VwGH 83/01/0017

VwGH83/01/001716.11.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Jurasek und die Hofrate Dr. Draxler, Dr. Großmann, Dr. Hoffmann und Dr. Herberth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberrat im Verwaltungsgerichtshof Dr. Feitzinger über die Beschwerden des P S in L, vertreten durch Dr. Michael Stern, Rechtsanwalt in Wien I, Seilerstätte 22, gegen die Bescheide der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. November 1982, Zl. Pol‑3o44/1‑1982 Zö/Pan, und vom 7. Februar 1983, Zl. Pol‑3o94/2‑1983 Zö/Pan, betreffend Übertretungen des Oberösterreichischen Veranstaltungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1973 §2 Abs1 Z17 implizit
VeranstaltungsG OÖ 1954 §1 Abs1
VeranstaltungsG OÖ 1954 §2 Abs1
VeranstaltungsG OÖ 1954 §2 Abs12

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1983:1983010017.X00

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.800,‑ ‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Mitinhaber der S-Verlagsgesellschaft mbH in L (in der Folge Firma genannt), die zum Gegenstand des Unternehmens die Veranstaltung von Cabaretts und anderen öffentlichen Belustigungen sowie die Herausgabe und den Verlag periodischer Druckschriften hat. Mitinhaberin ist Margarethe H., doch ist der Beschwerdeführer als Inhaber der Mehrheit der Geschäftsanteile dieser Firmer ebenso wie als einzelzeichnungsberechtigter Geschäftsführer dieses Unternehmens für die Geschäftsführung desselben verantwortlich.

Die Bundespolizeidirektion Linz sprach mit Straferkenntnis vom 7. Oktober 1982 aus, der Beschwerdeführer habe als verantwortlicher Geschäftsführer der Firma in der Zeit vom 20. August 1982 bis 30. September 1982 im Hause „X“ eine Veranstaltung, und zwar eine sogenannte „Peep‑Show“ des Erwerbes halber insofern unbefugt durchgeführt, da für diese Veranstaltung keine entsprechende Bewilligung des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vorliege. Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs. 1 OÖ Veranstaltungsgesetz begangen; gemäß § 12 leg. cit. werde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 30.000,‑ ‑ (Ersatzarreststrafe 20 Tage) verhängt. Mit Straferkenntnis vom 7. Dezember 1982 sprach die Bundespolizeidirektion Linz den Beschwerdeführer wegen des gleichen Deliktes, diesmal begangen in der Zeit vom 13. Oktober 1982 bis 1. Dezember 1982, wieder schuldig und verhängte neuerlich eine Geldstrafe von S 30.000,‑ ‑ (Ersatzarreststrafe 28 Tage) über den Beschwerdeführer.

