VwGH 83/13/0092

VwGH83/13/009223.5.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Traumüller, über die Beschwerde des Ing. JH in W, vertreten durch Dr. Norbert Rauscher, Rechtsanwalt in Groß-Enzersdorf, Hauptplatz 7, gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 2. Mai 1983, Zl. GA 5-1663/82, betreffend Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für den Zeitraum vom 1. Jänner 1978 bis 31. Dezember 1980, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §25 Abs1 Z1;
EStG 1972 §26 Z3;
EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §25 Abs1 Z1;
EStG 1972 §26 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt ein Lastautounternehmen und eine Sandgewinnung. Der Prüfer, der beim Beschwerdeführer über den Zeitraum vom 1. Jänner 1978 bis 31. Dezember 1980 eine Lohnsteuerprüfung vorgenommen hatte, errechnete eine Nachforderung an Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen von jenen Beträgen, die der Beschwerdeführer als Arbeitgeber seinen Kraftfahrern als Arbeitnehmern für von diesen bezahlte Polizeistrafen ersetzt hatte.

Das Finanzamt schloß sich der Auffassung des Prüfers an und erließ Haftungs- und Zahlungsbescheide.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung. Die Kraftfahrer des Beschwerdeführers "hatten die ausdrückliche Anweisung, erforderlichenfalls die Lkw zu überladen". Solche Überladungen seien im Transportgewerbe durchaus üblich und aus Konkurrenzgründen öfters erforderlich. Selbstverständlich habe sich der Beschwerdeführer gegenüber seinen Kraftfahrern verpflichten müssen, "für eventuelle Strafen aufzukommen, da er aus der Überladung einen finanziellen Vorteil ziehe und eine Strafe gleichsam ein kalkuliertes Risiko" sei. Ein Vorteil aus dem Dienstverhältnis könne nicht vorliegen, weil die Kraftfahrer ohne die Zusicherung der Schadloshaltung die Lkw nicht überladen hätten. Eine Übernahme der Strafen durch die Kraftfahrer wäre auch angesichts der Höhe und Häufigkeit der Bestrafung nicht zumutbar, "sodaß die Chauffeure zweifellos Regreßansprüche geltend machen könnten".

Das Finanzamt wies mit seiner Berufungsvorentscheidung diese Berufung ab. Die Kraftfahrer erhielten "entweder neben dem vereinbarten Stundenlohn ein sogenanntes 'Metergeld', das durch Vervielfältigung eines je nach Ladegut von vornherein feststehenden Betrages pro Kubikmeter mit der Anzahl der tatsächlich beförderten Menge errechnet wird, oder es wird - bei bereits längerfristig beschäftigten Lenkern - dieses Metergeld durch Festsetzung eines weit höheren Stundenlohnes pauschaliert zur Auszahlung gebracht". Die Auffassung des Beschwerdeführers, daß die Kraftfahrer "ohne ausdrückliche Anweisung durch den Arbeitgeber keine Überladungen vornehmen würden", könne nicht geteilt werden, "weil ja gerade durch diese Überladungen eine meist beträchtliche Einkommenssteigerung erzielt" werde. Die den Kraftfahrern fallweise vorgeschriebenen Polizeistrafen seien daher nicht nur für den Arbeitgeber, sondern auch für den Kraftfahrer ein kalkuliertes Risiko. Übernehme "aber nun der Arbeitgeber die Bezahlung dieser Strafen, entsteht den Arbeitnehmern damit ein Vorteil aus dem Dienstverhältnis in der Höhe dieser Strafen". Der Einwand des Beschwerdeführers, "daß die Bezahlung dieser Polizeistrafen durch die Lkw-Lenker im Hinblick auf die Höhe und Häufigkeit der Bestrafungen nicht zumutbar wäre, ist schon deshalb nicht zielführend, weil die durch die Überladungen erzielten Einkommenssteigerungen bei weitem die Höhe der vorgeschriebenen Strafen übersteigen". Die zur Bezahlung der Strafen aufgewendeten Beträge seien somit kein Auslagenersatz (§ 26 Z. 3 EStG 1972), sondern ein steuerpflichtiger Vorteil aus dem Dienstverhältnis (§ 25 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972).

