Normen
BAO §22 Abs1;
BAO §23 Abs1;
GrEStG 1955 §20 Abs1 Z1;
VwGG §13 Abs1 Z1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1984:1982160165.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach der Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte die Beschwerdeführerin auf Grund des notariell beurkundeten Kaufvertrages vom 24. November 1980 (Vertrag I) von der H G.m.b.H. das Grundstück 878/11 der EZ. 649 der KG. X sowie eine Teilfläche der EZ. 1063 der KG. Y um einen Kaufpreis von insgesamt 40 Millionen Schilling erworben.
Der Punkt XIII. dieses Kaufvertrages lautet wie folgt:
"XIII.
Frau EP erklärt, sich im Sinne des § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Grunderwerbsteuergesetz 1955 für die Dauer von zwei Jahren ab Vertragsabschluß ein in der zitierten Gesetzesstelle vorgesehenes Rücktrittsrecht von diesem Vertrag dermaßen vorzubehalten, daß sie berechtigt ist, der Verkäuferin, H G.m.b.H., innerhalb dieses Zeitraumes andere Käufer in Ansehung der Kaufobjekte oder von Teilen derselben, und zwar zu den gleichen Kaufbedingungen, namhaft zu machen, wobei die Verkäuferin verpflichtet ist, mit den ihr von Frau EP innerhalb dieses Zeitraumes als Käuferin namhaft gemachten Dritten einen Kaufvertrag in Ansehung der Kaufobjekte oder von Teilen derselben zu den gleichen Vertragsbedingungen abzuschließen. Im Falle der Ausübung dieses Rücktrittsrechtes gilt sowohl der von Frau EP an die Verkäuferin auf Grund des gegenständlichen Kaufvertrages bereits geleistete Kaufpreis als auch die von Frau EP an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien auf Grund dessen Vorschreibung für den gegenständlichen Kaufvertrag geleistete Grunderwerbsteuerbetrag als für Rechnung der neuen Käufer geleistet und erfolgt eine diesbezügliche Verrechnung ausschließlich zwischen Frau EP und den neuen Käufern außerhalb dieses Vertrages. -------------------------
--------
Die Verkäuferin H G.m.b.H. anerkennt dieses von Frau EP für sich vorbehaltene Rücktrittsrecht und verpflichtet sich, mit jeder von der Käuferin ihr innerhalb der ausbedungenen Frist namhaft gemachten dritten Person einen Kaufvertrag in Ansehung der Kaufobjekte oder von Teilen derselben zu den gleichen Kaufbedingungen abzuschließen. ------------------------------------
-------------------------
Sämtliche Kosten im Zusammenhang mit dem Rücktritt vom gegenständlichen Kaufvertrag und der Errichtung der weiteren Kaufverträge gehen jedoch ausschließlich zu Lasten der Frau EP beziehungsweise der neuen Käufer. ----"
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien schrieb der Beschwerdeführerin mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 25. November 1980 Grunderwerbsteuer in Höhe von 3,2 Millionen Schilling zur Entrichtung vor.
Am 5. Februar 1981 wurde der obzitierte Kaufvertrag zwischen den beiden Vertragsteilen durch notarielle Stornierungsvereinbarung (Vertrag II) vollständig zur Auflösung gebracht und die genannten Grundstücke der H G.m.b.H. ins Eigentum übertragen.
