VwGH 82/15/0105

VwGH82/15/010517.11.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Großmann, Dr. Schubert und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde der C Gesm.b.H. & Co. KG in S, vertreten durch Dr. Fritz Janetschek, Rechtsanwalt in Salzburg, Alpenstraße 54/1, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 14. Juli 1982, Zlen. 123/1‑GA5‑DG/1982, 215/1‑GA5‑DG‑1982, betreffend Rechtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z1
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z1 idF 1976/668

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1983:1982150105.X00

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.800,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei (Beschwerdeführerin) betreibt die Abhaltung von Fachmessen und Ausstellungen im S Ausstellungszentrum. Das Ausstellungsgelände wird für die jeweiligen Messen von der S Ausstellungszentrumsgesellschaft m.b.H. angemietet. Die Betriebstätigkeit der Beschwerdeführerin besteht in der Planung, Organisation und Abwicklung der jeweils unter ein bestimmtes Thema gestellten Fachmessen. Die auf eine „Vielzahl von“ mit Ausstellerfirmen abgeschlossenen „Bestandverträgen“ - so die im Ansuchen um Bewilligung der Selbstberechnung vom 4. Oktober 1977 von der Beschwerdeführerin selbst gebrauchte Formulierung - entfallenden Rechtsgebühren wurden von der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 4 Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267, idF der Novelle BGBl. Nr. 668/1976 (in der Folge kurz: GebG) mit Bewilligung des zuständigen Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern selbst berechnet.

Mit Bescheid dieses Finanzamtes vom 5. Dezember 1981 wurde die Selbstberechnung für das erste Kalenderhalbjahr 1981 dahingehend abgeändert, daß die Summe der auf diesen Zeitraum entfallenden Gebühren S 316.721,-- beträgt. Mit Bescheid desselben Finanzamtes vom 5. März 1982 wurde auch die Selbstberechnung für die Zeit vom November 1977 bis Dezember 1980 berichtigt und die Gebühr nach § 33 TP 5 GebG mit S 2,444.381,-- festgesetzt. In der Begründung des letztangeführten Bescheides heißt es, daß nach dem Inhalt der verfaßten Urkunden die Miete allein auf den jeweils gemieteten Messestand entfalle und daher zur Gänze in die Bemessungsgrundlage für die Bestandvertragsgebühr einzubeziehen sei.

In der gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen brachte die Beschwerdeführerin vor, daß sie die Bedeutung des jeweiligen Messethemas als eine Art „Markenartikel“ klar erkannt habe und demgemäß ihre betrieblichen Anstrengungen auf deren Pflege und weiteren aquisitorischen Ausbau richte. Diese betrieblichen Anstrengungen erforderten naturgemäß den Einsatz beträchtlicher Mittel, insbesondere zur Werbung (Herausgabe der Fachpublikation „Contact‑News“ sowie des Ausstellungskatalogs, laufende Einschaltungen in Fachzeitschriften usw.), sowie für organisatorische (Maßnahmen) und Nebendienstleistungen. Diese auf die Pflege des „Markenartikels“ Messethema hin ausgerichteten Aufwendungen würden die Ausgaben für die Anmietung der Ausstellungsfläche beträchtlich übersteigen. Gerade die Ausgaben für Werbung seien es aber, die die jeweiligen Messen zu einem Ort der wirtschaftlichen Begegnung machten, sodaß für die potentiellen Aussteller und Fachbesucher ein starker Anreiz bestehe, zur Förderung der eigenen Wirtschaftsunternehmen Messen aufzusuchen. Die Zu- bzw. Unterordnung der gesamten Messekoordination. unter das gesamte Messethema werde besonders dadurch deutlich, daß der um Teilnahme nachfragende Aussteller zweckorientiert (im Hinblick auf die jeweilige Thematik) platziert werde. Der einzelne Aussteller habe also nicht die Möglichkeit, den von ihm gewünschten Standplatz bei der Messe zu bestimmen, sondern er werde entsprechend den vom Thema gegebenen Kriterien eingeteilt. Der einzelne Aussteller gebe auch für die von ihm gewünschte Standfläche lediglich einen Rahmen, die exakte größenmäßige Festlegung geschehe wiederum, den genannten Ordnungsgesichtspunkten folgend, durch die Beschwerdeführerin. Der wirtschaftliche Beweggrund für die Messeteilnahme auf Seiten der Aussteller liege darin, in den entsprechenden Publikationen aufzuscheinen, die konzentrierte Kontaktmöglichkeit mit dem Fachpublikum sowohl von der Angebots- als auch von der Nachfrageseite her wahrzunehmen, insgesamt also an der Wertschätzung des „Markenartikels“ mit der eigenen Unternehmung teilzuhaben. Diese Attraktivität, die die von der Beschwerdeführerin veranstalteten Fachmessen genießen, erhöhe freilich nicht den Wert der Fläche (des Grund und Bodens), auf dem ausgestellt werde, sie schlage sich vielmehr als immaterielles Gut auf den Wert der ausstellendem Unternehmungen nieder. Aus all dem ergebe sich, daß die Zurverfügungstellung von Grund und Boden in dem von der Beschwerdeführerin erbrachten Leistungsbündel in den Hintergrund trete, sie also als notwendige Nebenleistung zu qualifizieren sei. Dies zeige sich auch am Kostengefüge der Beschwerdeführerin, da der Aufwand in die immateriellen Werte jenen der Raumanmietung beträchtlich übersteige. Die gebührenrechtliche Beurteilung der vertraglichen Verknüpfung zwischen Messeveranstalter und ‑aussteller lasse demgemäß die Aussage zu, daß es sich um Verträge besonderer Art handle, für die nach § 33 GebG keine Gebührenpflicht eintrete. Es werde daher der Antrag gestellt, die mit den Ausstellern geschlossenen Verträge als solche besonderer Art anzuerkennen, die nicht gebührenpflichtig seien.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wurden die Berufungen der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde inhaltlich gleichlautend im wesentlichen aus, unbestritten sei, daß die Beschwerdeführerin an die jeweiligen Aussteller eine bestimmte Grundfläche für Ausstellungszwecke gegen Entgelt zur Verfügung stelle. Die Zurverfügungstellung der Grundfläche sei die Voraussetzung für die Teilnahme an den Messen. Auch wenn sich das Entgelt nur zum Teil auf die Bodenmiete erstrecke, weil die wirtschaftlichen Erwägungen an der Teilnahme an der Messe für den Aussteller im Vordergrund stünden, unterliege das gesamte vom Aussteller geleistete Entgelt der Bestandvertragsgebühr.

