Normen
SHG Krnt 1981 §30 Abs2
SHG Krnt 1981 §45 Abs1
SHG Krnt 1981 §50 Abs1 lite
SHG Krnt 1981 §50 Abs2 litb
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1984110268.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird insoweit, als sie sich gegen Punkt 1.) des angefochtenen Bescheides richtet, zurückgewiesen. Punkt 2.) des angefochtenen Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.885,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Der Spruch des angefochtenen Bescheides lautet:
„1.) Der Anspruch auf die Frau PW jun., geb. 1959, wh. in A, gemäß § 28 des Kärntner Sozialhilfegesetzes (K‑SHG), LGBl. Nr. 40/1975, auf die Dauer des Zutreffens der gesetzlichen Voraussetzungen gewährte und gemäß §§ 28 und 43 des Kärntner Sozialhilfegesetzes 1981, LGBl. Nr. 30/1981, in Verbindung mit § 4 der Sozialhilfe‑Leistungsverordnung 1983, LGBl. Nr. 62/1982, zuletzt mit ha. Bescheid vom 23. 12. 1982, Zahl 13‑SH‑20.393/82, neubemessene und gemäß § 30 Abs. 2 lit. c leg. cit. wegen des Bezuges der erhöhten Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder nach der Familienlastenausgleichsgesetz 1967 um den Betrag der Stufe I gekürzte und monatliche Pflegebeihilfe der Stufe III in Höhe von S 2.210,-- ruht gemäß § 30 Abs. 2 K-SHG 1975 bzw. gemäß § 30 Abs. 2 lit. a und b K‑SHG 81 ab 1.10.1976 infolge Anrechnung des Bezuges des von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Landesstelle Kärnten, gewährten monatlichen Hilflosenzuschusses in Höhe von S 1.031 für das Jahr 1976, S 1.317,-- für das Jahr 1977, S 1.608,-- für das Jahr 1978, S 1.713,-- für das Jahr 1979, S 1.809,-- für das Jahr 1980, S 1.901,--, für das Jahr 1981, S 2.000,-- für das Jahr 1982 und S 2.110,--, für das Jahr 1983, sodaß die gekürzte Pflegebeihilfe im Jahr 1976 monatlich S 1.009,-- im Jahr 1977 monatlich S 933,-- betrug und daß ab 1.1.1978 die bereits durch Anrechnung der erhöhten Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gekürzte Pflegebeihilfe durch die Anrechnung des Hilflosenzuschusses in voller Höhe ruhte.
2.) Da das Amt der Kärntner Landesregierung vom Bezug des ausgewiesenen Hilflosenzuschusses rein zufällig erst durch eine Mitteilung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern am 15. März 1983 Kenntnis erlangte, konnte die Pflegebeihilfe über die Landesbuchhaltung erst zu diesem Zeitpunkt eingestellt werden und ist dadurch ein Überbezug von insgesamt S 149.692,-- (im Jahr 1976: 4 x S 1.031,-- = S 4.124,-- = Überbezug 1976; im Jahr 1977: 14 x S 1.317,-- = S 18.438,-- Überbezug 1977; im Jahr 1978: 12 x S 1.430,-- = S 17.160,-- 2 x S 1.608,-- = S 3.216,--; daher insgesamt S 20.376,-- Überbezug 1978; im Jahr 1979: 12 x S 1.570,-- = 18.840,-- 2 x S 1.713,-- = S 3.426,--; daher insgesamt S 22.266,-- Überbezug 1979; im Jahr 1980 - 12 x S 1.720,-- = S 20.640,-- 2 x S 1.809,-- = S 3.618,--; daher insgesamt S 24.258,-- Überbezug 1980; im Jahr 1981 - 14 x S 1.850,-- = S 25.900,-- Überbezug 1981; im Jahr 1982 - 14 x S 2.000,-- = S 28.000,‑‑ - Überbezug 1982; im Jahr 1983 - 3 x S 2.110,-- = S 6.330,-- - Überbezug 1983) entstanden, welcher gemäß § 45 des Kärntner Sozialhilfegesetzes 1981 innerhalb von 1 Monat nach Erhalt dieses Bescheides bei sonstiger Zwangsfolge der gefertigten Behörde auf das Konto Nr. 2150014 bei der Kärntner Hypothekenbank in Klagenfurt, lautend auf Amt der Kärntner Landesregierung VA 1 41511 4 7682 022, unter Anführung obiger Geschäftszahl rückzuerstatten ist.