Am selben Tag, nämlich am 5. Februar 1981, wurde jedoch ein neuer Kaufvertrag zwischen der H G.m.b.H. einerseits und der Beschwerdeführerin sowie Mag. Dr. SS andererseits (Vertrag III) geschlossen, der den Kaufpreis in gleicher Höhe, nämlich 40 Millionen Schilling, auswies wie der zuvor mit der Beschwerdeführerin geschlossene Kaufvertrag vom 24. November 1980, wobei die gegenständlichen Liegenschaften von der Beschwerdeführerin zu 80/100 Anteilen und von Mag. Dr. SS zu 20/100 Anteilen erworben wurden.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien wies mit Bescheid vom 12. Juni 1981 den in der Stornierungsvereinbarung gestellten Antrag der Beschwerdeführerin auf Erstattung der entrichteten Grunderwerbsteuer ab, weil im Punkt XIII des Kaufvertrages vom 24. November 1980 ein Treuhandverhältnis insofern begründet worden sei, als die Beschwerdeführerin berechtigt sei, im Falle eines Rücktrittes neue Käufer geltend zu machen.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie vorbrachte, im Zeitpunkt des Kaufabschlusses am 24. November 1980 sei vollkommen unbestimmt gewesen, ob die Beschwerdeführerin der alleinige Eigentümer der Liegenschaften bleiben werde oder ein bis drei Personen in einem damals noch unbestimmbaren und ungewissen Eigentumsverhältnis Miteigentümer dieser Liegenschaft würden. Auch die weitere Möglichkeit, daß die Beschwerdeführerin vom Kaufvertrag zur Gänze zurücktrete, sei offen gewesen. Aus diesem Sachverhalt lasse sich eindeutig ableiten, daß ein Treuhandverhältnis nicht habe vorliegen können, da weder der Personenkreis der Treugeber noch die Ermächtigung der Treugeber zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bekannt gewesen sei, sondern sich erst nach Abschluß des Vertrages im Verhandlungswege ergeben habe.
Das Finanzamt wies die Berufung der Beschwerdeführerin mit Berufungsvorentscheidung vom 8. April 1982 ab, doch gehört dieser Bescheid nicht mehr dem Rechtsbestand an, weil die Beschwerdeführerin unter Darstellung der Motive für die Aufhebung des Kaufvertrages vom 24. November 1980 die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragte und diese in der Folge entschied.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Zur Begründung führte die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland nach Darstellung des Sachverhaltes und Verfahrensverlaufes aus, es sei richtig, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 1. Juli 1976, Zl. 1483/75, ausgeführt habe, daß allein die Verpflichtung des Verkäufers, nach Rücktritt des früheren Käufers die Liegenschaft an eine von diesem namhaft gemachte dritte Person zu veräußern, und der Umstand, daß der Kaufpreis nicht vom Verkäufer, sondern unmittelbar vom Ersatzkäufer dem Zurücktretenden rückerstattet worden sei, keineswegs ein Indiz gegen die Ernstlichkeit der Rückgängigmachung des seinerzeitigen Kaufvertrages darstelle. Ob die Rückgängigmachung ernstlich gewollt sei oder ob ein Scheingeschäft vorliege, könne in der Regel nur aus dem Gesamtbild des ermittelten Sachverhaltes und für jeden einzelnen Fall beurteilt werden. In dem angeführten Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof offensichtlich die beiden genannten Indizien bei dem gegebenen Sachverhalt als nicht ausreichend für das Vorliegen eines Scheingeschäftes angesehen. Dies bedeute aber noch nicht, daß der Verwaltungsgerichtshof in den beiden genannten Sachverhaltselementen grundsätzlich keine tauglichen Kriterien für die Annahme des Vorliegens eines Scheingeschäftes sehe. Habe der seinerzeitige Erwerber mit dem seinerzeitigen Veräußerer die Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges vereinbart und sei das Grundstück daraufhin an einen Dritten veräußert worden, so könne eine ernstlich gemeinte Rückgängigmachung nicht angenommen werden, wenn die maßgeblichen schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem zurücktretenden Käufer und dem Dritten bestünden, nicht aber zwischen dem Verkäufer und dem Dritten als neuem Käufer hergestellt worden seien (Hinweis