Normen
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §6 Z2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, soweit mit ihm über die Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1973 entschieden worden ist.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.610,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war bis Ende 1973 als selbständiger Handelsvertreter für die Firma F Ges. m. b. H. (im folgenden Firma F.) tätig und anschließend bis 30. Juni 1975 Dienstnehmer dieses Unternehmens. Anläßlich einer die Jahre 1973 bis 1976 umfassenden Betriebsprüfung führte der Prüfer in seinem Bericht aus, es bestünden zum 31. Dezember 1973 gegenüber der Firma F. noch Provisionsforderungen des Beschwerdeführers von brutto S 967.612,-- . Zu dem gemäß § 4 Abs. 1 EStG bisher ermittelten Gewinn von S 525.512,-- rechnete der Prüfer den genannten Betrag hinzu; anderseits zog er von dem Gewinn die passivierte Umsatzsteuer und eine errechnete Gewerbesteuerrückstellung ab. So gelangte er zu einem Gewinn für 1973 von S 1,238.061,--. Den für die Festsetzung der Umsatzsteuer 1973 maßgebenden Gesamtbetrag der vereinbarten Entgelte erhöhte der Prüfer aus dem erwähnten Titel um S 834.148,05. Die übrigen, andere Jahre als das Veranlagungsjahr 1973 betreffenden Feststellungen der Betriebsprüfung sind vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht strittig. Das Finanzamt folgte in den genannten Punkten dem Prüfungsbericht und erließ im wiederaufgenommenen Verfahren entsprechend berichtigte Bescheide betreffend die Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1973.
Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte im wesentlichen aus, es seien die von der Firma F. in den Jahren 1974 und 1975 "ausgestellten Provisionsgutschriften die Honorierung für Leistungen" in den Jahren 1974 und 1975. Da der Gewerbebetrieb mit 31. Dezember 1973 ruhend gemeldet worden sei, habe der Beschwerdeführer für 1974 und 1975 über die Ausgaben keine Aufzeichnungen mehr geführt. Er beantrage, die Ausgaben für diese Jahre griffweise zu schätzen.
Der in den Akten sich befindliche Vertretungsvertrag vom 23. Februar 1973 zwischen dem Beschwerdeführer und der Firma F. hat auszugsweise folgenden Inhalt:
"....
4. F. behält sich ... vor, unabhängig vom Sitz der Vertretung
eigene Montage- und Servicestationen zu errichten und zu betreiben, wobei die Regelung der Provisionsansprüche insbesondere für die Service-Aktivität im Gebiet derartiger Niederlassungen in einem neuen Vertretungsvertrag bzw. in einer Modifikation des bestehenden, festgelegt werden muß.
§ 2. Pflichten des Vertreters:
1. Der Vertreter hat die Aufgabe, sein Gebiet intensiv zu bearbeiten und mit Interessenten seines Gebietes Verkaufsgeschäfte für F. zu vermitteln.
.......
4. Er führt im Namen der Firma F. im Rahmen der von der Verkaufsabteilung festgesetzten Preise und Konditionen die Verhandlungen mit den Kunden und schließt im Normalfall die Aufträge mit den Kunden ab. Die schriftliche Auftragsbestätigung bzw. Annahme des Auftrages wird von der Verkaufsleitung in Wien vorgenommen.
5. Der Kundenkontakt und die Auftragsabwicklung muß unter der Zielvorstellung einer langjährigen Zusammenarbeit gestaltet werden, um so die Voraussetzung für den Kundendienst (Service) durch die Firma F. zu ermöglichen.
6. Der Vertreter verpflichtet sich, der Montageabteilung von
F. weitestgehend bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Vertragsgebiet behilflich zu sein und laufend Informationen über den Stand der Projekte und Aufträge auszutauschen. Mit dem Montagemeister, der für den Einsatz der Monteure die Verantwortung trägt, ist zur Erzielung eines optimalen Erfolges das Einvernehmen herzustellen. Darüber hinaus ist es seine Aufgabe, nach Möglichkeit bei der Übergabe fertiggestellter Anlagen an den Kunden, anwesend zu sein.
7. Für das Neuanlagengeschäft enden seine Aktivitäten je Geschäftsfall erst nach Übergabe des Aufzuges und restlosem Eingang aller Zahlungen an F. Er wird auch gegebenenfalls
behilflich sein bei der Hereinbringung ausstehender Beträge ......