Der Beschwerdeführer beantragte, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen. Lkw könnten mit vier bzw. acht Tonnen überladen werden, "ohne daß technische Bedenken bestehen und die Versicherungsgesellschaften im Schadensfall leistungsfrei wären". 'Die Überladung sei aus Konkurrenzgründen nötig und betrage im Durchschnitt pro Fahrt etwa 4 m3 Sand. Die Kraftfahrer bekämen neben dem Grundlohn ein sogenanntes "Metergeld", das pro Kubikmeter S 4,50 betrage. Durch "die Überladung der Lkw erzielt der Lenker Mehreinnahmen von durchschnittlich S 18,-- pro Fahrt, riskiert hingegen eine Strafe bis zu S 30.000,--". Der Preis für 4 m3 Sand betrage etwa S 240,-- ; eine Überladung liege somit "zu 7 % im Interesse des Arbeitnehmers und zu 93 % im Interesse des Arbeitgebers". Daraus sei zu ersehen, daß die Kraftfahrer des Beschwerdeführers "unter diesen Umständen nicht bereit sind, die Verkehrsstrafen aus dem Metergeld zu bestreiten; nur auf Grund der ausdrücklichen Zusage des Beschwerdeführers, für etwaige Strafen aufzukommen, sind seine Arbeiter gewillt, überladene Lkw zu lenken".

Die Finanzlandesdirektion wies mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung die Berufung ab. Die Kraftfahrer des Beschwerdeführers hätten sich durch das überladen der Lkw laufend einen höheren Arbeitslohn gesichert und seien daher als Verantwortliche für die richtige Beladung der Lkw bewußt das Risiko einer Bestrafung nach § 134 KFG 1967 eingegangen. Die Strafen seien den verantwortlichen und schuldtragenden Kraftfahrern vorgeschrieben worden und wären aus deren Einkommen zu bestreiten gewesen. Wenn "die Bezahlung vom Beschwerdeführer freiwillig übernommen wurde, wozu zweifellos wirtschaftliche Gründe (Konkurrenz) maßgebend waren, so haben die Arbeitnehmer daraus einwandfrei einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis dergestalt erzielt, daß sie für das zur Erzielung des höheren Arbeitslohnes eingesetzte Risiko eben nicht selbst aufkommen mußten". Dieser Vorteil sei "in der Folge steuerpflichtiger Arbeitslohn im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972". Den Ausführungen des Beschwerdeführers über die Belastbarkeit der Lkw käme keine Bedeutung zu.

Der Beschwerdeführer behauptet in der gegen diese Berufungsentscheidung erhobenen Beschwerde, er sei in seinem subjektiven Recht verletzt worden, seinen Arbeitnehmern Geldstrafen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den ihnen aufgetragenen Arbeiten stehen, also Auslagen, zu ersetzen, ohne hiefür Lohnsteuer abführen zu müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) alle Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Gemäß § 26 Z. 3 leg. cit. gehören nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder), und die Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz).

Geldstrafen, die über Kraftfahrer des Beschwerdeführers wegen Überladung der Lkw verhängt werden, treffen diese Kraftfahrer, weil sie es waren, die gegen das Kraftfahrgesetz 1967 verstoßen und dadurch eine Verwaltungsübertretung begangen haben. Ersetzt der Beschwerdeführer seinen Kraftfahrern den für solche Geldstrafen aufgewendeten Betrag, dann handelt es sich weder um durchlaufende Gelder noch um einen Auslagenersatz. Der Qualifikation als durchlaufende Gelder steht entgegen, daß der Kraftfahrer sie vom Beschwerdeführer nicht erhält, um sie für den Beschwerdeführer auszugeben, und der Qualifikation als Auslagenersatz steht entgegen, daß dort, wo über den Arbeitnehmer wegen einer von diesem begangenen Übertretung eine Strafe verhängt wird, von Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber keine Rede sein kann. Damit aber ist der belangten Behörde zuzustimmen, daß sie die Beträge, die als Ersatz für die über die Kraftfahrer des Beschwerdeführers verhängten Geldstrafen bestimmt waren, der Bemessungsgrundlage für die Lohnsteuer und für die Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen hinzurechnete.

Die Beschwerde ist deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 23. Mai 1984

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