auf die hg. Erkenntisse vom 3. Oktober 1961, Zl. 478/61, und vom 25. März 1965, Zl. 1894/64). Ein Scheingeschäft werde, so führte die belangte Behörde im Zusammenhang weiter aus, dann vorliegen, wenn der zurücktretende Käufer das Grundstück angeboten, die Höhe des Kaufpreises ausgehandelt, den Kaufpreis in Empfang genommen und der Verkäufer lediglich die Kaufvertragsurkunde unterfertigt habe. Es habe dann der frühere Käufer die ihm zustehenden Übereignungsansprüche an den neuen Käufer weiterübertragen und die Rückgängigmachung sei als ein zur Steuereinsparung abgeschlossenes Scheingeschäft anzusehen. Nun gehe schon aus den Bestimmungen des Kaufvertrages eindeutig hervor, daß die Beschwerdeführerin die Verkäuferin habe veranlassen können, den Kaufvertrag aufzuheben, und die Verkäuferin verpflichtet gewesen sei, zu gleichen Bedingungen an einen Dritten zu verkaufen. Wie die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag selbst ausführe, habe sie den Miterwerb der Liegenschaft Dr. OS angeboten, die dieses Anbot zum vereinbarten Kaufpreis von 8,8 Millionen Schilling angenommen habe. Da jedoch Dr. OS den Miterwerb nicht habe offenlegen wollen, habe letztlich deren Tochter als Treuhänderin die Liegenschaftsanteile erworben. Auch die Verrechnung des Kaufpreises sei zwischen der Beschwerdeführerin und Dr. OS erfolgt, daraus ergebe sich aber, daß die maßgeblichen schuldrechtlichen Beziehungen zwischen diesen Personen entstanden seien. Es könne auch keinem Zweifel unterliegen, daß die Beschwerdeführerin den wirtschaftlichen Erfolg der Weiterveräußerung durch die Rückgängigmachung des Vertrages mit der Verkäuferin nur unter gleichzeitigem Abschluß eines neuen Vertrages mit ihr und Mag. Dr. SS herbeizuführen gewillt gewesen sei. Zweck des Stornierungsvertrages zwischen der Verkäuferin und der Beschwerdeführerin sei somit in Wahrheit nicht die Rückgängigmachung des Geschäftes, sondern nur die Ermöglichung der Weiterveräußerung eines Liegenschaftsanteiles unter Vermeidung einer neuerlichen Grunderwerbsteuerpflicht gewesen. In einem solchen Falle sei aber Zweck der Rechtsakte nicht der, dem Verkäufer die Verfügungsgewalt über das Grundstück zurückzuübertragen, sondern diese unter aufrechter Bindung des Verkäufers einem Dritten zu übertragen. Eine Erstattung der Grunderwerbsteuer sei, so führte die belangte Behörde abschließend aus, nur dann zulässig, wenn die Aufhebung oder der Rücktritt ernstlich gewollt seien. Seien aber Aufhebung oder Rücktritt bloß Scheingeschäfte, komme eine Anwendung des § 20 GrEStG nicht in Betracht, da gemäß § 23 Abs. 1 BAO Scheingeschäfte für die Abgabenerhebung ohne Bedeutung seien und, wenn durch ein Rechtsgeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt werde, das verdeckte Rechtsgeschäft für die Abgabenerhebung maßgebend sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird. Die Beschwerdeführerin erstattete hiezu eine Gegenäußerung, in der sie die Annahme, die Rückgängigmachung (Vertrag II) sei nur zum Schein erfolgt, bekämpfte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 13 Abs.1 Z. 1 VwGG 1965 gebildeten Senat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Abänderung (Erstattung) der bescheidmäßig festgesetzten Grunderwerbsteuer verletzt. In Ausführung des so aufzufassenden Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor, die Anwendung des § 20 Abs. 1 Z. 1 GrEStG könne nicht daran scheitern, daß sie sich das Recht vorbehalten habe, innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren einen anderen Käufer für die erworbenen Grundflächen namhaft zu machen, mit dem die seinerzeitige Verkäuferin zu den gleichen Bedingungen einen neuen Kaufvertrag über diese Liegenschaft abzuschließen sich verpflichtet habe. Der Verwaltungsgerichtshof habe nämlich in seinem Erkenntnis vom 1. Juli 1976, Zl. 1483/75, klar zum Ausdruck gebracht, daß eine Erstattung der Grunderwerbsteuer auch in jenen Fällen nicht ausgeschlossen sei, in denen sich der Käufer im Kaufvertrag vom Verkäufer das Recht ausbedinge, vom Vertrag