Normen
AVG §73 Abs2
BauO Wr §11
BauO Wr §6 Abs6
BauO Wr §78
BauO Wr §79 Abs3
BauO Wr §81 Abs2
BauO Wr §87 Abs7
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1982:1982050036.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 8.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Am 13. Mai 1980 ersuchte die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beim Wiener Magistrat um die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage auf der Liegenschaft Wien 18, G‑Straße Nr. 2 ‑ 4, bestehend aus den Grundstücken 511/8, 511/2, 511/13 und 511/12 des Grundbuches der Katastralgemeinde W. Nach den Einreichplänen soll die Wohnhausanlage aus zwei Häusern mit insgesamt drei Stiegenhäusern sowie jeweils sechs Geschossen bestehen. Im dritten Kellergeschoß ist eine Mittelgarage mit 36 Stellplätzen vorgesehen, wobei die Ein- und Ausfahrt über eine unterirdische Rampe von der H‑gasse aus erfolgen soll. Im zweiten Kellergeschoß sind neben den Hauseingängen Einlagerungsräume, eine mechanische Waschküche, ein Heizraum für eine Gaszentralheizung sowie weitere Gemeinschaftsräume und Abstellräume geplant. Im ersten Kellergeschoß sollen je Stiege zwei Büroeinheiten mit Aborten und Vorräumen eingebaut werden. Im Erdgeschoß, im ersten Stock, im zweiten Stock und im Terrassengeschoß sollen insgesamt 24 Wohnungen geschaffen werden, in einem zweiten zurückgesetzten Dachgeschoß Nebenräume, welche mit den darunter liegenden Wohnungen im Terrassengeschoß durch interne Stiegen verbunden sind.
Zu der für 16. Juli 1980 anberaumten Bauverhandlung wurde unter anderem die Beschwerdeführerin als Nachbarin - Miteigentümerin der benachbarten Liegenschaft G‑Straße Nr. 6 ‑ 8 ‑ unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG 1950 geladen. Bei dieser Verhandlung erhob die Vertreterin der Beschwerdeführerin eine Reihe von Einwendungen, und zwar betreffend Entfremdung und Beeinträchtigung der Cottagebauweise (sechs Geschosse), Beeinträchtigung der zulässigen Nutzung im Sinne des § 6 der Bauordnung für Wien wegen der vorgesehenen Büros, Beeinträchtigung der Anrainer durch Immissionen, insbesondere durch Lärm, Rauch und Abgase (Heizung und Entlüftung), Nichteinhaltung des Seitenabstandes, des Lichteinfalles der Anrainer, der Gebäudehöhe (doppeltes Dachgeschoß), Nichteinhaltung des Fluchtlinienbescheides bei der Bebauung sowie Mißachtung der Bestimmungen betreffend Schutzzone. Auch andere Nachbarn erhoben eine Reihe von Einwendungen. Der Vertreter des Bezirkes brachte vor, daß die Liegenschaft in die Schutzzone Cottage gehöre und auf Grund einer Begehung dieses Gebiet als Schutzzone festgelegt worden sei. Es könne daher dem Vorhaben nicht zugestimmt werden. Die bei der Verhandlung anwesenden bautechnischen Sachverständigen erachteten das Bauvorhaben bei Einhaltung einer Reihe von gleichzeitig vorgesehenen Auflagen als bewilligungsfähig.
In der Folge erklärte der Bezirksvorsteher für den Bezirk, den bei der Verhandlung vom Vertreter des Bezirkes erhobenen Einspruch aufrecht zu erhalten, weil in der Zwischenzeit von der Bezirksvorstehung die Schutzzone und eine Bausperre beantragt worden seien.
Mit Eingabe vom 9. Dezember 1980 erklärte die mitbeteiligte Partei, daß sie um Ausfertigung eines positiven Baubewilligungsbescheides ersuche. Im Sinne eines gütlichen Ausgleiches sei sie jedoch bereit, bei Berufung gegen den zu erlassenden Bescheid und über Wünsch der Behörde die Bewilligung eines abgeänderten Projektes in zweiter Instanz zu beantragen. Diesbezüglich wurden entsprechende Baupläne vorgelegt.
