VwGH 82/07/0135

VwGH82/07/013519.10.1982

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Hnatek und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Davy, über die Beschwerde des 1.) JS und

2.) der KL, beide in L, beide vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 12. November 1981, Zl. 15.641/02-I 5/81, betreffend Entschädigung in einer Wasserrechtssache (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Linz, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. Kurt Jäger, Rechtsanwalt in Linz, Hauptplatz 21), zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §117 Abs1;
WRG 1959 §34 Abs1;
WRG 1959 §34 Abs4;
WRG 1959 §117 Abs1;
WRG 1959 §34 Abs1;
WRG 1959 §34 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 8.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ. 1531 des Grundbuches der KG X mit den Grundstücken Nr. 1876/33 Acker und Nr. 1209 Baufläche im Gesamtausmaß von 733 m2. Auf letzterer befindet sich ein im Jahre 1938 errichtetes Einfamilienhaus mit Hausgarten, welches im Jahre 1972 einen Zubau erhalten hat und von den Eigentümern selbst benützt wird. Diese Liegenschaft liegt seit 1953 in der Schutzzone I (engeres Schutzgebiet) des städtischen Wasserwerkes Scharlinz der mitbeteiligten Partei. Dieses Schutzgebiet wurde von dem damals zuständigen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 23. Juni 1953 gemäß § 31 WRG 1934 festgelegt; gleichzeitig wurden Anordnungen über die Bewirtschaftung und Benutzung der in diese Zone fallenden Grundstücke bestimmt. Im Abschnitt C des Spruches dieses Bescheides wurde ausgesprochen, daß über die Ersatz- und Entschädigungsansprüche gemäß § 99 Abs. 2 WRG 1934, soweit zwischen der Stadt und den einzelnen Parteien keine rechtsverbindliche Vereinbarung zustande kommt, innerhalb eines Jahres gesondert verhandelt und entschieden werden wird. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Juni 1976 wurden die Schutzgebietsbeschränkungen des vorgenannten Bescheides vom 23. Juni 1953 zum Teil gelockert, zum Teil verschärft. Seit Rechtskraft dieses Bescheides gelten für die Liegenschaft der Beschwerdeführer (Schutzzone I, engeres Schutzgebiet) im wesentlichen folgende Eigentumsbeschränkungen:

Die Errichtung und der Betrieb von Sand- und Schottergruben ist verboten; alle bestehenden Gruben sind vor weiteren Verunreinigungen zu schützen; eine Auffüllung darf nur mit einwandfreiem Material vorgenommen werden. Kellersohlen von Gebäuden müssen wasserundurchlässig gestaltet, die Gebäude müssen einwandfrei kanalisiert werden. Sickergruben aller Art, Jauchegruben, Düngerstätten, Müll- und Schuttablagerungsstellen sowie Kläranlagen sind verboten und wenn sie noch bestehen, aufzulassen. Senkgruben dürfen bis zur Anschlußmöglichkeit an die Kanalisation bestehen bleiben. Die Errichtung von Brunnen ist untersagt. Die Häuser sind nach Anschluß an das Kanalnetz an die städtische Trinkwasserleitung anzuschließen. Nach dem Anschluß sind alle Schachtbrunnen durch das Wasserwerk oder unter seiner Aufsicht zu beseitigen. Die Errichtung und Erweiterung industrieller und gewerblicher Betriebsanlagen ist unzulässig. Ferner sind verboten Neubauten gewisser Art, Aufgrabungen, Bohrungen und Baggerungen, die Errichtung von Tankstellen und das regelmäßige Abstellen bestimmter Kraftwagen, die Aufbringung von menschlichen und tierischem Dünger sowie die Viehweide und die Haltung bestimmter Tiere, die Verrieselung und Verregnung von Abwässern, das Einbringen von festen oder flüssigen Stoffen in den Untergrund.