Gemäß § 45 Abs. 2 leg. cit. kann auf begründeten Antrag die Rückerstattung in Teilbeträgen bewilligt werden.“
1.2. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß gemäß § 3o Abs. 2 des Kärntner Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 40/1975 (im folgenden SHG 1975 genannt) bzw. gemäß § 30 Abs. 2 lit. a und b des als Kärntner Sozialhilfegesetz 1981 bezeichneten, wiederverlautbarten SHG 1975 (im folgenden SHG 1981 genannt) der Anspruch auf Pflegebeihilfe in dem Ausmaß ruhe, als gleichartige Ansprüche aufgrund anderer Rechtsvorschriften bestünden bzw. solche erbracht würden. Der Anspruch auf Pflegebeihilfe ruhe diesem Fall jedoch zur Gänze, wenn der Unterschiedsbetrag zwischen der Pflegebeihilfe und dem gleichartigen Abspruch weniger als ein Zehntel der Pflegebeihilfe (berechnet von der jeweiligen Pflegebeihilfestufe) betrage (Geringfügigkeitsgrenze). Unter den gleichartigen Ansprüchen seien Hilflosenzuschüsse, Hilflosenzulagen etc. zu verstehen. Aus einer Mitteilung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Landesstelle Kärnten, vom 11. März 1983 gehe hervor, daß die Pflegebedürftige seit 4. Oktober 1976 im Bezuge eines Hilflosenzuschusses in der im Spruch unter Pkt. 1.) angeführten Höhe stehe, die aufgrund der zitierten Ruhensbestimmung auf die Pflegebeihilfe angerechnet werden müsse. Nachdem die Pflegebeihilfe im gegenständlichen Fall bereits einmal infolge Anrechnung der erhöhten Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 habe gekürzt werden müssen, habe die Pflegebeihilfe mit Rücksicht auf die zitierte Bestimmung hinsichtlich der Geringfügigkeitsgrenze in vollem Umfange ruhend gestellt und der ausgewiesene Überbezug zum Rückersatz begehrt werden müssen. Nach § 44 Abs. 1 SHG 1981 sei der Empfänger von Leistungen der Sozialhilfe verpflichtet, jede Änderung in den für die Weitergewährung der Sozialhilfe maßgebenden Verhältnissen der zuständigen Behörde binnen zwei Wochen anzuzeigen. Nach § 45 SHG 1981 sei der Empfänger von Leistungen nach dem Kärntner Sozialhilfegesetz verpflichtet, zu Unrecht empfangene Leistungen rückzuerstatten. Da die belangte Behörde vom Bezug des Hilflosenzuschusses vom Empfänger bzw. vom Kurator der Pflegebedürftigen nie verständigt worden sei und erst durch einen Zufall vom Bezug Kenntnis erlangt habe, habe die Pflegebeihilfe erst am 15. März 1983 eingestellt werden können, wodurch der ausgewiesene Überbezug (Pkt. 2.) des Spruches) entstanden sei, der aufgrund der zitierten Bestimmungen rückzuerstatten sei.
1.3. Der angefochtene Bescheid trägt den Betreff „PW jun., geb. 1959, wh. in A; Pflegebeihilfe nach dem Kärntner Sozialhilfegesetz - Anrechnung des Hilflosenzuschusses - Überbezug - Rückforderung“.
1.4. Nach der Zustellverfügung erging der Bescheid an die Beschwerdeführerin, die Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan (Sozialamt, Jugendamt und Jugendfürsorgearzt) sowie das Marktgemeindeamt G.