Mit Schreiben vom 30. Dezember 1980 legte der Wiener Magistrat - Magistratsabteilung 37 dem Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Stadtplanung den Akt im Hinblick auf Einwände der Bezirksvertretung vor. In diesem Bericht wurde darauf hingewiesen, daß nach dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan für die Liegenschaft die Widmung Wohngebiet, Bauklasse II, die offene oder gekuppelte Bauweise sowie eine Beschränkung der Gebäudehöhe auf 10,50 m vorgesehen sei. Schutzzone sei keine festgesetzt. Die Bezirksvorstehung für den 18. Bezirk habe sich gegen die Erteilung der Baubewilligung ausgesprochen, da eine Schutzzone und eine Bausperre beantragt worden seien. Eine Rückfrage bei der Magistratsabteilung 21 habe ergeben, daß zwar die Absicht bestehe, die Schutzzone im Cottage zu erweitern, daß jedoch auf Grund der bisher erfolgten Bestandsaufnahme die gegenständliche Liegenschaft nicht in die zu erweiternde Schutzzone einbezogen werden solle. Bemerkt wurde, daß die der Bauverhandlung zugrunde gelegten Einreichpläne insofern abgeändert worden seien, als an Stelle eines zweiten Terrassengeschosses ein Dachgeschoß mit heruntergezogenem Dach und geringeren Fenstergrößen hergestellt werde. Der Bauwerber habe ersucht, für diese Änderung des Dachgeschosses keine neuerliche Bauverhandlung anzuberaumen und keine weitere Verzögerung des Baugeschehens herbeizuführen. Gegen eine Genehmigung der seinerzeit der Bauverhandlung zugrunde gelegten Baupläne mit ausgebautem zweiten Terrassengeschoß habe zwar gesetzlich kein Einwand bestanden, die Baubehörde könnte jedoch kaum den künftigen Bewohnern dieser Wohnhausanlage plausibel machen, daß diese Räume im zweiten Terrassengeschoß nicht als Aufenthaltsräume verwendet werden dürften, zumal auf Grund der großen Fenster und der vorgelagerten Terrassen außer Zweifel stehe, daß es sich beim ursprünglichen Projekt um vermutete Aufenthaltsräume handle. Aus diesen Gründen habe sich der Bauwerber dazu entschlossen, ein geändertes Projekt vorzulegen, welches auch hinsichtlich der Ausführung des Dachgeschosses nunmehr den Intentionen der Behörde entspreche. Nach Auffassung des Wiener Magistrates seien die Einwendungen des Herrn Bezirksvorstehers für den 18. Bezirk nicht zu berücksichtigen.
Da in der Folge ein Bescheid nicht erlassen wurde ‑ der Aktenlage nach nahm der zuständige Stadtrat zu dem Schreiben des Wiener Magistrates nicht Stellung ‑ , stellte die Mitbeteiligte mit Eingabe vom 17. Juni 1981 bei der Bauoberbehörde für Wien gemäß § 73 AVG 1950 einen Devolutions-antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht. In diesem Antrag wurde darauf hingewiesen, daß nach einigen informellen Besprechungen mit der „Bezirksvorstehung und der Leitung der MA 37“ hinsichtlich des Dachgeschosses ein abgeändertes Projekt am 1. Dezember 1980 (gemeint offensichtlich die Eingabe vom 9. Dezember 1980) vorgelegt worden sei. Dem Grundeigentümer sei durch die Nichteinhaltung der behördlichen Entscheidungspflicht bereits eine Mehrbelastung an Zinsen von rund drei Millionen Schilling entstanden. Gegen das eingereichte Projekt bestehe rechtlich kein Einwand.
Auf Grund des Devolutionsantrages fand am 14. Oktober 1981 vor der Magistratsdirektion Rechtsmittelbüro, der Geschäftsstelle der Bauoberbehörde für Wien, eine Verhandlung statt, bei welcher der Vertreter der mitbeteiligten Partei erklärte, um den Anrainern entgegenzukommen, das Projekt so zu modifizieren, daß die Garageneinfahrt an einer anderen Stelle angeordnet werde. Auf Grund dieser Erklärung wurde die Verhandlung auf 30. Oktober 1981 vertagt. Bereits vor dieser Verhandlung hatte der verkehrstechnische Amtssachverständige anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 7. Oktober 1981 die vorliegenden Projektspläne betreffend Garagenzufahrt verkehrstechnisch als günstigste Lösung beurteilt, weil an jeder anderen Stelle der Liegenschaft eine größere Rampenneigung notwendig wäre.