zurückzutreten, und der Verkäufer die Verpflichtung übernehme, in diesem Fall die Liegenschaft an dritte Personen, die der Käufer namhaft mache, zu veräußern. Auch in den Erkenntnissen vom 15. Februar 1960, Zl. 2031/56, und vom 3. Oktober 1961, Zl. 478/61, habe der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, daß mit der Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges für den Erstkäufer die Möglichkeit ende, die gekaufte Liegenschaft auf eigene Rechnung zu verwerten. Dies treffe im vorliegenden Fall zu. Mit der Stornierungsvereinbarung vom 5. Februar 1981 habe die Beschwerdeführerin diese Möglichkeit verloren, zumal darin auch die Aufsandungserklärung zu Gunsten der Verkäuferin abgegeben worden sei. Im Zeitpunkt des Ersterwerbes sei noch nicht festgestanden, so führt die Beschwerdeführerin im Zusammenhang weiter aus, ob sie das Grundstück behalten werde oder ob sie den Vertrag vom 24. November 1980 zur Gänze oder zum Teil aufheben würde. Nun habe sich einige Zeit nach Kaufabschluß ergeben, daß sich ihre Vorstellungen, die sie mit dem Kauf der in Rede stehenden Liegenschaften verbunden habe, nicht in der beabsichtigten Art und Weise verwirklichen ließen. Es sei daher ihr ernster Wille gewesen, eine andere Vertragsgestaltung zu wählen, da das Ergebnis des ersten Erwerbsvorganges nicht gewünscht gewesen sei und daher habe beseitigt werden sollen. Durch die in der Stornierungsvereinbarung erteilte Aufsandungserklärung habe die Verkäuferin ihre ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt, wobei noch zu beachten sei, daß die Beschwerdeführerin auf das ihr zustehende Vorkaufsrecht hinsichtlich der Liegenschaft EZ. 649 der KG. X verzichtet habe, wozu sie bei einer Weiterveräußerung der vertragsgegenständlichen Grundstücke keinesfalls gehalten gewesen wäre. Daraus sei eindeutig zu entnehmen, daß sämtliche Rechtsbeziehungen zwischen der Beschwerdeführerin und der Verkäuferin durch die Stornierungsvereinbarung erloschen seien. Der angefochtene Bescheid könne, so führt die Beschwerdeführerin im Zusammenhang weiter aus, auch nicht darauf gestützt werden, daß der gewählte Weg nur zu dem Zweck eingeschlagen worden sei, um die Weiterveräußerung eines Liegenschaftsanteiles unter Vermeidung einer neuerlichen Grunderwerbsteuerpflicht zu ermöglichen. Steuern zu ersparen sei nicht nur ein berechtigter Wunsch der davon betroffenen Personen, sondern werde für den Streitfall vom Gesetzgeber durch die Schaffung des § 20 GrEStG ausdrücklich als legal verankert. Der Einwand, daß es möglich gewesen wäre, den gewünschten Erfolg, nämlich den Erwerb eines Teiles der gegenständlichen Liegenschaft durch Dr. SS auch ohne die Rückgängigmachung des Kaufvertrages vom 24. November 1980 zu erreichen, treffe durchaus zu, dies hätte aber eine neuerliche Belastung mit sich gebracht. Wähle aber der Abgabepflichtige den Weg über eine Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges, um eine neuerliche Belastung mit Grunderwerbsteuer zu vermeiden, könne ein Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts im Sinne des § 23 BAO nicht angenommen werden, weil dies durch § 20 GrEStG ermöglicht werde. Es sei zuzugeben, daß eine vollständige Aufhebung des Kaufvertrages vom 24. November 1980 nicht erforderlich gewesen wäre, da die Beschwerdeführerin letztlich 80 % der Liegenschaften wiedererworben habe. Selbst wenn man aber die Aufhebung des Vertrages zur Gänze als unverständlich bezeichnen wollte, dann wäre eine Teilaufhebung des Vertrages anzunehmen und zwar im Ausmaß von einem Fünftel; diesbezüglich sei § 20 Abs. 1 Z. 1 GrEStG anzuwenden.
Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.
Gemäß dem § 20 Abs. 1 Z. 1 GrEStG wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederverkaufsrechtes rückgängig gemacht wird. Ist die Steuer in einem dieser Fälle aber bereits (rechtskräftig) festgesetzt, so ist nach der Anordnung des Abs. 4 der zuletzt zitierten Norm auf Antrag die Festsetzung entsprechend abzuändern. Die Zweijahresfrist ist im Beschwerdefall gewahrt.