Mit den nunmehr mit Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden vom 16. November 1982 und vom 7. Februar 1983 gab die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer gegen die beiden Straferkenntnisse erhobenen Berufungen keine Folge und bestätigte diese. In der Begründung beider Bescheide, die ihrem Inhalt nach im wesentlichen übereinstimmen, wies die belangte Behörde zunächst darauf hin, daß der Sachverhalt in beiden Fällen vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden sei. Es stehe demnach fest, daß der Beschwerdeführer als selbständig verantwortlicher Geschäftsführer der Firma in den in den Straferkenntnissen angeführten Zeiträumen eine sogenannte „Peep‑Show“ veranstaltet habe. Der Besucher einer solchen Show könne nach Aufsuchen einer Kabine und Einwurf einer Zehnschilling‑Münze auf einer Bühne eine Minute lang „Strip‑tease“‑Darbietungen von Frauen beobachten. Zum Besuch dieser „Peep‑Show“ sei täglich in Zeitungsanzeigen aufgefordert worden. Bei den wiederholten Beanstandungen seien jeweils mehrere (bis zu 20) Personen angetroffen worden. Eine Bewilligung der Behörde für diese Veranstaltungen sei nicht vorgelegen. Wenn der Beschwerdeführer meine, daß die gegenständliche „Peep‑Show“ als nichtöffentlich und nicht erwerbsmäßig zu gelten habe und demnach keine bewilligungspflichtige Veranstaltung im Sinne des Oberösterreichischen Veranstaltungsgesetzes sei, unterliege er einem entscheidenden Rechtsirrtum. „Öffentlichkeit“ im Sinne des Oberösterreichischen Veranstaltungsgesetzes liege zweifellos vor, weil die „Peep‑Show“ ohne Unterbrechung täglich, außer Sonntag, von 10 Uhr bis 22 Uhr laufe und für jedermann zugänglich sei. Ebenso liege das Merkmal der „Erwerbsmäßigkeit“ (Gewerbsmäßigkeit) vor, da ja unbestritten sei, daß für die Darbietungen ein Entgelt entgegengenommen werde. Außerdem sei die Veranstaltung auch schon auf Grund der täglich erscheinenden Zeitungsanzeigen als öffentlich und erwerbsmäßig zu beurteilen. Für die Beurteilung einer (bewilligungspflichtigen) Veranstaltung im Sinne des Oberösterreichischen Veranstaltungsgesetzes sei es zufolge der Rechtslage unerheblich, ob die Rundbühne für die Allgemeinheit von außen unsichtbar und der Besucher für sich allein die Vorführung von einer Kabine aus beobachten könne. Entscheidend sei vielmehr, daß die „Peep‑Show“ erwerbsmäßig (Entgelt) sowie öffentlich (d.h. nicht vor Gästen, die der Veranstalter als seine persönlichen Bekannten selbst namentlich eingeladen hat) veranstaltet werde und daß es sich dabei um eine (öffentliche) Darbietung im Sinne des Oberösterreichischen Veranstaltungsgesetzes handle (§ 1 Abs. 1 lit. b). Hinsichtlich der ebenfalls vom Beschwerdeführer bekämpften Strafbemessung vertrete die belangte Behörde die Auffassung, daß unter Beachtnahme auf die Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers sowie die fehlende Sorgepflicht im Sinne des § 19 VStG 1950 die jeweils auferlegte Geldstrafe nicht als überhoht angesehen werden könne, zumal im Oberösterreichischen Veranstaltungsgesetz auch die Verhängung primärer Arreststrafen vorgesehen sei. Das Oberösterreichische Veranstaltungsgesetz enthalte keine Bestimmung, die vor Erteilung der Bewilligung die öffentliche Darbietung erlauben würde. Im übrigen habe der Beschwerdeführer trotz wiederholter Beanstandungen bzw. Aufforderungen nicht die gesetzwidrige Tätigkeit eingestellt. Dieses über mehrere Wochen fortgesetzte deliktische Verhalten, das die besondere Vorsätzlichkeit zum Ausdruck bringe, und die 33 Verwaltungsvorstrafen bei der Bundespolizeidirektion Linz und bei der Bezirkshauptmannschaft Linz‑Land zeigten im besonderen Maße die ablehnende Haltung des Beschwerdeführers gegenüber gesetzlich geschützten Werten auf. Das Strafausmaß sei aber auch unter Bezugnahme auf das Einkommen des Beschwerdeführers, das sich auf Grund des langen Zeitraumes der gesetzwidrigen Vorführungen in einem dementsprechenden Ausmaß darstelle, berechtigt. Im Hinblick darauf, daß die Mitgesellschafterin, von der der Beschwerdeführer selbst angegeben habe, daß sie nur 5 % und er 95 % der Einnahmen erhalte, ein monatliches Einkommen von S 12.000,‑ ‑ angegeben habe, könne die Behauptung des Beschwerdeführers, sein Einkommen betrage monatlich S 15.000,‑ ‑, selbst bei Berücksichtigung des Umstandes, daß die Mitgesellschafterin außer des Einkommens aus dem Betrieb noch ein weiteres Einkommen beziehe, nicht den Tatsachen entsprechen, weshalb die Angaben des Beschwerdeführers über seine Einkommenshöhe bei der Strafbemessung unberücksichtigt hätten bleiben müssen.