Bei der Fortsetzung der Verhandlung am 30. Oktober 1981 erklärte der Vertreter der Mitbeteiligten, daß die in Aussicht genommene Projektsänderung hinsichtlich einer Verlegung der Garagenzufahrt aus der Abstandsfläche (F‑gasse) in den Bereich eines der Gebäude sich als technisch nicht möglich erwiesen habe, es hätten sich nämlich bei einer Verlegung der Rampe Rampenneigungen von 51,5 bzw. 33,6 % ergeben. Zu diesem Vorbringen führte die Vertreterin der Beschwerdeführerin aus, daß die Verlegung der Garagenrampe sehr wohl möglich wäre, wenn die Bauwerberin auf Teile eines Kellergeschosses verzichten würde.
Bei dieser Verhandlung erklärte ein technischer Amtssachverständiger, daß die technischen Voraussetzungen für den Einbau einer mechanischen Be- und Entlüftungsanlage der Garage in den vorgelegten Projektsplänen so vorgesehen seien, daß der Einbau einer einwandfrei funktionierenden und belästigungsfrei arbeitenden Be- und Entlüftungsanlage der Garage technisch möglich sei. Auch hinsichtlich der Planung der Gasfeuerungsanlage seien Belästigungen von Anrainern und Nachbarn nicht zu erwarten, zumal jeweils die Abluft über Dach geführt werde, wie sich aus den Projektsplänen ergebe. Bei dieser Verhandlung wurde auch ein Gutachten der Magistratsabteilung 39, der Versuchs- und Forschungsanstalt der Stadt Wien, vom 27. Oktober 1981 verlesen, demzufolge weder von der Zufahrt noch von der Garage selbst Lärm und Kohlenmonoxydimmissionen zu befürchten seien. Die Baubeschreibung wurde diesbezüglich vom Vertreter der mitbeteiligten Partei dahin gehend ergänzt, daß die Wände und Decken des Tunnels (Garagenzufahrt) schallschluckend ausgekleidet werden und der Tunnel mechanisch über das Dach des Hauses entlüftet werde, die Entlüftung auf einen mit einem Schwellwert von 30 ppm CO eingestellten Meßfühler eingeschaltet werde. Die Anrainer gaben zu diesem Gutachten keine Erklärung ab. Der medizinische Amtssachverständige führte aus, auf Grund des Gutachtens der Magistratsabteilung 39 sei mit keiner das nach der festgesetzten Widmung zulässige Ausmaß übersteigenden Belästigung der Bewohner der Liegenschaft oder der Nachbarn durch Lärm oder üblen Geruch zu rechnen. Die Magistratsabteilung 39 sei in ihrem Gutachten von einer wesentlich größeren Zahl von Fahrbewegungen ausgegangen, als sie im gegenständlichen Fall in Betracht kämen. Die Verhältnisse seien daher im Beschwerdefall günstiger als im Gutachten angenommen.
In der Verhandlungsschrift wurde noch festgestellt, daß die zulässige Gebäudehöhe von 10,5 m, wenn man vom gewachsenen Niveau ausgehe, an keiner Stelle überschritten werde. Auch unter Berücksichtigung der im Bereich der Geländeeinschnitte sich ergebenden zusätzlichen Frontflächen sei die im Sinne des § 81 Abs. 2 der Bauordnung für Wien zulässige Gebäudehöhe, wie sich aus einem im Akt erliegenden, vom bautechnischen Amtssachverständigen überprüften Flächenabwicklungsplan ergebe, eingehalten. In der Fassadenabwicklung zu Bauteil 2 und 3 fände sich lediglich insofern eine kleine Unrichtigkeit, als das Mittel zwischen 9,99 und 10,50 bei Fassade II nicht 10,33 sondern 10,25 betrage, woraus sich eine geringere als die in der Fassadenabwicklung angenommene Fassadenfläche ergebe. Dasselbe gelte sinngemäß für die Annahme des Mittelwertes der Fassade IV. Die Vertreterin der Beschwerdeführerin erklärte, sich im Hinblick auf den Einwand der Bezirksvorstehung wegen der geplanten Schutzzone gegen die optimale Ausnützung des Bauplatzes auszusprechen. Im übrigen verweise sie darauf, daß derzeit eine zeitlich begrenzte Bausperre bestehe. Die optimale Ausnützung der gesetzlichen Möglichkeit ergebe in der Praxis eine der Ansicht nach sechsgeschossige Verbauung, während in der ganzen Umgebung eine viergeschossige Verbauung bestehe. Das ergebe eine gravierende Abweichung vom allgemeinen städtebaulichen Erscheinungsbild dieser Gegend.