2.1. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der von der Beschwerdeführerin im eigenen Namen gegen den genannten Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 26. September 1984, Zl. B 387/83, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
2.2. In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Sie bringt vor, ihre Tochter PW jun. sei seit der Geburt schwer behindert. Zu ihrem Kurator sei der Bürgermeister der Gemeinde G LS bestellt. Ihm seien auch bis zuletzt sämtliche Schriftstücke zugestellt worden. Er vertrete sie auch in allen rechtlichen Belangen. Bis vor zwei Jahren habe er auch direkt sämtliche Unterstützungen ausbezahlt erhalten und sie darnach der Beschwerdeführerin (in deren Haushalt PW jun. gepflegt werde) zukommen lassen. Seit zwei Jahren sei über Veranlassung des Kurators die Pflegebeihilfe direkt der Beschwerdeführerin überwiesen worden. Sie habe im guten Glauben auf die rechtskundige Vertretung ihrer Tochter durch den Kurator sämtliche Zuschüsse für ihre Tochter bezogen und auch für deren Betreuung gutgläubig verwendet. Es sei deshalb Verjährung eingetreten. Die belangte Behörde habe daher zu Unrecht das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 30 Abs. 2 SHG 1975 bzw. 30 Abs. 2 lit. a und b SHG 1981 angenommen; sie sei nicht berechtigt, die Rückerstattung der von der Beschwerdeführerin für ihre Tochter verwendeten Beträge zu verlangen. In Erwiderung auf eine auf § 34 Abs. 2 VwGG gestützte Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes, das subjektiv-öffentliche Recht bestimmt zu bezeichnen, in dem die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid verletzt zu sein behaupte (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG), erklärte die Beschwerdeführerin, es sei zwar in Pkt. 1.) des angefochtenen Bescheides der „Ruhensanspruch“ ihrer Tochter festgestellt, in Pkt. 2.) jedoch nicht ausgesprochen worden, daß ihre Tochter Empfängerin der Sozialhilfeleistungen gewesen und deshalb zur Rückerstattung verpflichtet sei. Wie aus der „Adressatenliste“ ersichtlich sei, sei der Beschwerdeführerin der Bescheid zugestellt und sie als Empfängerin der Sozialhilfeleistungen angesprochen und zur Rückerstattung verpflichtet worden. Dies gehe in eindeutiger Weise aus der Gegenschrift der belangten Behörde an den Verfassungsgerichtshof hervor, worin die Beschwerdeführerin als Bescheidadressatin bezeichnet werde, die es beharrlich unterlassen habe, der belangten Behörde den Bezug des Hilflosenzuschusses seitens der Sozialversicherungsanstalt der Bauern mitzuteilen. Aus dem Umstand, daß sie als Bescheidadressatin zur Rückerstattung der angeblich zu Unrecht bezogenen Beträge aufgefordert worden sei, sei sie diejenige Person, die in allen aufgezählten subjektiven Rechten beeinträchtigt worden sei und nicht, wie dies aus der Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes hervorzugehen scheine, ihre durch den Kurator vertretene Tochter.