Mit Eingabe vom 29. Juni 1981 haben die Beschwerdeführer beim Landeshauptmann von Oberösterreich als Wasserrechtsbehörde erster Instanz beantragt, die ihnen zustehende Entschädigung aus der Einbeziehung ihrer Liegenschaft in die Schutzzone I des Grundwasserwerkes Scharlinz der mitbeteiligten Partei festzusetzen und die Entschädigungsleistungen sowie den Kostenersatz hinsichtlich der Verfahrens- und Vertretungskosten der mitbeteiligten Partei aufzuerlegen. Im einzelnen wurde begehrt a) ein Nachlaß von 25 % der Gasverbrauchskosten vom jeweils geltenden Normaltarif für Privathaushalte; b) ein Nachlaß von 50 % der Wasserbezugs- und Kanalbenützungsgebühren; c) eine Lieferung von 275 kg Vollhumondünger bis 15. Oktober eines jeden Kalenderjahres;

d) die Zahlung einer einmaligen Pauschalentschädigung von 230.000

S für Wert- und Gebrauchsminderung und e) der Ersatz der Verfahrenskosten und der Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung.

Mit Bescheid vom 3. September 1981 hat der Landeshauptmann von Oberösterreich diesen Antrag im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß dem Antrag die gesetzliche Grundlage fehle und im übrigen ein solcher Antrag bereits im Verfahren zur Festlegung des Schutzgebietsbescheides hätte gestellt werden müssen. Die erhobenen Forderungen hätten insoweit keinen Rechtsgrund, weil sie auf der irrigen Vorstellung von Zwangsrechten oder von Enteignung im Sinne des Wasserrechtsgesetzes 1959 ausgingen. Aus diesem Grunde seien auch nicht die Bestimmungen des § 118 WRG 1959 auf Entschädigungsleistungen gemäß § 34 Abs. 4 WRG 1959 anzuwenden. Die Antragsteller hätten auch im Zeitpunkt der Schutzgebietsbestimmung über keine Ölheizungsanlage verfügt. Nur in diesem Falle aber bestünde allenfalls der Anspruch auf angemessene Entschädigung für den Verlust dieser Heizungsmöglichkeit. Die Beschwerdeführer erblickten in der Entrichtung von Wasserbezugs- und Kanalbenützungsgebühren eine Wertminderung der Liegenschaft; ihnen sei nämlich zufolge der wasserpolizeilichen Anordnungen verwehrt, eine eigene Trinkwasserversorgung oder Abwasserbeseitigung zu besitzen. Wertminderungen einer Liegenschaft auf Grund eines Schutzgebietsbescheides könnten aber nicht gestützt auf § 34 Abs. 4 WRG 1959 geltend gemacht werden.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 12. November 1981 wurde der Berufung teilweise stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid auf Grund der Berufung der Beschwerdeführer soweit behoben und in diesem Umfang die Sache zur Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen, als das Begehren auf Verpflichtung der mitbeteiligten Partei zur Leistung von erforderlichen Kunstdüngerlieferungen und auf Kostenersatz abgelehnt worden war. Im übrigen wurde der Berufung nicht Folge gegeben. In der Begründung dieses Bescheides wurde im wesentlichen ausgeführt, der Ansicht der Beschwerdeführer, für die Untersagung der Bebauung ihrer Liegenschaft und für das damit verbundene Sinken des Grundpreises bzw. Verkehrswertes sei ihnen eine Wertminderung von S 230.000,-- zu leisten, sei entgegenzuhalten, daß § 34 Abs. 4 WRG 1959 am Ertrags- und nicht am Verkehrswert orientiert sei. Lediglich Nutzungswerteinbußen im Sinne eines zugefügten Schadens, nicht aber auch eines entgangenen Gewinnes könnten dabei in die Waagschale geworfen werden. Der Verwaltungsgerichtshof habe in ständiger Rechtsprechung eindeutig klargestellt, daß der Gesetzgeber für Eingriffe in das Eigentum zum Schutze von Wasserversorgungsanlagen die Bestimmungen der §§ 4 bis 7 des Eisenbahn-Enteignungsgesetzes, von denen nur § 118 WRG 1959 spreche, auf den aber der § 34 Abs. 4 WRG 1959 als lex specialis - anders als auf § 117 leg. cit. - nicht Bezug nehme, hier nicht angewendet, sondern solche Fälle gesondert geregelt und behandelt wissen wolle, und zwar unter Ausschluß der Enteignungsbestimmungen des 6. Abschnittes des Wasserrechtsgesetzes. Insbesondere vermöge in derartigen Entschädigungsangelegenheiten bei einer erst künftigen Nutzung die Frage einer Behinderung aus dem Rechtstitel des § 34 WRG 1959 nicht ins Gewicht zu fallen. Auch der Verfassungsgerichtshof hege in seiner herrschenden Rechtsprechung keinerlei verfassungsgesetzliche Bedenken dagegen, die Entschädigungsansprüche in § 34 Abs. 4 WRG 1959 an den Entzug von lediglich schon tatsächlich geübten und nicht erst in Aussicht genommenen Nutzungen zu knüpfen. Bloße Grundstücksentwertungen könnten daher für sich allein unter dem Gesichtspunkt des § 34 Abs. 4 WRG 1959 nicht ins Gewicht fallen. So betrachtet rechtfertige aber auch das Verbot einer zur Zeit der Schutzgebietsfestsetzung noch nicht bestandenen Ölheizung nicht einen Ersatz von Mehrkosten einer dann installierten Gasheizung. Ganz in diesem Sinne komme auch dem auf verbilligte Wasserbezugs- und Kanalgebühren abzielenden Begehren keine rechtliche Bedeutung zu. Es sei weder im erstinstanzlichen Entschädigungsverfahren noch auch in der Berufung behauptet worden, daß zum Zeitpunkt der Unterschutzstellung schon mit Öl geheizt worden sei oder eine eigene Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung betrieben worden wären. Anders verhalte es sich hingegen beim Verlangen der Beschwerdeführer auf Beischaffung von Kunstdünger und hinsichtlich der Kostenersatzforderung im Sinne des § 123 Abs. 2 WRG 1959.

