VwGH 84/07/0364

VwGH84/07/03643.12.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerde des MK in S, vertreten durch DDr. Hans Esterbauer, Rechtsanwalt in Salzburg, Iganz-Harrer-Straße 17, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 19. Oktober 1984, Zl. 1/01- 24.645/2-1984, betreffend Kostenersatz gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959, zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §30 Abs1;
WRG 1959 §30 Abs2;
WRG 1959 §30 Abs1;
WRG 1959 §30 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Bescheid vom 19. März 1984 hat die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung den Beschwerdeführer gemäß §§ 98 und 31 Abs. 3 WRG 1959 zum Ersatz der für die Alarmeinsätze am 7. und 8. Oktober 1980 und am 13. April 1981 aufgelaufenen, in sechs Rechnungsbeträgen aufgeschlüsselten Kosten in der Höhe von insgesamt S 64.611,84 verpflichtet. In der Begründung ihres Bescheides nahm die Bezirkshauptmannschaft folgenden Sachverhalt als erwiesen an: Im Gelände des Betriebes des Beschwerdeführers sei am 7. Oktober 1980 durch Waschen von Tankfahrzeugen mit Kaltreiniger der Schlammfang der Ölabscheider und der Sickerschacht beim Waschplatz funktionsunfähig geworden, mit der Folge, daß im Wege des Überlaufes aus dem Sickerschacht das Emulgat in den unverrohrten Teil des B-baches und von dort in den K-bach gelangt sei. Um ein weiteres Überlaufen des gewässergefährdenden Emulgates zu verhindern, habe die Wasserrechtsbehörde die Entleerung der ansonsten zur Ölabscheidung dienenden Anlagen angeordnet. Diese Arbeiten hätten sich bis zum 8. Oktober 1980 hingezogen. Das Kaltreiniger-Wasser-Gemisch sei zur gewässerunschädlichen Verbringung nach W transportiert worden.

Auch am 13. April 1981 seien der Schlammfang der Ölabscheider und der Sickerschacht mit Kaltreiniger und Ölgemisch gefüllt und auf Grund der Emulsionswirkung des Reinigers nicht funktionsfähig gewesen, was neuerlich einen Überlauf in die genannten Gerinne bewirkt habe. Das Kaltreiniger-Öl-Wasser-Gemisch (insgesamt ca. 27.000 l) sowie sämtliche Abscheider seien von der Freiwilligen Feuerwehr E abgepumpt und zur gewässerunschädlichen Verbringung nach W geliefert worden. Die vom Beschwerdeführer betriebene Abwasserreinigungsanlage sei wegen ihrer unsachgemäßen Ausführung in bezug auf die Betriebsart des Waschplatzes (Waschen mit aus bisher nicht nachgewiesenen bzw. näher bestimmten Chemikalien zusammengesetztem Kaltreiniger) nicht wasserrechtlich bewilligt worden. Daß die Anlage zur Erreichung des angestrebten Zieles, das Maß der Einwirkung auf Gewässer durch Vorreinigung herabzusetzen, nicht geeignet sei, und durch die emulgierende Wirkung des Kaltreinigers die Funktion der Anlage zur Mineralölabscheidung aufgehoben werde, sei dem Beschwerdeführer seit längerem bekannt. In rechtlicher Hinsicht führte die Behörde erster Instanz aus, daß durch die bereits eingetretene Gewässerverunreinigung, jedenfalls der Vorfluter B-bach und -kanal, K-bach und in weiterer Folge Salzach, die beiden Vorfälle ein sofortiges behördliches Einschreiten ohne vorhergegangenes Verwaltungsverfahren erforderlich gemacht hätten. Zum Begriff "Gefahr im Verzug" (§ 31 Abs. 3 WRG 1959) sei darauf hinzuweisen, daß sich in der Gemeinde

E die Brunnen der Bundesgebäudeverwaltung II zur Versorgung der Xkaserne und eines Teiles dieser Gemeinde befänden. Hydrologischen Untersuchungen zufolge liege das Betriebsgelände des Beschwerdeführers im Haupteinzugsgebiet dieser Wasserversorgungsanlage. Die Hauptgrundwasserzuzugsarme liefen durch das Betriebsgelände bzw. nördlich und südlich desselben. Es würden daher versickernde Schadstoffe, sofern sie nicht in den oberen Bodenschichten oder während des Aufenthaltes im Grundwasser abgebaut werden könnten, direkt dem Entnahmefeld der genannten Wasserversorgungsanlage zugeleitet. Gefahr im Verzug sei somit in beiden Fällen vorgelegen. Sämtliche Maßnahmen seien von der Wasserrechtsbehörde angeordnet worden. Die rechnerische und sachliche Richtigkeit der Rechnungen sei geprüft worden.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung. Diese hat folgenden Wortlaut:

"Für die in Rechnung gestellten Leistungen haben wir keinen Auftrag erteilt, da wir in der Lage gewesen wären, diese Flüssigkeiten selbst abzutransportieren. Außerdem wurde von chem. Labor Ihrerseits festgestellt, daß diese Abwässer für Menschen und Tiere nicht gesundheitsschädigend sind, sodaß die in Rechnung gestellten Einsätze nicht notwendig waren. Sie können uns die Kosten hiefür erst anlasten, wenn Sie uns nachweisen können, daß die Flüssigkeiten gesundheitsschädlich sind. Wir bitten daher den o. a. Bescheid zurückzuziehen."

