Normen
EStG 1972 §22 Abs1 Z1;
EStG 1972 §23 Z1;
GewStG §1 Abs1;
EStG 1972 §22 Abs1 Z1;
EStG 1972 §23 Z1;
GewStG §1 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Finanzamt behandelte bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 1977 die Einkünfte des Beschwerdeführers aus seiner Tätigkeit als Innenarchitekt als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, erkannte die gemäß § 4 Abs. 6 EStG 1972 geltend gemachten Betriebsausgaben nicht an und veranlagte den Beschwerdeführer zur Gewerbesteuer.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und führte darin tatsachenbezogen folgenden Sachverhalt aus, den die belangte Behörde in die Begründung des im Instanzenzug ergangenen, nun vor dem Verwaltungsgerichtshof in Beschwerde gezogenen Bescheides übernahm.
Der Beschwerdeführer habe nach Abschluß der Volks- und Handelsschule im elterlichen Betrieb das Schreinerhandwerk erlernt. Danach habe er die gewerbliche Berufsschule in Dornbirn besucht und sei in der Folge 2 1/2 Jahre als Schreinergeselle in der Schweiz tätig gewesen. Im Anschluß an die Gesellenpraxis habe er die Meisterklasse der Bundesgewerbeschule in Mödling und danach die Kunstgewerbeschule in Graz, Abteilung Tischlerei und Raumgestaltung, besucht. Vom Herbst 1960 bis Sommer 1970 sei er als Berufsschullehrer für Tischler und Zimmerer nebenberuflich in den Fächern technisches Zeichen, Detailzeichnen, gewerbliches Rechnen, Holz- und Materialkunde, Maschinenkunde und Konstruktionszeichnen tätig gewesen. Neben seiner Lehrtätigkeit sei der Beschwerdeführer in den Jahren 1960 bis 1968 in einem Architekturbüro beschäftigt und für den gesamten Bereich der Innenarchitektur "zuständig" gewesen. Der Beschwerdeführer habe auch an einem Fernlehrgang für Innenarchitektur der Studiengemeinschaft Darmstadt teilgenommen, wo er 1964 die Innenarchitekturprüfung abgelegt habe. Am 28. Juni 1966 sei ihm die Gewerbeberechtigung für das Tischlereihandwerk und am 31. Jänner 1968 die für ein Technisches Büro für Raumgestaltung verliehen worden. Von dem Erfordernis eines Reifezeugnisses, das unter anderem Voraussetzung für den Befähigungsnachweis für die Gewerbeberechtigungen eines Technischen Büros sei, sei dem Beschwerdeführer Dispens erteilt worden. Er habe auf Grund seiner theoretischen und praktischen Ausbildung auf dem Gebiet der Innenarchitektur und der in reichlichem Maß erbrachten Praxis die Gewerbeberechtigung erhalten. Der Beschwerdeführer betreibe seit 31. Jänner 1968 das Technische Büro und führe gegen "Honorarabgeltung Aufträge gewerblicher und industrieller Formgebung" aus. Er habe innenarchitektonische Lösungen im Bereich von Wohnungen, Geschäften, Verkaufslokalen, Gaststätten und Cafes, Gesellschafts- und Versammlungsräumen durchzuführen. Weitere Tätigkeitsgebiete seien Betriebsneuorganisationen, der Entwurf von Messeständen, Kojen, Ausstellungen, sakralen Einrichtungen und vieles andere mehr. Dabei beaufsichtige er die Durchführung der Arbeiten, überwache die Funktionen und überprüfe die Rechnungen auf ihre Richtigkeit. Auf Verlangen erstelle er Kostenrechnungen, Schätzungen und Funktionsanalysen auf einschlägigem Fachgebiet. Als Innenarchitekt habe der Beschwerdeführer die Auftragswünsche aufzunehmen, die Gegebenheiten zu analysieren, die organisatorisch richtige Situierung der Räume den Lebens- und Arbeitsgewohnheiten der einzelnen Aufgaben entsprechend zu finden, die Räume zu gestalten und einzurichten, bei Neu-, Um- und Erweiterungsbauten die Portale zu verlegen und zu verändern, die Raumgrößen festzulegen, Eingaben an Behörden zu verfassen, den Altbestand aufzunehmen, Entwürfe für gewerbliche und industrielle Produkte zu erstellen, unter Berücksichtigung behördlicher Vorschriften Innenräume zu gestalten, Entwürfe von Einreichungsplänen, Ausführungsdetailplänen, Lage- und Konstruktionsplänen sowie Ausschreibungs- und Offertunterlagen zu erstellen, Massenermittlungen durchzuführen, die Kosten für die auszuführenden Arbeiten zu schätzen, die Kosten zu berechnen und im Zuge der Abrechnung zu überprüfen.