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 27. November 1981 erteilte die Bauoberbehörde für Wien die angestrebte Baubewilligung unter gleichzeitiger Vorschreibung einer Reihe von Auflagen; weiters wurde über von Nachbarn erhobenen Einwendungen abgesprochen, die weitgehend als im Gesetz nicht begründet abgewiesen und zum kleinen Teil unter Verweisung auf den Zivilrechtsweg als privatrechtliche erklärt wurden. Zur Begründung wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und einschlägiger Vorschriften der Bauordnung für Wien im wesentlichen ausgeführt, daß die Beheizung aller Aufenthaltsräume des Hauses durch Gasheizung erfolge, die Ausmündung der Rauchfänge im Hinblick auf die Gebäudehöhe um mindestens 3 m den Fenstersturz nahegelegener Aufenthaltsräume überrage und die Garagenlüftung mechanisch über Dach erfolgen werde, sodaß mit einer Gefährdung bzw. einer über das nach der festgesetzten Widmung zulässige Ausmaß hinausgehenden Belästigung der Anrainer durch Lärm oder üblen Geruch nicht zu rechnen sei. Dies ergebe sich aus den eingeholten schlüssigen Gutachten des technischen Amtssachverständigen sowie des ärztlichen Amtssachverständigen. Da keine Arbeitsräume für eine gewerbliche Betriebsanlage vorgesehen seien, sei weiters der Schutz vor den in § 6 der Bauordnung aufgezählten Immissionen sichergestellt. Die Bestimmungen über die Einhaltung der Abstandsflächen (§ 79 BO), der Gebäudehöhe und den Gebäudeumriß (§ 81 BO) seien eingehalten. Aus den Projektsplänen sei auch festgestellt worden, daß die zulässige Gebäudehöhe von 10,50 m, wenn man vom gewachsenen Niveau ausgehe, an keiner Stelle überschritten werde. Die beiden Zugänge seien im Vorgartenbereich in die Böschung (gewachsenes Niveau) eingeschnitten und auch unter Berücksichtigung der sich im Bereich dieser Geländeeinschnitte ergebenden zusätzlichen Frontflächen sei die im Sinne des § 81 Abs. 2 BO zulässige Gebäudehöhe eingehalten. Auch die vorgesehene Errichtung der Garage und ihre Zufahrt seien nach dem Gesetz zulässig. Die bekanntgegebenen gültigen Bebauungsbestimmungen würden eingehalten und eine Schutzzone sei im gültigen Flächenwidmungsplan nicht ausgewiesen und nach der im Akt erliegenden Mitteilung für die Liegenschaft auch nicht geplant. Subjektiv öffentliche Rechte von Anrainern oder Nachbarn würden durch die Schaffung von Schutzzonen im übrigen nicht statuiert. Eine Beschränkung der Geschoßzahl sei in den Bestimmungen der Bauordnung für Wien in der geltenden Fassung nicht vorgesehen. Sohin hätten die diesbezüglichen Einsprüche der Anrainer als im Gesetz nicht begründet abgewiesen werden müssen. Die Einwendungen betreffend die Nichteinhaltung einer Cottagebauweise hätten, soweit sie die Cottageservituten betreffen, als privatrechtlich beurteilt und die Streitteile auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
In der Beschwerde wird zunächst geltend gemacht, die belangte Behörde sei für die Erlassung des angefochtenen Bescheides gar nicht zuständig gewesen. Die zuständige Behörde erster Instanz, nämlich die Magistratsabteilung 37, habe zwar innerhalb der sechsmonatigen Entscheidungsfrist nicht entschieden, sodaß an sich ein Devolutionsantrag berechtigt und die Oberbehörde zur Sachentscheidung verpflichtet gewesen sei, eine weitere Voraussetzung für die Zuständigkeit der Oberbehörde sei jedoch, daß die eingetretene Verzögerung ausschließlich auf ein Verschulden der an sich zuständigen Behörde zurückzuführen sei. Diese Voraussetzung sei im Beschwerdefall nicht gegeben, was dazu führe, daß der Bescheid von einer unzuständigen Behörde erlassen worden und somit nichtig sei. Es sei aktenkundig, daß der Akt am 7. November 1980, also innerhalb der sechsmonatigen Frist dem für diese Geschäftsgruppe zuständigen Stadtrat mit dem Ersuchen um entsprechende Weisung vorgelegt worden sei, weil erhebliche Widerstände der zuständigen Bezirksvertretung, insbesondere im Hinblick auf die geplante Schutzzone und die geplante Bausperre, vorhanden gewesen seien. Mit Schreiben vom 30. Dezember 1980 habe die zuständige Behörde erster Instanz die Weisung des Amtsführenden Stadtrates urgiert, der zuständige Stadtrat habe jedoch nichts unternommen und erst am 10. Juli 1981 den Akt an die im Devolutionsantrag angerufene Oberbehörde, nämlich die Bauoberbehörde für Wien, abgetreten. Die Verzögerung der Entscheidung über das Bauansuchen sei sohin nicht auf das Verschulden der zuständigen Behörde erster Instanz zurückzuführen, vielmehr treffe den Amtsführenden Stadtrat ein Verschulden an der Verzögerung.
Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu. Nach § 73 Abs. 1 AVG 1950 sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Wird der Partei innerhalb dieser Frist der Bescheid nicht zugestellt, sieht nach § 73 Abs. 2 AVG 1950 über schriftliches Verlangen die Zuständigkeit zur Entscheidung an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über. Das Verlangen ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
Sinn dieser Bestimmung ist es, den Parteien die Möglichkeit einer rechtlichen Abhilfe gegen Rechtsverweigerung zu gewährleisten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Verzögerung ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen, wenn diese Verzögerung weder durch das Verschulden der Parteien noch durch unüberwindliche Hindernisse verursacht wurde (vgl. etwa Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes Slg. Nr. 7632/A, 8426/A, u.a.). Im Beschwerdefall wurde über den Antrag der mitbeteiligten Partei und auch über ihren modifizierten Antrag innerhalb der festgesetzten sechsmonatigen Entscheidungsfrist von der Behörde erster Instanz nicht entschieden. Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend darlegt, ist nach den Bestimmungen der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien der Magistrat in Geschäftsgruppen eingeteilt, denen jeweils ein Amtsführender Stadtrat vorsteht (§ 106 der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien). Schon auf Grund dieser Organisationsvorschriften erweist sich die Auffassung der Beschwerdeführerin als verfehlt, daß die belangte Behörde nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 73 Abs. 2 AVG 1950 ausgehen hätte dürfen, da die Verzögerungen der hier geltend gemachten Art jedenfalls dem Magistrat als Baubehörde erster Instanz zuzurechnen waren. Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt daher nicht vor.
In der Beschwerde wird weiter ausgeführt, daß gemäß § 6 Abs. 6 der Bauordnung für Wien in Wohngebieten nur Geschäftsräume kleineren Umfanges zulässig seien, daher die im Projekt vorgesehenen Büroeinheiten unzulässig seien, weil sie zu den 24 Wohneinheiten nicht im Verhältnis des „kleineren Umfanges“ stünden.
Auch mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Nach § 6 Abs. 6 der Bauordnung für Wien in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 18/1976 dürfen in Wohngebieten nur Wohngebäude und Bauten, die religiösen, kulturellen oder sozialen Zwecken oder der öffentlichen Verwaltung dienen, errichtet werden. Die Errichtung von Gast-, Beherbergungs-, Versammlungs- und Vergnügungsstätten, von Büro- und Geschäftshäusern sowie die Unterbringung von Lagerräumen und Werkstätten kleineren Umfanges und von Büros und Geschäftsräumen in Wohngebäuden ist dann zulässig, wenn sichergestellt ist, daß sie nicht durch Rauch, Ruß, Staub, schädliche oder üble Dünste, Niederschläge aus Dämpfen oder Abgasen, Geräusche, Wärme, Erschütterungen oder sonstige Einwirkungen, Gefahren oder den Wohnzweck beeinträchtigende Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen geeignet sind. Wie dem Gesetzestext entnommen werden kann, ist in Wohngebäuden lediglich die Unterbringung von Werkstätten auf solche kleineren Umfanges beschränkt, nicht jedoch die Unterbringung von Büros und Geschäftsräumen. Dem Beschwerdevorbringen hält nun die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend entgegen, daß in Wohngebieten sowohl die Errichtung ganzer Bürohäuser als auch die Errichtung von Büros in Wohngebäuden zulässig ist, dies allerdings unter der weiteren Voraussetzung, daß keine Immissionen, wie im Gesetz angeführt, für die Nachbarschaft zu befürchten sind.
