Normen
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1983:1983130169.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer hat in den Streitjahren 1974 bis 1981 seinen Lebensunterhalt durch Gelegenheitsarbeiten als Bauspengler bestritten, aber keine Steuererklärungen abgegeben und keine Steuern bezahlt. Auf Grund einer Anzeige der Landesinnung der Dachdecker wurde der Beschwerdeführer am 22. Juni 1982 gemäß § 82 FinStrG als Verdächtiger einvernommen. Er gab im wesentlichen an, die Aufträge für seine Gelegenheitsarbeiten in den Streitjahren habe ihm ein Kaffeehausbekannter vermittelt. Die wöchentlichen Einnahmen des Beschwerdeführers aus dieser Tätigkeit lägen zwischen S 1.500,-- und S 2.000,--; an monatlichen fixen Zahlungen habe der Beschwerdeführer S 1.000,-- an Alimenten zu leisten, gelegentlich gebe er auch seiner Mutter Geldzuwendungen. Seit 1974 habe er zwei Autos besessen, und zwar habe er sich 1976 einen Citroen um ca. S 4.000,-- und 1978 einen Mercedes um S 6.000,-- gekauft. Gelegentlich habe der Beschwerdeführer auch Arbeiten „in Eigenregie“ ausgeführt; über Aufzeichnungen verfüge er nicht. Rechnungen über seine Materialankäufe bei verschiedenen Firmen habe er vernichtet. Seit 1982 sei der Beschwerdeführer als Provisionsvertreter für seinen bisherigen Auftraggeber tätig. Er schätze seine jährlichen Einkünfte auf ca. S 70.000,-- bis S 80.000,--.
Ausschließlich diese Angaben des Beschwerdeführers zog das Finanzamt als Grundlage von Schätzungen des Umsatzes, der Bruttoerlöse und der Betriebsausgaben und daraus abgeleitet der Gewinne des Beschwerdeführers in den Streitjahren heran. Diese Schätzungsergebnisse legte das Finanzamt seinen Umsatzsteuer-, Einkommensteuer- und Gewerbesteuerbescheiden für die Jahre 1974 bis 1980 zu Grunde, wobei es den jeweils errechneten Steuerbeträgen einen Verspätungszuschlag in der Höhe von 10 % hinzurechnete.
Gegen diese Steuerbescheide für die Jahre 1974 bis 1980 erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er seine Unternehmereigenschaft bestritt und vorbrachte, er habe in diesen Jahren kein regelmäßiges Einkommen gehabt und monatlich maximal S 1.800,-- verdient; außerdem sei er wiederholt infolge von Haftzeiten durch längere Zeiträume hindurch nicht in der Lage gewesen, ein Einkommen zu erzielen.
Für 1981 gab der Beschwerdeführer eine Einkommensteuererklärung ab, in welcher er die Erzielung von Einkünften aus allen gesetzlichen Einkunftsarten verneinte.
Das Finanzamt nahm daraufhin auch für 1981 eine Schätzung wie für die Vorjahre vor und schrieb dem Beschwerdeführer mit entsprechenden Bescheiden für 1981 Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer, wieder jeweils mit 10 % Verspätungszuschlag, vor.
Auch gegen die das Jahr 1981 betreffenden Steuerbescheide erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er nun „für verschiedene Streicharbeiten“ Einnahmen in der Gesamthöhe von S 34.500,-- zugab.
Das Finanzamt wies mit Berufungsvorentscheidung die Berufungen des Beschwerdeführers als unbegründet ab, worauf dieser deren Vorlage an die belangte Behörde beantragte. In seinem Vorlageantrag machte der Beschwerdeführer ergänzend geltend, er habe im Rahmen seiner Einvernahme am 22. Juni 1982 irrtümlich von „wöchentlichen“ Einnahmen von S 1.500,-- bis S 2.000,-- gesprochen, gemeint habe er in Wahrheit seine „monatlichen“ Einnahmen.
