VwGH 83/15/0047

VwGH83/15/004716.2.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Raschauer und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Großmann, Dr. Schubert und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde der Firma A & Co OHG in U, vertreten durch Hans Freyborn, Rechtsanwalt in Salzburg, Müllner Hauptstraße 2, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 11. März 1983, Zl. 236/1- GA 5-DG/1982 und Zl. 316/2-GA 5-DG/1982, betreffend Rechtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

BewG 1955 §15 Abs2;
BewG 1955 §15 Abs3;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1984:1983150047.X00

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.304,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei (Beschwerdeführerin) plante, den A-Berg mit mehreren Schiliften für den Wintersport zu erschließen (nach ihrem Vorbringen vor dem Verwaltungsgerichtshof und nach dem Verwaltungsakt handelt es sich offenbar um einen Sessellift und mehrere Schlepplifte). Um die erforderlichen Lift- und Abfahrtstrassen anlegen zu können, schloß die Beschwerdeführerin mit den Grundeigentümern Verträge über die Bestellung von Dienstbarkeiten ab. Für zwei dieser Verträge setzte das Finanzamt mit zwei Bescheiden Rechtsgebühren von S 2.506,-- bzw. S 2.644,-- fest. Beiden Bescheiden liegt die Annahme zugrunde, daß die Beschwerdeführerin den Grundeigentümern laufende Leistungen (Zahlungen) von immerwährender Dauer gewährte.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen beide Bescheide Berufungen, in denen sie die Ansicht vertrat, daß nicht Leistungen von immerwährender, sondern solche von unbestimmter Dauer vorlägen, sodaß die Jahreswerte nur neunmal und nicht achtzehnmal zu vervielfachen wären. Die Dienstbarkeiten gestatteten nur Nutzungen der Grundstücke während der Wintermonate. Die Liftanlagen unterlägen einer gewissen Abnutzung und müßten, wenn auch der genaue Zeitpunkt noch nicht vorhersehbar sei, trotz Reparaturen und Überholungen einmal eingestellt werden. Weiters müßten die Schipisten aus Gründen des Umwelt- und Landschaftsschutzes nach etwa sechs bis acht Jahren immer wieder verlegt werden.

Das Finanzamt erließ über eine der Berufungen eine abweisende Berufungsvorentscheidung, während es die andere Berufung unmittelbar der belangten Behörde zur Entscheidung vorlegte. In der abweisenden Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt darauf hin, daß die Dienstbarkeit nach den Verträgen die Vertragschließenden und ihre Rechtsnachfolger berechtige und verpflichte. Die Dienstbarkeit erstrecke sich auch nicht auf bestimmte, bereits festgelegte Trassen, sondern berechtige zur Inanspruchnahme der erforderlichen Trassen. Lediglich das Entgelt werde nach dem Umfang der tatsächlich beanspruchten Flächen ausgemessen. Nach dem Zweck des Vertrages zeige sich somit, daß ein Ende der Leistungen in absehbarer Zeit keinesfalls zu erwarten sei, sodaß der achtzehnfache Jahreswert anzusetzen wäre. Da der Vertragszweck die Erschließung eines Gebietes mit im einzelnen nicht näher festgelegten Anlagen sei, die Berechtigung bzw. Bindung ausdrücklich auf die Rechtsnachfolger übergehen solle, könne eine Beendigung innerhalb eines dem § 15 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes 1955 (BewG) entsprechenden Zeitraumes nicht erwartet werden.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz legte die Beschwerdeführerin über das Berufungsvorbringen hinaus dar, daß sich die Dienstbarkeiten entgegen der Meinung des Finanzamtes auf bestimmte, mit den Grundeigentümern festgelegte Trassen bezögen. Das Finanzamt hätte von Amts wegen klären müssen, nach welcher Zeit Schipisten verlegt werden müßten. Der Übergang der Duldungspflicht der Grundeigentümer auf die Rechtsnachfolger sei vorgesehen worden, um Schäden, die sonst auch schon bei einem baldigen Tod eines Liegenschaftseigentümers für die Beschwerdeführerin eintreten könnten, vorzubeugen.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde den Berufungen der Beschwerdeführerin keine Folge. Sie führte jeweils begründend aus, unter "immerwährend" könne nicht verstanden werden, daß es "kein Ende hat". Kein Wirtschaftsgut habe ewige Dauer und auch Rechte könnten gegenstandslos werden, wenn sie ihre wirtschaftliche Grundlage verlieren. Nicht allein die Dienstbarkeitsgeber, sondern auch ihre Rechtsnachfolger hätten die Bindung an die Dienstbarkeit. Immerwährende Nutzungen oder Leistungen seien grundsätzlich solche, deren Ende von Ereignissen abhänge, bei denen ungewiß sei, ob und wann sie in absehbarer Zeit eintreten. Im Übergang der Nutzungen und Leistungen auf einen Rechtsnachfolger habe der Verwaltungsgerichtshof einen Hinweis auf immerwährende Nutzungen oder Leistungen erblickt. Wiederkehrende Nutzungen und Leistungen von unbestimmter Dauer seien hingegen solche, bei denen das Ende in absehbarer Zeit sicher, der Zeitpunkt des Fortfalles aber ungewiß sei.