Gegen diese beiden Bescheide richten sich die vorliegenden getrennt erhobenen Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof, mit welchen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. In der gegen den erstangeführten Bescheid gerichteten Beschwerde rügt der Beschwerdeführer als Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß die belangte Behörde nicht angeführt habe, auf Grund welcher Beweismittel sie festgestellt habe, daß in dem vom Beschwerdeführer betriebenen Lokal in der Zeit vom 20. August 1982 bis 30. September 1982 eine „Peep‑Show“ durchgeführt worden sei. Als rechtswidrig bezeichnet der Beschwerdeführer den von der belangten Behörde auf Grund des festgestellten Sachverhaltes gezogenen Schluß, daß es sich bei einer „Peep‑Show“ um eine öffentliche Veranstaltung handle. Bei dem vorliegenden Sachverhalt könne man weder von einer öffentlichen Theatervorführung noch von einer öffentlichen Schaustellung sprechen. Es fehle das Merkmal der Öffentlichkeit, weshalb die Durchführung einer „Peep‑Show“ nicht der Bewilligungspflicht des Oberösterreichischen Veranstaltungsgesetzes unterliege. Schließlich wird vom Beschwerdeführer mit der Rechtsrüge auch die von der belangten Behörde über ihn verhängten Strafe als überhöht bekämpft. In der Beschwerde gegen den zweitangeführten Bescheid erblickt der Beschwerdeführer die Verletzung von Verfahrensvorschriften darin, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, genaue Feststellungen darüber zu treffen, welcher Art die Gewerbeberechtigung, über die die vom Beschwerdeführer betriebene Firma verfügt, sei. In diesem Fall hatte die Behörde feststellen müssen, daß eine Gewerbeberechtigung vorliege, auf Grund der eine „Peep‑Show“ betrieben werden dürfe. In diesem Zusammenhang verweist die Beschwerde auf die in der Gewerbeordnung bestehende Generalklausel, wonach alles das, was nicht als konzessioniertes, gebundenes oder handwerksmäßiges Gewerbe gelte, freies Gewerbe sei. Die in dieser Beschwerde erhobene Rechtsrüge beschränkt sich im wesentlichen darauf, die Ansicht der belangten Behörde, daß es sich bei der vom Beschwerdeführer veranstalteten „Peep‑Show“ um eine Veranstaltung im Sinne des Oberösterreichischen Veranstaltungsgesetzes handle, als rechtsirrig zu bezeichnen, wobei als Begründung hiefür auch lediglich darauf verwiesen wird, daß die Abhaltung der inkriminierten Veranstaltung der Gewerbeordnung unterliege und somit nicht vom Oberösterreichischen Veranstaltungsgesetz umfaßt werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Der vom Beschwerdeführer in beiden Beschwerden erhobene Vorwurf der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ist nicht berechtigt. In beiden erstinstanzlichen Straferkenntnissen hat die Behörde ausdrücklich angeführt, auf Grund welcher Anzeigen sie den Tatbestand der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung als erwiesen erachtet hat. Überdies hat die Behörde sowohl diese Anzeigen als auch die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens dem Beschwerdeführer persönlich vorgehalten. Dennoch hat der Beschwerdeführer weder in seiner Verantwortung als Beschuldigter noch in seinen Berufungen die Tatzeit bestritten, weshalb für die belangte Behörde keine Veranlassung bestand, in den angefochtenen Bescheiden neuerlich zu begründen, auf Grund welcher Beweisergebnisse die belangte Behörde die Tatzeit als erwiesen angenommen hat. Aber auch die vom Beschwerdeführer vermißte Feststellung, daß und auf Grund welcher Gewerbeberechtigung die vom Beschwerdeführer geführte Firma betrieben wird, war die belangte Behörde nicht verhalten, zu treffen, weil entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers diesem Umstand bei Lösung der Frage, ob es sich bei der vom Beschwerdeführer veranstalteten „Peep‑Show“ um eine Veranstaltung im Sinne des Oberösterreichischen Veranstaltungsgesetzes handelt, keine Bedeutung zukommt. Der Beschwerdeführer übersieht nämlich, daß einerseits § 1 Abs. 1 des Oberösterreichischen Veranstaltungsgesetzes vom 17. November 1954, LGBl. für Oberösterreich Nr. 7/1955, wie folgt aufzählt, was Veranstaltungen im Sinne dieses Gesetzes sind:

„a) öffentliche Theatervorführungen;

b) öffentliche Schaustellungen (dazu zählt insbesondere auch die Veranstaltung von Ausstellungen und Modeschauen), Darbietungen (dazu zählen insbesondere auch Konzertveranstaltungen und sonstige musikalische Veranstaltungen, gesprochene Vorträge einschließlich Vorlesungen, Variete‑ und Cabarettveranstaltungen, Marionettentheatervorstellungen, Zirkusveranstaltungen, Sportveranstaltungen, artistische Vorführungen, Tanzveranstaltungen und bunte Abende) und Belustigungen (dazu zählt insbesondere auch die Veranstaltung von Tanzunterhaltungen, Faschingszügen sowie sonstige Schauumzügen und Unterhaltungsfesten, der Betrieb von Karussellen, Schaukeln, Vergnügungsbahnen, Schießbuden und Spielautomaten);“

und daß andererseits § 2 Abs. 1 Z. 17 der Gewerbeordnung 1973 ausdrücklich bestimmt, daß die Gewerbeordnung auf den Betrieb von Theatern und Lichtspieltheatern und von Unternehmen öffentlicher Belustigungen und Schaustellungen aller Art, musikalische und literarische Darbietungen, nicht anzuwenden ist. Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, daß Schaustellungen aller Art, zu denen jedenfalls auch eine „Peep‑Show“ zu zahlen ist, nicht durch die Gewerbeordnung 1973 eine gesetzliche Regelung erfahren, sondern als Veranstaltung im Sinne des § 1 Abs. 1 lit. b des Oberösterreichischen Veranstaltungsgesetzes anzusehen sind. Die Abhaltung einer „Peep‑Show“ erfordert daher, wenn die Voraussetzung der Öffentlichkeit gegeben ist, die Bewilligung der Behörde gemäß den Vorschriften des Oberösterreichischen Veranstaltungsgesetzes, wobei es völlig belanglos ist, ob der Veranstalter über eine Gewerbeberechtigung welcher Art auch immer verfügt. In diesem Zusammenhang wurde aber auch vom Beschwerdeführer in der Beschwerde gegen den erstgenannten Bescheid die Meinung vertreten, daß es sich deshalb nicht bei der von ihm veranstalteten „Peep‑Show“ um eine öffentliche Veranstaltung handle, weil die Betrachter der „Peep‑Show“ nicht gemeinsam in einem Raum, sondern jeder für sich getrennt aus einer Kabine auf die Bühne sahen. Der Beschwerdeführer verkennt hiebei, daß das Merkmal der Öffentlichkeit nicht die gemeinsame Betrachtung der Vorführung, sondern nur den Zutritt für jedermann erfordert. Die belangte Behörde hat daher nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie in Anbetracht des von ihr festgestellten und vom Beschwerdeführer auch nicht bekämpften Sachverhaltes die vom Beschwerdeführer veranstaltete „Peep‑Show“ als Veranstaltung im Sinne des Oberösterreichischen Veranstaltungsgesetzes qualifiziert hat und ihn, da der Beschwerdeführer diese abgehalten hat, ohne im Besitz einer behördlichen Bewilligung gewesen zu sein, wegen Übertretung gemäß § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 12 des Oberösterreichischen Veranstaltungsgesetzes bestraft hat.

Bleibt lediglich der vom Beschwerdeführer nur in der Beschwerde gegen den erstgenannten Bescheid erhobene Vorwurf zu erörtern, daß die Strafe von der Behörde zu hoch bemessen worden sei. Da das Beschwerdevorbringen zu diesem Teil der Rechtsrüge im wesentlichen mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in den zu den Zlen. 83/01/0006, 0113 übereinstimmt, über das der Verwaltungsgerichtshof bereits ausführlich in dem gleichfalls am heutigen Tag ergehenden Erkenntnis abgesprochen hat, kann, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Begründung in diesem gleichfalls den Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis verwiesen werden.

Die sich daher zur Gänze als unbegründet erweisenden Beschwerden waren somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 16. November 1983

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