhe von S 4,043.487,-- festgestellt werden können. Die Einkommensteuer für die Jahre 1969 bis 1972 sei im Wege der Zusammenveranlagung mit der Beschwerdeführerin erhoben worden. Die Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen (siehe unten Punkt 2) sei für 1973 auf Grund der festgestellten Bankeinlagen gemäß § 184 BAO erfolgt, wobei der sich ergebende Zinsenertrag im Verhältnis des Gewinnes aufgeteilt worden sei.

Für 1974 sei eine diesbezügliche Zurechnung nicht erfolgt. Für die Jahre 1975 bis 1979 seien die Einkünfte aus Kapitalvermögen auf Grund der vorgefundenen Aufzeichnungen von der Betriebsprüfung ermittelt und zugeordnet worden.

2. Bei der durchgeführten Hausdurchsuchung sei eine Liste von 119 Sparbüchern mit einem Gesamteinlagestand von S 5,214.403,-- bei der X Bank gefunden worden. 109 dieser Sparbücher seien mit den Buchstaben A, H und AH bezeichnet, weitere mit S, G, P. Diese Sparbücher seien dem Beschwerdeführer und der Beschwerdeführerin zugerechnet worden.

3. Die von der Beschwerdeführerin in den Streitjahren erklärten Umsätze und Gewinne seien „in der Höhe von S 16,511.098,-- (Umsatz) verkürzt worden“.

4. Aus den vorgefundenen Aufzeichnungen habe sich die Weiterführung des Geschäftsbetriebes der Beschwerdeführerin (laut Erklärung sei derselbe mit 31. Dezember 1979 eingestellt worden) im Jahre 1980 ergeben.

Auf der Basis der Feststellungen der Betriebsprüfung erließ das Finanzamt jeweils hinsichtlich des Beschwerdeführers und der Beschwerdeführerin Umsatzsteuer- und Gewerbesteuerbescheide für 1969 bis 1979 sowie Einkommensteuerbescheide für 1973 bis 1979 sowie für beide gemeinsam Einkommensteuerbescheide für 1969 bis 1972. Gegen alle diese Bescheide haben die Beschwerdeführer innerhalb offener Frist Berufung erhoben und in dieser im wesentlichen ausgeführt:

1. Der Beschwerdeführer habe im Prüfungszeitraum keinen eigenen Gewerbebetrieb besessen.

2. Der Gewerbebetrieb der Beschwerdeführerin sei am 21. September 1979 mit Stichtag 31. Dezember 1979 an die Firma D verkauft worden. Einen Teil der in der Endinventur aufscheinenden Kunstwerke im Werte von S 53.954,-- habe sie mangels Interesse nicht gekauft. Es sei allerdings von der Beschwerdeführerin versäumt worden, diese Gegenstände als Eigenverbrauch unter gleichzeitiger Entrichtung der entsprechenden Umsatzsteuer ins Privatvermögen zu überführen sowie für diese Wirtschaftsgüter im Sinne des § 24 Abs. 3 EStG unter gleichzeitiger Anwendung des § 37 Abs. 2 leg. cit. den gemeinen Wert im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung anzusetzen. Die in der Beschlagnahmeliste vom 11. April 1980 enthaltene und von dem gerichtlich beeideten Schätzmeister S bewerteten Kunstgegenstände seien Privatvermögen und nicht Betriebsvermögen. Dies könne von Zeugen bestätigt werden. Der Ansicht des Finanzamtes, wonach keine Betriebsveräußerung vorliege, weil das die wesentliche Grundlage des bisherigen Betriebes bildende Warenlager nur zu einem geringen Teil verkauft worden sei, sei daher nicht zu folgen.