Dem Einwand der Beschwerdeführerin, daß die Schipisten nach etlichen Jahren immer wieder verlegt werden müßten, hielt die belangte Behörde entgegen, daß die Dienstbarkeitsrechte auf die Dauer des Bestandes der Liftanlagen eingeräumt worden seien. Selbst wenn die Trassen etwas verlegt werden müßten, ende hiedurch das Recht der Dienstbarkeit nicht. Nach den Verträgen handle es sich um Liftanlagen aller Art, sodaß der Meinung der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten sei, daß mit der Beseitigung der Liftanlagen innerhalb eines absehbaren Zeitraumes nicht zu rechnen sei. Eine Verlegung der Schipisten sei daher nicht gleichzusetzen mit dem Ende der Dienstbarkeit.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Dienstbarkeiten bezögen sich auf bestimmte bereits festgesetzte Trassen, bemerkte die belangte Behörde, daß nach den Verträgen jeweils die ausgeholzte Fläche als Trasse gelte, wenn diese durch Schlägerung des Waldes entstanden sei, und wenn diese bestehende Wiesen oder Almen betreffe, jene Fläche, die von den Pistengeräten jeweils präpariert werde. Das Finanzamt hätte daher zu Recht angenommen, daß es sich um keine schon bestehende Trasse handle.

Im übrigen sei es für die Beurteilung, ob es sich um Nutzungen von unbestimmter oder immerwährender Dauer handelt, nicht rechtserheblich, ob eine Verlegung der Trasse stattfinde oder nicht; denn die Dienstbarkeit sei ja auf die Dauer des Vertrages (richtig wohl: Bestandes) der Liftanlagen eingeräumt worden. Auf Grund der im Land Salzburg in den Wintersportgebieten betriebenen Liftanlagen lasse sich mit Recht der Standpunkt vertreten, daß solche Liftanlagen zum Teil bereits jahrzehntelang stehen. Auf Grund dieser Überlegungen kam die belangte Behörde zu dem Ergebnis, daß es sich bei den fraglichen Dienstbarkeitsverträgen um solche von immerwährender Dauer handle.

In weiterer Folge nahm die belangte Behörde noch bezüglich eines der angefochtenen Bescheide eine vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht strittige Berichtigung eines Rechenfehlers vor (Herabsetzung der einen Rechtsgebühr von S 2.506,-- auf S 1.253,--).

Die vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit beider angefochtenen Bescheide als auch deren Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die Beschwerdeausführungen entsprechen weitgehend dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte darin die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall steht außer Diskussion, daß die beiden Dienstbarkeitsverträge nach § 33 Tarifpost 9 des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267, gebührenpflichtig sind. Unbestritten ist auch, daß sich die Höhe der Gebühr im Hinblick auf § 26 dieses Gesetzes nach § 15 Abs. 2 BewG richtet. Darnach sind immerwährende Nutzungen oder Leistungen mit dem Achtzehnfachen des Jahreswertes, Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer vorbehaltlich des (hier unbeachtlichen) § 16 BewG mit dem Neunfachen des Jahreswertes zu bewerten. Umstritten ist lediglich die Frage, ob die für die Einräumung der Dienstbarkeiten gezahlten Beträge immerwährende Leistungen oder solche von unbestimmter Dauer darstellen.

Zur Abgrenzung immerwährender Nutzungen oder Leistungen von solchen unbestimmter Dauer hielt der Verwaltungsgerichtshof in dem seine bisherige Rechtsprechung zusammenfassenden Erkenntnis vom 7. März 1978, Zl. 348/75, unter Hinweis auf Schrifttum fest, immerwährende Nutzungen oder Leistungen seien grundsätzlich solche, deren Ende von Ereignissen abhänge, bei denen ungewiß sei, ob und wann sie in absehbarer Zeit eintreten; im Übergang der Nutzungen oder Leistungen auf einen Rechtsnachfolger sah der Gerichtshof einen Hinweis auf immerwährende Nutzungen oder Leistungen. Wiederkehrende Nutzungen und Leistungen von unbestimmter Dauer hingegen seien solche, bei denen das Ende in absehbarer Zeit sicher, der Zeitpunkt des Fortfalles aber ungewiß sei.