In der Beschwerde wird weiter geltend gemacht, daß durch den geplanten Bau in der Bauklasse II durch Immissionen wie Lärm, Abgase, Entlüftung und Rauch subjektiv öffentliche Rechte der Anrainer verletzt würden, da das ortsübliche Ausmaß durch diese Immissionen überschritten werde. Zu dieser Frage hat die belangte Behörde unter Beiziehung von Amtssachverständigen ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und ist auf Grund der eingeholten Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, daß die befürchteten Immissionen nicht zu erwarten sind. Diesem Gutachten ist die Beschwerdeführerin auf Verwaltungsebene nicht entgegengetreten und auch in der Beschwerde legt sie nicht dar, aus welchen Gründen das Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben sein soll. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergänzungsbedürftig ist. In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, daß durch die Garagenzu- und -abfahrt eine Belästigung der Beschwerdeführerin schon deswegen nicht anzunehmen ist, weil dieser Teil der baulichen Anlage abseits von den Grundflächen der Beschwerdeführerin zu liegen kommt.
Die Beschwerdeführerin behauptet ferner, durch die insgesamt sechs Geschosse werde die Gebäudehöhe nicht eingehalten. Das zweite Geschoß im „zurückgestaffelten Dachgeschoß“ solle nur Nebenräume enthalten; wozu jedoch zu Abstellräumen im Dachgeschoß, die mit den darunter liegenden Wohnungen und nicht durch das Stiegenhaus verbunden seien, Aborte benötigt würden, sei nach den Erfahrungen des täglichen Lebens und nach der Höhe der Installationskosten für Aborte nicht verständlich. Es dränge sich der Verdacht auf, daß dieses zweite Geschoß im Dachgeschoß als Wohnraum später tatsächlich verwendet werde, obwohl diese Widmung nach der Bauordnung unzulässig sei. Diese Räume hätten daher im Baubewilligungsverfahren nicht nur zum Schein als Abstellräume ausgewiesen werden dürfen.
Für die höchstzulässige Gebäudehöhe ist im Beschwerdefall die Bestimmung des § 81 Abs. 2 der Bauordnung für Wien maßgeblich. Nach der genannten Gesetzesstelle darf bei den über eine Gebäudetiefe von 15 m hinausragenden Teilen von Gebäuden an der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie sowie bei allen nicht an diesen Fluchtlinien gelegenen Gebäuden, wie dies im Beschwerdefall zutrifft, die Summe der Flächeninhalte aller Gebäudefronten nicht größer als das Produkt aus der Summe der Längen aller Gebäudefronten und der höchsten zulässigen Gebäudehöhe sein; hiebei darf die höchste zulässige Gebäudehöhe an der Grundgrenze und bis zu einem Abstand von 3 m von derselben überhaupt nicht und an den übrigen Fronten an keiner Stelle um mehr als drei Meter überschritten werden. Bei dieser Ermittlung sind die Feuermauern ab 15 m hinter der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie wie Fronten in Rechnung zu stellen. Die der Dachform entsprechenden Giebelflächen bleiben jedoch bei der Bemessung der Gebäudehöhe außer Betracht.