In einem an die belangte Behörde gerichteten Schriftsatz gab der Beschwerdeführer seine konkrete Tätigkeit des Streitjahres im wesentlichen wie folgt bekannt:
Der wichtigste Auftrag sei der Um- und Erweiterungsbau der Firma H. gewesen. Der Beschwerdeführer sei beauftragt worden, für das vorhandene Bürogebäude einen eingeschossigen Erweiterungsbau zu planen, den Bürobau neu zu "organisieren" und den gesamten Komplex nach einer einheitlichen, dem angrenzenden Wohnhaus und den umliegenden Objekten entsprechenden Gestaltung zu entwerfen und zu "realisieren". Zu diesem Zweck habe er sich entschlossen, den Baukörper mit einer "Alu"-Fassade, aufgelockert mit Steinlisenen, die eine Strukturierung erzielt hätten, zu verkleiden. Dadurch sei der Bau in der Längenausdehnung gemildert, in den Proportionen verbessert und in die Umgebung gestalterisch einbezogen worden. Neugestaltet habe der Beschwerdeführer auch den Haupteingang, das Entree, den Empfangs- und Verkaufsraum. Den Verbindungsbau zum Wohnhaus habe der Beschwerdeführer mit neuen, dem Baukörper angepaßten Toren versehen. Bei einem weiteren Auftrag für ein Wohnhaus habe der Beschwerdeführer neben der Gestaltung einzelner Räume durch die Situierung der Kaminschläuche und eines offenen Kamins den Platz und die Verbindung Diele - Wohnzimmer großzügig erweitern können. Die eingebauten Möbel und Holzteile, den offenen Kamin, Böden, Decken, Türen usw. habe der Beschwerdeführer harmonisch gestaltet und verschiedene Materialien passend ausgesucht. Für das Architektenbüro K. habe der Beschwerdeführer beim Projekt Sch. für Wohnungen Möbelvariationen ausgearbeitet, sodaß die Objekte besser verkauft hätten werden können. Einer Möbelfirma habe der Beschwerdeführer bei der Neuorientierung und Auslese ihres Verkaufsprogrammes auf Messen geholfen und sei durch Planung von Rasterdecken "ausstellungsgerecht" und "verkaufsfördernd" tätig geworden. Eine einem Klienten angebotene Wohnung im Objekt T habe er "grundsätzlich" "umsituiert" und den vollständigen Innenausbau geplant und realisiert. Beim Textilgeschäft W. habe der Beschwerdeführer den Geschäftseingang neu gestaltet, das Verkaufslokal umgebaut, die Zusammenfassung des alten Verkaufslokales und die Verbindung bzw. den Durchbruch zum Erweiterungsbau, den Innenausbau (Decken, Boden, Möblierung) durchgeführt. "Die bauliche Realisierung, wie Entwurf, Eingabe, Bauaufsicht, wurde von meinem Techn. Büro ausgeführt, überwacht und geleitet."