Nach dem gemäß § 17 Abs. 1 Gebührengesetz 1957 für die Gebührenfestsetzung maßgebenden Urkundeninhalt beabsichtigte die Dienstbarkeitsnehmerin (Beschwerdeführerin), Schiliftanlagen zur Erschließung des A-Berges zu errichten und zu betreiben. Zur Errichtung und Erhaltung der geplanten Liftanlagen und der Abfahrten räumten die Dienstbarkeitsgeber auf ihren Grundstücken für sich und ihre Rechtsnachfolger der Beschwerdeführerin und ihren Rechtsnachfolgern im Eigentum der bezeichneten Liftanlagen auf die Dauer des Bestandes dieser Anlagen unter anderem das Recht ein, Liftanlagen aller Art mit den hiezu erforderlichen Stützen, Stromanschlüssen u. dgl. zu errichten, die Lifte auch ganzjährig zu betreiben und mit allen Anlagen dauernd in gutem Zustand zu erhalten, die belasteten Grundstücke mit Wintersportgeräten befahren zu lassen, eine allen Erfordernissen des modernen Wintersportes entsprechende Schilift- und Abfahrtstrasse zu errichten und zu erhalten und überhaupt alles vorzukehren, was für die Errichtung und für den Betrieb der Liftanlagen zweckmäßig und üblich ist. In einem weiteren Vertragspunkt ist abermals festgehalten, daß die Rechte auf die Dauer des Bestandes der Liftanlagen eingeräumt werden. Die Verträge gelten als aufgelöst bei Nichteinhaltung wesentlicher Teile sowie, wenn nicht bis spätestens 1. Jänner 1982 mit den Bauarbeiten für die Liftanlagen begonnen werde, oder wenn der Lift seinen Betrieb dauernd einstelle oder abgetragen werde.

Aus diesen Vertragsbestimmungen läßt sich - wovon offenbar die belangte Behörde ausgeht, was vor allem die Sachverhaltsdarstellung und die abschließenden Erwägungen in den angefochtenen Bescheiden zeigen - ableiten, daß die Dienstbarkeitsgeber die Dienstbarkeiten höchstens für die Dauer des Bestandes jener Schiliftanlagen bestellten, wie sie zum Zeitpunkt der Bestellung zur Erschließung des A-Berges für den Wintersport vorgesehen waren. Zufolge dieser Abhängigkeit der Dienstbarkeitsdauer vom Bestand der Schiliftanlagen stellt sich vorweg die von der Beschwerdeführerin schon in den Berufungen angeschnittene Frage, ob mit einem derart langen Bestand der Schiliftanlagen zu rechnen ist, daß sich daraus immerwährende Leistungen im Sinne des § 15 Abs. 2 BewG ergeben. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist dies hier nicht der Fall.

Mögen Schiliftanlagen auch durch lange Zeit betriebsfähig sein, so ist doch ihre Betriebsfähigkeit mit Sicherheit nicht unbegrenzt. Auf Grund der begrenzten Lebensdauer der Schiliftanlagen hängt das Ende der laufenden Leistungen für die Dienstbarkeitsbestellung nicht von Ereignissen ab, bei denen ungewiß ist, ob sie eintreten. Die Lebensdauer von Schiliftanlagen erscheint aber auch derart begrenzt, daß es nicht im Sinne des bereits erwähnten Erkenntnisses Zl. 348/75 als ungewiß angesehen werden kann, ob (und wann) die Leistungen in absehbarer Zeit enden; denn ungewiß in diesem Sinn und damit unabsehbar wäre das Ende von Nutzungen oder Leistungen nur, wenn es überhaupt nicht abzusehen ist (vgl. auch Rössler-Troll-Langner, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz13, S. 172). Davon, daß für die Betriebsfähigkeit der Schiliftanlagen und damit für die Leistungen nach den Dienstbarkeitsverträgen ein Ende überhaupt nicht abzusehen wäre, kann jedoch nicht die Rede sein; vielmehr erscheint das Ende in absehbarer Zeit sicher, der Zeitpunkt des Fortfalles aber ungewiß, sodaß im Sinne des Erkenntnisses Zl. 348/75 Leistungen von unbestimmter Dauer vorliegen. Der Übergang der Vertragspflichten auf den Rechtsnachfolger, der nach dem Erkenntnis Zl. 348/75 lediglich einen Hinweis auf immerwährende Nutzungen oder Leistungen bildet, rechtfertigt im Beschwerdefall keine andere Betrachtung, weil schon die Abhängigkeit der fraglichen Leistungen vom Bestand der Schiliftanlage eindeutig auf Leistungen von unbestimmter Dauer hinweist.

Die belangte Behörde hat sohin die Rechtslage verkannt. Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965, insbesondere auf § 52 Abs. 1 dieses Gesetzes, sowie auf die Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Die Abweisung des Mehrbegehrens ergab sich zum einen deshalb, weil die Eingabengebühr nur je Schriftsatz und nicht je Bogen zu entrichten war, und zum anderen deshalb, weil gemäß § 48 Abs. 1 lit. b VwGG 1965 nur der Schriftsatzaufwand ersetzt werden kann, der mit der Einbringung der Beschwerde verbunden war.

Wien, am 16. Februar 1984

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