2.3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Darin brachte sie vor, es werde „außer Streit gestellt“, daß der Ruhensanspruch gegenüber der PW jun. festgestellt, hingegen der angefochtene Bescheid der Beschwerdeführerin zugestellt, sie als Empfängerin der Sozialhilfeleistungen als Bescheidadressatin angesprochen und zur Rückerstattung verpflichtet worden sei. Die belangte Behörde habe mit Recht die Beschwerdeführerin als Empfängerin der Pflegebeihilfe angesehen, da sie es unter anderem unterlassen habe, dem „ho Sozialhilfeträger gegenüber“ bekanntzugeben, daß, wie nunmehr behauptet werde, LS bereits seit dem Jahre 1961 zum Vormund der Pflegebedürftigen bestellt worden sei. Darüber hinaus sei die Pflegebeihilfe, nachdem auch aus der Aktenlage keine Hinweise auf einen anderen Vormund bzw. Kurator hervorgingen, nachweislich an die Beschwerdeführerin angewiesen worden. Dies werde auch durch die Ausführungen der Beschwerdeführerin (in ihrer Äußerung zur Aufforderung nach § 34 Abs. 2 VwGG) bestätigt, wonach LS lediglich zur Verkürzung des Geldflusses vor rund drei Jahren veranlaßt hätte, daß die Pflegebeihilfe direkt an die Beschwerdeführerin überwiesen werde. Der belangten Behörde sei es auch nicht bekannt gewesen, daß der Genannte in seiner Funktion als Vormund bzw. als Kurator sämtliche Schriftstücke zugestellt erhalten habe und Empfänger der laufenden Geldleistungen gewesen sein solle. Er habe die Schriftstücke vielmehr nur in seiner Funktion als Bürgermeister der Marktgemeinde G zur Kenntnis erhalten. Er sei gegenüber dem „ho. Sozialhilfeträger“ überhaupt nicht in Erscheinung getreten und sei dieser daher nicht verhalten gewesen, Nachforschungen über den tatsächlichen Empfänger der Geldleistungen anzustellen.
In teilweisen Widerspruch zu diesen Ausführungen hatte die belangte Behörde in der Gegenschrift an den Verfassungsgerichtshof, auf die sie „hinsichtlich der Sachverhaltsdarstellung“ in der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Gegenschrift verwies, noch ausgeführt, es sei der angefochtene Bescheid der Beschwerdeführerin als Mutter der entmündigten Pflegebedürftigen zugestellt worden, „nachdem diese auf Grund einer Vereinbarung vom 14. 10. 1975 mit dem Kurator (Herrn LS, Bürgermeister der Marktgemeinde G ...) zum Empfang der monatlichen Pflegebeihilfe berechtigt wurde.“ Die Behauptung der Beschwerdeführerin, dem Kurator wären bis zuletzt sämtliche Schriftstücke zugestellt worden, finde seine Erklärung darin, daß er, welcher gleichzeitig Bürgermeister der Marktgemeinde G sei, die Bescheide in seiner Funktion als Bürgermeister nachrichtlich erhalten habe. Unrichtig sei das Vorbringen, wonach dem Kurator bis vor zwei Jahren die monatlichen Pflegebeihilfen direkt ausbezahlt worden seien, da er laut Aktenlage die Beschwerdeführerin zur Empfangnahme bevollmächtigt habe.
3.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
3.1. Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B‑VG kann unter der Voraussetzung der Erschöpfung des Instanzenzuges gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, denen der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, mit Beschluß zurückzuweisen. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Beurteilung der Beschwerdeberechtigung - unabhängig von prozessualen Mitwirkungsrechten des Beschwerdeführers im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren, selbst von seiner Parteistellung - lediglich darauf an, ob er nach der Lage des Falles durch den angefochtenen Bescheid, unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit, in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein kann.
Diese für die Beschwerdeberechtigung erforderliche Möglichkeit der Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte setzt voraus, daß mit dem angefochtenen Bescheid über solche Rechte auch dergestalt abgesprochen wurde, daß die Rechtsstellung des Beschwerdeführers eine verschiedene ist, je nachdem, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl. unter anderem die Beschlüsse verstärkter Senate vom 13. Juli 1956, Slg. Nr. 4127/A, vom 2. Juli 1969, Slg. Nr. 7618/A, und vom 2. Juli 1981, Slg. Nr. 10.511/A). Fehlt dem Beschwerdeführer die Beschwerdeberechtigung im dargestellten Sinn nur hinsichtlich eines trennbaren Bescheidteiles, so ist seine Beschwerde in diesem Umfang gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen (vgl. unter anderem Erkenntnis vom 10. Oktober 1980, Zl. 623/80).