3. Der Beschwerdeführer, welcher italienischer Staatsbürger sei, sei von Freunden und Bekannten in Italien „bestürmt worden“, ihnen bei Einkäufen wertbeständiger Waren, insbesondere Kunstwerken, in Österreich behilflich zu sein. Die Durchführung von Kaufaufträgen sei durch die Eröffnung von Sparbüchern sehr vereinfacht worden. Gegebenenfalls nämlich habe der betreffende italienische Einleger den für einen Kauf notwendigen Betrag behoben, sodaß der Beschwerdeführer „der den Verkauf abwickelte, nicht gezwungen war, eigene Gelder vorzuschießen“. Die Ausländer hätten jedoch ihre Anonymität wahren wollen. Um jedoch einen Überblick zu gewinnen, habe der Beschwerdeführer die einzelnen Einlagebuchbesitzer, von welchem jeder über mehrere Sparbücher verfügt habe, mit Buchstaben bezeichnet. Er könne sich heute aber nicht mehr erinnern, „welche Bedeutung diesen Symbolen zukommt“. Zwischen den Besitzern der Einlagebücher und dem Beschwerdeführer habe eine mündliche Vereinbarung bestanden, über die Namen der betreffenden keine Aufzeichnungen zu führen „besonders die Höhe der einzelnen Guthaben nicht mit Namensnennung zu versehen“. Von der Mehrzahl der Personen, für welche der Beschwerdeführer Gelder veranlagt habe, seien „namentlich Beträge genannt worden“, welche der Beschwerdeführer „an die Berechtigten ausfolgte oder über welche er wunschgemäß anders verfügte. Die Namen dieser Personen sind in der beigefügten List ersichtlich“.

Es werde die Ansicht vertreten, daß der Schluß zulässig sei, es handle sich bei den in Rede stehenden Einlagen nicht um Vermögen der Beschwerdeführer.

4. Was die Kassabücher betreffe, so seien diese, obwohl sie Kolonnen aufwiesen, in ihrem konfusen Wirrwar von Ziffern, Namen und Zeichnungen, kein geeignetes Instrument, um wirklich stichhältige Schlüsse daraus zu ziehen. Sie seien daher als Beweismittel auszuscheiden. Hinsichtlich der Herkunft der Mittel für den Lebensunterhalt werde auf den Erlös aus dem Verkauf eines Hauses in Italien hingewiesen, welches dem Beschwerdeführer gehört habe.

Zu den einzelnen Punkten dieser Berufung nahm der Betriebsprüfer mit Schreiben vom 24. August 1982 eingehend Stellung. In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde wurde dasselbe zur Verlesung gebracht. Im Zuge der Verhandlung wurde vom Steuerberater der Beschwerdeführer vorgebracht, daß die Betriebsveräußerung steuerrechtlich falsch behandelt worden sei; es seien Bilder in das Privatvermögen übernommen, diese „Privatentnahmen“ jedoch nicht erklärt und nach der Betriebsveräußerung sei nur noch ein Bild aus dem Privatbesitz verkauft worden.

Hinsichtlich der behaupteten Fremdgelder wurde ein Schreiben der SM vom 8. März 1981 vorgelegt.

Über das Rechtsmittel hat die belangte Behörde mit den im Spruch angeführten drei Bescheiden abgesprochen.

1. Bescheid vom 25. Mai 1984,GZ. 6/3‑1694/83, betreffend Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 1969 bis 1979, Einkommensteuer 1973 bis 1979 hinsichtlich der Beschwerdeführerin

Mit diesem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung gegen den Umsatzsteuer- Einkommensteuer- und Gewerbesteuerbescheid 1975 teilweise Folge gegeben und die Bescheide betreffend Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 1969 bis 1974 und 1976 bis 1979 sowie Einkommensteuer 1973, 1974, 1976 bis 1979 abgeändert. In der Begründung wird im wesentlichen folgendes ausgeführt:

a) Betriebsveräußerung:

Die Veräußerung von Waren an die Firma D im Werte von S 100.000,-- stelle keine Betriebsveräußerung im ganzen dar, weil die gewerbliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin damit nicht beendet worden sei. Laut unwiderlegter Feststellung der Betriebsprüfung sei nämlich am 18. Februar 1980 ein Verkauf von Antiquitäten im Werte von S 49.000,-- an die Firma S in W, erfolgt. Weiters seien auch in der Folge Ein- und Verkäufe festgestellt worden. Daß in den Vermögensteuererklärungen bis einschließlich 1979 keine im Privatvermögen befindlichen Kunstschätze aufgenommen worden seien, stehe fest. Erst in der Vermögensteuererklärung zum 1. Jänner 1980 werde diesbezüglich ein Betrag von S 127.501,46 angegeben. Daraus sei zu schließen, „daß sowohl das Privat- als auch das Betriebsvermögen gegenüber der Finanzverwaltung nicht angegeben wurde“.