In rechtlicher Hinsicht hatte der Beschwerdeführer schon im Berufungsschriftsatz die Auffassung vertreten, der Hinweis des Finanzamtes auf den mit dem hg. Erkenntnis vom 4. April 1978, Zlen. 1088, 2413, 2414/76, entschiedenen Fall treffe auf ihn nicht zu. Im Falle jenes Erkenntnisses sei es dem damaligen Beschwerdeführer nicht gelungen, die Ähnlichkeit seiner Tätigkeit mit der eines Ziviltechnikers nachzuweisen. Das heiße, daß er die Ähnlichkeit seiner Tätigkeit mit der eines Architekten im Sinne des Ziviltechnikergesetzes nachzuweisen gehabt habe. Einkünfte aus selbständiger Arbeit seien unter anderem Einkünfte aus der Berufstätigkeit der Ziviltechniker und Architekten. Durch die Anführung der Architekten im § 22 EStG 1972 habe der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, daß darunter alle Architekten im Sinne der Verkehrsauffassung zu verstehen seien, wie Personen, die sich Architekten nennen dürfen bzw. die auch als solche bezeichnet werden, wie z. B. Innenarchitekten. Diese Auffassung würde zwar von der Lehre nicht geteilt. Die vom Verwaltungsgerichtshof wiederholt geforderte gewisse höhere Vorbildung sei nicht für alle im § 22 EStG 1972 aufgezählten freiberuflichen Tätigkeiten erforderlich. Die in der genannten Gesetzesbestimmung aufgezählten freien Berufe zeichneten sich durch die Art der Berufsausübung, also der praktischen Tätigkeit, aus. Im Erkenntnis vom 4. April 1978 habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, die mangelnde höhere technische Qualifikation des Berufes des damaligen Beschwerdeführers schließe es auch aus, auf ihn jene Maßstäbe anzulegen, die der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 28. Februar 1978, Zlen. 1103, 1769/76, auf einen sogenannten planenden Baumeister angewendet habe. Vergleiche man die Ausbildung und den beruflichen Werdegang der Beschwerdeführer, deren Beschwerden Gegenstand der beiden genannten Erkenntnisse gewesen sei, so bestehe kein wesentlicher Unterschied. Trotzdem habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 4. April 1978, Zlen. 1088, 2413, 2414/76, die Beschwerde wegen der mangelnden höheren technischen Qualifikation des Berufes des Beschwerdeführers abgewiesen. In seinem Erkenntnis vom 28. Februar 1978, Zlen. 1103, 1769/77, dagegen habe er diese Kriterien außer acht gelassen.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid vom 25. Mai 1981 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge:
Nach Wiedergabe der in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschriften und unter Stützung auf eine Belegstelle in der Literatur sowie auf hg. Rechtsprechung gelangte die belangte Behörde zu dem Ergebnis, daß schon wegen der gegenüber einem Ziviltechniker eingeschränkten (Gewerbe)Berechtigung des Beschwerdeführers seine Tätigkeit im Vergleich zu einem Ziviltechniker eine "eingeschränkte" sei. Die im Streitjahr vom Beschwerdeführer tatsächlich ausgeübte Tätigkeit umfasse nicht den wesentlichen und typischen Teil der Tätigkeiten, zu denen Architekten nach dem Ziviltechnikergesetz berechtigt seien, wie die Planung von Bauten. Die Ansicht, daß der Fall des Beschwerdeführers von dem dem zitierten hg. Erkenntnis vom 4. April 1978 zugrunde liegenden wesentlich verschieden sei, könne nicht geteilt werden. In den entscheidungswesentlichen Punkten sei der Fall des Beschwerdeführers dem, der dem genannten Erkenntnis zugrunde liege, gleichgelagert. Ein Vergleich der Berufstätigkeit des Beschwerdeführers mit dem Berufsbild eines Architekten ergebe ebenfalls, daß sich die Tätigkeit des Beschwerdeführers von der eines Architekten im Sinne des Ziviltechnikergesetzes ihrem Inhalt nach ganz erheblich unterscheide. Gegen den Beschwerdeführer spreche auch das hg. Erkenntnis vom 25. November 1980, Zlen. 3237, 3238, 3315/80. Wenn das Einkommensteuergesetz die Architekten neben den Ziviltechnikern anführe, obwohl sie bereits unter den Begriff der Ziviltechniker fielen, könne daraus nicht abgeleitet werden, daß auch Personen, die nicht zu den im Ziviltechnikergesetz umschriebenen Personenkreis gehörten, sich aber ebenfalls Architekten nennen, grundsätzlich als freiberuflich tätig anzusehen seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:
Gemäß § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 gehören zu den - nicht den gewerblichen Einkünften zuzurechnenden - Einkünften aus selbständiger Arbeit (vgl. auch § 1 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz) die Einkünfte aus freien Berufen. Das Gesetz bestimmt, daß dazu neben den Einkünften aus den wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeiten auch Einkünfte aus bestimmten taxativ aufgezählten Berufstätigkeiten und diesen ähnlichen Berufen gehören. Zu den namentlich den freien Berufen zuzuordnenden Tätigkeiten gehört auch die Tätigkeit der Ziviltechniker und der Architekten. Im vorliegenden Fall ist einerseits die Frage strittig, ob die Tätigkeit des Beschwerdeführers der eines Ziviltechnikers ähnlich ist, anderseits bestehen zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unterschiedliche Auffassungen darüber, welche Bedeutung die in der Liste der taxativ aufgezählten Berufe des § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 aufgenommene Wortfolge "Einkünfte ….. aus der Berufstätigkeit der staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker, der Architekten ……" hat. Die belangte Behörde vertritt zu letzterer Frage die Meinung, auch die namentlich genannten Architekten müßten Architekten im Sinne des Ziviltechnikergesetzes sein. Hingegen glaubt der Beschwerdeführer, die ausdrückliche Benennung der Architekten stelle eine Erweiterung des durch den Begriff "staatlich befugte und beeidete Ziviltechniker" umschriebenen Personenkreises dar.
Eine inhaltlich der hier anzuwendenden Gesetzesstelle im wesentlichen gleichgelagerte Umschreibung enthält nun § 10 Abs. 2 Z. 7 lit. c UStG 1972 betreffend den ermäßigten Steuersatz für sonstige Leistungen aus der Tätigkeit als Architekt, staatlich befugter und beeideter Ziviltechniker. Zu dieser Norm hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1982, Zl. 82/15/0004, und die dort zitierte Vorjudikatur) erkannt, daß unter einem Architekten im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 7 lit. c UStG 1972 nur derjenige zu verstehen ist, der den Architektenberuf im Sinne des Ziviltechnikergesetzes ausübt. Da in § 22 Abs. 1 Z. 1 erster Satz EStG 1972 die Architekten neben den staatlich befugten und beeideten Ziviltechnikern ebenso aufgezählt sind wie in § 10 Abs. 2 Z. 7 lit. c UStG 1972, besteht bei der gegebenen gleichen gesetzlichen Konstruktion für den Verwaltungsgerichtshof kein Anlaß, die einkommensteuerrechtliche Vorschrift anders als die umsatzsteuerrechtliche auszulegen.
Was aber die "Ähnlichkeit" der Tätigkeit des Beschwerdeführers zu der Berufstätigkeit der staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker anlangt, so hat die belangte Behörde nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie den Beschwerdefall im Sinne der hg. Erkenntnisse vom 4. April 1978, Zlen. 1088, 2413, 2414/76, Slg. Nr. 5241/F, und vom 25. November 1980, Zlen. 3237, 3238, 3315/80, beurteilt hat. Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich nämlich der Ansicht der belangten Behörde an, daß die den zitierten Erkenntnissen zugrunde liegenden Sachverhalte in den für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Punkten dem Beschwerdefall gleichgelagert waren.
Schon aus dem Gesagten ergibt sich, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 221/1981. Wien, am 8. Juni 1982
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