3. Mit Bescheid vom 19. Oktober 1984 wies der Landeshauptmann von Salzburg (die belangte Behörde) die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet ab. Die belangte Behörde legte ihrem Bescheid die Sachverhaltsfeststellungen der Erstinstanz zugrunde und kam nach Wiedergabe der Abs. 1 bis 3 des § 31 WRG 1959 sowie - ohnedies zu deklarieren - der im Erkenntnis vom 5. Juli 1979, Zl. 580/79, enthaltenen wesentlichen Aussagen des Verwaltungsgerichtshofes zu diesen Bestimmungen zu dem Ergebnis, daß der Beschwerdeführer obschon die konkrete Gefahr einer Gewässerverunreinigung eingetreten sei, keine ausreichenden Maßnahmen zur Vermeidung der Gewässerverunreinigung getroffen habe, weshalb die Wasserrechtsbehörde nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 verpflichtet gewesen sei, die dazu erforderlichen Maßnahmen unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten (den Beschwerdeführer) unverzüglich durchführen zu lassen. Bezugnehmend auf die Berufung vertrat die belangte Behörde abschließend die Ansicht, daß es nicht darauf ankomme, ob durch die Gewässerverunreinigung eine Gesundheitsschädigung eintrete.

Wesentlich sei, daß es sich um einen konkreten und wirksamen Angriff auf die bisherige Beschaffenheit des Wassers handle. Dies sei bei einer milchigartigen, weißen Flüssigkeit, die zum Waschen von Tankfahrzeugen verwendet werde, als erwiesen anzunehmen.

4. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht verletzt, "die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen, wenn auch über Auftrag der Wasserrechtsbehörde, so doch selbst vorzunehmen, solange nicht Gefahr in Verzug ist". Er behauptet Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und begehrt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

5. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten, und zu betreiben, oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 WRG 1959 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

Nach dem ersten Satz des § 31 Abs. 2 leg. cit. hat der nach Abs. 1 Verpflichtete, wenn dennoch die Gefahr einer Gewässerverunreinigung eintritt, unverzüglich die zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen und die Bezirksverwaltungsbehörde, bei Gefahr im Verzug den Bürgermeister oder die nächste Dienststelle des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu verständigen.

Nach dem ersten Satz des § 31 Abs. 3 leg. cit. hat die Wasserrechtsbehörde, wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, soweit nicht der unmittelbare Bereich eines Bergbaues betroffen wird, die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Nach dem letzten Satz dieser Gesetzesstelle ist Gefahr im Verzug jedenfalls gegeben, wenn eine Wasserversorgung gefährdet ist.

Gemäß § 30 Abs. 2 WRG 1959 wird in diesem Bundesgesetz unter Reinhaltung der Gewässer die Erhaltung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht (Wassergüte), unter Verunreinigung jede Beeinträchtigung dieser Beschaffenheit und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens verstanden.

Zufolge des § 32 Abs. 1 WRG 1959 sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die übliche land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung gelten bis zum Beweis des Gegenteiles nicht als Beeinträchtigung.

2. Mit seiner Rechtsrüge, die belangte Behörde habe bei der von ihr als erwiesen angenommenen Gewässerverunreinigung das Kriterium der Gesundheitsgefährdung, aber auch die anderen im § 30 Abs. 1 WRG 1959 angeführten Merkmale unberücksichtigt gelassen, übersieht der Beschwerdeführer den Abs. 2 des § 30 leg. cit. Während der Abs. 1 des § 30 WRG 1959 eine allgemeine Zielvorstellung umschreibt, enthält Abs. 2 dieser Gesetzesstelle eine Definition der Begriffe "Reinhaltung" und "Verunreinigung" der Gewässer (vgl. dazu Krzizek, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz, Wien 1962, S. 151). Von der für die inhaltliche Bestimmung des Begriffes der Gewässerverunreinigung, wie ihn das WRG 1959 versteht, maßgebenden Norm des § 30 Abs. 2 leg. cit. her gesehen ist aber bei der Beurteilung der Frage, ob in einem konkreten Fall mit einer Verunreinigung der Gewässer zu rechnen ist, die es durch Ergreifen entsprechender Maßnahmen zu vermeiden gilt, weder auf die Gefährdung der Gesundheit von Mensch und Tier noch auf die anderen im § 30 Abs. 1 leg cit. genannten Tatbestandsmerkmale abzustellen. Die in diesem Punkt behauptete Rechtswidrigkeit liegt demnach nicht vor.

