VwGH 82/07/0198

VwGH82/07/019815.2.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zepharovich, über die Beschwerde des Ing. JH in L, vertreten durch Dr. Rudolf Weiss, Rechtsanwalt in Lienz, Johannesplatz 7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 23. Juli 1982, Zl. 8Wa-11/6/82, betreffend Wasseranschlußbeitrag (mitbeteiligte Partei:

Wassergenossenschaft L, vertreten durch den Obmann JZ in L, dieser vertreten durch Dr. Hannes Hammerschmidt, Rechtsanwalt in Spittal/Drau, Tiroler Straße 18), zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §77 Abs3 liti;
WRG 1959 §85 Abs1;
WRG 1959 §77 Abs3 liti;
WRG 1959 §85 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Liegenschaft EZ. 79, KG. H, mit dem Grundstück 620 und dem darauf errichteten Wohnhaus H 81. Die mitbeteiligte Partei wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 3. Juni 1977 gemäß § 81 Abs. 2 WRG 1959 verpflichtet, die Liegenschaft des Beschwerdeführers in die genossenschaftliche Wasserversorgungsanlage einzubeziehen. Am 19. September 1979 wurde von der mitbeteiligten Partei die mit 14. April 1979 datierte Beitragsvorschreibung für den Wasseranschluß in der Höhe von S 25.194,24 an den Beschwerdeführer übermittelt. Gegen diese Beitragsvorschreibung hat der Beschwerdeführer an den Schlichtungsausschuß der Wassergenossenschaft L mit Eingabe vom 30. September 1979 Einspruch erhoben und den Antrag gestellt, die Berechnung des Wasseranschlußbeitrages für sein Wohnhaus aufzuheben. Da nach dem Inhalt der Satzung bei Streitfällen zwischen der Genossenschaft und deren Mitgliedern die Wasserrechtsbehörde unmittelbar angerufen werden könne, so wird in diesem Einspruch ausgeführt, werde dieser Einspruch in einem auch an die Wasserrechtsbehörde gerichtet, wobei jedoch in erster Linie der Schlichtungsausschuß entscheiden möge. Daraufhin richtete die mitbeteiligte Partei das mit 5. November 1979 datierte Schreiben an den Beschwerdeführer, in dem zunächst ausgeführt wird, daß auf Grund des Beschlusses des Ausschusses der Wassergenossenschaft L vom 16. Oktober 1979 der Einspruch des Beschwerdeführers als nicht gerechtfertigt abgelehnt wird; gleichzeitig wurde festgestellt, daß im vorliegenden Fall von dem behaupteten Streitfall, der nach § 14 der Satzung der Wassergenossenschaft L zu behandeln wäre, keine Rede sein könne. Der Beschwerdeführer erhob sodann in einem an die Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau gerichteten Schriftsatz Beschwerde gegen den Beschluß des Ausschusses der Mitbeteiligten vom 16. Oktober 1979 und beantragte, diesen Beschluß aufzuheben.

Nach einem von der Bezirkshauptmannschaft Spittal/ Drau durchgeführten Ermittlungsverfahren verpflichtete diese gemäß §§ 81 Abs. 3, 85 und 98 WRG 1959 den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 20. November 1981, aus Anlaß der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom 8. Oktober 1976 bzw. mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Kärnten vom 3. Juni 1977 und 24. Oktober 1977 erfolgten Einbeziehung seiner Parzelle 620 KG. H mit einem Wohnhaus in die genossenschaftliche Wasserversorgungsanlage an die Wassergenossenschaft L einen Beitrag von S 25.194,24 zu entrichten. Weiters wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz gemäß § 123 Abs. 2 WRG 1959 abgelehnt. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer berufen.