8. Weiters verpflichtet er sich im Rahmen des Service, sämtliche in diese Sparte fallenden Aktivitäten, wie die Erlangung von Wartungsverträgen und Reparaturaufträgen, weitestgehend selbständig zu betreiben.
.....
- 4. Provisionsanspruch des Vertreters:
- 1. Der Vertreter erhält für alle Verkaufsgeschäfte, welche F. mit Abnehmern der in § 1 Absatz 1 genannten Vertragsgebieten während der Dauer des Vertragsverhältnisses abschließt, gleichgültig, ob er diese vermittelt hat oder nicht, eine Provision gemäß der im § 4 Absatz 6 angeführten Höhe.
.....
3. Die Provision wird von dem in Rechnung gestellten Netto-Entgelt des Verkaufsgeschäftes ohne Mehrwertsteuer abzüglich etwaiger Rabatte, ausgenommen Skonti, verrechnet. Bei Neuanlagen sowie Service S Geschäften werden Nebenkosten wie Fracht, Rollgeld, Verpackung und Versicherung sowie allenfalls andere gesondert in Rechnung gestellte Beträge in Abzug gebracht. Der Einfachheit halber werden diese Abzugsposten, ausgenommen die gesondert in Rechnung gestellten Beträge mit 5 % (fünf Prozent) des Verkaufspreises pauschaliert.
4. Provisionsanspruch entsteht für:
4.1. Neuanlagen mit Schlußrechnungslegung des Geschäftsfalles an den Kunden.
4.2. Service-Aktivitäten von der Monatsfakturensumme abzüglich der Storni.
Die monatliche Provisionsgutschrift wird über die im Abrechnungsmonat entstandenen Ansprüche im folgenden Monat erstellt.
.....
5.1. Hat der Kunde bei Neuanlagen-Geschäften zum Zeitpunkt der Schlußrechnungslegung mindestens 50 % des Verkaufspreises bezahlt, so hat der Vertreter ebenfalls einen Anspruch auf 50 % seiner Provision. Die restlichen 50 % seiner Provision werden erst nach vollständiger Bezahlung durch den Kunden fällig.
5.2. Bei den Service-Aktivitäten wird dem Vertreter der volle Provisionsbetrag bei Ausstellung der Provisionsgutschrift gutgeschrieben.
6. Der Provisionssatz beträgt im Regelfall für alle Aktivitäten 5 % (fünf Prozent) von der Berechnungsbasis.
Bei allen Wartungsverträgen, die sein Vertretungsgebiet betreffen, erhält der Vertreter auf die Laufzeit des Vertrages eine Provision in der Höhe von 5 % (fünf Prozent) von der Jahresprämie.
....."
In einer als "Berichtigung" bezeichneten Vereinbarung vom 22. Dezember 1973 ist festgehalten, daß die bis zum 30. September 1971 erteilten Aufträge "lt. Vertretungsvertrag zu verrechnen sind". Zwei bestimmt bezeichnete Aufzüge sind unabhängig vom Abnahmetermin mit 3 % Provision zu verrechnen, und alle zwischen 1. Oktober 1971 und 31. Dezember 1973 erteilten und vom Aufzugsprüfer bis 31. Dezember 1973 nicht abgenommenen Aufträge werden mit 2,5 % Provision verrechnet.
Auch legte der Beschwerdeführer ein an ihn gerichtetes Schreiben der Firma F. vom 13. August 1979 vor. Darin nimmt die Firma F. auf ein Schreiben vom 13. Juli 1979 Bezug, in dem dem Steuerberater des Beschwerdeführers mitgeteilt worden war, die gegenständlichen Provisionsgutschriften resultierten aus Vermittlungstätigkeiten, die der Beschwerdeführer vor dem 1. Jänner 1974 ausgeübt habe. "Wenn dies auch auf die Zeitpunkte der Vermittlungstätigkeiten zutrifft" - so führte die Firma F. aus -, "so muß allerdings ergänzend gesagt werden, daß sich Ihre Tätigkeit nicht nur auf die Vermittlung von Aufzugsgeschäften beschränkt hat, sondern Sie gemäß § 2 Abs. 7 des Vertretungsvertrages verpflichtet waren, jeweils den gesamten Auftrag bis zur restlosen Bezahlung durch den Kunden zu betreuen". Gemäß § 4 Abs. 4.1. Vertretungsvertrag sei der Beschwerdeführer erst mit Schlußrechnung an den Kunden anspruchsberechtigt. "Daher betreffen die Ihnen in den Jahren 1974 und 1975 ausgestellten Gutschriften zweifellos Provisionsansprüche, die erst 1974 bzw. 1975 entstanden sind."