b) Fremde Gelder:

Bei der am 11. April 1980 durchgeführten Hausdurchsuchung sei eine Liste von 119 Sparbüchern vorgefunden worden. 109dieser Bücher seien mit den Buchstaben A, H und AH, die restlichen mit S, G bzw. P bezeichnet gewesen.

In freier Beweiswürdigung erkenne die belangte Behörde in den Buchstaben A, H und AH die Initialen der Vornamen der Beschwerdeführerin und ihres Gatten und werte daher diese Sparbücher als alleiniges Eigentum der Beschwerdeführer. Der Zinsenertrag sei anhand der von der X Bank übermittelten Unterlagen errechnet worden. Die Zinserträgnisse aus Sparguthaben bei der X Bank für den Zeitraum 1969 bis Mitte 1974 habe die Behörde nach dem jeweils geltenden Eckzinssatz geschätzt. Die behauptete treuhändische Anlage von Geldern ausländischer Freunde sei nicht bewiesen. Es entspreche auch nicht den Erfahrungen des wirtschaftlichen Lebens, über derart hohe Beträge einerseits keinerlei Aufzeichnungen zu führen und andererseits keine Erinnerung an die einzelnen Treuhandgeber zu haben. Bei den in der Berufung genannten Personen, für die der Beschwerdeführer angeblich Gelder angelegt habe, sei eine amtswegige Überprüfung des Wahrheitsgehaltes der Angaben nicht möglich, da es sich bei den Genannten um ausländische Staatsbürger mit ständigem Wohnsitz im Ausland (Italien, Peru) handle. Die vorgelegten Schreiben der SM und des verstorbenen Dr. H würden als bloße Gefälligkeitsbestätigungen gewertet.

c) Eintragungen im sogenannten Kassabuch:

In diesem Zusammenhang erschöpft sich die belangte Behörde nach Zitierung des § 184 BAO in der Anführung verschiedener, aus der hg. Judikatur abgeleiteter Rechtssätze um schließlich festzustellen, daß „daraus erhellt, daß auf Grund der in Rede stehenden Kassabücher eine Schätzungsberechtigung gegeben war“.

2. Bescheid vom 21. Mai 1984, GZ. 6/3‑1695/83, betreffend Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 1969 bis 1979, Einkommensteuer 1973 bis 1979 hinsichtlich des Beschwerdeführers

Mit diesem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 1973, 1975 bis 1979 teilweise Folge gegeben, den Einkommensteuerbescheid 1974 und die angefochtenen Umsatzsteuer- und Gewerbesteuerbescheide aber aufgehoben. Begründend wurde, was die Aufhebung der Umsatzsteuer- und Gewerbesteuerbescheide anlangt, ausgeführt, daß keine Hinweise dafür hätten gefunden werden können, daß der Beschwerdeführer in den Streitjahren tatsächlich einen Gewerbebetrieb (Handel mit Antiquitäten) geführt habe. Deshalb kämen auch in den bekämpften Einkommensteuerbescheiden Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht zum Ansatz. Lediglich Einkünfte aus Kapitalvermögen resultierend aus den oben unter Punkt 1 lit. b angeführten Sparbüchern, wären entsprechend beim Beschwerdeführer der Besteuerung zu unterziehen. Da jedoch 1974 „keine Einkünfte aus Kapitalvermögen zum Ansatz kamen“, sei der betreffende Einkommensteuerbescheid ersatzlos aufzuheben gewesen.

