Normen
BauO NÖ 1976 §100 Abs1 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9 Z4 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §120 Abs3 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §120 Abs4 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §6 Abs4;
BauO NÖ 1976 §6 Abs5;
BauRallg;
BauO NÖ 1976 §100 Abs1 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9 Z4 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §120 Abs3 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §120 Abs4 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §6 Abs4;
BauO NÖ 1976 §6 Abs5;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den Bescheiden des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 12. August 1974, 1. Oktober 1974 und 1. April 1976 wurden verschiedene Grundabteilungen, welche zur Bildung des im Eigentum des Erstmitbeteiligten - im folgenden mitbeteiligter Bauwerber genannt - stehenden, verfahrensgegenständlichen Grundstückes Nr. 743/2, KG. L, H-Straße, führten, baubehördlich bewilligt.
Der mitbeteiligte Bauwerber suchte mit Eingabe vom 25. Juni 1976 um die baubehördliche Bewilligung für die straßenseitige Einfriedung des genannten Grundstückes an. Bei der über dieses Ansuchen am 17. März 1983 abgehaltenen mündlichen Verhandlung wandte der Beschwerdeführer ein, die in der Zwischenzeit bereits errichtete Einfriedung stehe ca. 1,50 m auf öffentlichem Grund, und zwar ca. 1,50 m zu weit westlich bei der vorgeschriebenen Straßenbreite von 14 m, und widerspreche dem Raumordnungsgesetz, dem Flächenwidmungsplan und der Bauordnung.
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde erteilte dem mitbeteiligten Bauwerber mit Bescheid vom 1. Juli 1983 die nachträgliche baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer straßenseitigen Einfriedung auf dem obgenannten Grundstück, wobei die Einwendungen des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen wurden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig die Berufung, die er im wesentlichen damit begründete, die gegenständliche Einfriedung befinde sich innerhalb des öffentlichen Gutes und widerspreche dem § 13 Abs. 2 der NÖ. Bauordnung (betreffend die Grundabtretung). In der H-Straße sei nur eine einseitige Verbauung möglich, der Teilungsplan, aus dem das Grundstück des mitbeteiligten Bauwerbers hervorgegangen sei, sei für die Richtigkeit der Straßengrenze unerheblich und die ganze bauliche Anlage des mitbeteiligten Bauwerbers widerspreche der Raumordnung und dem Flächenwidmungsplan.
Der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde wies mit Bescheid vom 12. April 1984 die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid. In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die nachträgliche baubehördliche Bewilligung könne erteilt werden, weil die gegenständliche Einfriedung den geltenden Straßenfluchtlinien und den Abteilungsverfahren entspreche.
In der dagegen rechtzeitig erhobenen Vorstellung wiederholte der Beschwerdeführer im wesentlichen das Berufungsvorbringen und führte weiters aus, er wäre bei einer späteren Verbreiterung der H-Straße auf Grund der Situierung der Einfriedung des mitbeteiligten Bauwerbers verpflichtet, Grundstücksteile abzutreten, was für ihn einen großen Verlust bedeute.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Gemeindeaufsichtsbehörde vom 12. September 1984 wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, gemäß § 120 Abs. 7 der NÖ. Bauordnung 1976 seien außerhalb des Geltungsbereiches eines Bebauungsplanes in einem Baubewilligungsbescheid nur dann die Straßenfluchtlinie sowie das Niveau zu bestimmen, wenn das Grundstück bisher noch unbebaut gewesen sei. Im vorliegenden Fall handle es sich jedoch um ein schon bebautes Grundstück, weshalb der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde keine gesetzliche Möglichkeit gehabt habe, die Lage der Einfriedung anders zu bestimmen als an der Grenze zwischen öffentlichem und privatem Grund. Wenn der Beschwerdeführer befürchte, daß er im Falle der späteren Verbreiterung der H-Straße zur Grundabtretung verhalten werden könne, so sei er auf § 13 der NÖ. Bauordnung 1976 zu verweisen, der für einen solchen Fall einen finanziellen Ausgleich vorsehe.
Dagegen richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Schon im Verfahren vor der Baubehörde erster Instanz wandte der Beschwerdeführer ein, die Einfriedung stehe auf Öffentlichem Gut, und zwar ca. 1,50 m zu weit westlich bei der vorgeschriebenen Straßenbreite von 14 m, und widerspreche dem Raumordnungsgesetz, dem Flächenwidmungsplan und der Bauordnung.
Der Beschwerdeführer selbst hat seine Einwendung - wie aus seinem weiteren Vorbringen zu ersehen ist - dahin verstanden, das Bauvorhaben des mitbeteiligten Bauwerbers widerspreche der festgelegten Straßenfluchtlinie.