3.2.1. Unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze bedarf es bei der Beurteilung der Beschwerdeberechtigung der Beschwerdeführerin ‑ sachverhaltsbezogen - zunächst der Klärung der Frage, ob durch den angefochtenen Bescheid (oder zumindest durch einen trennbaren Teilabspruch) überhaupt über eigene subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführerin abgesprochen wurde. Dies erfordert eine Analyse der maßgebenden Bestimmungen des SHG, und zwar, da vom angefochtenen Bescheid Ansprüche der PW jun. auf Pflegebeihilfe ab dem 1. Oktober 1976 betroffen sind, sowohl des SHG 1975 in der Stammfassung und in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 62/1980 (im folgenden Novelle 1980 genannt) als auch des SHG 1981. Soweit im folgenden nicht anderes gesagt wird, weisen die zitierten Bestimmungen des SHG 1981 den gleichen Wortlaut wie jene des SHG 1975 (in der Stammfassung und in der Fassung der Novelle 1980) auf.
3.2.2. Gemäß § 28 Abs. 1 SHG 1981 ist Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben und wegen eines anderen Leidens oder Gebrechens als dem der Funktionsstörung des Sehorgans pflegebedürftig sind, auf Antrag eine monatliche Beihilfe (Pflegebeihilfe) zu gewähren. Nach § 29 Abs. 1 SHG 1981 gebührt die Pflegebeihilfe ab dem auf die Antragstellung folgenden Monat und wird im vorhinein gewährt. Nach § 29 Abs. 3 SHG 1981 (das SHG 1975 enthielt diese Bestimmung nicht, sie wurde erst durch die Novelle 1980 eingefügt) hat dann, wenn eine Pflegebeihilfe gewährt wird, die Behörde das Recht, die widmungsgemäße Verwendung der Beihilfe zu überwachen. Nach § 29 Abs. 4 SHG 1981 (auch diese Bestimmung enthielt das SHG 1975 nicht, sie wurde erst durch die Novelle 1980 eingefügt) gilt § 7 Abs. 5 sinngemäß für die Auszahlung der Pflegebeihilfe. Nach § 7 Abs. 5 SHG 1981 (in das SHG 1975 erst eingefügt durch die Novelle 1980) kann die Behörde auf Antrag des Anspruchsberechtigten Geld- oder Sachleistungen auch an Dritte erbringen, wenn dies mit dem Zweck der Leistung vereinbar ist. Die Behörde hat Geld- oder Sachleistungen nicht an den Anspruchsberechtigten, sondern an Dritte zu leisten, wenn durch die Erbringung der Leistung an den Anspruchsberechtigten die widmungsgemäße Verwendung der Sozialhilfe nicht gewährleistet erscheint. Nach § 30 Abs. 2 SHG 1981 (in dieser Formulierung in das SHG 1975 erst eingefügt durch die Novelle 1980) ruht der Anspruch auf Pflegebeihilfe, unbeschadet der Regelungen des Abs. 3, a) in dem Ausmaß, als Leistungen auf Grund gleichartiger Ansprüche, einschließlich zivilrechtlicher Ansprüche - jedoch ausgenommen solche familienrechtlicher Natur -, erbracht werden; hinsichtlich der zivilrechtlichen Ansprüche gelten § 38 Abs. 2 bis 4 und § 39 Abs. 1 und 4 sinngemäß; b) zur Gänze, wenn der Unterschiedsbetrag zwischen Pflegebeihilfe und gleichartiger Leistung weniger als ein Zehntel der jeweils zustehenden Pflegebeihilfe beträgt (Geringfügigkeitsgrenze); c) in der Höhe des Betrages der Pflegebeihilfe der niedersten Stufe (§ 28 Abs. 4), wenn eine erhöhte Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 bezogen wird. Nach § 30 Abs. 2 SHG 1975 in der Stammfassung ruht der Anspruch auf Pflegebeihilfe in dem Ausmaß, als gleichartige Ansprüche auf Grund anderer Rechtsvorschriften bestehen. Der Anspruch auf Pflegebeihilfe ruht in diesem Fall jedoch zur Gänze, wenn der Unterschiedsbetrag