Gegen diesen Bescheid richteten die Beschwerdeführer zunächst eine auf Art. 144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und fochten diesen Bescheid im letzten Satz seines Spruches, also nur insoweit an, als der Berufung nicht Folge gegeben worden ist, und zwar wegen Verletzung des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, wegen Verletzung des verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsrechtes, wegen Verletzung des Rechtes der freien Verfügung über Liegenschaften und wegen Verletzung des Rechtes der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 14. Juni 1982, B 11/82, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Für den Fall der Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof führten die Beschwerdeführer in der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde aus, der angefochtene Bescheid werde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf angemessene Entschädigung für zwangsweise vorgenommene Eigentumsbeschränkungen verletzt. Die Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Rechtswidrigkeit seines Inhaltes werde in jenen Punkten erblickt, die auch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte in den Ausführungen der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof aufgezeigt würden. Die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sei darin gelegen, daß sowohl die Wasserrechtsbehörde erster Instanz als auch die belangte Behörde dadurch die Bestimmung des § 37 AVG 1950 verletzt hätten, als der maßgebende Sachverhalt nicht festgestellt, ein Ermittlungsverfahren unterlassen und der Grundsatz des Parteiengehörs insofern verletzt worden sei, als die Beschwerdeführer keine Möglichkeit gehabt hätten, zu den Tatsachenbehauptungen der Wasserrechtsbehörde erster Instanz, wie sie in der Begründung des Bescheides der Behörde erster Instanz enthalten seien, Stellung zu nehmen. Sie beantragten schließlich in Stattgebung der Beschwerde die Aufhebung des Satzes "Im übrigen wird aber der Berufung keine Folge gegeben" in dem in Beschwerde gezogenen Bescheid.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Landeshauptmann von Oberösterreich ist seit der Wasserrechtsnovelle 1959, BGBl. Nr. 54, für die Bewilligung der Wasserversorgungsanlage des Wasserwerkes Scharlinz der mitbeteiligten Partei gemäß § 99 Abs. 1 lit. c und d WRG 1959 zuständig; demnach war er auch zur Entscheidung über den von den Beschwerdeführern gestellten Antrag gemäß § 34 Abs. 1 und 4 WRG 1959 zuständig, über den die Wasserrechtsbehörden sachlich entschieden haben.

Zunächst ist festzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 131 und Art. 133 B-VG nicht zuständig ist, behauptete Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte zu prüfen.

