Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 9. Dezember 1981 wurde dem Mitbeteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die wasserrechtliche Bewilligung zur Erweiterung einer Naßbaggerung sowie zur Folgenutzung des Baggerteiches als Sportfischteich erteilt. Gegen diese Bewilligung erhob der Magistrat der Stadt Wien wegen Gefährdung der Grundwasserqualität Berufung, welche der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 2. März 1982 gemäß § 66 AVG 1950 als unzulässig zurückwies. In der Begründung des Rechtsmittelbescheides wurde ausgeführt, gemäß Art. 118 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 116 Abs. 2 B-VG sei die Erhebung einer Berufung in einem Verwaltungsverfahren, in dem der Gemeinde Parteistellung zukomme, zu den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches zu zählen. Gemäß § 100 der Wiener Stadtverfassung - WStV seien die Gemeinderatsausschüsse die beschließenden Organe der Gemeinde in allen nach dieser Verfassung nicht anderen Gemeindeorganen zugewiesenen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches. Demgemäß sei mangels einer Ausnahmeregelung zur Beschlußfassung über die Erhebung von Rechtsmitteln in Verwaltungsverfahren, in denen der Gemeinde Parteistellung zukomme, aufgrund der Generalklausel des § 100 WStV der für die Verwaltungsmaterie zuständige Gemeinderatsausschuß berufen. Die Erhebung eines Rechtsmittels zähle nicht zu den Aufgaben gemäß § 105 WStV, denn sie betreffe weder ein Geschäft der Gemeinde noch die unmittelbare Verwaltung von deren Vermögen; nur die Invollzugsetzung des Beschlusses, Berufung zu erheben, sei der zuständigen Magistratsabteilung übertragen. Da die berufungswerbende Magistratsabteilung trotz gebotener Gelegenheit einen Beschluß des zuständigen Gemeinderatsauschusses über die Erhebung der Berufung nicht vorgelegt habe und ein solcher nach Ablauf der Berufungsfrist nicht rechtswirksam nachgeholt werden könne - nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müßten der Akt der Willensbildung und der Willenserklärung innerhalb der Rechtsmittelfrist gesetzt werden -, liege kein zur sachlichen Behandlung geeignetes Rechtsmittel vor.
Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bekämpft, wobei sich die beschwerdeführende Partei in dem Recht auf Sachentscheidung verletzt erachtet.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie von einer Antragstellung Abstand nahm. Die mitbeteiligte Partei hat sich nicht geäußert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. Mai 1980, Zl. 2671/78, ausgesprochen hat, kann bei Prüfung des Vertretungsrechtes dann, wenn ordnungsgemäß kundgemachte Organisationsnormen juristischer Personen auch des öffentlichen Rechts eine Vertretung nach außen schlechthin festlegen, nicht auf anderweitige, die Willensbildung im Innenverhältnis betreffende Normen zurückgegriffen werden. Diese Überlegungen treffen auch für Gemeinden zu (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juni 1981, Zl. 06/0684/80, und vom 15. März 1982, Zlen. 81/10/0147, 0148).
Gemäß § 90 Abs. 3 zweiter Satz WStV wird die Gemeinde als juristische Person vom Bürgermeister und überdies von den nach der Geschäftseinteilung (§ 91) oder von den nach der Organisation der Unternehmen zuständigen leitenden Bediensteten jeweils innerhalb ihres Aufgabenkreises nach außen vertreten. Eine Einschränkung dieser Vertretungsbefugnis nach außen hin sieht das Gesetz nicht vor. Es war daher im Beschwerdefall von der belangten Behörde, was die Berechtigung der Erhebung einer Berufung namens der Gemeinde Wien betraf, lediglich zu prüfen, ob die Berufung in Übereinstimmung mit dieser Regelung erhoben wurde.
Die Berufung wurde im Beschwerdefall vom Betriebsvorstand der Magistratsabteilung 31 - Wasserwerke - erhoben. Daß damit der bezeichneten Vorschrift sachverhaltsbezogen nicht Genüge getan worden wäre, ist nach Lage der Akten nicht zu erkennen.
Die Zurückweisung der Berufung der beschwerdeführenden Partei stand daher mit dem Gesetz nicht in Einklang. Dies hatte gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes zu führen.
Mit der Entscheidung in der Hauptsache ist dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Grundlage entzogen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, am 29. Juni 1982
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