Zu einer Stellungnahme des Betriebsprüfers zur Berufung brachte der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 22. April 1980 vor, die Zurechnung der 1974 und 1975 bezahlten Provisionen zum Kalenderjahr 1973 seien auf Grund der Feststellungen des Finanzamtes für Körperschaften und wegen des Schreibens der Firma F. vom 13. Juli 1979 erfolgt. Die Erhebungen des Finanzamtes für Körperschaften müßten als mangelhaft und unvollständig angesehen werden. Das Schreiben der Firma F. sei ohne Prüfung des wahren Sachverhaltes erfolgt. Der in den Jahren 1973 bis 1975 zuständige Prokurist Dkfm. H., der mit dem Sachverhalt vertraut gewesen sei, sei inzwischen in Pension gegangen und in Unkenntnis der genauen Bestimmungen des Vertretungsvertrages gewesen. Die nunmehrigen kaufmännischen Leiter der Firma F. hätten sich daher nach eingehender Prüfung des Sachverhaltes veranlaßt gesehen, ihr Schreiben vom 13. Juli 1979 zu berichtigen und den tatsächlichen Sachverhalt mit Schreiben vom 13. August 1979 darzulegen. Obwohl ab 1. Jänner 1974 ein Angestelltenverhältnis bestanden habe, hätten Aufträge aus der Zeit vorher, welche erst nach dem 31. Dezember 1973 ausgeführt oder fertiggestellt worden seien, bis zur Fertigstellung betreut werden müssen. Es handle sich um umfangreiche Tätigkeiten, wie Beschaffung von Bauplänen, statische Berechnungen, Überprüfungen und Überwachungen des Baugeschehens, Interventionen u. dgl. Daraus ergebe sich, daß die eigentliche Arbeit für den Beschwerdeführer erst nach dem Abschluß des Auftrages begonnen habe und die Arbeit nicht mit der Unterzeichnung des Vertrages abgeschlossen gewesen sei. Die Abwicklung eines Auftrages habe sich auf einen Zeitraum von 12 bis 18 Monaten erstreckt. Diese Darstellungen würden auch die Behauptungen des Beschwerdeführers und der Firma F. untermauern, wonach die vereinbarten Provisionen nicht nur für die Hereinbringung eines Auftrages, sondern auch für dessen Abwicklung ausbezahlt worden seien. Aus diesen Gründen seien auch für die Jahre 1974 und 1975 Provisionsabrechnungen erfolgt, obwohl die Aufträge aus der Zeit vor dem 1. Jänner 1974 gestammt hätten.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid entschied die belangte
Behörde über die Berufung gegen die "Bescheide ... betreffend
Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1973, Umsatzsteuer 1976 und 1977 sowie Einkommen- und Gewerbesteuer 1977". Im Spruch dieses Bescheides findet sich neben der Bezeichnung des Gegenstandes u. a. auch der Ausspruch, daß der Berufung teilweise Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide teilweise abgeändert würden. Hinsichtlich des vor dem Verwaltungsgerichtshof allein strittigen Jahres 1973 enthält der Spruch des angefochtenen Bescheides sodann eine Änderung der Einkommensteuerbemessungsgrundlage und der Einkommensteuer und eine Änderung der Gewerbesteuerbemessungsgrundlage und der Gewerbesteuer. Der angefochtene Bescheid ist, soweit das für das vom Verwaltungsgerichtshof zu fällende Erkenntnis von Bedeutung ist, nach Wiedergabe des Sachverhaltes, des § 6 Z. 2 EStG 1972 und hg. Rechtsprechung zusammenfassend wie folgt begründet:
Provisionsforderungen eines selbständigen Handelsvertreters seien mangels anderer Vereinbarung in der Bilanz auch dann anzusetzen, wenn das Geschäft bis zum Ende des Wirtschaftsjahres noch nicht vollständig abgewickelt sei. Der Beschwerdeführer habe die nach der Beendigung des selbständigen Handelsvertreterverhältnisses zur Firma F. gutgeschriebenen Provisionen bereits zum Ende des Jahres 1973 in seiner Bilanz zu aktivieren gehabt. Dies ergebe sich auch aus der Berichtigung vom 22. Dezember 1973 zum Vertretervertrag. Auch das Schreiben der Firma F. vom 1. Juli 1979 spreche von in den Jahren 1974 und 1975 entstandenen Provisionsansprüchen aus der Vermittlung von Geschäften aus früheren Jahren. Wohl sei in diesem Schreiben von erst in späteren Jahren entstandenen Ansprüchen aus der Vermittlung von Geschäften die Rede, die erst nach Rechnungslegung seitens der Firma gutgeschrieben werden könnten, doch werde auch darin nicht bestritten, daß die Vermittlung derselben nicht in den Jahren 1974 und 1975 stattgefunden habe. Andererseits sei dem Beschwerdeführer auch auf Grund der Stellungnahme des Prüfers bekannt gewesen, daß das Finanzamt für Körperschaften in Wien in diesem Zusammenhang erhoben habe, die 1974 und 1975 gutgeschriebenen Provisionen stammten für Aufträge vor dem 1. Jänner 1974. Die Berufung sowie die Äußerung zur Stellungnahme des Prüfers würden das Zustandekommen von Vermittlungen bereits im Jahre 1973 ebenfalls nicht bestreiten. Selbst das vom Beschwerdeführer vorgelegte Schreiben der Firma F. gehe von diesem Sachverhalt aus ("Vermittlungen vor dem 1. 1. 1974"). Der Beschwerdeführer stütze seine Ansicht jedoch auf den weiteren Inhalt dieses Schreibens, wonach sich seine Tätigkeit nicht nur auf die Vermittlung von Aufzugsgeschäften beschränkt habe, sondern er auch verpflichtet gewesen sei, jeweils den gesamten Auftrag bis zur restlosen Bezahlung durch den Kunden zu betreuen. In seiner Äußerung vom 22. April 1980 führe er hiezu noch diese Tätigkeiten im einzelnen an. Dem sei jedoch entgegenzuhalten, daß aufschiebend bedingte Forderungen, soweit deren Erwerb mit einem Betriebsvorgang des abgelaufenen Wirtschaftsjahres zusammenhänge, in der Jahresschlußbilanz bereits zu berücksichtigen seien. Der Handelsvertreter habe die aus der Vermittlung von Geschäften ihm zustehenden Provisionen in der Bilanz auch dann anzusetzen, wenn das Geschäft bis zum Ende des Wirtschaftsjahres noch nicht vollständig abgewickelt sei, zumal die Fälligkeit der Provision bzw. der Zeitpunkt der Abrechnung mit dem Geschäftsherrn für die Bilanzierungspflicht der Forderung bedeutungslos sei. Ein allfälliges Risiko, "das die völlige Abwicklung des Geschäftes durch den Handelsvertreter nach der Vermittlung desselben verbleibt", sei durch Bildung einer entsprechenden Rückstellung zu berücksichtigen (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Jänner 1962, Zl. 155/60). Daß es sich aber im vorliegenden Fall ausschließlich um Geschäfte gehandelt habe, die der Beschwerdeführer bereits ausgeführt gehabt habe, sei unbestritten. Sodann ermittelte die belangte Behörde S 105.000,-- als für 1973 zusätzlich anzuerkennende Rückstellung und änderte entsprechend die Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1973. Bezüglich der Umsatzsteuer für 1973 enthält der angefochtene Bescheid in seiner Begründung keine Ausführungen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. In allen Jahren, für die der Beschwerdeführer seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG ermittelt habe, seien die durch die Firma F. gutgeschriebenen Provisionen als Ertrag des Jahres behandelt worden, "wofür sie laut Provisionsabrechnungen" - diese seien monatlich erstellt worden - "gutgeschrieben" worden seien. Dies deshalb, weil die Firma F. den Provisionsvertrag hinsichtlich des Entstehens des Provisionsanspruches genau beachtet habe, und die noch nicht fälligen (gutgeschriebenen, aber noch nicht verfügbaren) Provisionen "wirtschaftlich dem Abrechnungsmonat (- jahr) zugehörig" seien. Die Auszahlung bzw. "das