zwischen der Pflegebeihilfe und dem gleichartigen Anspruch weniger als ein Zehntel der Pflegebeihilfe beträgt. Gemäß § 44 Abs. 1 SHG 1981 (wortgleich mit § 42 Abs. 1 SHG 1975) ist der Empfänger von Leistungen der Sozialhilfe verpflichtet, jede Änderung in den für die Weitergewährung der Sozialhilfe maßgebenden Verhältnissen der zuständigen Behörde binnen zwei Wochen anzuzeigen. Nach § 45 Abs. 1 SHG 1981 (wortgleich mit § 43 Abs. 1 SHG 1975 mit Ausnahme der Zitierung des § 44 - diesfalls ist § 42 zitiert) sind die durch Verletzung der in § 44 bestimmten Anzeigepflicht zu Unrecht empfangenen Geldleistungen vom Empfänger rückzuerstatten. Nach § 45 Abs. 2 SHG 1981 (wortgleich mit § 43 Abs. 2 SHG 1975 in der Fassung der Novelle 1980) kann die Rückerstattung in angemessenen Teilbeträgen bewilligt werden, wenn eine andere Art der Rückerstattung dem Verpflichteten nicht zumutbar ist. Die Rückerstattung kann zur Gänze oder teilweise nachgesehen oder gestundet werden, wenn durch sie der Erfolg der Sozialhilfe gefährdet wäre. Der zuletzt zitierte Satz lautete in der Stammfassung des SHG 1975: Die Rückerstattung kann zur Gänze nachgesehen werden, wenn durch sie der Erfolg der Sozialhilfe gefährdet wäre. Gemäß § 50 Abs. 1 lit. e SHG 1981 (bezüglich dieser Zuständigkeitsnorm ist die frühere Rechtslage unbeachtlich) obliegt der Landesregierung die Gewährung von Leistungen für Blinde und Pflegebedürftige nach §§ 27 bis 31 sowie Maßnahmen nach § 29 Abs. 3. Gemäß § 50 Abs. 2 lit. b SHG 1981 obliegen den Bezirksverwaltungsbehörden alle behördlichen Maßnahmen, soweit sie nicht unter Abs. 1 fallen.
3.2.3. Aus dem Zusammenhalt der generellen Zuständigkeitsnorm des § 50 Abs. 2 lit. b SHG 1981 mit § 50 Abs. 1 lit. e leg. cit. ergibt sich, daß der Landesregierung zwar nicht nur die Entscheidung über den Anspruch auf Pflegebeihilfe, sondern auch die Feststellung des Ruhens des Gesamtanspruches oder eines Teilanspruches als Voraussetzung einer Neubemessung zusteht, da unter der „Gewährung von Leistungen für ... Pflegebedürftige“ auch die Entscheidung über das Vorliegen der hiefür erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen dem Grund und der Höhe nach verstanden werden muß. Die Entscheidung über die Rückerstattung gewährter Pflegebeihilfen nach § 45 Abs. 1 SHG 1981 obliegt aber der Bezirksverwaltungsbehörde. Denn erstens spricht § 50 Abs. 1 lit. e SHG 1981 nur von der „Gewährung von Leistungen für ... Pflegebedürftige nach §§ 27 bis 31 sowie Maßnahmen nach § 29 Abs. 3“, erwähnt also ausdrücklich Maßnahmen nach § 29 Abs. 3, nicht aber solche nach § 45 leg. cit. Vor allem aber ist zweitens die (aus welchem Grunde immer) zu Unrecht erfolgte Weitergewährung von Pflegebeihilfen nur ein Tatbestandsmerkmal der Rückerstattungspflicht. Sie hat außer dem zu Unrecht erfolgten Empfang der Pflegebeihilfe zur Voraussetzung, daß dieser Empfang durch Verletzung der in § 44 bestimmten Anzeigepflicht (also der Verpflichtung zur Anzeige von Änderungen in den für die Weitergewährung der Pflegebeihilfe maßgebenden Verhältnissen) verursacht wurde. Hat freilich die Landesregierung über das Ruhen von Ansprüchen auf Pflegebeihilfe des Anspruchsberechtigten - diesem gegenüber rechtskräftig - abgesprochen, so ist die Bezirksverwaltungsbehörde im Verfahren über die Rückerstattungspflicht des Anspruchsberechtigten selbst an diesen Ausspruch gebunden.
