VwGH 83/03/0380

VwGH83/03/038019.9.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hinterwirth, über die Beschwerde des Dr. TK, Rechtsanwalt in Graz, Joanneumring 16, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 30. September 1983, Zl. 11‑75 Ka 8‑83, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §103 Abs2 Satz2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1984:1983030380.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 27. Dezember 1982 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe in Graz am 20. Februar 1981 (Postaufgabestempel) als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws über Aufforderung der Behörde vom 29. Jänner 1981 eine mangelhafte Auskunft erteilt, wem er am 13. Dezember 1980 um 23.10 Uhr in Graz, Burggasse, das Lenken des Kraftfahrzeuges überlassen oder ob er das Kraftfahrzeug selbst gelenkt habe, indem er nur den Namen des schuldtragenden Lenkers (kein Geburtsdatum sowie genauer Wohnort und keine Führerscheindaten) in der schriftlichen Lenkererhebung angegeben habe, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG begangen. Gemäß § 134 KFG wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe von drei Tagen) verhängt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30. September 1983 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen dieses Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe verspätet den genauen Wohnort des Lenkers, aber dessen Geburtsdatum noch immer nicht bekanntgegeben. Aus dem Untätigbleiben lasse sich nicht ausschließen, daß er möglicherweise am 30. Dezember 1980 sein Fahrzeug selbst gelenkt und durch die Angabe eines anderen Lenkers einer möglichen Strafverfolgung habe entgehen wollen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach dem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, nicht wegen der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 zweiter Satz KFG schuldig erkannt und bestraft zu werden.

Mit Verfügung vom 6. Juli 1984 gab der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde im Sinne des § 35 Abs. 2 VwGG 1965 folgende vorläufige Rechtsansicht bekannt:

Nach dem ersten Halbsatz des § 103 Abs. 2 zweiter Satz KFG hat der Zulassungsbesitzer der Behörde auf Verlangen unverzüglich, im Fall einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung, Auskunft darüber zu erteilen, wem er jeweils das Lenken seines Kraftfahrzeuges .... überlassen hat, ...; der zweite Halbsatz dieser Gesetzesstelle „dies gilt sinngemäß, wenn ein Zulassungsbesitzer selbst das Kraftfahrzeug gelenkt ... hat“ wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. März 1984, G 7/80‑12, u.a. als verfassungswidrig aufgehoben. Weiters wurde ausgesprochen, daß die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten. (Vgl. Kundmachung des Bundeskanzlers vom 24. Mai 1984, BGBl. Nr. 237). Da, wie der Spruch des von der belangten Behörde vollinhaltlich übernommenen Abspruchs der ersten Instanz zeigt, auch die Bestimmung des zweiten Halbsatzes angewendet wurde, diese aber nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht mehr anzuwenden ist, erweist sich der angefochtene Bescheid schon insoweit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Des weiteren bedarf es im Bescheidspruch zwar grundsätzlich nur der Anführung, daß die verlangte Auskunft, die entsprechend anzuführen ist, nicht innerhalb der gesetzten Frist (dem Gesetz entsprechend) erteilt wurde. Wird aber in den Bescheidspruch auch aufgenommen, inwieweit die Auskunft unvollständig geblieben ist, so müssen diese Feststellungen zutreffen, zumal der Verwaltungsgerichtshof in einem Bescheidprüfungsverfahren nach Art. 130 Abs. 1 lit. a und Art. 131 B‑VG nicht befugt ist, anstelle der belangten Behörde eine Änderung des Spruches vorzunehmen. Im Anlaßfall wurde dem Beschwerdeführer im Bescheidspruch u.a. zur Last gelegt, es sei die Auskunft mangelhaft geblieben, weil er nur den Namen (kein Geburtsdatum, kein genauer Wohnort und keine Führerscheindaten) bekanntgegeben habe. Die Auskunftspflicht umfaßt aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur den Namen und die genaue Anschrift des Lenkers (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 14. Dezember 1972, Zl. 566/72, vom 29. Mai 1974, Slg. Nr. 8627/A, u.v.a.), nicht aber auch die Führerscheindaten. Da somit das Unterlassen der Bekanntgabe der Führerscheindaten dem Zulassungsbesitzer nicht als strafbares Verhalten zur Last gelegt werden kann, ist der angefochtene Bescheid auch dadurch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Im übrigen wird bemerkt, daß es der Anführung des Geburtsdatums nur dann bedarf, wenn ohne dieses die Behörde nicht in der Lage ist, die genannte Person ohne großen Aufwand zu eruieren. Hierüber fehlen jedoch im angefochtenen Bescheid die entsprechenden Feststellungen.

Der angefochtene Bescheid könnte somit aus den, wenn auch vom Beschwerdeführer nicht ausdrücklich angeführten Gründen mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet sein.

Die belangte Behörde erstattete hiezu am 24. Juli 1984 eine Stellungnahme.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Anwendung des § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG 1965 erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof erhebt seine in der Verfügung vom 6. Juli 1984 ausgesprochene vorläufige Rechtsansicht zu seiner endgültigen.

Die belangte Behörde ist dem in der genannten Verfügung enthaltenen Ausführungen bezüglich der dem angefochtenen Bescheid infolge Aufhebung des zweiten Halbsatzes des § 103 Abs. 2 zweiter Satz KFG durch den Verfassungsgerichtshof anhaftenden inhaltlichen Rechtswidrigkeit nicht entgegengetreten.

Bezüglich der in der zitierten Verfügung des weiteren aufgezeigten Rechtswidrigkeit hat die belangte Behörde die Meinung vertreten, weil der Beschwerdeführer nicht die genaue Anschrift bekanntgegeben habe, sei sie der Auffassung gewesen, es stelle keine Rechtswidrigkeit dar, wenn im Spruch auch ausgeführt werde, der Beschwerdeführer habe auch das Geburtsdatum und die Führerscheindaten nicht bekanntgegeben, zumal damit von der Erstbehörde offensichtlich nur die nicht kooperative Mitwirkung des Beschwerdeführers beim Strafverfahren zum Ausdruck gebracht werden sollte. Mit diesen Ausführungen vermag jedoch die belangte Behörde der diesbezüglich vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Rechtsansicht nicht wirksam entgegenzutreten, zumal es dem Verwaltungsgerichtshof in einem Bescheidprüfungsverfahren nach Art. 130 Abs. 1 lit. a und Art. 131 B‑VG verwehrt ist, anstelle der belangten Behörde einen unrichtigen Bescheidspruch abzuändern.

Aus Anlaß der erhobenen Beschwerde waren daher die oben genannten Gründe, die für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides von Bedeutung sein könnten, nach Durchführung des Verfahrens nach § 35 Abs. 2 VwGG 1965 als gegeben anzusehen.

Da sich der angefochtene Bescheid schon deshalb als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet erweist, war er gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben und erübrigte sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Der in der zitierten Verordnung für den Schriftsatzaufwand vorgesehene Betrag von S 8.060,-- stellt eine Pauschalsumme dar, in der die anteilsmäßige Umsatzsteuer bereits mitenthalten ist. Das über den Ersatz von Stempelgebühren für die in dreifacher Ausfertigung erforderliche Beschwerde (je Ausfertigung S 100,--) und den nur in einfacher Abschrift vorzulegenden angefochtenen Bescheid, ebenso war das erstinstanzliche Straferkenntnis nur in einfacher Ausfertigung anzuschließen - einer Vollmacht bedurfte es nicht und wurde auch keine vorgelegt -, hinausgehende Mehrbegehren war ebenfalls gemäß § 58 VwGG 1965 abzuweisen.

Wien, am 19. September 1984

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