Die belangte Behörde hat nun in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausreichend dargetan, daß nach der gemäß § 81 Abs. 2 der Bauordnung vorzunehmenden Rechenoperation im Beschwerdefall die höchstzulässige Gebäudehöhe, welche im Bebauungsplan mit 10,5 m begrenzt ist, nicht überschritten wird. Daß diese Berechnung falsch vorgenommen worden wäre, wurde von der Beschwerdeführerin weder auf Verwaltungsebene noch in der Beschwerde behauptet. Die Beschwerdeführerin begründet ihre Behauptung der Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe in der Beschwerde überhaupt nicht und verweist in diesem Zusammenhang lediglich darauf, daß das zweite Dachgeschoß unzulässig sei. Hiemit macht sie - ohne allerdings die gesetzliche Bestimmung zu nennen - eine Verletzung der Vorschrift des § 87 Abs. 7 der Bauordnung geltend. Nach der genannten Gesetzesstelle darf der Fußboden aller Aufenthaltsräume nicht höher liegen als die für die Beurteilung der zulässigen Gebäudehöhe maßgebende Ebene. Auf die Einhaltung dieser Bestimmung besitzt aber die Beschwerdeführerin als Nachbar kein subjektiv-öffentliches Recht, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt, weil durch dieses zweite Dachgeschoß der zulässige Gebäudeumriß nicht überschritten wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besitzt der Nachbar zwar einen Rechtsanspruch auf Einhaltung bestimmter Gebäudehöhen, nicht jedoch auf eine von der Gebäudehöhe unabhängige Beschränkung der Geschosse (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. November 1972, Slg. N.F. Nr. 8317/A). Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß die mitbeteiligte Partei im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens ihr Projekt gerade in dieser Beziehung modifiziert hat. Auch mit dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen konnte daher die Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin nicht dargetan werden.
Die Beschwerdeführerin behauptet weiter, dadurch in subjektiven öffentlichen Rechten verletzt worden zu sein, daß Vorschriften betreffend Lichteinfall und Seitenabstände nicht eingehalten werden. Diese Behauptung der Beschwerdeführerin wird nicht näher begründet. Nach § 79 Abs. 3 der Bauordnung muß in der offenen Bauweise der Abstand der Gebäude von Nachbargrenzen in den Bauklassen I und II mindestens 6 m betragen. In die Abstandsfläche - das sind die Flächen zwischen den Nachbargrenzen und den gedachten Abstandslinien - darf auf demselben Bauplatz mit nur einem Gebäude an zwei Gebäudefronten auf höchstens die Hälfte dieses Abstandes an die Nachbargrenze herangerückt werden, wenn die über die gedachte Abstandslinie hinausragende bebaute Fläche innerhalb eines Rechteckes liegt, dessen Umfang nach Abzug der Schnittlängen an keiner der beiden Fronten in den Bauklassen I und II mehr als 21 m beträgt.
Diese Bestimmungen wurden durch das vorliegende Projekt eingehalten, sodaß die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen durfte, die Vorschriften über die Einhaltung von Abständen gegenüber der Beschwerdeführerin seien nicht verletzt worden. Was aber Vorschriften betreffend den Lichteinfall anlangt, hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu den Bestimmungen der Bauordnung für Wien die Auffassung vertreten, daß für die gehörige Lichtversorgung eines Baues jeder Hauseigentümer selbst Sorge tragen muß und keiner gegen seinen Nachbarn einen Anspruch darauf erheben kann, daß diesr bei der Verbauung seines Bauplatzes die Licht- und Luftverhältnisse des Nachbarn ‑ unbeschadet der erforderlichen Einhaltung der Vorschriften über den Abstand und die Gebäudehöhe ‑ durch den Bau nicht beeinträchtigt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1951, Slg. N.F. Nr. 2382/A). So dienen auch die Vorschriften des § 78 der Bauordnung für Wien lediglich dem Lichteinfall für Fenster des zu errichtenden Gebäudes. Auch diesbezüglich konnte die Beschwerdeführerin sohin nicht die Verletzung subjektiv öffentlicher Rechte geltend machen.
Wenn in der Beschwerde schließlich noch darauf hingewiesen wird, daß über das gegenständliche Gebiet im März 1981 eine zeitlich begrenzte Bausperre verhängt worden sei, dann kann dieses Vorbringen schon deshalb keine andere Entscheidung herbeiführen, weil für die Dauer der Gültigkeit der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen auch die Verhängung einer Bausperre rechtlich nicht relevant ist, wie sich aus § 11 der Bauordnung für Wien ergibt. Zutreffend hat daher die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift festgestellt, daß die allfällige Verhängung einer Bausperre für die Gesetzmäßigkeit des Projektes ohne Belang ist.
Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war.
Bei dieser Sach- und Rechtslage erübrigte sich eine gesonderte Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin, ihrer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Der Zuspruch von Kostenersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 sowie die Verordnung BGBl. Nr. 221/1981. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Partei betrifft den Antrag auf eine - über den Schriftsatzaufwand hinausgehende - gesonderte gesetzlich nicht vorgesehene Vergütung von Umsatzsteuer.
Wien, am 11. Mai 1982
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