3.2.4. Im Beschwerdefall hat nun die belangte Behörde mit Pkt. 1.) des angefochtenen Bescheides über das ab 1. Oktober 1976 eingetretene, zunächst nur teilweise, ab 1. Jänner 1978 gänzliche Ruhen des Anspruches der PW jun. auf Pflegebeihilfe und die ihr zufolge dieses Ruhens im Zeitraum vom 1. Oktober 1976 bis 31. Dezember 1977 zustehende Pflegebeihilfe abgesprochen. In Pkt. 2.) des angefochtenen Bescheides sprach sie aus, daß ein Überbezug von insgesamt S 149.692,-- gemäß § 45 SHG 1981 innerhalb von einem Monat nach Erhalt des Bescheides bei sonstiger Zwangsfolge der belangten Behörde rückzuerstatten sei. Gemäß § 45 Abs. 2 SHG 1981 könne auf begründeten Antrag die Rückerstattung in Teilbeträgen bewilligt werden. Wer zur Rückerstattung des festgestellten Überbezuges verpflichtet sei, wird im Spruch Pkt. 2.) selbst nicht ausgesprochen. In der Begründung spricht die belangte Behörde davon, daß sie vom Bezug des Hilflosenzuschusses „vom Empfänger bzw. vom Kurator der Pflegebedürftigen nie verständigt“ worden sei. Sowohl die Beschwerdeführerin als auch die belangte Behörde verstehen Pkt. 2.) des angefochtenen Bescheides dahin, daß damit die Beschwerdeführerin als tatsächliche Empfängerin der Pflegebeihilfe zur Rückerstattung verpflichtet werde; beide gehen davon aus, daß als „Empfänger“ im Sinne der §§ 44 Abs. 1 und 45 Abs. 1 SHG 1981 auch der tatsächliche Empfänger von Leistungen der Sozialhilfe und nicht nur der Anspruchsberechtigte auf diese Leistungen zu verstehen sei; strittig ist zwischen ihnen lediglich, ob gegenüber der Beschwerdeführerin ein Rückerstattungstatbestand vorliege. Ausgehend von dieser Sichtweite „erging“ der angefochtene Bescheid jedenfalls an die Beschwerdeführerin.
Obwohl durch die bloße Zustellung eines Bescheides noch nicht Parteirechte begründet werden können (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit2, Seite 330 genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes), geschweige denn für sich allein schon die Möglichkeit einer Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte indiziert wird, ist doch, unabhängig von der Frage, ob in der Tat der bloße tatsächliche Empfänger der Pflegebeihilfe oder doch der Empfänger aufgrund einer Auszahlungsverfügung nach § 29 Abs. 4 in Verbindung mit § 7 Abs. 5 SHG 1981 (bzw. des SHG 1975 in der Fassung der Novelle 1980) als Empfänger im Sinne der §§ 44 Abs. 1 und 45 Abs. 1 SHG 1981 (bzw. der §§ 42 Abs. 1, 43 Abs. 1 SHG 1975) zu verstehen ist, deshalb die Möglichkeit einer Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin im oben dargestellten Sinn durch Pkt. 2.) des angefochtenen Bescheides nicht auszuschließen, weil dieser Bescheidpunkt im Zusammenhang mit der Begründung und der Zustellverfügung im Sinne des diesbezüglich übereinstimmenden Vorbringens der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens als Entscheidung über eine Rückerstattungspflicht der Beschwerdeführerin gedeutet werden kann.