In den gegen diese Bescheide erhobenen, inhaltlich gleichlautenden Beschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Unter dem erstangeführten Gesichtspunkt bringt die Beschwerdeführerin vor, auch nach Abschluß der Berufungsverfahren bleibe die Frage strittig, ob die nach dem vorgelegten Muster eines Anmeldeformulars beurkundeten Rechtsgeschäfte als Bestandverträge, als Verträge besonderer Art oder als eine Mehrheit von Verträgen anzusehen seien. Bei der Prüfung dieser Frage sei von dem in § 17 GebG 1957 aufgestellten Grundsatz auszugehen, wonach für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift maßgebend sei. Gemäß Abs. 2 dieser Rechtsvorschrift zähle auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht werde, zum Urkundeninhalt. Die für das vorliegende Verfahren maßgebliche Urkunde trage die Überschrift „Anmeldeformular“. Es folge ein Vermerk über die Art der Fachmesse und den Zeitraum, in welchem die Fachmesse abgehalten werde. Aus der Urkundenüberschrift leite sich sohin ein Hinweis auf den Abschluß eines Bestandvertrages nicht ab. In der weiteren Folge gliedere sich die Urkunde im wesentlichen in zwei Teile. Links würden sich persönliche Daten (Vorname, Familien- oder Firmenname, Ergänzungszeilen für Firmennamen usw.) finden, diese persönlichen Daten würden mit dem Hinweis abgeschlossen, daß die gemachten Angaben als druckreifes Manuskript für die Pflichteinschaltung im offiziellen Messekatalog und die Pflichteinschaltung in den Contact-News gelten. Anschließend daran werde festgelegt, daß für jede beantragte Eintragung als Aussteller in den Contact-News und im Katalog die Druckkostenpauschale zu entrichten seien. Erst in weiterer Folge würden sich Vermerke über die gewünschte Standgröße und dessen Lage finden. Es folgten dann Angaben über den Wirtschaftszweig, die Warengruppe und die auf dem Stand präsentierten Güter. Von diesen Angaben völlig getrennt finde sich auf der rechten Seite des Anmeldeformulars die Überschrift „Welches Werbematerial benötigen Sie?“. Der Überschrift folge die Aufforderung, daß, falle das bestellte Werbematerial nicht bis einen Monat vor der Messe dem Aussteller zugegangen sein sollte, um entsprechende Reklamation ersucht werde. In den sich daran schließenden freibleibenden Zeilen stehe es den Ausstellern frei, gewünschtes Werbematerial (Bögen, Einladungskarten mit und ohne Firmeneindruck) anzuführen. Auf der Rückseite des Anmeldeformulars seien die Messebedingungen abgedruckt. Diese enthielten im wesentlichen die Organisationsbestimmungen über die Messeveranstaltung, Rechnungs- und Zahlungsbedingungen sowie Haftungsbestimmungen. Daraus gehe auch hervor, daß dem Aussteller ein Anspruch auf Zuweisung eines bestimmten Messestandes nicht eingeräumt sei. Die Beschwerden verweisen zudem unter Berufung auf § 17 Abs. 1 zweiter Satz GebG auf weitere Schriftstücke, auf die jedoch Mustervertrag nicht Bezug genommen ist. In rechtlicher Hinsicht führt die Beschwerde zusammenfassend aus, daß die im Sinne der Anmeldeformulare unter Berücksichtigung von Nebenurkunden beurkundeten Verträge solche besonderer Art oder mehrere Verträge, die keinesfalls nur Bestandverträge darstellten, seien. Insbesondere falle der Schwerpunkt eines gesonderten Werbebetreuungsvertrages mit jedem Aussteller ins Auge. Unter dem Gesichtspunkt der behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung der den Abgabenbehörden obliegenden Pflicht zur amtswegigen Ermittlung der in den Beschwerdefällen maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, weil auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin in den Berufungsverfahren nicht gebührend eingegangen worden sei.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in den von ihr erstatteten Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die vorliegenden Beschwerden wegen ihres engen persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG in der hier maßgeblichen Fassung unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache, auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, um allgemeinen einer 1%igen Rechtsgebühr nach dem Wert. Unter dem Begriff „Wert“ ist, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (vgl. Z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. April 1976, Zl. 527/75), der Preis zu verstehen, der wiederum alle Leistungen in sich begreift, die der Bestandnehmer für die Überlassung der Sache zum Gebrauch zu erbringen hat.