Die Beschwerdeführer erachten sich nach den Beschwerdeausführungen dadurch beschwert, daß die Verwaltungsbehörden zu Unrecht in den nach § 31 WRG 1934 bzw. § 34 Abs. 1 WRG 1959 erlassenen Anordnungen keine Begründung von Zwangsrechten, insbesondere von Dienstbarkeiten im Sinne des § 63 lit. b WRG 1959 erblickt hätten. Aus § 34 WRG 1959, welche Gesetzesstelle im Sinne des Art. 5 Staatsgrundgesetz keine taugliche gesetzliche Grundlage für die zwangsweise Begründung einer Reihe von Unterlassungsservituten abgeben könnte, könnten "keine Zwangsmaßnahmen ergriffen, also Schutzgebietsbeschränkungen ohne oder gegen den Willen des Eigentümers nicht getroffen werden". Die Verwaltungsbehörden hätten prüfen müssen, was die den Beschwerdeführern auferlegten Eigentumsbeschränkungen zivilrechtlich seien; sie seien nicht Auflagen im Sinne der §§ 709 ff ABGB oder zivilrechtlich unqualifizierbare Rechtsinstitute. Die Beschwerdeführer vertreten weiters die Meinung, die Anwendung des § 34 Abs. 1 WRG 1959 lege den Eigentümern der in das Schutzgebiet einbezogenen Grundstücke Beschränkungen auf, die einer Enteignung gleichkämen. Dafür spreche auch der Wortlaut des § 63 lit. b WRG 1959, in dem durch die Wasserrechtsnovelle 1959 das Wort "reingehalten" eingefügt worden sei. In den Erläuternden Bemerkungen hiezu werde ausgeführt: "Die Einschaltung des Wortes 'reingehalten' soll die Zweifel beseitigen, ob nach dem geltenden Wortlaut auch für den Zweck von Schutzgebieten (§ 31) wie für Reinhaltungsmaßnahmen überhaupt Enteignungsbestimmungen angewendet werden können." Der Verwaltungsgerichtshof habe sich in seinem Erkenntnis vom 27. Oktober 1966, Zl. 745/66, mit diesen Fragen, allerdings nur kurz und ohne entsprechende Begründung auseinandergesetzt. In den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses werde ohne weitere Abgrenzungserörterung erklärt, mit der Frage der Leistung der Entschädigung befasse sich § 34 Abs. 4 WRG 1959, von den Bestimmungen der §§ 4 bis 7 des Eisenbahnenteignungsgesetzes sei nur im § 118 die Rede. Die weitere Begründung, daß die Anwendung der Enteignungsbestimmungen des VII. Abschnittes mit Ausnahme des § 117 WRG 1959 auch durch die Stellung des § 34 bei Wasserversorgungsanlagen ausgeschlossen sei, stehe in eklatantem Widerspruch zum erwähnten Motivenbericht zur Wasserrechtsnovelle 1959, auf welchen der Verwaltungsgerichtshof bei einer sieben Jahre später gefällten Entscheidung offensichtlich nicht Bedacht genommen habe. Eine tieferschürfende Untersuchung der vorliegenden Problematik lasse jedenfalls die Aufrechterhaltung dieser Rechtsansicht, wie sie in dem genannten Erkenntnis zum Ausdruck komme, recht zweifelhaft erscheinen. Nach Ansicht der Beschwerdeführer sei daher bei der Festsetzung der Entschädigung bei Anordnung von Maßnahmen zum Schutze einer Wasserversorgung § 118 WRG 1959 und die Bestimmungen der §§ 4 bis 7 des Eisenbahn-Enteignungsgesetzes anzuwenden.

Gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959 kann zum Schutze von Wasserversorgungsanlagen gegen Verunreinigung oder gegen eine Beeinträchtigung ihrer Ergiebigkeit die zur Bewilligung dieser Anlagen zuständige Wasserrechtsbehörde durch Bescheid besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken und Gewässern treffen, die Errichtung bestimmter Anlagen untersagen und entsprechende Schutzgebiete bestimmen. Nach Abs. 4 desselben Paragraphen ist derjenige, der nach den vorstehenden Bestimmungen seine Grundstücke und Anlagen nicht weiter auf die Art oder in dem Umfang nutzen kann, wie es ihm auf Grund bestehender Rechte zusteht, dafür vom Wasserberechtigten angemessen zu entschädigen (§ 117).