3. Bescheid vom 25. Mai 1984, GZ. 6/3‑1694/3/83, betreffend Einkommensteuer 1969 bis 1972 hinsichtlich der beiden (für diese Jahre zusammenzuveranlagenden) Beschwerdeführer

Mit diesem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge gegeben. In der Begründung werden, soweit sie für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Relevanz ist, hinsichtlich der „fremden Gelder“ sowie der „Eintragungen im sogenannten Kassabuch“ wörtlich die Ausführungen in der Begründung des ebenfalls angefochtenen Bescheides vom 25. Mai 1984, GZ. 6/3‑1694/83, wiederholt. Es erübrigt sich daher eine neuerliche Wiedergabe dieser Darlegungen.

Gegen diese drei Bescheide richten sich die von den Beschwerdeführern eingebrachten Beschwerden, in welchen jeweils Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Beschwerden wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 25. Mai 1984, GZ. 6/3‑1694/83, betreffend Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 1969 bis 1979, Einkommensteuer 1973 bis 1979

Streitpunkt ist die Zurechnung der im Rahmen der Hausdurchsuchung festgestellten Sparbücher, die Anerkennung der Beendigung der betrieblichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin mit Ende 1979 sowie die Durchführung der Schätzung der Finanzbehörde auf Grund der vorhandenen Kassebücher. Hiezu ist folgendes auszuführen:

a) Fremde Gelder:

Es ist unbestritten, daß hinsichtlich der in Rede stehenden anonymen Sparbücher keine Aufzeichnungen bestanden, aus welchen festzustellen gewesen wäre, wann und von wem die Einlagen getätigt worden waren. In der Berufung selbst wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe, um einen Überblick zu haben, diese Sparbücher mit verschiedenen Buchstaben bezeichnet, könne sich aber heute nicht mehr erinnern, welche Bedeutung diesen Symbolen zukomme.

Wenn bei dieser Sachlage die belangte Behörde die auf den Sparbüchern aufscheinenden Buchstabeh A, H, AH als die Anfangsbuchstaben der Vornamen der beiden Beschwerdeführer (A und H) deutete und daraus den Schluß zog, daß die streitgegenständlichen Sparbücher diesen zuzurechnen seien, so kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Dies gilt umso mehr, als einerseits der belangten Behörde beizustimmen ist, daß es den Erfahrungen des wirtschaftlichen Lebens nicht entspricht, derart hohe Beträge treuhändig zu verwalten, ohne entsprechende Aufzeichnungen darüber zu führen, wem die einzelnen Beträge tatsächlich zuzurechnen sind und andererseits die Beschwerdeführer - worauf die belangte Behörde sinngemäß zu Recht verweist ‑ es, ungeachtet ihrer Verpflichtungen im Ermittlungsverfahren an der Klarstellung des maßgebenden Sachverhaltes mitzuwirken und Verzögerungen hintanzuhalten (vgl. hg. Erkenntnis vom 5. Februar 1976, Zl. 1726/74) unterlassen haben, dezidierte schriftliche Aussagen der angeblichen ausländischen Einleger beizubringen. Dies wäre aber umso notwendiger gewesen, als mit den Ländern, in welchem die betreffenden Personen unbestrittenermaßen ihre Wohnsitze haben sollen, nämlich Italien und Peru, keine Rechtshilfevereinbarungen in Steuersachen bestanden. Der Hinweis in der Beschwerde, daß im Verhältnis zu Italien Gegenseitigkeit auf dem Gebiet der Zustellung bestehe (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Wien 1980, Seite 247) geht in diesem Zusammenhang ins Leere.

Aber auch die Beschwerdeführer selbst haben im Zuge der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde kein Wort über die Identität der angeblichen ausländischen Einleger verloren und innbesondere auch der mit der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof in Fotokopie vorgelegten, in italienischer Sprache gehaltenen Schreiben, welchen nach Angabe der Beschwerdeführerin so große Beweiskraft zukommt, keinerlei Erwähnung getan.