Die Beschwerdeführerin macht nun geltend, infolge des gemischten Charakters der zwischen ihr und den einzelnen Ausstellern abgeschlossenen Verträge sei der Gebührentatbestand des § 33 TP 5 GebG überhaupt nicht erfüllt worden. Zumindest seien aber die von den Verwaltungsinstanzen angenommenen Bemessungsgrundlagen für Rechtsgebührenvorschreibungen der vorliegenden Art deswegen überhöht, weil aus den zwischen der Beschwerdeführerin und den einzelnen Ausstellern vereinbarten Standmieten jene Entgeltteile nicht ausgeschieden worden seien, die nicht bestandrechtlicher Natur seien (Organisations- und Werbeleistungen).

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß das von der Beschwerdeführerin als Muster der beurkundeten Rechtsgeschäfte herangezogene Anmeldeformular seinem Inhalt nach klar und eindeutig erkennen läßt, daß die Beschwerdeführerin mit den einzelnen Ausstellern jeweils Bestandverträge abgeschlossen hat. Aus dem vorliegenden Muster lassen sich nämlich alle für einen Bestandvertrag wesentlichen Elemente entnehmen, und zwar: der Vertragsgegenstand (Gebrauch eines Messestandes), die Dauer der Gebrauchsüberlassung (für die Messezeit) und das hiefür zu leistende Entgelt („Platzmiete“). Der Annahme von Bestandverträgen kann hiebei nicht abträglich sein, daß die Bestandnehmer die in Bestand genommenen Messestände für Zwecke ihres Unternehmens dadurch nützen, daß sie für die ausgestellten Produkte werben. Aber auch die von der Beschwerdeführerin erbrachten Organisations- und Werbeleistungen sind weder der Qualifikation der von der Beschwerdeführerin mit den einzelnen Ausstellern abgeschlossenen Rechtsgeschäfte als Bestandverträge abträglich noch vermögen sie den für die Gebührenbemessung jeweils maßgeblichen Wert zu mindern; dies schon. deshalb nicht, weil das bei Abschluß der einzelnen Verträge verwendete Muster eines Anmeldeformulars nicht den geringsten Hinweis darauf enthält, daß die Beschwerdeführerin sich zur Erbringung solcher Leistungen gegenüber den Ausstellern verpflichtet hätte und daß ihr hiefür gegebenenfalls ein bestimmter oder zumindest bestimmbarer Preis gebührt. Die Beschwerdeführerin hat vielmehr stets nur ihr Eigeninteresse an den in Rede stehenden Leistungen hervorgehoben.

Was hingegen die Werbebetreuung in der Fachmessezeitschrift „Contact‑News“ anlangt, so geht aus den von der Beschwerdeführerin selbstvorgelegten Unterlagen hervor, daß nicht sie, sondern ihre (rechtlich selbständige) Schwestergesellschaft, nämlich die Firma A GesmbH & Co. KG in S, diese Leistungen erbringt. Ein Entgelt für die Pflichteinschaltung im offiziellen Messekatalog wurde laut dem genannten Anmeldemuster überhaupt nicht verlangt. Da also die eben genannten Leistungen nach der Aktenlage gar nicht von der Beschwerdeführerin erbracht werden oder für sie kein bestimmbares Entgelt vereinbart wurde, vermag der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie solcher Leistungen wegen keinen Anlaß dafür sah, die der Beschwerdeführerin für ihre Leistungen gebührenden Platzmieten nicht oder nicht zur Gänze der Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG zu unterwerfen.

Auf Grund des Gesagten haftet den angefochtenen Bescheiden die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes nicht an. Auch ist nicht erkennbar, inwiefern die belangte Behörde bei der gegebenen Sach- und Rechtslage gegen die ihr obliegende Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes verstoßen hätte. Da sohin auch der von der Beschwerdeführerin behauptete wesentliche Verfahrensmangel nicht vorliegt, waren die vorliegenden Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 17. November 1983

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