Recht auf Auszahlung" habe auf die Gewinnermittlung keine Auswirkungen gehabt. Die von der belangten Behörde herangezogene Übergangsregelung sei getroffen worden, um eine Kollision bei der Erledigung der bis zum 31. Dezember 1973 in Schwebe stehenden Aufträge und der ab 1. Jänner 1974 "neu aquirierten und zu behandelnden Aufträge" zu vermeiden. Wegen der "eingeschränkten Arbeitsmöglichkeit als Angestellter" sei der Bruttoarbeitslohn 1974 mit S 271.200,-- relativ niedrig festgelegt worden, während die im Kalenderjahr 1973 netto abgerechneten Provisionen S 956.832,-- betragen hätten. Da der Vertretungsvertrag in § 4 Z. 4 eine ganz eindeutige Regelung enthalte, komme § 6 Abs. 2 HVG nicht zum Zuge. Die Übergangsvereinbarung habe keine Änderung des Entstehungszeitpunktes des Provisionsanspruches zum Inhalt. Die belangte Behörde widerspreche sich, wenn sie auf § 6 Z. 2 EStG 1972 verweise und verlange, Forderungen seien zu bilanzieren, wenn die Leistung erbracht und dem Kunden in Rechnung gestellt worden sei, anderseits die Bilanzierung noch nicht abgerechneter Leistungen als Forderungen verlange. Würde die belangte Behörde fordern, die Firma F. hätte sämtliche Provisionsgutschriften der Jahre 1974 und 1975 schon mit 31. Dezember 1973 erstellen müssen, so wäre das der Firma F. mangels Feststehens der "zu verprovisionierenden Beträge" technisch nicht möglich gewesen; es wäre auch wirtschaftlich nicht möglich gewesen, weil "noch kein Geschäft mit dem Kunden getätigt" worden sei. Auch vom Beschwerdeführer hätte ebensowenig eine Rechnung über die Provisionen an die Firma F. ausgestellt werden können, da von ihm die Leistungen nur zum Teil erbracht worden, die Provisionen noch nicht ermittelbar gewesen seien und die Abrechnung der Provisionen mittels Gutschriften durch die Firma F. in § 4 Z. 4 des Vertretungsvertrages vereinbart gewesen sei. "Diese Form der Abrechnung von Provisionen durch Gutschriftserteilung seitens des Geschäftsherrn ist bei Handelsvertretungen allgemein üblich."
Richtig sei, daß aufschiebend bedingte Forderungen zu bilanzieren seien; diese Forderungen seien vom Beschwerdeführer auch in der Bilanz 1973 erfaßt worden, unabhängig, ob sie schon fällig gewesen seien oder nach dem Vertretungsvertrag hierüber noch nicht verfügt habe werden dürfen. Die Behauptung der belangten Behörde, daß es sich vorliegendenfalls ausschließlich um vom Unternehmer bereits ausgeführte Geschäfte gehandelt habe, sei nicht nur bestritten, sondern laufend der Beweis angeboten worden, daß die Kundenaquisition nur ein Teil der dem Beschwerdeführer auferlegten Pflichten gewesen sei. Es sei dargelegt worden, welche wesentlichen Leistungen nach dem 31. Dezember 1973 vom Beschwerdeführer für die in Rede stehenden Aufträge zu erbringen gewesen seien.
In einem ergänzenden Schriftsatz stellte der Beschwerdeführer klar, daß er sich hinsichtlich der Umsatzsteuer 1973 dadurch in seinen Rechten verletzt erachte, daß die in den Jahren 1974 und 1975 gutgeschriebenen Provisionen im Jahre 1973 versteuert wurden. Außerdem fehle in der diesbezüglich abweisenden Berufungsentscheidung jede Begründung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 6 Abs. 2 Handelsvertretergesetz (BGBl. Nr. 348/1921, in der Fassung BGBl. Nr. 153/1960) erwirbt der Handelsvertreter den Anspruch auf die Provision gegen den Geschäftsherrn mangels anderer Vereinbarung mit dem Abschluß des Geschäftes. Bei Verkaufsgeschäften gilt der Anspruch im Zweifel in diesem Zeitpunkt erworben, wenn eine Zahlung beim Geschäftsherrn eingegangen ist und nur nach Verhältnis des eingegangenen Betrages.