Mit einem an das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft gerichteten Antrag vom 17. Juni 1982, eingelangt am 18. Juni 1982, beantragte der Beschwerdeführer gemäß § 73 AVG 1950 den Übergang der Entscheidungspflicht auf den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, weil der Landeshauptmann von Kärnten über seine Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom 20. November 1981 nicht binnen sechs Monaten entschieden habe. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft hat mit Bescheid vom 25. August 1982 diesem Antrag gemäß § 73 AVG 1950 keine Folge gegeben.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 23. Juli 1982 (zugestellt an den Beschwerdeführer am 28. September 1982) wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 der Bescheid der Behörde erster Instanz insoweit abgeändert, als die Anträge des Beschwerdeführers auf Aufhebung der Wasseranschlußvorschreibung der Wassergenossenschaft L für das Wohnhaus H und auf Kostenersatz nunmehr nach § 85 Abs. 1 WRG 1959 zurückgewiesen wurden. Im übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, nach § 77 Abs. 3 lit. i WRG 1959 habe die Satzung eine Bestimmung zu enthalten, wonach eine Schlichtung der zwischen den Mitgliedern und der Genossenschaft aus dem Genossenschaftsverhältnis entstandenen Streitigkeiten durch eine sogenannte Schlichtungskommission möglich sein müsse. Nach der ständigen Rechtsprechung sowohl des Verwaltungs- als auch des Verfassungsgerichtshofes sei diese Bestimmung zwingendes Recht. Bestehende Satzungen, die keine solche Bestimmung aufwiesen, seien entsprechend abzuändern. Die Bestimmungen der §§ 77 Abs. 3 lit. i und 85 Abs. 1 WRG 1959 könnten nur so verstanden werden, daß eine Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Genossenschaftsmitgliedern und der Genossenschaft erst dann gegeben sei, wenn das laut Gesetz in der Satzung vorzusehende Schlichtungsverfahren nicht zur Beilegung des Streites geführt habe. Unbestritten sei, daß der Beschwerdeführer Mitglied der Genossenschaft und somit die Beitragszahlung eine Angelegenheit zwischen einem Mitglied und der Genossenschaft sei.

§ 14 der Satzung der Mitbeteiligten bestimme, daß bei Streitfällen zwischen der Genossenschaft und den Mitgliedern die Wasserrechtsbehörde unmittelbar angerufen werden könne. Dementsprechend sei die Genossenschaft in ihren Entscheidungen auch vorgegangen. Es könne ihr daher aus dieser satzungsmäßigen Vorgangsweise kein Vorwurf gemacht werden und auch kein Rechtsnachteil anhaben. Verfehlt sei allerdings die Meinung der Mitbeteiligten in ihrer Stellungnahme vom 27. Juni 1982, wonach die zitierte Satzungsbestimmung dem Wasserrechtsgesetz 1959 entspreche. Die von der Mitbeteiligten weiters aufgezeigten Versuche zur Beilegung von Streitigkeiten böten für die durch Gesetz vorgeschriebene Vorgangsweise keinen Ersatz. Die von der Mitbeteiligten im Schreiben vom 27. Juni 1982 weiters aufgezeigte Unterschrift unter das gegenständlich existierende Berechnungsblatt werde erst in Verhandlung bei den tatsächlich zuständigen Stellen zu berücksichtigen sein. Die Wasserrechtsbehörde erster Instanz werde daher die Mitbeteiligte vorerst anzuhalten haben, die Satzung entsprechend den zwingenden Vorschreibungen des Wasserrechtsgesetzes abzuändern. Sodann werde die Schlichtung durch ein entsprechendes Organ in der Wassergenossenschaft vorzunehmen sein. Sofern die Streitigkeit schließlich nicht tatsächlich innerhalb der Genossenschaft geschlichtet werde, könne sie dann bei der Wasserrechtsbehörde anhängig gemacht werden. Diese werde in solchen Fällen als erste Instanz entscheiden.

Was den angestrebten Kostenersatz anlange, so könne hierüber unter Berücksichtigung der Ausführungen erst abschließend abgesprochen werden, wenn die Wasserrechtsbehörde hiefür zuständig sei, sofern eine Schlichtung nicht vorher erfolgreich durchgeführt worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich wegen Verletzung des ihm als Mitglied der Wassergenossenschaft L zustehenden subjektiven öffentlichen Rechtes auf Aufhebung gesetzwidriger Beschlüsse des Ausschusses der Genossenschaft, wegen Verletzung des ihm nach § 123 WRG 1959 zustehenden Rechtes auf Kostenersatz im gegenständlichen Wasserrechtsverfahren, wegen Verletzung des Parteiengehörs im Berufungsverfahren durch die belangte Behörde und schließlich wegen der Entscheidung durch den Landeshauptmann von Kärnten anstatt durch den mit Devolutionsantrag angerufenen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft als oberste Wasserrechtsbehörde in seinen Rechten verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur behaupteten Unzuständigkeit der belangten Behörde wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1983, Zl. 82/07/0199, verwiesen, mit dem die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 25. August 1982 abgewiesen worden ist; war also die Abweisung des Devolutionsantrages Rechtens, dann konnte der Landeshauptmann von Kärnten als zuständige Behörde zur Entscheidung über die Berufung den angefochtenen Bescheid erlassen.

Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Streit zwischen der Genossenschaft und einem Mitglied (vgl. Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis vom 5. Oktober 1978, Slg. Nr. 8402), wie dies auch der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 30. September 1979 behauptet, und zwar über die Bemessung der Höhe des ihm von der Genossenschaft vorgeschriebenen Beitrages für den Anschluß seiner Liegenschaft an die Genossenschaftswasserleitung.

Gemäß § 14 der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom 27. Oktober 1960 genehmigten Satzung der Mitbeteiligten kann bei Streitfällen zwischen Mitgliedern aus dem Genossenschaftsverhältnis die Wasserrechtsbehörde erst angerufen werden, wenn die Angelegenheit dem Obmann (Geschäftsführer) zur Streitschlichtung vorgelegt und binnen angemessener Frist keine Einigung erzielt wurde. Wird der Obmann um Schlichtung ersucht, so hat er unverzüglich eine gütliche Einigung der Parteien zu suchen. Ist der Obmann am Streit beteiligt, so tritt an seine Stelle der Obmann-Stellvertreter. Bei Streitfällen zwischen der Genossenschaft und deren Mitgliedern kann die Wasserrechtsbehörde unmittelbar angerufen werden.

§ 85 Abs 1 WRG 1959 bestimmt, daß die zuständige Wasserrechtsbehörde über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis und den Verpflichtungen der Genossenschaft entspringenden Streitfälle zu entscheiden hat, die nicht im Sinne des § 77 Abs. 3 lit. i beigelegt werden können. Nach § 77 Abs. 3 lit. i WRG 1959 hat die Satzung unter anderem auch Bestimmungen über die Schlichtung der zwischen den Mitgliedern oder zwischen ihnen und der Genossenschaft im Genossenschaftsverhältnis entstandenen Streitigkeiten zu enthalten. Diese Bestimmung ist zwingendes Recht. Die Bestimmung des § 85 Abs. 1 WRG 1959 kann daher nur so verstanden werden, daß eine Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Genossenschaftsmitgliedern oder zwischen einem Genossenschaftsmitglied und der Genossenschaft nur dann besteht, wenn das in der Satzung vorzusehende Schlichtungsverfahren nicht zur Beilegung des Streites geführt hat. So wie die Satzung die Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde nicht ausschließen kann (siehe in diesem Sinne das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Oktober 1959, Zl. 1911/56), kann sie auch nicht bestimmen, daß Streitigkeiten der angeführten Art vor Gericht oder unmittelbar bei der Wasserrechtsbehörde auszutragen sind. Eine solche Regelung widerspräche dem die Bestimmungen über die Wasserrechtsgenossenschaft beherrschenden Grundsatz der Selbstverwaltung (vgl. das bereits angeführte Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis vom 5. Oktober 1978, Slg. Nr. 8402, und Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 11. November 1965, Zl. 1215/65). Der Ausspruch im bekämpften Bescheid "Im übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben" ist bei dieser Sach- und Rechtslage inhaltsleer.

Die Zuständigkeit zur Entscheidung der Wasserrechtsbehörde als Aufsichtsbehörde im Sinne des § 85 Abs. 1 WRG 1959 besteht demnach erst dann, wenn ein Schlichtungsverfahren durchgeführt worden ist. Die Vornahme einer Schlichtung setzt voraus, daß die Satzung Bestimmungen gemäß § 77 Abs. 3 lit. i WRG 1959 enthält. Dies ergibt sich aus der ausdrücklichen Verweisung des § 85 Abs. 1 auf § 77 Abs. 3 lit. i WRG 1959. Fehlen in einer Satzung Bestimmungen über die Schlichtung, so fehlt es an der Voraussetzung zur Abhaltung eines satzungsgemäßen Schlichtungsverfahrens. Da die Satzung der Mitbeteiligten keine Bestimmung über die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen der Genossenschaft und einem Genossenschaftsmitglied enthält, konnte eine statutenmäßige Schlichtung im Sinne des § 85 Abs. 1 WRG 1959 nicht stattgefunden haben. Die belangte Behörde hat daher nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie die Anträge des Beschwerdeführers auf Aufhebung von Genossenschaftsbeschlüssen deshalb zurückgewiesen hat, weil noch kein Schlichtungsverfahren im Sinne des Gesetzes stattgefunden hat.

Da die Beschwerde sich als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 und 3 VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 21. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil sie als Körperschaft des öffentlichen Rechtes nicht zur Entrichtung von Bundesstempelmarken verpflichtet und eine gesonderte Vergütung der Umsatzsteuer im Gesetz nicht vorgesehen ist.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 201/1982 abgesehen werden.

Wien, am 15. Februar 1983

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