Die belangte Behörde holte vorerst Auskünfte des Landesgerichtes für Strafsachen Wien über vom Beschwerdeführer im Jahre 1980 in Untersuchungshaft verbrachte Zeiten ein und hielt das - negative - Ergebnis dieser Anfrage dem Beschwerdeführer vor, der sich dazu nicht äußerte. Hierauf wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei nach steuerlichen Gesichtspunkten bei seinen Gelegenheitsarbeiten als Unternehmer aufgetreten und daher umsatzsteuer- und gewerbesteuerpflichtig. Zur Frage der Höhe der Einnahmen sei aus der Textierung der Niederschrift vom 22. Juni 1982 eindeutig ersichtlich, daß der Beschwerdeführer selbst von wöchentlichen Einnahmen in der Höhe von S 1.500,-- bis S 2.000,-- gesprochen habe; aus monatlichen Einnahmen in derselben Größenordnung allein hätte der Beschwerdeführer auch weder seine Alimentationszahlungen noch Zuwendungen an seine Mutter leisten können. Die Behauptung des Beschwerdeführers, aus der Nichtbezahlung etlicher Polizeistrafen sei ersichtlich, daß er nie das vom Finanzamt geschätzte Einkommen erzielt habe, sei nicht schlüssig, da der Entschluß, die Ersatzfreiheitsstrafe zu verbüßen statt eine Geldstrafe zu bezahlen, auch auf anderen Gründen beruhen könne. Hinsichtlich einer mehrmonatigen Untersuchungshaft im Jahre 1980 hätten sich die Behauptungen des Beschwerdeführers als unrichtig erwiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Schätzungsbefugnis der Abgabenbehörde gemäß § 184 BAO ist im Beschwerdefall unbestritten. Der Beschwerdeführer bestreitet selbst nicht, daß er trotz Erzielung von Einkünften in den Streitjahren darüber keine Aufzeichnungen geführt und auch keine Steuererklärungen abgegeben hat. Er tritt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch nicht mehr der zutreffenden Auffassung der Abgabenbehörden entgegen, daß er im Rahmen seiner Gelegenheitsarbeiten als Unternehmer im Sine des Umsatzsteuergesetzes aufgetreten ist und damit Einkünfte erzielt hat, die nach der Systematik des Einkommensteuergesetzes als gewerblich einzustufen sind.
Strittig ist allerdings, ob die Ergebnisse der von der belangten Behörde bestätigten Schätzung auf einer tauglichen Schätzungsmethode beruhen und in einem einwandfreien Verfahren erzielt wurden. Im Falle der Zulässigkeit einer Schätzung dem Grunde nach steht die Wahl der anzuwendenden Schätzungsmethode der Abgabenbehörde frei. Ihr Ergebnis, das in der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen besteht, die die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben, muß aber mit den Lebenserfahrungen im Einklang stehen, die Schätzungsgrundlagen müssen in einem einwandfreien Verfahren ermittelt werden, in welchem vor allem auch der Abgabepflichtige gehört werden muß. Es liegt dann an ihm, begründete Überlegungen, Schlußfolgerungen und zielführende Anhaltspunkte vorzubringen, die eine tauglichere Schätzungsmethode und damit ein richtigeres Ergebnis gewährleisten.
Nun ist im Beschwerdefall der Beschwerdeführer durchaus in das Verfahren einbezogen worden, auf seinen eigenen Angaben im Rahmen der Einvernahme als Verdächtiger vom 22. Juni 1982 bauen ja die Schätzungsergebnisse des Finanzamtes ausschließlich auf; auch im Rahmen des Berufungsverfahrens, insbesondere zur negativen Auskunft des Landesgerichtes für Strafsachen über eine vom Beschwerdeführer im Jahre 1980 in Untersuchungshaft verbrachte Zeit, wurde ihm wiederholt das Parteiengehör gewährt. Ferner unterliegt es nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes keinem Zweifel, daß der Beschwerdeführer am 22. Juni 1982 seine Einnahmen mit S 1.500,-- bis S 2.000,-- “wöchentlich“ beziffert hat; er hat dies nämlich im Zuge seiner protokollierten Aussage zwei Mal getan und abschließend ausdrücklich bestätigt, daß seine Angaben richtig aufgenommen worden seien.
Mit Rücksicht auf diese Umstände vermag der Verwaltungsgerichtshof ein gesetzwidriges Vorgehen der Abgabenbehörden im Beschwerdefall nicht zu erkennen. Der Schätzung liegen die vom Beschwerdeführer selbst genannten Einkünfte von durchschnittlich S 1.500,-- bis S 2.000,-- pro Woche zu Grunde, die er aus von einem bestimmten Auftraggeber vermittelten Arbeiten bezogen hat. Unberücksichtigt blieb dabei, daß der Beschwerdeführer darüber hinaus nach seinen eigenen Angaben auch Arbeiten „in Eigenregie“ zum Teil unter Beistellung des Materials ausgeführt hat. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung wäre mit Rücksicht auf die besondere Lagerung des Beschwerdefalles ein innerer oder ein äußerer Betriebsvergleich zur schätzungsweisen Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen des Beschwerdeführers nicht durchführbar gewesen.
Wenn der Beschwerdeführer schließlich meint, die belangte Behörde habe nicht zureichend ermittelt, in welchen Zeitabschnitten während der Streitjahre der Beschwerdeführer infolge Verbüßung diverser Haftstrafen nicht in der Lage gewesen sei, Einkünfte zu erzielen, ist ihm zu erwidern, daß es an ihm gelegen wäre, das ihm vorgehaltene negative Ergebnis der hiezu durchgeführten Ermittlungen durch geeignete Hinweise oder Beweisanträge zu widerlegen. Entsprechendes Vorbringen hat der Beschwerdeführer innerhalb der ihm gesetzten Frist, bzw. bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht erstattet. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren dient aber nicht dazu, im Verwaltungsverfahren. versäumtes Vorbringen nachzuholen (§ 41 Abs. 1 VwGG 1965).
Da der angefochtene Bescheid somit nicht mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeit belastet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Wien, am 14. Dezember 1983
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