3. Auch dem Einwand des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe außeracht gelassen, daß es sich im Beschwerdefall um lediglich geringfügige Einwirkungen gehandelt habe, die im Grunde des § 32 Abs. 1 WRG 1959 nicht als Beeinträchtigung der Beschaffenheit der Gewässer (Verunreinigung) im Sinne des § 30 Abs. 2 leg. cit. gelten würden, kann nicht gefolgt werden. Die belangte Behörde hat im bekämpften Bescheid angesichts der Feststellung des - vom Beschwerdeführer unbestritten gebliebenen - Überlaufes von aus dem Reinigen von Tankfahrzeugen entstandenem Kaltreiniger-Öl-Wasser-Gemisch in mehrere Gerinne die Frage des Vorliegens einer "geringfügigen Einwirkung" zu Recht nicht in ihre rechtlichen Erwägungen miteinbezogen. Für den Verwaltungsgerichtshof ist es nicht zweifelhaft, daß die durch die Einleitung eines Flüssigkeitsgemisches der bezeichneten Zusammensetzung in Gewässer hervorgerufene chemische Verunreinigung derselben keinesfalls als (nicht bewilligungsbedürftige) "geringfügige Einwirkung" im Sinne des § 32 Abs. 1 WRG 1959 gewertet werden kann.

4. Soweit sich der Beschwerdeführer erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen die Annahme der belangten Behörde, es sei Gefahr im Verzug vorgelegen, wendet, ist er auf § 41 Abs. 1 VwGG zu verweisen, demzufolge der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen hat, soweit er nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde oder wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gegeben findet und nicht § 38 Abs. 2 leg. cit. anwendbar ist. Der Gerichtshof kann unter Zugrundelegung des Inhaltes der ihm vorgelegten Akten nicht erkennen, daß das Verwaltungsverfahren in Hinsicht auf Feststellungen zur Beurteilung des Vorliegens von Gefahr im Verzug mangelhaft geblieben wäre. Die Berufungsausführungen (vgl. oben I.2.) erforderten keine Ergänzung des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens; der angefochtene Bescheid machte sich somit mangels Bestreitung die wesentlichen Tatsachenfeststellungen der Behörde erster Instanz (vgl. oben I.1.) in rechtlich unbedenklicher Weise zu eigen. Da der daraus gezogene Schluß, hinsichtlich beider Vorfälle (7. und 8. Oktober 1980; 13. April 1981) sei Gefahr im Verzug zu bejahen gewesen, rechtlich einwandfrei ist, hegt der Verwaltungsgerichtshof insoweit auch gegen die inhaltliche Rechtmäßigkeit des bekämpften Bescheides keine Bedenken.

5. Im Hinblick auf die oben (II.2. und 3.) dargelegte Rechtsauffassung ist dem weiteren Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe es verabsäumt, zu den Fragen des Vorliegens der Merkmale des § 30 Abs. 1 WRG 1959 sowie der geringfügigen Einwirkung auf Gewässer (§ 32 Abs. 1 leg. cit.) ausreichende Ermittlungen zu pflegen und dazu im angefochtenen Bescheid Stellung zu nehmen, der Boden entzogen. Gleiches gilt für die gerügte Unterlassung von Feststellungen, inwieweit die in § 30 Abs. 2 leg. cit. im einzelnen angeführten Kriterien der Beeinträchtigung der Wassergüte vorgelegen seien.

6. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, daß die Verpflichtung des Beschwerdeführers zum Ersatz der Kosten gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 von der belangten Behörde - im Wege der Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides - dem Grunde nach zu Recht ausgesprochen wurde.

7. Mit Rücksicht darauf, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren (vgl. auch dazu das Berufungsvorbringen) weder mittels konkreten Vorbringens die Erforderlichkeit der gesetzten Maßnahmen in Zweifel gezogen noch Kritik an der Höhe des für die Alarmeinsätze in Rechnung gestellten Betrages und/oder der zu diesem Betrag führenden Einzelrechnungen geübt hat - der Vorwurf des Beschwerdeführers, die in Rechnung gestellten Einsätze seien nicht notwendig gewesen, und der Einwand, er sei in der Lage gewesen, die Flüssigkeiten selbst abzutransportieren, boten mangels jeglicher Konkretisierung keinen Anlaß zu ergänzenden Ermittlungen zum Zweck einer weiteren Überprüfung der vorliegenden Rechnungen -, war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die Kostenersatzpflicht auch der Höhe nach bestätigte, ohne in dieser Hinsicht ergänzende Ermittlungen durchzuführen.

8. Da sich dem Gesagten zufolge die Beschwerde nach jeder Richtung als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

9. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A

Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 3. Dezember 1985

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