Anordnungen nach Abs. 1 leg. cit. sind kein Bestandteil der für eine Wasserversorgungsanlage zu erteilenden Bewilligung, sondern Anordnungen, die im öffentlichen Interesse an einer einwandfreien Wasserversorgung erlassen werden, weil eine Wasserversorgungsanlage wasserrechtlich bewilligt worden ist (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 15. Dezember 1972, Slg. Nr. 8334/A). Bei solchen Anordnungen für ein gesetzlich gedecktes Schutzgebiet und deren Auswirkungen auf das Grundeigentum handelt es sich nicht um eine Enteignung, sondern um eine Eigentumsbeschränkung, deren Zulässigkeit aus Gründen des öffentlichen Wohles der Eigentumsbegriff des österreichischen Rechtes allgemein in sich schließt (§ 364 Abs. 1 ABGB). Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, der sich auch der Verwaltungsgerichtshof anschließt, setzt eine Enteignung eine Vermögensübertragung im Sinne des Entzuges oder einer Belastung des Eigentums und eine Übertragung oder Einräumung von Rechten an Dritte voraus (vgl. Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisse Slg. Nr. 2934/ 55, 4908/65, 5105/65, 5208/66, und 5378/66). Durch die im Schutzgebietsbescheid ex 1953 in der Fassung des Bescheides ex 1976 angeordneten Verbote, die gegen jedermann wirken, werden Rechte an Dritte weder übertragen noch eingeräumt. Die Anordnung der Beseitigung der Schachtbrunnen richtet sich nicht an die Beschwerdeführer, sondern an das Wasserversorgungsunternehmen, da nur dieses gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959 zu einer Leistung verpflichtet werden kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der den bescheidmäßig getroffenen Schutzanordnungen zugrunde liegenden Bestimmung des § 34 WRG 1959 (vgl. auch Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 9. Juni 1971, Slg. Nr. 6443, vom 6. März 1972, Slg. Nr. 6664/72, und vom 14. Juni 1980, Slg. Nr. 8832). Diese Anordnungen sind nämlich Eingriffe in das Eigentum, mit denen zwar nicht das Eigentum entzogen, aber im bestimmten Umfang dadurch beschränkt wird, daß der Eigentümer sein Eigentum nur mehr in bestimmter Weise nutzen darf.

Der Meinung der Beschwerdeführer, durch die Einfügung des Wortes "reingehalten" in § 63 lit. b WRG 1959 durch die Wasserrechtsnovelle 1959 in Verbindung mit den Erläuternden Bemerkungen könnten Anordnungen zum Schutze von Wasserversorgungsanlagen nur nach dieser Gesetzesstelle eingeräumt werden, ist zu erwidern, daß abgesehen davon, daß Erläuternde Bemerkungen zu einer Regierungsvorlage keine taugliche Rechtsgrundlage darstellen können, Anordnungen, wie sie der § 34 Abs. 1 WRG 1959 vorsieht, sich nicht unter die in § 60 Abs. 1 WRG 1959 aufgezählten Zwangsrechte subsumieren lassen. Insbesondere sieht § 63 lit. b WRG 1959 nur die Einräumung von Dienstbarkeiten oder die Einschränkung und Aufhebung entgegenstehender dinglicher Rechte für Wasseranlagen vor, damit Wasser reingehalten werden kann. Die Festlegung eines Schutzgebietes mit den damit verbundenen Anordnungen ist aber keine zu errichtende und zu erhaltende Wasseranlage. Der Umfang der Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten nach dieser Gesetzesstelle für Wasseranlagen zwecks Reinhaltung des Wassers war nicht zu prüfen, da solche Zwangsrechte im Schutzgebietsbescheid nicht eingeräumt worden sind. Die Anordnung von Maßnahmen zum Schutze einer Wasserversorgungsanlage ist daher nach § 63 lit. b WRG 1959, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, nicht möglich. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer in seinem Erkenntnis vom 27. Oktober 1966, Zl. 745/66, nicht unbedacht und entgegen den Ausführungen zum Motivenbericht zur Wasserrechtsnovelle 1959 ausgesprochen, daß für die Leistung einer Entschädigung auf Grund getroffener Anordnungen nach § 34 Abs. 1 WRG 1959 allein § 34 Abs. 4 WRG 1959 maßgebend ist. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher auch nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Den Beschwerdeführern gebührte demnach nur eine Entschädigung im Umfang des § 34 Abs. 4 WRG 1959. Nach dieser Gesetzesstelle müssen zwei Voraussetzungen vorliegen, damit ein Entschädigungsanspruch gegeben ist, 1.) muß durch die behördliche Maßnahme eine Einschränkung in der bisherigen Nutzung des Grundes eintreten und