Gemäß dem § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag über ein inländisches Grundstück. Diesen gesetzlichen Tatbestand hat die Beschwerdeführerin durch Abschluß des Vertrages I erfüllt. Der durch diesen Abschluß begründete Anspruch auf Übereignung der beiden Liegenschaften stellte einen Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG dar, womit die Grunderwerbsteuerschuld der Beschwerdeführerin im Grunde des § 16 Abs. 1 leg. cit. entstanden ist. Der oben wiedergegebene § 20 GrEStG räumt dem Abgabepflichtigen das Recht ein, bei nachträglichem Eintritt gewisser neuer Sachverhalte (Rückgängigmachung eines Erwerbsvorganges, Rückerwerb des Grundstückes, Herabsetzung der Gegenleistung) die Erstattung einer bereits festgesetzten Grunderwerbsteuer zu beantragen. Hiernach findet eine Erstattung der bereits entrichteten Grunderwerbsteuer nur statt, wenn der Erwerbsvorgang u. a. durch Vereinbarung oder durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes rückgängig gemacht wird. Hiefür reicht jedoch die formale Aufhebung eines Kaufvertrages unter Umständen nicht aus. Der Erwerbsvorgang muß auch tatsächlich rückgängig gemacht werden.
Im Beschwerdefall stellte die belangte Behörde in rechtlicher Würdigung des Vorbringens der Beschwerdeführerin und des gesamten Vertragswerkes fest, daß die Beschwerdeführerin nach Ankauf der beiden Grundstücke die Verkäuferin in Ausübung des vereinbarten Rücktrittsrechtes veranlaßt hatte, den Vertrag I vollständig aufzuheben und daß die Verkäuferin an ein- und demselben Tage die beiden Grundstücke zu gleichen Vertragsbedingungen an die Beschwerdeführerin und an Mag. Dr. SS verkaufte.
Die belangte Behörde geht in dem angefochtenen Bescheid davon aus, daß die von § 20 Abs. 1 Z. 1 GrEStG geforderte "ernstlich gemeinte" Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges nicht vorliege, da Zweck des (nur formellen) Vertrages II nicht die Rückgängigmachung des Geschäftes, sondern nur die Ermöglichung der Weiterveräußerung eines Liegenschaftsanteiles unter Vermeidung einer neuerlichen Grunderwerbsteuerpflicht gewesen sei. Die Begünstigungsvorschrift des § 20 Abs. 1 Z. 1 GrEStG sei deshalb nicht anwendbar, weil die Beschwerdeführerin nicht vom Vertrag I habe freikommen, sondern Liegenschaftsanteile an die von ihr vorgeschlagene Dr. OS, Beraterin der P Gruppe, habe weiter übertragen wissen wollen. Sie unterstellte hiebei unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles eine vom Gesetz mißbilligte Grunderwerbsteuerumgehung, indem sie - unter Berufung auf die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - den Vertrag II als Scheingeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 BAO qualifizierte und solcherart als Steuererstattungsgrundlage gemäß dem § 20 Abs. 1 Z. 1 GrEStG nicht anerkannte.
Die Vorjudikatur hat das hier zur Erörterung stehende Rechtsproblem überwiegend unter dem Blickwinkel des Scheingeschäfts (§ 23 Abs. 1 BAO), vereinzelt auch unter dem Gesichtspunkt eines Mißbrauches von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes (§ 22 BAO) behandelt. Die diesbezüglichen Gesetzesstellen lauten:
§ 22. (1) Durch Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes kann die Abgabepflicht nicht umgangen oder gemindert werden.
(2) Liegt ein Mißbrauch (Abs. 1) vor, so sind die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären.
§ 23 (1) Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Erhebung von Abgaben ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Abgabenerhebung maßgebend.
In diesem Zusammenhang sei zunächst darauf hingewiesen, daß der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. April 1955, Zl. 531/53, Slg. N. F. Nr. 1142/F, vom 12. Oktober 1959, Zl. 864/59, vom 15. Februar 1960, Zl. 2031/56, Slg. N. F. Nr. 2173/F, vom 3. Oktober 1961, Zl. 478/61, vom 25. März 1965, Zl. 1893/64, Slg. N. F. Nr. 3245/F, und Zl. 1894/64, Slg. N. F. 3246/F, vom 5. Juli 1973, Zl. 1264/72, vom 1. Juli 1976, Zl. 1483/75, und vom 22. September 1978, Zl. 1331/76) unter Beachtung aller dieser Umstände des Einzelfalles und unter Würdigung des wirklichen Parteiwillens entschieden hat, daß eine durch formelle Vertragsaufhebung erfolgte Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges wegen vom Gesetz mißbilligter (objektiver) Steuerumgehung, die zum Teil auf das Vorliegen eines Gestaltungsmißbrauches (§ 22 Abs. 1 BAO), zum Teil auf das Vorliegen eines Scheingeschäftes (§ 23 Abs. 1 BAO) gestützt wurde, grunderwerbsteuerrechtlich unerheblich bleiben müsse.