Was schließlich die in diesem Zusammenhang vorgelegten Schreiben des Dr. H und der SM anlangt, so ist aus denselben, auch wenn man sie nicht, wie die belangte Behörde, als bloße Gefälligkeitsbestätigungen abtut, für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen; denn aus dem Schreiben des Erstgenannten ergibt sich nur; daß der Beschwerdeführer bei Einkäufen im Y zur Sicherstellung „auch ein Sparbuch deponiert“ hat, ohne daß über den Einleger desselben irgendetwas ausgesagt würde und das Schreiben der M enthält neben privaten Ausführungen lediglich die Bemerkung:

„Was nun meine Bestätigung anlangt, welche ich Dir gegeben habe (als Du mir im Februar 1980 mein Guthaben, welches ich bei Dir hatte, zurückerstattete) handelte es sich damals um eine Summe von S 380.000,--.“

Die belangte Behörde hat daher keine Rechtswidrigkeit zu vertreten, wenn sie die in Rede stehenden Sparbücher als im Eigentum der Beschwerdeführerin stehend behandelt und die daraus resultierenden Einkünfte aus Kapitalvermögen denselben entsprechend zurechnete. Was die Höhe dieser Zurechnungen anlangt, so wurden dieselben im Verwaltungsverfahren weder von der Beschwerdeführerin noch vom Beschwerdeführer jemals bestritten.

b) Betriebsveräußerung:

Was die Frage der Weiterführung des Betriebes durch die Beschwerdeführerin nach Ende des Jahres 1979 anlangt, so stützt die belangte Behörde ihre diesbezügliche Auffassung, der trotz entsprechenden Vorhalts in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde von der Beschwerdeführerin nicht konkret widersprochen wurde, im wesentlichen darauf, daß die Beschwerdeführerin auch nach diesem Stichtag Antiquitäten ein- und verkauft hat und daher in dem Verkauf von Waren im Werte bloß S 100.000,-- an die Firma D keine Betriebsveräußerung im ganzen erblickt werden kann. Weiters ist in diesem Zusammenhang zu beachten, daß einerseits sich aus den Ausführungen in der Berufung selbst ergibt, daß es die Beschwerdeführerin unterlassen hat, nicht von dem genannten Unternehmen gekaufte Gegenstände „als Eigenverbrauch unter gleichzeitiger Entrichtung der entfallenden Umsatzsteuer ins Privatvermögen zu überführen, sowie für diese Wirtschaftsgüter im Sinne des § 24 (3) EStG unter gleichzeitiger Anwendung des § 37 (2) EStG den gemeinen Wert im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung anzusetzen“ und andererseits die nunmehr als angeblich seit vielen Jahren im Privatvermögen der Beschwerdeführer befindlichen Kunstgegenstände vorher nicht in deren Vermögensteuererklärungen ausgewiesen wurden.

Wenn die belangte Behörde auf Grund dieses Sachverhaltes die Ansicht vertritt, daß der nicht in Abrede gestellte Verkauf von Antiquitäten durch die Beschwerdeführerin nach dem Jahre 1979 ihrer betrieblichen und nicht ihrer privaten Sphäre zuzurechnen war, so ist ihr beizustimmen. Dies gilt umso mehr, als, wie der Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, Geschäfte, die ein Kaufmann in dem Bereich, in dem er sein Gewerbe ausübt, tätigt, grundsätzlich Vorgänge der Geschäfts- und nicht der Privatsphäre sind (vgl. z. B. hg. Erkenntnis vom 13. Mai 1975, Zl. 835/74). Wenn daher die Beschwerdeführerin noch im Jahre 1980 Antiquitäten verkauft hat, so stellten diese bei den gegebenen Verhältnissen, gleichgültig woher sie letztendlich stammten, Betriebsvermögen dar. Die belangte Behörde hat deshalb auch diesbezüglich keine Rechtswidrigkeit zu vertreten, wenn sie auf die Vernehmung von Zeugen verzichtete, die hätten bestätigen sollen, daß sich die in Rede stehenden Antiquitäten in der Wohnung der Beschwerdeführerin befunden haben.