Hinsichtlich des Pkt. 1.) des angefochtenen Bescheides ist jedoch eine Rechtsverletzungsmöglichkeit der Beschwerdeführerin aus folgenden Gründen zu verneinen: Auch wenn unter dem „Empfänger“ im Sinne der §§ 44 Abs. 1 und 45 Abs. 1 SHG 1981 bzw. der §§ 42 Abs. 1 und 43 Abs. 1 SHG 1975 auch der tatsächliche Empfänger der Pflegebeihilfe zu verstehen sein sollte, käme ihm in dem von der Landesregierung zu führenden Verfahren, in dem das Ruhen der Pflegebeihilfe des Anspruchsberechtigten nach § 30 Abs. 2 SHG 1975 bzw. SHG 1981 festgestellt wird, mangels einer seine Parteistellung normierenden Bestimmung im SHG 1975 bzw. SHG 1981 keine Parteistellung zu. Da auch, wie ausgeführt, die Zustellung eines Bescheides allein keine Parteistellung zu begründen vermag, entfaltete ein solcher Bescheid auch gegenüber jenem tatsächlichen Empfänger der Pflegebeihilfe (der nicht ident ist mit dem Anspruchsberechtigten) keine Rechtswirkungen, dem - so wie im Beschwerdefall der Beschwerdeführerin - dieser Bescheid zugestellt wurde. Die zur Entscheidung über die Rückerstattungspflicht berufene Bezirksverwaltungsbehörde könnte demgemäß im Rückerstattungsverfahren gegen den tatsächlichen Empfänger (da auch eine Bestimmung über die erweiterte Rechtskraft des genannten Feststellungsbescheides der Landesregierung im SHG 1981 bzw. SHG 1975 fehlt) nicht an diesen Feststellungsbescheid gebunden sein; sie müßte vielmehr diese Frage im Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal der zu Unrecht empfangenen Geldleistungen selbständig prüfen. Wegen der mangelnden Bindung der über eine allfällige Rückerstattungspflicht der Beschwerdeführerin entscheidungsbefugten Bezirksverwaltungsbehörde an Pkt. 1.) des angefochtenen Bescheides scheidet aber eine Rechtsverletzungsmöglichkeit der Beschwerdeführerin durch den von Pkt. 2.) im Sinne des § 59 Abs. 1 AVG 1950 trennbaren Pkt. 1.) des angefochtenen Bescheides aus.
3.3. Aufgrund der obigen Darlegungen war daher die Beschwerde insoweit, als sie sich gegen Pkt. 1.) des angefochtenen Bescheides wendet, mangels Beschwerdeberechtigung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG, gemäß § 12 Abs. 3 leg. cit. im Fünfersenat, zurückzuweisen. Auf die Frage, ob dieser von Pkt. 2.) des angefochtenen Bescheides trennbare Bescheidpunkt überhaupt erlassen wurde, da es, geht man von der Behauptung der Beschwerdeführerin aus, LS sei, auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides Kurator der vollentmündigten PW jun. gewesen, nach der Aktenlage zweifelhaft ist, ob der angefochtene Bescheid dem Kurator zugestellt wurde, brauchte demgemäß nicht eingegangen zu werden.
Soweit sich die Beschwerde allerdings gegen Pkt. 2.) des angefochtenen Bescheides wendet, ist sie aus den oben dargelegten Gründen zulässig. Dieser Bescheidpunkt war in amtswegiger Wahrnehmung (vgl. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 12. März 1980, Slg. Nr. l0.065/A) der nach den obigen Darlegungen vorliegenden Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über die Rückerstattungspflicht nach § 45 Abs. 1 SHG 1981 wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.
3.4. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.
3.5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Das Mehrbegehren auf Ersatz des für die Beschwerdeführerin mit der Einbringung der Äußerung zur Aufforderung nach § 34 Abs. 2 VwGG verbundenen Schriftsatzaufwandes war abzuweisen, da gemäß § 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG nur jener Aufwand, der für den Beschwerdeführer mit der Einbringung der Beschwerde verbunden war, als Schriftsatzaufwand ersetzt werden kann.
Wien, am 4. Dezember 1985
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