2.) muß diese Nutzung eine rechtmäßige (auf Grund "bestehender Rechte") sein. Eine Entschädigung für die Minderung des Verkehrswertes kommt danach nicht in Betracht. Bei einer erst in Aussicht genommenen Nutzung könnte die Frage einer Behinderung im Zusammenhang mit § 34 nicht aufgeworfen werden (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 27. Oktober 1966, Zl. 745/66, und vom 30. November 1967, Zl. 1523/66). Die Beschwerdeführer haben in der Beschwerde nicht behauptet, daß sie im Zeitpunkt der Erlassung der Schutzgebietsbescheide ex 1953 und ex 1976 eine Ölheizung im eigenen Haus besessen hätten. Das Verbot einer zur Zeit der Schutzgebietsfestsetzung nicht bestehenden Ölheizung rechtfertigt nicht einen Ersatz von Mehrkosten einer nach dieser Festsetzung installierten Gasheizung. Für das Haus der Beschwerdeführer hat bereits im Zeitpunkt der Schutzgebietsfeststellungen eine Wasserversorgung (Brunnen) und eine Abwasserbeseitigung bestanden. Soweit durch die Schutzgebietsfeststellungen die weitere Benützung dieser Anlagen unzulässig wurde und hiedurch die Gebäude nicht weiter auf die bestehende Art benutzt werden konnten, besteht daher ein Anspruch auf angemessene Entschädigung nach § 34 Abs. 4 WRG 1959. Die belangte Behörde hat diesem Entschädigungsanspruch den Wasser- und Kanalanschlußzwang entgegengehalten. Dies wäre nur dann zu Recht erfolgt, wenn auch ohne die Schutzgebietsfeststellungen gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959 der Anschlußzwang eingetreten wäre (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Juni 1961, Zl. 168/61). Dies zu prüfen hat die belangte Behörde zu Unrecht unterlassen.

Der bekämpfte Bescheid war aber wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben:

Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht darauf verletzt, angemessen entschädigt zu werden. Gemäß § 34 Abs. 4 WRG 1959 ist, wer nach den vorstehenden Bestimmungen seine Grundstücke und Anlagen nicht weiter auf die Art oder in dem Umfang nutzen kann, wie es ihm auf Grund bestehender Rechte zusteht, dafür vom Wasserberechtigten angemessen zu entschädigen (§ 117). Nach § 117 Abs. 1 WRG 1959 hat die Wasserrechtsbehörde über die Pflicht zur Leistung von Entschädigungen grundsätzlich von Amts wegen zu entscheiden. Der von den Beschwerdeführern gestellte Antrag war als solcher auf Entschädigung zu verstehen; seine näheren Ausführungen waren als Entschädigungsvorschläge anzusehen, die von der Behörde in Erwägung zu ziehen waren. Die Behörde hätte daher gemäß § 59 Abs. 1 AVG 1950 in einem Bescheid über die Entschädigung abzusprechen gehabt. Der angefochtene Bescheid läßt nicht erkennen, daß die Behörde mit einem Teilbescheid nur über die Entschädigungsanträge entschieden und sich die Entscheidung des darüber hinausgehenden Entschädigungsanspruches vorbehalten hätte. Sie hat daher ihrer Verpflichtung, über die Entschädigung mit einem Bescheid abzusprechen, zuwidergehandelt, weshalb der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 zur Gänze aufzuheben war.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 in der Fassung nach BGBl. Nr. 203/ 1982 abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da eine gesonderte Vergütung der Umsatzsteuer im Gesetz nicht vorgesehen ist und der pauschalierte Schriftsatzaufwand nur S 8.060,-- beträgt.

Wien, am 19. Oktober 1982

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