Die belangte Behörde durfte daher mit Recht zu dem Schluß kommen, daß die Beschwerdeführerin auch nach dem Jahre 1979 noch betrieblich tätig war.

c) Eintragungen in die Kassabücher:

In dem angefochtenen Bescheid wird die Behauptung aufgestellt, „daß auf Grund der in Rede stehenden Kassabücher eine Schätzungsberechtigung gegeben war“. Zu Recht rügt die Beschwerdeführerin sinngemäß, daß für diesen Schluß der belangten Behörde - ungeachtet zahlreicher zitierter hg. Judikatur - keine wie immer erkennbare Begründung in dem Bescheid geboten wird. Es mangelt demselben in diesem Zusammenhang an jeglicher Sachverhaltsfeststellung sowie einer nachvollziehbar daraus abgeleiteten Konklusion. Damit aber erweist sich der angefochtene Bescheid - ungeachtet des Umstandes, daß die belangte Behörde zu Recht die Ansicht vertritt, es gehe nicht an, wie in der Beschwerde verlangt wird, die Kassabücher als Beweismittel in ihrer Gesamtheit einfach unberücksichtigt zu lassen ‑ mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, was schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG zu seiner Aufhebung führen mußte. Von der Durchführung einer Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. abgesehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 221/1981. Das Mehrbegehren von S 30,-- war abzuweisen, weil die Beilagen zur dritten Beschwerdeausfertigung nur mit S 570,-- und nicht mit S 600,-- gestempelt worden waren.

2. Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 21. Mai 1984, GZ. 6/3‑1695/83, betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 1973 bis 1979

Streitpunkt ist ausschließlich die Zurechnung der im Rahmen der Hausdurchsuchung festgestellten Sparbücher. In diesen Belangen wurde bereits oben unter Punkt 1. lit. a eingehend dargelegt, daß nach Ansicht des Gerichtshofes die belangte Behörde keine Rechtswidrigkeit zu vertreten habe, wenn sie diese Einlagebücher als im Eigentum der Beschwerdeführer stehend betrachte und die daraus resultierenden Einkünfte aus Kapitalvermögen bei denselben entsprechend ‑ die Höhe der durchgeführten Zurechnungen wurden im Verwaltungsverfahren nie in Frage gestellt ‑ in Ansatz brachte.

Damit aber erweist sich der angefochtene Bescheid als nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet, weshalb die Beschwerde ‑ unter Absehung von der beantragten Verhandlung nach § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache insbesondere der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht erwarten läßt ‑ gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abgewiesen werden mußte. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

3. Beschwerde des Beschwerdeführers und der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 25. Mai 1985, GZ. 6/3‑1694/3/83, betreffend Einkommensteuer 1969 bis 1972

Streitpunkt ist die Zurechnung der im Rahmen der Hausdurchsuchung festgestellten Sparbücher sowie die Durchführung der Schätzung der Finanzbehörde auf Grund der vorhandenen Kassabücher.

Was zunächst den ersten der beiden Punkte anlangt, wurde bereits oben unter Punkt 1 lit. a eingehend dargelegt, daß nach Ansicht des Gerichtshofes die belangte Behörde keine Rechtswidrigkeit zu vertreten habe, wenn sie diese Einlagebücher als im Eigentum der Beschwerdeführer stehend betrachtet und die daraus resultierenden Einkünfte aus Kapitalvermögen bei denselben entsprechend in Ansatz brachte. Diesbezüglich ist demnach auch der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet.

Wohl aber weist er, ebenso wie der oben unter Punkt 1 angeführte Bescheid eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, da auch hier die Beschwerdeführer sinngemäß zu Recht rügen, daß für die in dem Bescheid aufgestellte Behauptung, „daß auf Grund der in Rede stehenden Kassabücher eine Schätzungsberechtigung gegeben war“ ‑ ungeachtet zahlreich zitierter hg. Judikatur ‑ keine wie immer erkennbare Begründung geboten wird. Auch hier mangelt es dem angefochtenen Bescheid in diesem Zusammenhang an jeglicher Sachverhaltsfeststellung sowie einer nachvollziehbar daraus abgeleiteten Konklusion. Der angefochtene Bescheid ist daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VWGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 27. März 1985

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