VwGH 82/06/0083

VwGH82/06/008319.5.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte Mag. Onder, DDr. Hauer, Dr. Würth und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zepharovich, über die Beschwerde der EK in W, vertreten durch Dr. Alfred Lind, Rechtsanwalt in Graz, Kaiserfeldgasse 22, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 19. Februar 1982, Zl. 14-51 K 4026 (44-0- 206/2), betreffend Rückforderung empfangener Wohnbeihilfen, zu Recht erkannt:

Normen

WFG 1968 §2 Abs1 Z13;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.385,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, die in der Höhe von S 22.590,-- zu Unrecht empfangene Wohnbeihilfe gemäß § 15 Abs. 7 WFG 1968 binnen zwei Monaten rückzuerstatten. Da der Zuzug des "Lebensgefährten bzw. jetzigen Gatten" per 1. Oktober 1978 der belangten Behörde nicht gemeldet und auch sein Einkommen nicht nachgewiesen worden sei, sei vom 1. Oktober 1978 bis 30. September 1980 die Wohnbeihilfe gewährt worden, obwohl auf Grund des tatsächlichen Familieneinkommens die Voraussetzungen dafür nicht gegeben gewesen wären.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Aus den Ausführungen ergibt sich, daß sich die Beschwerdeführerin durch die Rückforderung der Wohnbeihilfe deshalb verletzt erachtet, weil sie sie rechtmäßig bezogen habe.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das für die Gewährung der Wohnbeihilfe nach § 15 Abs. 8 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 (WFG 1968), in der Fassung insbesondere der Novellen BGBl. Nr. 232/1972 und Nr. 560/1980, bedeutsame "Familieneinkommen" ist gemäß § 2 Abs. 1 Z. 13 leg. cit. die Summe der Einkommen (im Sinne der Z. 12) des Förderungswerbers oder Mieters (Nutzungsberechtigten), dessen Ehegatten, Verwandten in gerader Linie einschließlich der Wahlkinder und Verwandten im zweiten Grad der Seitenlinie sowie Verschwägerten in gerader Linie, sofern diese Personen im gemeinsamen Haushalt mit dem Förderungswerber oder Mieter (Nutzungsberechtigten) wohnen, soweit diese Personen nicht ohnehin zusammen veranlagt werden, zu verstehen. Nach dem zweiten Halbsatz dieser Bestimmung ist das Einkommen jener Person ebenso zu berücksichtigen, mit der der Förderungswerber oder Mieter (Nutzungsberechtigter) dauernd in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, die in wirtschaftlicher Hinsicht gleich einer Ehe eingerichtet ist. Daraus geht klar hervor, daß der Bestand und das Eingehen einer Haushaltsgemeinschaft der in Rede stehenden Art zu jenen "Tatsachen" zählt, die der der Empfänger der Wohnbeihilfe zufolge § 15 Abs. 6 WFG 1968 der Landesregierung anzuzeigen hat, weil diese eine Änderung den Verlust des Anspruches zur Folge haben kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1982, Zl. 82/05/0047). Im Falle einer der Behörde nicht angezeigten Haushaltsgemeinschaft, die für den Anspruch auf die Wohnbeihilfe wegen der Höhe des Einkommens der die Haushaltsgemeinschaft mit der Förderungswerber begründenden Person relevant ist, besteht daher die Möglichkeit der Erlassung eines auf § 15 Abs. 7 WFG 1968 gegründeten Bescheides, mit welchem der Förderungswerber verpflichtet wird, eine - im Hinblick auf die Haushaltsgemeinschaft - zu Unrecht bezogene Wohnbeihilfe zurückzuerstatten. Soweit also die Beschwerdeführerin den angefochtenen Bescheid auch deshalb bekämpft, weil für die Rückforderung keine gesetzliche Grundlage bestünde, ist sie nicht im Recht.

Hingegen rügt die Beschwerdeführerin mit Recht, daß für die Annahme, ihr derzeitiger Gatte sei in der Zeit vom 1. Oktober 1978 bis 30. September 1980 als Lebensgefährte zu ihr zugezogen und auf Grund des tatsächlichen Familieneinkommens seien die Voraussetzungen für die gewährte Wohnbeihilfe nicht gegeben gewesen, jegliche Grundlage fehle. Die polizeiliche Meldung eines Mannes in der Wohnung der Beschwerdeführerin stellt für sich allein noch keinen Beweis dafür dar, daß die Beschwerdeführerin mit jenem in einer in wirtschaftlicher Hinsicht gleich einer Ehe eingerichteten Haushaltsgemeinschaft gelebt hat.

Die belangte Behörde hat jegliches Ermittlungsverfahren über die Anwesenheit des nunmehrigen Gatten der Beschwerdeführerin in der Wohnung und über die Beziehungen zwischen diesen Personen unterlassen. Die Annahme, daß der nunmehrige Gatte der Beschwerdeführerin als Lebensgefährte mit 1. Oktober 1978 zur Beschwerdeführerin "zugezogen" sei, ist, wenn man von der bloßen polizeilichen Meldung absieht, durch die Aktenlage nicht gedeckt; die Behörde hat zu dieser Frage nicht einmal eine Stellungnahme der Partei eingeholt, geschweige denn die Beschwerdeführerin und ihren nunmehrigen Ehegatten zu diesen Fragen vernommen.

Die erst in der Gegenschrift vertretene Ansicht, daß sich aus der gleichzeitigen polizeilichen Meldung von Personen verschiedenen Geschlechtes notwendig der Schluß ergebe, daß damit die Haushaltsgemeinschaft aufgenommen worden sei, widerspricht offensichtlich dem Gesetz; wäre er bereits im angefochtenen Bescheid vertreten worden, litte dieser sogar an einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Entgegen der von der belangten Behörde in der Gegenschrift vertretenen Ansicht ist es sehr wohl Aufgabe der Behörde, jene Umstände, auf die sich der Bescheid stützt, von Amts wegen zu klären. § 15 Abs. 2 WFG 1968 stellt keinerlei Vermutung in der von der belangten Behörde angenommenen Richtung auf. Vielmehr ist es Sache der Behörde, durch entsprechende Erhebungen die tatsächlichen Wohn- und Wirtschaftsverhältnisse der Beschwerdeführerin und ihres nunmehrigen Ehegatten in der strittigen Zeit zu klären und darnach die entsprechenden rechtlichen Schlüsse zu ziehen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. c VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981; der Ersatz von Stempelgebühren konnte jedoch nur im notwendigen Ausmaß zuerkannt werden.

Wien, am 19. Mai 1983

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