Wie diese mangels abweichender vertraglicher Vereinbarung geltende gesetzliche Regelung sich auf den seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelnden Handelsvertreter auswirkt, damit hat sich der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 12. Jänner 1962, Zl. 155/60, auseinandergesetzt. Der Gerichtshof ist dabei für den Normalfall des Verkaufsgeschäftes zu dem Ergebnis gelangt, daß der mit dem Vertragsabschluß erworbene Anspruch des Handelsvertreters durch die nachträgliche Zahlung des Kunden aufschiebend bedingt ist. Da auch aufschiebend bedingte Forderungen, soweit deren Erwerb mit einem Betriebsvorgang des abgelaufenen Jahres zusammenhängt, in der Jahresschlußbilanz bereits zu berücksichtigen sind, hat der "Verkaufsagent" - so hat der Gerichtshof gefolgert - in jenen Fällen, in denen sich sein Provisionsanspruch auf § 6 Abs. 2 HVG gründet, die aus der Vermittlung von Geschäften ihm zustehende Provision in der Bilanz auch dann anzusetzen, wenn das Geschäft bis zum Ende des Wirtschaftsjahres noch nicht vollständig abgewickelt ist. Diese Rechtsansicht hat der Verwaltungsgerichtshof auch im Erkenntnis vom 30. April 1965, Zl. 126/65, beibehalten. In jenem Fall ist es um einen Subvertreter gegangen, und der Verwaltungsgerichtshof hat dargelegt, daß den bestehenden Vereinbarungen nichts entnommen werden konnte, was das Entstehen des Anspruches auf die Provision in einem anderen Zeitpunkt als dem im Sinne des zitierten Erkenntnisses vom 12. Jänner 1962 maßgebenden Zeitpunkt gerechtfertigt hätte. Schließlich ist mit dem hg. Erkenntnis vom 4. März 1966, Zl. 2174/65, in gleicher Weise wie in den beiden anderen zitierten Fällen erkannt worden, wobei der Verwaltungsgerichtshof die Maßgeblichkeit einer von der gesetzlichen Regelung allenfalls abweichenden Vereinbarung hervorgehoben hat.
Grundsätzlich gehen auch im vorliegenden Beschwerdefall beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens von dieser Rechtsprechung aus. Während der Beschwerdeführer jedoch die Meinung vertritt, die Provisionsforderungen seien deshalb noch nicht zu Ende 1973 zu aktivieren, weil sie im strittigen Umfang zu diesem Zeitpunkt noch nicht entstanden seien, ist die belangte Behörde der gegenteiligen Meinung. Diese vertritt sie im wesentlichen unter teils wörtlicher Wiedergabe der Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 12. Jänner 1962, Zl. 155/60, damit, der Handelsvertreter habe nach Abschluß des Geschäftes mit den aktivierten Provisionsforderungen allenfalls im Zusammenhang stehende Risken durch eine entsprechende Rückstellung bilanzmäßig zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall, so lautet die entscheidungswesentliche Feststellung der belangten Behörde, habe es sich ausschließlich um Geschäfte gehandelt, die der Beschwerdeführer bereits ausgeführt habe.
Die zuletzt wiedergegebene Feststellung der belangten Behörde ist allerdings nicht in einem von wesentlichen Mängeln freien Verfahren zustandegekommen.
Der Beschwerdeführer hat bereits im Abgabenverfahren, vor allem in dem als "Gegenäußerung" bezeichneten Schriftsatz vom 22. April 1980 im einzelnen ausgeführt, welche Arbeiten von ihm 1974 und 1975 nach Durchführung der Abschlüsse getätigt wurden. Diese Behauptungen werden durch den Inhalt des Vertretervertrages (§ 2) bestätigt. Schon diese ursprüngliche Vereinbarung über die Pflichten des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren lassen die Annahme nicht ausgeschlossen erscheinen, der Beschwerdeführer habe für die Firma F. außer als eigentlicher Verkaufsvertreter eine darüber hinausgehende Tätigkeit besonders bestehend im Abschluß und der laufenden Überwachung der Durchführung von Serviceverträgen übernommen. Die vertraglichen Vereinbarungen sind in diesem Punkt, soweit es sich um die streitentscheidende Frage des Entstehens der Provisionsansprüche handelt, nicht klar und eindeutig. Es ist aber die Vermutung nicht von der Hand zu weisen, zumindest hinsichtlich der Provisionsansprüche für jene anderen Leistungen als die eigentlichen Verkaufsabschlüsse seien ausdrücklich oder durch langjährige Übung zwischen dem Beschwerdeführer und der Firma F. stillschweigend von der gesetzlichen Regelung abweichende Abmachungen zustandegekommen, die eine Aktivierung nicht aller Provisionsforderungen zum 31. Dezember 1973 rechtfertigen. Die