Für das Gebiet der mitbeteiligten Stadtgemeinde besteht der vom Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde am 29. November 1974 und 27. Juni 1975 beschlossene, mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 17. Dezember 1975 aufsichtsbehördlich genehmigte Flächenwidmungsplan in dem für das Grundstück des mitbeteiligten Bauwerbers die Widmungs- und Nutzungsart "Bauland-Industriegebiet" und für das - getrennt durch die öffentliche Verkehrsfläche H-Straße - gegenüberliegende Grundstück des Beschwerdeführers "Grünland-Landwirtschaft" festgelegt ist. Für den im Beschwerdefall maßgeblichen Bereich der H-Straße liegt ein vereinfachter Bebauungsplan vor, weil mit Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 3. März 1972 in der Fassung des Beschlusses vom 16. März 1973 die Straßenfluchtlinien nach dem Plan des Stadtbauamtes vom 31. Jänner 1972 und die vorderen Baufluchtlinien im Abstand von 5 m von den Straßenfluchtlinien festgesetzt sowie eine Bebauungsdichte von höchstens 40 % bestimmt worden sind. Gemäß dem genannten Plan vom 31. Jänner 1972 weisen die Straßenfluchtlinien voneinander einen Abstand von 14 m auf. Dies stimmt mit § 6 Abs. 4 erster Satz der im Zeitpunkt der Erlassung der zitierten Verordnungen geltenden NÖ. Bauordnung, LGBl. Nr. 166/1969, überein, wonach die Entfernung der Straßenfluchtlinien voneinander den Verkehrserfordernissen zu entsprechen hat, mindestens aber 14 m betragen muß. Gemäß § 120 Abs. 1 letzter Satz der auf das vorliegende Baubewilligungsverfahren anzuwendenden NÖ. Bauordnung 1976, LGBl. 8200-0, in der Fassung der Novelle 1981, LGBl. 8200-1, gilt ein gemäß § 120 Abs. 3 und 4 dieses Gesetzes in seiner bisherigen Fassung erlassener vereinfachter Bebauungsplan bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplanes gemäß den §§ 3 und 7 dieses Gesetzes weiter. Gegen die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes und des vereinfachten Bebauungsplanes sind im vorliegenden Beschwerdefall keine Bedenken entstanden, weshalb der Verwaltungsgerichtshof keine Veranlassung sieht, einen Antrag auf Aufhebung dieser Verordnungen gemäß Art. 139 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen. Auch der Beschwerdeführer hat keine Bedenken gegen die genannten Verordnungen vorgebracht.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht dem Nachbarn ein subjektives öffentliches Recht auf Einhaltung von Bestimmungen über die Mindeststraßenbreite, somit auf die Einhaltung des Mindestabstandes der Straßenfluchtlinien voneinander zu (siehe die hg. Erkenntnisse vom 2. November 1906, Slg. Nr. 4730/A, vom 6. März 1957, Slg. N.F. Nr. 4298/A, und vom 5. November 1966, Slg. N.F. Nr. 6977/A; vgl. Hauer, "Der Nachbar im Baurecht", Seite 147 ff); dies gilt nicht nur für Gebäude, sondern auch für Einfriedungen.
In dem dem Baubewilligungsbescheid der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 1. Juli 1983 zu Grunde gelegten Einreichplan vom Juni 1976 ist die Errichtung einer straßenseitigen Einfriedung (mit Ausnahme eines Teilstückes vor dem 20 m langen, 5 m hinter der Grundgrenze bestehenden Gebäude) an der Grundgrenze des verfahrensgegenständlichen Grundstückes des mitbeteiligten Bauwerbers mit der H-Straße eingezeichnet. Aus den von der belangten Behörde ebenfalls vorgelegten Grundabteilungsbescheiden des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 12. August 1974, 1. Oktober 1974 und 1. April 1976, und den dazugehörigen Teilungsplänen vom 20. Juni 1974, 30. September 1974 und 14. November 1975, ist ersichtlich, daß die an der H-Straße gelegene Grundgrenze des genannten Grundstückes des mitbeteiligten Bauwerbers mit der in diesen Plänen eingetragenen Straßenfluchtlinie übereinstimmt und die vor der Straßenfluchtlinie gelegenen Grundstücksteile der seinerzeitigen Grundstücke (743 bzw. 743/1 der KG. L) bereits mit dem öffentlichen Gut - der H-Straße - vereinigt sind. Daß die genannten Teilungspläne unrichtig seien, hat der Beschwerdeführer selbst nicht konkret behauptet. Nach den im Baubewilligungsverfahren vorgelegten Planunterlagen ist die Errichtung der Einfriedung an der Grundgrenze, somit an der Straßenfluchtlinie und nicht vor der Straßenfluchtlinie, bewilligt worden. Ob allenfalls die tatsächliche Ausführung der Einfriedung der erteilten Baubewilligung entspricht, ist im vorliegenden Beschwerdefall nicht maßgeblich, weil es sich beim Baubewilligungsverfahren um ein Projektsbewilligungsverfahren - dies gilt auch im Falle eines nachträglichen Bauansuchens - handelt.
Für eine individuelle Festlegung der Fluchtlinie gemäß § 120 Abs. 4 der NÖ. Bauordnung 1976, in der Fassung der Novelle 1981, blieb entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers schon deshalb kein Raum, weil - wie oben erwähnt - für den fraglichen Bereich ein Teilbebauungsplan besteht. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf § 13 der NÖ. Bauordnung 1976 geht fehl, weil weder die Festlegung der Straßenfluchtlinie noch eine Abtretung von Grundstücken oder Grundstücksteilen für öffentliche Verkehrsflächen Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Die Ausführungen des Beschwerdeführers bezüglich des Kraftfahrzeugverkehrs auf der öffentlichen Verkehrsfläche stellen einerseits eine gemäß § 41 VwGG unzulässige Neuerung dar und betreffen andererseits nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 22. Oktober 1985, Zl. 85/05/0112, BaurechtsSlg. Nr. 539, und die dort zitierte weitere Vorjudikatur) kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht.
Da sohin durch den angefochtenen Bescheid Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt wurden, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 30. September 1986
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