Auf die Frage, ob es sich beim Vertrag II (und damit notwendigerweise auch beim Vertrag III) um ein Scheingeschäft (§ 23 Abs. 1 BAO) gehandelt habe oder ob, falls dies nicht zutrifft, ein Gestaltungsmißbrauch im Sinne des § 22 Abs. 1 BAO vorliegt, braucht jedoch im Beschwerdefall nach nunmehriger Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes aus folgenden Erwägungen nicht eingegangen werden:
Wie oben bereits dargetan, wird nach § 22 Abs. 1 Z. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb einer bestimmten Zeit u.a. durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes rückgängig gemacht wird. Bei der rechtlichen Beurteilung, ob das Tatbestandsmerkmal einer Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges im Sinne des Gesetzes vorliegt, kommt es nur darauf an, daß der Verkäufer jener Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor Vertragsabschluß innegehabt hatte, durch einen der im § 20 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. genannten Rechtsvorgänge wiedererlangt.
Ein Erwerbsvorgang ist sohin nicht im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 1 GrEStG rückgängig gemacht, wenn der Vertrag zwar - was die Vertragsfreiheit des Schuldrechtes erlaubt - der Form nach aufgehoben wird, die durch diesen Vertrag begründete Verfügungsmöglichkeit aber weiterhin beim Erwerber verbleibt und der Verkäufer eine ursprüngliche (freie) Rechtsstellung nicht wiedererlangt.
Erfolgt die Aufhebung des Kaufvertrages lediglich zu dem Zweck der gleichzeitigen Übertragung des Grundstückes auf eine vom Käufer ausgewählte dritte Person zu vom Käufer bestimmten Bedingungen und Preisen (hier Kaufpreis von S 8,000.000,-- zuzüglich 10 % Kostenersatz in Höhe von S 800.000,--), ohne daß der Verkäufer in irgendeiner Weise sein früheres Verfügungsrecht über das Grundstück zurückerlangt, ist der frühere Kaufvertrag über seine formale Aufhebung hinaus auch nicht teilweise "rückgängig gemacht" worden. Dies trifft in Fällen wie dem gegenständlichen zu, zumal im Umfang des der Beschwerdeführerin vorbehaltenen Rechtes auf Namhaftmachung eines anderen Käufers mit den im Vertragspunkt XIII genannten Rechtsfolgen in Wahrheit eine Erfüllung des Vertrages I durch den Vertrag III vorliegt.
Soweit in der oben zitierten Vorjudikatur die Rechtsansicht vertreten wurde, eine Erstattung der Grunderwerbsteuer sei auch in jenen Fällen grundsätzlich nicht ausgeschlossen, in denen sich der Käufer im Kaufvertrag vom Verkäufer das Recht ausbedingt, vom Vertrag zurückzutreten, und der Verkäufer die Verpflichtung übernimmt, in diesem Falle die gekaufte Liegenschaft an dritte Personen, die der Käufer namhaft macht, zu veräußern, es müsse vielmehr nachgewiesen werden, daß ein Scheingeschäft insofern vorliege, als in Wahrheit die maßgeblichen schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem Käufer und dem Dritten entstanden seien, vermag der Gerichtshof seine Auffassung nicht mehr aufrecht zu erhalten. Vielmehr kann es in so gelagerten Fällen mangels Vorliegens einer Rückgängigmachung im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 1 GrEStG keinesfalls zu einer Erstattung der Grunderwerbsteuer kommen.