belangte Behörde hat die hiefür notwendigen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht getroffen. Sie hat sich im wesentlichen darauf beschränkt, unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 12. Jänner 1962, Zl. 155/60, darzulegen, auch im Beschwerdefall seien die über bzw. neben den Verkaufsabschlüssen erfolgten Handlungen nur "allgemein handelsübliche Nebenleistungen" eines Handelsvertreters. Eine substantiierte Begründung hiefür fehlt dem angefochtenen Bescheid. Der Mangel der Begründung kann auch nicht mit dem Hinweis auf die "Berichtigung" vom 22. Dezember 1973 zum Vertretervertrag ersetzt werden, denn diese Vereinbarung hat lediglich eine Übergangs- und Abgrenzungsregelung zum Gegenstand; über das Entstehen und damit den Zeitpunkt der Aktivierung der einzelnen Provisionsansprüche sagt sie nichts. Auch die im Zuge des Anstellungsvertrages vom 14. Dezember 1973 getroffene Vereinbarung (B/1 der Akten) gibt in ihrer Z. 9 keinen hinreichenden Aufschluß über das zu lösende Problem. Denn dort sind die Vertragsparteien übereingekommen, sämtliche zum 31. Dezember 1973 bestehenden Provisionsansprüche des Beschwerdeführers aus seiner Tätigkeit als freier Handelsvertreter nach einem gemeinsam ermittelten System pauschal mit einem Betrag von S 600.000,-- abzugelten. Dieser Betrag sollte bis etwa Mitte 1974 zur Auszahlung gelangen. Welche Leistungen hiemit abgegolten sein sollten, darüber enthält der angefochtene Bescheid ebenfalls keine Feststellungen und konnte sie auch nicht enthalten, weil die hiefür erforderlichen Ermittlungen unterblieben sind (tatsächlich sind dem Beschwerdeführer dann ja auch nicht S 600.000,--, sondern es ist ihm ein höherer Betrag ausgezahlt worden).
In der Gegenschrift führt die belangte Behörde aus, ein gegen Treu und Glauben verstoßendes Abgehen von dem Grundsatz der Bilanzkontinuität liege nicht vor. Die belangte Behörde beruft sich dabei auf das hg. Erkenntnis vom 30. November 1981, Zlen. 17/3166, 3225 - 3227/79. Der Verwaltungsgerichtshof ist nach dem weiter oben Gesagten indes nicht vor die Frage gestellt, zu entscheiden, ob im Beschwerdefall ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegt oder nicht. Zur Beurteilung dieser Frage sei die belangte Behörde jedoch auf das allenfalls auch für den vorliegenden Rechtsstreit bedeutsame hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1981, Zlen. 81/14/0017, 0032, verwiesen.
Ebenfalls in der Gegenschrift vertritt die belangte Behörde die Rechtsansicht, mit dem angefochtenen Bescheid habe sie über die Umsatzsteuer für 1973 nicht abgesprochen. Diesbezüglich wäre eine Berufungsentscheidung erst zu erlassen. Der Verwaltungsgerichtshof kann sich dieser Ansicht nicht anschließen. Nach dem oben wiedergegebenen Spruch des angefochtenen Bescheides besteht kein Zweifel, daß mit dem angefochtenen Bescheid auch die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid für 1973 in einer der Rechtskraft fähigen Weise ihre Erledigung, und zwar durch Abweisung, gefunden hat. Daß die belangte Behörde es unterlassen hat, in der Begründung des angefochtenen Bescheides sich mit der Umsatzsteuerangelegenheit besonders auseinanderzusetzen, bewirkt nicht das Fehlen eines Abspruches in dieser Angelegenheit, sondern begründet einen Verfahrensmangel.
Nach dem Gesagten erweist sich der angefochtene Bescheid, soweit mit ihm über die Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1973 abgesprochen worden ist, mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet. Er war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1965 aufzuheben.
Die Tatsache, daß der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid nicht ausdrücklich wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten hat, steht dem nicht entgegen, da wesentliche Verfahrensmängel nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch ohne diesbezüglichen Antrag in der Beschwerde von Amts wegen wahrzunehmen sind (vgl. z. B. die bei Dolp2, S. 458, zitierte Judikatur und das hg. Erkenntnis vom 7. Dezember 1982, Zlen. 82/14/0010, 0025, 0026).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Ersatz für Stempelmarken wurde nur insoweit zugesprochen, als Gebühren in Stempelmarken nach den gesetzlichen Vorschriften zu entrichten waren.
Wien, am 12. April 1983
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