Der bei den Akten des Verwaltungsverfahrens erliegende Vertrag II enthält zwar die Formulierung, der Vertrag I werde von den Vertragsteilen vollständig zur Auflösung gebracht. Dadurch wurde indes die H G.m.b.H. nicht in dieselbe rechtliche Lage zurückversetzt, in der sie sich vor Abschluß des Vertrages I befand. Insbesondere erhielt sie nicht die ihr ursprünglich als Eigentümerin der beiden Liegenschaften zustehende rechtliche Möglichkeit zurück, ein für sie erfüllbares neues Verpflichtungsgeschäft nach ihrem Belieben und ihren Vorstellungen abzuschließen. Denn durch das der Beschwerdeführerin im Punkt XIII des einleitend wiedergegebenen Vertrages I eingeräumte Recht, innerhalb von zwei Jahren ab Vertragsabschluß andere Käufer in Ansehung der Kaufobjekte oder von Teilen derselben, und zwar zu den gleichen Kaufbedingungen, namhaft zu machen, wobei die Verkäuferin verpflichtet ist, mit den ihr von der Beschwerdeführerin innerhalb dieses Zeitraumes als Käufer namhaft gemachten Dritten einen Kaufvertrag in Ansehung der Kaufobjekte oder von Teilen derselben zu den gleichen Vertragsbedingungen abzuschließen, hat sich die H G.m.b.H. von vornherein die rechtliche Möglichkeit genommen, die beiden Grundstücke nach ihren finanziellen und anderen Vorstellungen an ihr genehme Personen auf eigene Rechnung selbst verwerten zu können.
Dieser Annahme vermag die Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Stichhältiges nicht entgegenzusetzen. Die Beschwerdeführerin wendet ein, sie habe mit dem Dissolutionsvertrag vom 5. Februar 1981 die Möglichkeit verloren, die gekaufte Liegenschaft auf eigene Rechnung zu verwerten, weil sie darin die Aufsandungserklärung abgegeben habe, daß ohne ihr weiteres Wissen und Einvernehmen ob der nunmehrigen Liegenschaft EZ. 2124 KG. X das Eigentumsrecht für die seinerzeitige Verkäuferin wieder einverleibt werden könne. Dem ist zu entgegnen, daß der im Dissolutionsvertrag vom 5. Februar 1981 enthaltenen Aufsandungserklärung keine Bedeutung zukommt, weil in dem am selben Tage (und damit praktisch uno actu) abgeschlossenen Vertrag III die Verkäuferin ihrerseits eine Aufsandungserklärung zu Gunsten der neuen Käufer, nämlich abermals der Beschwerdeführerin und Dr. SS erteilte (Vertragspunkt XII).
Auf den von der Beschwerdeführerin weiters ins Treffen geführten Umstand, sie habe im Dissolutionsvertrag auch auf das ihr zustehende (genauer: ihr im Vertrag I eingeräumte) Vorkaufsrecht hinsichtlich der (Rest‑)Liegenschaft EZ. 649 KG. X verzichtet, kommt es bei der dargestellten Rechtslage nicht an.
Welche wirtschaftlichen Motive für die Vertragsgestaltungen im übrigen bestimmend waren, ist angesichts des oben dargelegten Ergebnisses ohne rechtliches Gewicht. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß die Behauptung der Beschwerdeführerin, der Weiterverkauf sei zu denselben finanziellen Bedingungen erfolgt wie der erste Verkauf durch die Erstverkäuferin, insofern unzutreffend ist, als die Miterwerberin Dr. SS für den von ihr erworbenen Anteil unter dem Titel "Kosten" um 10 % mehr aufwenden mußte als seinerzeit die Beschwerdeführerin.
Demzufolge ist der Vertrag I, entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin, auch nicht teilweise im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 1 GrEStG "rückgängig gemacht" worden. Bemerkt wird, daß für den Erwerb der 80/100 Anteile an den beiden Liegenschaften auf Grund des Vertrages III das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien nach einem bei den Akten des Verwaltungsverfahrens erliegenden Aktenvermerk ("P bereits bezahlt zu 186.201/80 S 32,000.000,--") der Beschwerdeführerin eine Grunderwerbsteuer offensichtlich nicht vorschrieb.
Damit erweist sich die Rechtsrüge der Beschwerdeführerin als unbegründet. Es war daher schon aus diesem Grunde entbehrlich, auf deren Verfahrensrüge, die sich gegen die Annahme der belangten Behörde richtet, die Rückgängigmachung des Vertrages I sei nur zum Schein erfolgt, einzugehen.
Die solcherart unbegründete Beschwerde war daher gemäß dem § 42 Abs. 1 VwGG 1965, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976, abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Soweit in diesem Erkenntnis auf unveröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes bezug genommen wird, sei an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert. Wien, am 2. April 1984
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)